Raketen- / Nebelwerfer - wieso nicht auf deutschen S-Booten ?

Begonnen von Rheinmetall, 16 April 2015, 11:18:48

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Rheinmetall

Moin, moin !

Hab mal eine Frage an die S-Boot Experten hier im Forum.
Und zwar kam mir beim Studieren von Jean-Philippe Dallies-Labourdette Buch "Deutsche Schnellboote 1939-1945" zu einem Bild auf Seite 93 eine Frage auf.

Dort ist ein amerikanisches PT-Boot des Typs ELCO 80 (Mittschiffsaufnahme) zu sehen.
Dazu steht noch: "Wie das Foto zeigt, ist dieser Typ trotz der geringen Abmessungen (24 Meter, 51 ts) stark bewaffnet: vier 53,3 cm Torpedos, eine 4- cm- und eine 2-cm Flak, 2x 12,7 mm Zwillings-MGs und zwei 12,5 cm Raketenwerfer."

Weshalb verfügten die deutschen S-Boote über keine Raketenwerfer-Vorrichtungen ?

Gerade bei diesen Marineeinheiten hätten sie meiner Meinung nach am meisten Sinn gemacht, indem man auf ein Ziel mit überlegener Geschwindigkeit zurast und diese dann ins Ziel abfeuert.
Die Raketenforschung war im Deutschen Reich ja weit fortgeschritten, wieso experimentierte man dann nicht mit z.B. dem 21-cm-Nebelwerfer 42 auf S-Booten ?
Ich halte die Reichweite der Geschosse und deren Sprengkraft hierfür für erfolgversprechend.

In der Luftwaffe wurde die WGr 21 ja auch erfolgreich zur Bomberpulk-Bekämpfung eingesetzt, weshalb also nicht bei der Kriegsmarine ?

Über Antworten würde ich mich sehr freuen.

Rheinmetall
Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

Tostan

Die Nebelwerfer waren ja meines Wissens nach Flächenwaffen, die Genauigkeit war nicht so besonders.

Urs Heßling

#2
moin,

Zitat von: Tostan am 16 April 2015, 12:40:08
Die Nebelwerfer waren ja meines Wissens nach Flächenwaffen, die Genauigkeit war nicht so besonders.
Ja.

Die Raketenwerfer waren Land-Flächenziel-Waffen, siehe http://www.pt-boat.com/rocket/rocket.html

Entsprechende Einsatzaufgaben gab es für deutsche Schnellboote weniger (obwohl in der Adria 1944 auch der Beschuß von Landungsstellen mit leichten Rohrwaffen dokumentiert ist).

In Franks Buch "Die deutschen Schnellboote im Einsatz" gibt es allerdings ein Foto (S. 173) des Versuchseinbaus einer "Stalinorgel" (?) auf einem S-Boot im Herbst 1944 (Petersen ist schon Kommodore).

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Big A

Zitatindem man auf ein Ziel mit überlegener Geschwindigkeit zurast

Genau so war es ja meist nicht!
Nach Aussage von Harald Fock im Unterricht "Schiffsbau" war es vielmehr so, dass man auf "den Feind" im Kanal lauerte, seine Torpedos abfeuerte und dann mit Höchstfahrt ablief. Nach dieser Aussage war es mit der Einführung des Radars mit dem rasenden Angriff vorbei, da Boot(e) und Wellen bei hohen Fahrtstufen sofort auf den Bildschirmen sichtbar waren.

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Tostan

Was mich mehr wundert als das "fehlen" der kleinkalibrigen Raketenwerfer:

Die Deutsche Raketentechnik war allgemein recht fortgeschritten und es gab ferngesteuerte Gleitbomben wie die Hs 293 die verblüffend zielgenau waren. Trotzdem gab es meines wissens nach keinerlei (dokumentierte) Forschungen um daraus einen echten Seezielflugkörper zu entwickeln.
Ok, zur Serienreife wäre der eh nicht mehr gekommen, und wäre für die Schnellboote wohl zu groß gewesen - aber trotzdem, es gab die abstrusesten Forschungsprojekte aber so was nicht, was doch verwunderlich ist.

