Fischdampfer Claus Groth

Begonnen von TW, 07 Juli 2015, 20:33:04

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TW

Kann mir jemand was über die letzte Verwendung und das Schicksal des Fischdampfer Claus Groth erzählen, oder einen Literaturhinweis geben. - Die Angaben im Gröner sind mir bekannt.

Es geht um folgendes: Ich bin auf das Feldpostkonvolut eines Marinesoldaten gestoßen, dessen Laufbahn mit der Ausbildung in der Artilleriekaserne Lehe begann, dann Uferbefestigung Weddewarden, später Minensucher Cuxhaven und Swinemünde, dann als Torpedoobermaat in Danzig und von dort 1917 zum Unternehmen Albion nach Dagö. Sein Leben endet bei der 9. Minensuchhalbflottille im April 1918, möglicherweise bei der Versenkung des Dampfers Claus Groth in der Bucht von Takhkona.
Er erzählt noch vom Küstenpanzer Beowulf; war er auch noch am Finnland-Unternehmen beteiligt? Ich hoffe, dass ich mit Nachforschungen über Claus Groth ("mein Boot") Genaueres über sein Ende erfahre.
Der Name des Briefschreibers ist Otto Ternies (Familie lebte in Herford).

Für Hinweise - aber auch für Euer Interesse - wäre ich sehr dankbar.
Es handelt sich um 191 Briefe, die alle in lateinische Schrift zu übersetzen wird Jahre dauern. Danke und viele Grüße
Thomas

bodrog

Ich würde jetzt an deiner Stelle mal mit dem Arbeitskreis "Krieg zur See 1914-18" Kontakt aufnehmen oder Bernd L. (hier nicht mehr aktiv) anrufen... die sind an solchen Sachen immer interessiert!!!

Trimmer

Hallo Thomas - S.M.S. Beowulf - war beim Finnland-Einsatz wirklich mit dabei . Jetzt ohne nachzusehen  - wohl ab März 1918 . Vorher Eisbrechereinsatz  in der Ostsee

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

TW

#3
Danke, Achim.
Ich bekam von Theo noch einen Hinweis auf den Ostseeband der Dokumentation "Krieg zur See 1914-1918". Danach fanden ab 15. April Arbeiten zur Verbreiterung der minenfreien Wege nördlich Dagö, von Punkt D (Kriegsfeuerschiff "Jasmund") bis Odenshoölm und weiter bis Reval statt. Die Arbeiten wurden unter Führung des Chefs der II. Minensuchflottille von der 4. und 9. Minensuchhalbflottille und der II. Minenräumdivision übernommen. Mehrfach musste das Suchen und Räumen wegen schlechten Wetters unterbrochen werden. Zahlreiche Minen wurden gefunden und geräumt. Am 18. April erhielt dabei der Fischdampfer Claus Groth 10,5sm NW Tachkona einen schweren Minentreffer unter dem Maschinenraum und sank; fünf Mann wurden vermisst, ein Schwerverwundeter starb. (S.402/403)
Viele Grüße
Thomas

TW

Vor Dagö bei der Teschkona Bucht, den 25. März 1918
[vor Anker]

Liebe Eltern,
eine schöne Reise hinter mir. Libaus Hafen verlassen, vorbei an Ösel, und jetzt liegen wir in der Mitte der Insel Dagö und ergänzen [alle Vorräte] und unsere Kohlen, um dann bald weiter nach dem Norden zu dampfen und unseren Transportern  den Weg nach den A-Inseln [A= Aaland, TW] und nach --- zu bahnen. Die Rote Garde ganz soll einmal deutsche Keile bekommen. Wir sind dem Suchverband der Ostsee vorläufig unterstellt. Wie lange wir noch hier bleiben werden, ist unbestimmt. In den letzten Tagen hatten wir schlechtes Wetter, und unser Magen hatte besonders darunter zu leiden. Hier herrscht Frost und Schneetreiben. Aber die Sonne scheint trotzdem schon hell und warm.
(...)
Wir bekommen für jeden Tag den Generalsstabsbericht von Nauen ,,FT Italien. Aber kaum Post. Da kann man seine Post also auch nicht ab[schick]en. Unser Unternehmen dauert wahrscheinlich sehr lange, da vorerst nur in Danzig eine Nachschubstelle gegründet wird. Solltet ihr Gelegenheit haben mir [...] Lesestoff zu besorgen, dann man ab, denn es ist doch langweilig, 14 Tage sich auf See nun zu bei[...]. Und Kinder, hier ist dicke Luft. Wir gehen jetzt von hier ran an die Sperren. Wenn wir bloß wüßten, wo die liegen. Na Unkraut vergeht nicht, und wenn man mal fliegt, dann ist  es ja nicht die erste Himmelfahrt. ---

