MAGDALENE VINNEN II, KOMMODORE JOHNSEN, SEDOV

Begonnen von RonnyM, 24 Oktober 2015, 17:42:58

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RonnyM

Moin,

bei meinem gestrigen Besuch im Fischereihafen Bremerhaven, entdeckte ich die SEDOV. Sie liegt am Islandpier vom 23.10 bis zum 09.11.2015, um einige Reparaturen durchzuführen.

Noch einmal rückblickend, wie sie zur SEDOV wurde.

1921 wurde die Bark auf der Friedrich Krupp Germania Werft als MAGDALENE VINNEN II gebaut.
1936 kaufte sie der Norddeutsche Lloyd, um sie als Schulschiff einzusetzen.
Seit 1946 fährt sie unter russ. Flagge. Heute ist der Eigner die Technische Universität Murmansk.

Als im Frühjahr 1936 die M. VINNEN von ihrer La Plata-Reise heimkehrte, hatte sich die Reederei Vinnen entschlossen, das Schiff zu verkaufen. Der Nordd. Lloyd interessierte sich sofort für den Segler, um es als Schulschiff einzusetzen. Am 9. Aug. 1936 kaufte er den Segler und stellte ihn am 12. Aug. 1936 in Dienst.
Auf der reedereieigenen Werft (TB) in Bremerhaven wurde er zum frachtfahrenden Schulschiff umgebaut, so dass neben der Stammbesatzung auf jeder Reise 50 - 60 Offiziersanwärter mitnehmen konnte.

Am 8.Okt.1936 verließ die KOMMODORE JOHNSEN zum ersten Mal als Schulschiff Bremerhaven. Mit Steinkohle beladen erreichte das Schiff am 6. Dez. 1936 in nur 58 Tagen und 6.820 Seemeilen den Hafen von Montevideo.

Am 8. Jan. 1937 lief die Bark von Buenos Aires mit einer Ladung Weizen in Richtung Heimat. Auf dieser Reise gerät das Schiff in die wohl kritischste Lage ihres gesamten Laufbahn.

Auf Höhe der Azoren geriet die KJ am 1. März 1937 in einen schweren Sturm, der zum Orkan auswuchs. Bis dato war das nichts Außergewöhnliches. Die Lage wurde aber bedrohlich, als sich das Schiff mit einer Schlagseite von 20° nach BB neigte. In dem schweren Orkan hatte das Schiff schwer zu arbeiten. Da der Segler durch den nach Norden drehenden Wind anluvte, kamen von BB-Seite schwere Brecher über das Deck, so dass das Vordeck mit den Luken und die achtere Kuhle unter Wasser standen.

Gegen 2 Uhr kränkte die KJ in haushohen Wellenbergen aus NW  und einer mit fürchterlichen Gewalt einsetzenden Bö stark nach BB über. Aus dieser Schräglage richtete sich das Schiff nicht mehr auf. Sie behielt die Schräglage nach BB von 20°, die dann stündlich zunahm. Bei der Kontrolle der Ladung wurde festgestellt, dass diese nach BB übergegangen war, da das Mittellängsschott unter Luke III gebrochen war. Die gesamte Besatzung versuchte nun die Ladung umzutrimmen. Trotz aller Bemühungen nahm die Schlagseite bis auf 50° zu. Mannschaft- u. Kadettenräume standen unter Wasser.

Morgens am 3. März 1937 wurde ein SOS-Ruf abgesandt. Die Mannschaft kämpfte verzweifelt in ihrer Situation ums Überleben. Der holl. Tanker SLIEDRECHT und das deutsche Tankmotorschiff WINKLER bemühten sich mit Erfolg um den Havaristen. Gegen Abend des 3. März entspannte sich die Situation, nachdem ein Tanker auf der Wetterseite Öl zur Wellenberuhigung über Bord gegeben hatte und der Sturm etwas abflaute, hatten die Arbeiten in den Laderäumen des Seglers Erfolg. Nach fast 24 Stunden konnten die Trimmarbeiten eingestellt und die Tanker mit Dank entlassen werden. Man war noch einmal davon gekommen! 15 Tage später lief die KJ in Hamburg ein.