Trimmer

Hallo Tostan - nun es gab aber Raketenwerfer Kaliber 60 mm und Kaliber 86 mm und diese Werfer wurden bei den Räumbooten R 301 - 312 wohl auch in der Bewaffnung geführt

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Matrose71

#6
Zitat von: Tostan am 16 April 2015, 13:49:49
Was mich mehr wundert als das "fehlen" der kleinkalibrigen Raketenwerfer:

Die Deutsche Raketentechnik war allgemein recht fortgeschritten und es gab ferngesteuerte Gleitbomben wie die Hs 293 die verblüffend zielgenau waren. Trotzdem gab es meines wissens nach keinerlei (dokumentierte) Forschungen um daraus einen echten Seezielflugkörper zu entwickeln.
Ok, zur Serienreife wäre der eh nicht mehr gekommen, und wäre für die Schnellboote wohl zu groß gewesen - aber trotzdem, es gab die abstrusesten Forschungsprojekte aber so was nicht, was doch verwunderlich ist.

Das Wichtigste wurde hier schon erwähnt, der Nebelwerfer war eine Streuwaffe für den Flächeneinsatz an Land. Punktuelle Ziele konnten damit nicht getroffen werden.

Allerdings halte ich es auch mit WWII Technik für nahezu unmöglich von einem 30kn laufenden Schnellboot, Zerstörer, Kreuzer etc: Gleitbomben/Seefziellugkörper in fahrende Ziele zu steuern. Die "Zielköpfe" und ihre Technik waren am Anfang ihrer Entwicklung.
Ein Flugzeug fliegt ziemlich ruhig, somit hat der Operator eine Chance das Ziel zu treffen, auf einem "hüpfenden" Schiff/Boot halte ich das für unmöglich mit damaliger Technik (Deckungsverfahren).

Edit:

Laut einer Reportage auf N24 oder Phoenix, haben es die USA mit "lebenden Suchköpfen" in Form von Hühnern, die auf das Ziel picken (löst die Steuerung aus) versucht, da sie ihr Futter immer nur vor den Bildern von Zielen erhalten haben. Das ist kein Witz!
Viele Grüße

Carsten

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Matrose71 am 16 April 2015, 14:21:13
Allerdings halte ich es auch mit WWII Technik für nahezu unmöglich von einem 30kn laufenden Schnellboot, Zerstörer, Kreuzer etc: Gleitbomben/Seeflügkörper in fahrende Ziele zu steuern. Die "Zielköpfe" und ihre Technik waren amd Anfang ihrer Entwicklung.
Ein Flugzeug fliegt ziemlich ruhig, somit hat der Operator eine Chance das Ziel zu treffen, auf einem "hüpfenden" Schiff/Boot halte ich das für unmöglich mit damaliger Technik (Deckungsverfahren).
Ich meine mich allerdings zu erinnern, daß es eine Art dieser Steuerung bei den Sprengbooten (Linsen) gab, daß nämlich das Sprengboot vom Kommandoboot mit Funksteuerung anhand der Peilung von 2 Farblampen zum Ziel gelenkt wurde (natürlich mit der vergleichsweise geringen Geschwindigkeit von 30+ Knoten)

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Peter K.

Ich denke diesbezüglich auch an die drahtgelenkten Torpedos (aus dem Gedächtnis LERCHE oder SPINNE) ...
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Tostan

Zitat von: Matrose71 am 16 April 2015, 14:21:13
Allerdings halte ich es auch mit WWII Technik für nahezu unmöglich von einem 30kn laufenden Schnellboot, Zerstörer, Kreuzer etc: Gleitbomben/Seeflügkörper in fahrende Ziele zu steuern. Die "Zielköpfe" und ihre Technik waren am Anfang ihrer Entwicklung.

Es gab schon Versuche mit einer visuellen Funksteuerung der Hs 293 mittels Kamera in der Bombe! Siehe http://www.wschroeer.de/Tonne.htm ...