Für meine Post ist meine Adresse: ,,IX. Minensuchhalbflottille, Nachschubstelle Danzig". Das Leben an Bord macht gerade keinen Spaß. Zumal man immer mit einem Fuß im ---- im Wasser steht. Danzig lag ganz voll von Trauer[gerben]. Da gehen allerhand Typpen drauf.
Wohin wir sollen, kann ich nicht verraten. Nach Riga werden wir wohl nicht hinkommen. Wahrscheinlicher [ist] es, dass ich von Reval oder gar Helsingfors gar mal ein paar Ansichten machen werde. [Dunkl mich man wir ... selber zuricht.] Wir sind ungefähr 50 Fahrzeuge. Auch aktive Flottillen hier von der Nordsee kommend angegliedert werden. Heute morgen habe ich die Karte von Dagö studiert. Ich möchte gerne mal an Land gehen und neues Schriftgut in den [Läden?] von Dagö besorgen. Es kann aber jeden Augenblick weiter gehen, und da muss man halt an Bord bleiben.

Nun wünsche ich Euch alles Gute zum Osterfest, und eßt viele Ostereier. Wo ich Ostern [Sonntag, 31. März 1918, TW] sein werde, kann ich selber nicht sagen. Hoffentlich in einem Hafen, damit man mal an Land zum Rasieren kann. Sei[t] gut 8 Tagen nicht rasiert und [merk] noch hier zum Einlaufen in meinem Hafen damit und sollte dar noch 6 Wochen dauern. Man sieht aus wie ein alter Seebär. Ja so ist das Leben im Kriege. Da gibt keiner mehr auf sein Äußeres an Land. Ob man da rasiert oder unrasiert in den Himmel spaziert, das ist ja so [ein Unterschied wie] Wasser und Erbsensuppe. Heute gab es [Zucker?]erbsen. Da geh ich aber ein [Geschlage] ein, wie so ein alter verhungerter Droschkengaul. Und bin dann auch tatsächlich satt geworden.

Morgen soll dann unsere Sache so richtig losgehen. Na man los. In des --- Namen. Mir ist alles egal. Schreibt man mal ab und zu, damit ich auch Post mit einem Mal bekomme, und seht mal nach, ob ihr nicht irgend ein paar alte Schmöker auftreiben könnt. Heut abend gibt's noch einen kräftigen Grogg und dann in die Koje. Gott sei Dank, daß ich keine Wache mit [..]hen brauche. Aber trotzdem habe ich schon Brückenwache mitgegangen. Der [Steuer]mann ist dann ja ... und froh und ebenso sein ..., ein Obermaat, wenn jeder statt 4 Stunden Ruhe 8 Stunden Ruhe haben kann.

Morgen um 5 Uhr früh muss ich zum Chef des Verbandes, zum Kapitän von Rosenberg auf S M S Beowulf, der hier in der Nähe liegt. Das Boot fährt längsseits. Will dann mal die ollen [Vati] begrüßen. Nun Schluss. Muss noch mehr Post erledigen. Nochmals fröhliche Ostern,
Euer Otto

TW

#5
Die Roten Garden
im Finnischen Bürgerkrieg waren als örtliche Ordnungsorganisationen aus überzeugten Mitgliedern der Arbeiterbewegung gebildet worden. Die Bewaffnung der Roten beruhte zu Beginn der Auseinandersetzung in erster Linie auf der Ende Januar erhaltenen Waffenlieferung aus Petrograd. Dies genügte nicht, um eine ausreichende Bewaffnung sicherzustellen. Erst als die russische Armee Ende Februar und Anfang März infolge des Friedensvertrages von Brest-Litowsk aus Finnland abzog, überließen die Garnisonen ihre Waffen den finnischen Revolutionären, was den Waffenmangel bei den Roten mit einem Schlag behob.