Bedingt durch den Krieg hatte die Bark von 1936 bis 1939 insgesamt 4 Reisen unternommen und dabei 97.469 Seemeilen zurück gelegt.

1945 lag der Segler zusammen mit der PADUA in der Flensburger Förde. (Andere sprechen hier von Swinemünde) Am 20. Dez. 1945 wurde das Schiff von den Briten als Reparationsleistung an die Russen übergeben. Für den Eigner, die UdSSR, wehte ab Januar 1946 die rote Flagge.

Grüße Ronny

Anm.: Was waren das doch für harte Kerle. :MG: top 
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

bettika61

Hallo,
Zitat1945 lag der Segler zusammen mit der PADUA in der Flensburger Förde. (Andere sprechen hier von Swinemünde
Am 7.7.1945 waren beide in Flensburg gemeldet
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,14852.15.html #26

Was ist denn über den  Einsatz 1939-1945 bekannt?
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

RonnyM

#2
Moin Beate,

während des Krieges waren nur bedingt Ausbildungsfahrten möglich, obgleich man im letzten Ausbildungsjahr 1944 der Mannschaft mit 847 verschiedene Segelmanöver in 125 Tagen mehr zugemutet hat als das auf herkömmlichen Reisen der Fall war.

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

RonnyM

#3
Moin,

hier noch mal alle Drei im Bild...

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

Urs Heßling

moin, Ronny,

eine Korinthe: das Schiff hieß Kommodore Johnsen.

Der Kapitän, der in der Notsituation im Jahre 1937 führte, war Otto Lehmberg :MG:

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

RonnyM

...danke Urs, werde den "Verursacher" informieren... :MG:

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

Urs Heßling

moin,

Zitat von: RonnyM am 24 Oktober 2015, 17:42:58
Bei der Kontrolle der Ladung wurde festgestellt, dass diese nach BB übergegangen war, da das Mittellängsschott unter Luke III gebrochen war.
Ich erinnere mich, daß ich als Junge in einem Seefahrts-Buch in einem Artikel von O. Lehmberg las, es habe auf der Kommodore Johnsen in den Längsschotten in unregelmäßigen Abständen unterhalb des Oberdecks aus unerklärlichen Gründen etwa faustgroße Löcher gegeben, duch die das Getreide praktisch "hindurchgeflossen" sei.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Franz375

Zitat von: Urs Heßling am 25 Oktober 2015, 18:39:20
moin, Ronny,

eine Korinthe: das Schiff hieß Kommodore Johnsen.

Der Kapitän, der in der Notsituation im Jahre 1937 führte, war Otto Lehmberg :MG:

Gruß, Urs

So ist es! Und der 1. Offizier, der unter Deck die Umstau-Arbeiten mit eisernem Willen und höchster Energie leitete und so schließlich zum Erfolg brachte, war Gottfried Clausen (+1989), der nach jener Reise zum Kapitän der KJ befördert und später einer der bekanntesten Kapitäne des NDL wurde. Ich habe ihn in den 60ern noch persönlich kennen gelernt. Bei den Cap Horniers war er der letzte deutsche "Albatros", also einer, der einen Frachtsegler ohne Hilfsmotor in beiden Richtungen um Kap Horn als KAPITÄN geführt hat.
Gruß von
Franz

smutje505

Hallo hier noch eine Ergänzung und Bilder wo man sieht ,daß in der Zeit von 8 Jahren (von Warnemünde bis Kiel)der Rost  nagt.Auch die Pflege läßt nach (Steuerrad)die Namen blank gepuzt und in Kiel verblaßt.Auf dem Doppelsteuerrad steht Leningrad 1974-kann mir das einer erklären warum?