Thoddy

Raketen- / Nebelwerfer - wieso nicht auf deutschen S-Booten ?

darum

https://www.google.de/url?url=https://www.youtube.com/watch%3Fv%3DcrLWvlv2BEg&rct=j&frm=1&q=&esrc=s&sa=U&ei=g64vVYL_EIL9aPSLgIAC&ved=0CCkQtwIwBA&sig2=6dNW-XjU9VVCrf2pVJXqBA&usg=AFQjCNGLDi-I0PYNCD3uGLvA8cwxeVk8nQ

Film "Die schnellsten der Ostsee"
um mit (ungelenkten) Rakteten einigermaßen zu treffen muss die Waffenplattform stabilisert werden. Warum das eher schwierig ist, kann man sehr deutlich im Film sehen.
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Big A

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(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

ufo

Es mag da aber einiges an 'Haustechnik' gegeben haben. Ich entsinne mich eines Berichtes in der Crewzeitschrift der Crew 40, wo jemand von seinen Kriegserinnerungen bei den Schnellbooten im Kanal erzaehlt: Als es richtig eng wurde und ihnen ein Britischer Zerstörer auf den Fersen war, wurde die 'Wunderwaffe' auf dem Achterdeck aufgebaut: ein Gestell mit einer Laufschiene. Drauf kam eine Rakete und dann wurde der Zerstörer mit Raketenfeuer zum Abdrehen gebracht. Der gute Mann schreibt dann aber auch weiter, dass die Wunderwaffe auf den zweiten Blick mehr so eine selbstgezimmerte, krude Konstruktion war und der Zerstörer auch nur ein MGB; Gegner sähen von vorne immer ein, zwei Klassen grösser aus und mehr als Einschüchtern hätte man so im Rückblick mit dem Primitivwerfer eben auch nicht gekonnt. Aber damals als schlotterndem Jüngling an Bord erschien ihm die Waffe gar gewaltig.

Man mag also durchaus mal ein Photo finden mit einer 'unauthorisierten' Waffe auf einem Boot. 
 
Ich bin bei Zeitzeugenberichten eigentlich generell immer skeptisch was Nummer, Grössen, Zahlen oder Daten betrifft aber ich denke des Ereignis selbst wird sich schon genauso zugetragen haben. Die hatten ja damals am Kanal zwischen den Einsaetzen durchaus Zeit zu grübeln, wie sie Fortunas Waage etwas mehr zu ihren Gunsten neigen könnten.

So man sucht, was damals beim Heer an Raketen zur Verfuegung stand, könnt man vermutlich raten, was die da für Ihren Werfer genommen haben.   

Ufo 

J.I.M

Zitat von: Tostan am 16 April 2015, 13:49:49
Was mich mehr wundert als das "fehlen" der kleinkalibrigen Raketenwerfer:

Die Deutsche Raketentechnik war allgemein recht fortgeschritten und es gab ferngesteuerte Gleitbomben wie die Hs 293 die verblüffend zielgenau waren. Trotzdem gab es meines wissens nach keinerlei (dokumentierte) Forschungen um daraus einen echten Seezielflugkörper zu entwickeln.
Ok, zur Serienreife wäre der eh nicht mehr gekommen, und wäre für die Schnellboote wohl zu groß gewesen - aber trotzdem, es gab die abstrusesten Forschungsprojekte aber so was nicht, was doch verwunderlich ist.

In Deutschland hatte man ja auch eine Panzerabwehrrakete in der fortgesschrittenen Entwicklung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Ruhrstahl_X-7

Grundsätzlich meine ich daher, dass es durchaus möglich gewesen wäre einen ersten Seezielflugkörper zum Ende des Krieges(wo er auch nichts mehr gebracht hätte) zu haben.

JIM

Urs Heßling

#14
moin,

Zitat von: ufo am 16 April 2015, 16:26:19
Man mag also durchaus mal ein Photo finden mit einer 'unauthorisierten' Waffe auf einem Boot. 
Ja, auch in KTB dokumentiert.
S-Boote im Schwarzen Meer und im Mittelmeer hatten mehr als einmal eine improvisierte Zusatzbewaffnung wie z.B. sowjetische 12,7 mm-Maschinenkanonen oder 3,7 cm Pakgeschütze.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

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