Die Rolle Deutschlands
Am 14. Februar 1918 bat die finnische Regierung Svinhufvud Deutschland um Hilfe gegen Zerstörungen und Metzeleien sozialistischer, von der russischen Revolution beeinflusster Bürgerkriegstruppen. Die deutsche Regierung kam diesem Ersuchen vor allem aus politischen Gründen nach, da man keine Ausbreitung der Revolution wünschte. Der am 20. März 1918 gebildete Heeresverband Ostsee-Division sollte die bürgerlichen Truppen unter General Mannerheim im Kampf gegen die ,,Roten Garden" unterstützen.

Aaland-Inseln
Am 3. April 1918 landete die Ostsee-Division der deutschen Armee im Rahmen der sogenannten Finnland-Intervention mit 9.500 Mann in Hanko und am 7. April mit weiteren 2.500 Mann unter Oberst Otto von Brandenstein von Tallinn aus in Loviisa. (Das Detachement Brandenstein hatte zuvor bereits die Åland-Inseln im Eingang zum Bottnischen Meerbusen besetzt, die Schweden für sich beansprucht hatte.)

SMS Bewulf
Da es Ende des Jahres 1917 in der Ostsee an Eisbrechern fehlte, wurde die Beowulf am 12. Dezember wieder in Dienst gestellt. Ab Januar 1918 übernahm das Schiff, zumeist von Libau oder Windau aus, die Funktion als Eisbrecher. Vom 11. März an diente die Beowulf während der Finnland-Intervention als Führerschiff für den Chef des Suchverbandes der Ostsee, Fregattenkapitän Hugo von Rosenberg.

TW

Zitat von: TW am 10 Juli 2015, 13:39:36
Am 18. April erhielt der Fischdampfer Claus Groth 10,5sm NW Tachkona einen schweren Minentreffer unter dem Maschinenraum und sank; fünf Mann wurden vermisst, ein Schwerverwundeter starb.

Bericht aus dem deutschen Großen Hauptquartier vom 16. April 1918
Was hier erzählt wird, scheint Otto noch erlebt zu haben, bevor sein Schiff, der Minensuchtrawler ,,Claus Groth" am 18. April durch Minentreffer sank und Otto sein Leben verlor.