Sedov-
Im Sommer 2005 diente die Sedov als Drehort für den Fernsehfilm Der Untergang der Pamir, dem der Untergang der Viermastbark Pamir im September 1957 zugrunde liegt. Der vorher weiße Rumpf der Sedov wurde dafür eigens schwarz mit rotem Unterwasserschiff und weißem Wasserpass gestrichen, den traditionellen Farben der Schiffe der für ihre Flying P-Liner berühmten Reederei F. Laeisz, zu denen die Pamir einst gehörte. Nach Abschluss der Dreharbeiten behielt die Sedov ihre neuen Rumpffarben.

Kaschube_29

Moin Moin,

heute ist die "Sedov" ("Седов") nach ihrer 100.Ausbildungsfahrt mit 112 jungen Männern von Fischereischulen (aus Kaliningrad [Калининград], Astrachan [Астрахань] und Kertsch [Керчь]) wieder in Kaliningrad eingelaufen; ursprünglich waren während dieser Fahrt auch Hafenbesuche in Tallin (Estland) vom 13. -14.April und in Gdynia (Polen) vom 22. - 23.April vorgesehen.

Weil nun aber Lehrgangsteilnehmer aus der Fischereischule aus Kertsch (liegt auf der Krim, die seit fünf Jahren der Russischen Föderation angehört, wie die Russische Föderation es sieht) waren, haben sowohl polnische, als auch estnische Behörden ein Einlaufverbot in die jeweiligen Territorialgewässer ausgesprochen. Vor Tallin konnte auch auf Reede keine Versorgung mit Proviant und mit Frischwasser erfolgen.

Siehe dazu die folgende Meldung: https://www.vesti.ru/doc.html?id=3143708

Auf der letzten Reise ist die "Sedov" ("Седов") allerdings auch in Bremerhaven gewesen (am 30.03.2019), wohl auch mit Lehrgangsteilnehmern aus Kertsch an Bord. (siehe dazu die Törndaten auf https://www.grosssegler-reisen.de/grosssegler-details/grosssegler/sedov.html )...

Ende des Jahres 2019 soll die  "Sedov" ("Седов") auf eine Weltumseglung gehen, die dem 200.Jahrestag der Entdeckung der Antarktis gewidmet ist und teilweise die Antarktis-Fahrten von Fabian Gottlieb Thaddeus von Bellingshausen (Фаддей Фаддеевич Беллинсгаузен) und Lasarew (Лазарев) nachvollziehen soll.

Bis dann,

Kaschube_29 (Axel)

P.S.: irgendetwas machen die Russen anscheinend richtig beim Unterhalt der Segelschulschiffe "Kruzenshtern" ("Kзузенштерн") und "Sedov" ("Седов"), die nicht über eine derartige Abnutzung zu klagen haben, wie unsere "Gorch Fock" (II) ...
Immer eine Handbreit Wasser unter den Kiel (Bcегда семь футов под кильем)!

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Kaschube_29 am 02 Mai 2019, 21:53:01
P.S.: irgendetwas machen die Russen anscheinend richtig beim Unterhalt der Segelschulschiffe "Kruzenshtern" ("Kзузенштерн") und "Sedov" ("Седов"), die nicht über eine derartige Abnutzung zu klagen haben, wie unsere "Gorch Fock" (II) ...
Nicht nur die Russen ...
Auch die B&V-Schiffe Eagle ex Horst Wessel, Sagres ex Albert Leo Schlageter und Mircea scheinen aus anderem Holz geschnitzt bzw. besserem Stahl geformt zu sein ...

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

smutje505

#11
Hallo Axel danke für deinen Beitrag-die Sedov war auch am 14.04.2019 in Warnemünde (hier fühlt sie sich anscheinend wohl und ihr verwehrt keiner die Hafeneinfahrt)
Hier noch ein Bild vom 15.04.

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