Abermals in diesem Kriege bewegte sich in der Ostsee eine "Mahalla zur See" gen Norden. Kleiner als seiner Zeit gegen Oesel, als es gegen das noch mit uns kriegführende Rußland ging, indes unter nicht weniger schwierigen Umständen.
Zwar war Friede mit Rußland geschlossen, aber die brüdermordende Rote Garde in Finnland hatte noch eine Reihe von Kriegsschiffen und U-Booten zur Hand und war im Besitz der starken Befestigungen von Hangö und Helsingfors. Dazu kam aber vor allem der Umstand, daß sich die deutsche Unternehmung dieses Mal in das mit Minen durch und durch verseuchte Gebiet des Finnischen Meerbusens zu begeben hatte und diese Gewässer zudem noch stark vereist waren.
Der Tätigkeit der Minensuchfahrzeuge ist eine Grenze gesetzt, sobald die verhältnismäßig kleinen und schwachen Fahrzeuge das Eis nicht mehr zu forcieren vermögen oder sobald - und dies wird im allgemeinen noch früher eintreten - das Suchgerät infolge des Widerstandes des Eises ausschlippt. - Die Einleitung der Unternehmung war nicht vom Wetter begünstigt; stürmisches Wetter, Nebel und Eis ließen die braven, arbeitsfrohen und todesmutigen Minensucher auf ihrem langen Weg nur langsam vorwärts kommen. Aber sie schafften es trotz aller und immer neuen Schwierigkeiten auch dieses Mal, und der Ruf und der Ruhm der deutschen Minensucher ist abermals gestiegen.
So konnte der Führer der Unternehmung, Konteradmiral Meurer, mit seinen Streitkräften und der unter Befehl des Kapitän z. S. Irmer stehenden Transportflotte am 2. Ostertage die Fahrt nordwärts zur Unterstützung der sich nach Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung und den Segnungen des Friedens sehnenden Finnen antreten. Vorher hatten die auf großen Schiffen des Norddeutschen Lloyd und der Hamburg- Südamerika-Linie eingeschifften Feldgrauen gelernt, was sie beim Ausbruch von Feuer, bei Kollisionen und vor allem, was sie beim Auftreffen ihres Schiffes auf eine Mine zu tun haben würden.
Das inzwischen eingetretene herrliche ruhige Wetter machte die Seefahrt zu einem erholenden Genuß, dessen Reize erhöht wurden, als mit dem Erreichen der Breiten der Baltischen Inseln sich erst Eisschollen und später kleinere Eisfelder zeigten. Nur die Einsamkeit der See fiel auf, denn trotz zweitägiger Fahrt war weit und breit nicht eine Rauchfahne, ein Schiff oder auch nur ein Fischer zu sehen.
Sehr schwierig für die seemännische Oberleitung wie für die Führer der großen Transportschiffe war die letzte Nacht vor dem Ziel. Es galt ausgedehnte Minenfelder zu passieren und immer wieder waren die Minensucher seit dem Eintritt in den Finnischen Meerbusen beim Schaffen einer sicheren Fahrstraße auf Minen gestoßen. Zu dieser Minengefahr kamen mit der nächtlichen Annäherung an Hangö sehr erhebliche navigatorische Schwierigkeiten, welche durch das Nichtbrennen der Feuer an der finnischen Küste noch erhöht wurden.
Mit Klarschiff zum Gefecht fuhren im Morgengrauen des 3. April unter dem Vorantritt von Minensuchern die der Transportflotte vorausmarschierenden Linienschiffe an die Insel Russarö heran. Diese beherrschte den Eingang zum Hafen von Hangö und war als stark befestigt bekannt. Gleichzeitig waren von Flugzeugmutterschiffen Seeflieger zu Wasser gelassen, die aufstiegen und die Insel sowie den Hafen und die Stadt Hangö erneut erkundeten. Trotzdem von der Besatzung Widerstand erwartet wurde, mußte schon im Hinblick auf den mit Rußland abgeschlossenen Frieden zunächst eine freiwillige Übergabe der Befestigungen versucht werden. Der Dampfer "Vorwärts" brachte den Parlamentär mit einigen 50 Mann nach Russarö und bald zeigten aufsteigende weiße einzelne Sterne an, daß sich der auf der Insel noch befindliche Rest der Besatzung widerstandslos in die Besetzung der Insel durch unsere Blaujacken fügte. Die deutsche Kriegsflagge stieg am Leuchtturm und der Signalstation der Insel hoch und der Weitermarsch auf die Reede von Hangö konnte angetreten werden.

TW

Ich suche Literatur über die Minensuch-Halbflottillen und ihre Arbeit,
am liebsten was über die Zusammensetzung der 9. Ms-Hfl. und ihren Chef.

Kann jemand helfen ?
Vielen Dank,
Thomas

joern

Hallo Thomas,
in der Ehrenrangliste habe ich einen U.v. Ritgen gefunden. Er diente in der 9. Ms.Hfl.

Grüße Joern


Karsten

#9
Zitat von: TW am 05 August 2015, 13:25:28
Ich suche Literatur über die Minensuch-Halbflottillen und ihre Arbeit,
am liebsten was über die Zusammensetzung der 9. Ms-Hfl. und ihren Chef.

Kann jemand helfen ?
Vielen Dank,
Thomas

Thomas, Bernd Langensiepen müsste helfen können.
Viele Grüße,

Karsten

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