MH17 - Vorwürfe an ukrainische Behörden Luftraum hätte gesperrt werden müssen

Begonnen von Tostan, 08 Dezember 2014, 15:38:40

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Tostan

Hallo,

mittlerweile gibt es ja neue Erkenntnisse um MH17, daher eröffne ich mal einen neuen Thread, in der Hoffnung dass er nicht gleich wieder gesperrt werden muss.

Die Tagesschau meldete(http://www.tagesschau.de/ausland/malaysian-airlines-abschuss-101.html) dass der Luftraum über der Ukraine schon vor dem Absturz gesperrt werden müsste, da ja schon drei Tage vorher ein Flugzeug auf 6500m höhe abgeschossen wurde und

Laut Siemon Wezeman vom renommierten Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI) musste nach dem Abschuss der Antonov jedem klar gewesen sein: Hier wird nicht mehr von der Schulter geschossen. "Mit dem Abschuss der Antonov auf einer Höhe von 6500 Metern war es absolut klar, dass das nicht mit kleinen, sondern nur mit schweren Flugabwehr-Raketensystemen geschehen konnte", so Wezemann.

Meiner Meinung nach ist das ein typischer Fall von "hinterher ist man immer schlauer". Zu dem Zeitpunkt war nicht bekannt und wurde auch nicht vermutet, dass die Separatisten schwere Flugabwehrwaffen hatten. Das Sowjetische MANPAD Igla(welches auch bei der Marine auf kleineren Einheiten zur Flugabwehr verwendet wird) hat eine Bekämpfungsreichweite von bis zu 6km. Allerdings ist das nicht die Höchstreichweite! Ein relativ langsames und träges Ziel wie ein Transportflugzeug kann unter guten Bedingungen auch in größerer Entfernung getroffen werden. Die Antonov(http://aviation-safety.net/database/record.php?id=20140714-0&lang=de) hätte also durchaus auch von Iglas getroffen werden können.... und dann wäre die Sperrung nur bis knapp 10km Höhe gerechtfertigt gewesen.
Auch konnten wohl bei der Antonov alle Besatzungsmitglieder das Flugzeug verlassen(На борту воздушного судна находились 7 членов экипажа и один человек, сопровождающий груз. Все они покинули борт., siehe http://interfax.com.ua/news/general/213656.html) - was dafür spricht, dass der Rumpf weitestgehend noch intakt war und evtl. einen kleineren Sprengsatz vermuten lässt.

Also meiner Meinung nach war das absolut nicht "absolut klar".


bodrog

Friedensforscher  :-P Konfliktforschung wäre präziser und würde das Ding beim Namen nennen... Aber wie gesagt, die wissen auch erst hinterher, was richtig gewesen wäre...

siehe hier - aber nicht der Artikel selber, sondern die Disk im Forum:

http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/friedensforscher-warnen-politik-reagiert-oft-zu-spaet-a-999565.html

lafet944

Ich finde die Risikobeurteilung der Ukrainer - wenn es denn eine gegeben hat - ebenfalls ziemlich leichtsinnig. Der Überflug über die Rebellengebiete bot ja abgesehen vom möglichen Einsatz von MANPAD auch andere Risiken. Ließ sich denn von vornherein ausschließen, dass nicht auch Flak zum Einsatz kommt? Die Bilder der separatistischen Bewaffnung zeigen ja nicht nur T-64, sondern sogar aus dem Denkmalstatus reaktivierte T-34.

Die weit verbreitete Flak KS-19 hätte eine Reichweite bis in eine Höhe von 15.000 m gehabt. Sicher ist die Trefferwahrscheinlichkeit gering, aber es geht um die Gefährdung ziviler Flugzeuge, die keine Ausweichmanöver fliegen. Der weitere Punkt ist, was wenn ein Zivilflugzeug die "gefährdungsfreie" Flughöhe aus technischen Gründen nicht einhalten kann und so in die Reichweite der IGLA gerät?

Das passt aber in das Bild das die Ukraine nach Poroschenkos  Wahl vom Konflikt vermitteln wollte: die Notwendigkeit einer Antiterroristischen Aktion (ATO), die ohne großes Aufsehen in ein, zwei Wochen abgeschlossen ist. Spätestens in der Jahresmitte war davon nicht mehr auszugehen.

Viele Grüße

Tostan

Ich denke mal, damals(und auch heute) war man der Ansicht, dass niemand absichtlich auf zivile Verkehrsflugzeuge schießen würde. Dass die Rebellen moderne Luftabwehrwaffen mit automatischen Amok-Modus(schieß auf alles was du erfassen kannst) hatten war damals nicht erkennbar.

Zur Flak und den T-34. Diese T-34 wurden damals sehr gut konserviert als Denkmal aufgestellt, eine Reaktivierung war immer angedacht. Und einen T-34 zu starten, vom Sockel zu fahren und ein paar Showrunden zu drehen ist was anderes als ein Kampfeinsatz, denn die Munition wurde ja nicht mit gelagert und altert schneller als diese alte Sowjettechnik.
Da nun nicht öffentlich bekannt ist, welche Waffen von den Separatisten erbeutet wurden bzw. welche Waffen und Munition die Ukrainische Armee in den umkämpften Gebieten lagerte kann man nicht einschätzen inwieweit die Risikobeurteilung leichtsinnig war.
Man darf nicht vergessen - so einen Vorfall gab es noch nie, und täglich fliegen Zivilflugzeuge über Krisengebieten wo irreguläre Truppen auch schwere Waffen besitzen. Siehe Irak/Syrien etc.

Selbst wenn man massive Russische Unterstützung als gegeben ansieht, erkannte man wohl nicht die Gefahr, dass russische Verantwortliche moderne schwere Flugabwehrwaffen an völlig ungeschulte Separatisten abgeben könnten - immerhin nutzen auch russische Airlines den Luftraum - auch nach dem Abschuss noch!

Nicht nur die Ukraine machte da eine Risikobewertung(die auch von wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst wurde - Überflüge bringen Geld). Auch die Fluggesellschaften selbst machen die. Und einige Fluglinien hielten den Überflug halt für ein vertretbares Risiko - vor allem wenn man dadurch wirtschaftliche Vorteile gegenüber Konkurrenten erlangen konnte, die das Gebiet schon mieden. Ach die Lufthansa gehörte übrigens dazu während Billigflieger Air Berlin schon vor dem Abschuss die Ukraine nicht mehr überflogen hat!

Baunummer 509

Zitat von: Tostan am 09 Dezember 2014, 13:45:39
...snip...
täglich fliegen Zivilflugzeuge über Krisengebieten wo irreguläre Truppen auch schwere Waffen besitzen. Siehe Irak/Syrien etc.
...snip...
Warum ist das so? Wer hat das zu verantworten und warum werden solche Flüge bzw. Gebiete nicht gesperrt?

Für mich beantwortet sich der ganze Rest und damit dieser Thread, mit dem oben stehenden Zitat nahezu von selbst.

Gruß Sebastian

Trimmer

Sebastian - nun alleinige Vorwürfe der Ukraine zu machen  :/DK: lt. der Internationalen Luftfahrtsorganisation  und auch dem internationalen Luftfahrtsverband galt der Luftraum über 10.000 Meter als sicher.  Wenn man dann sieht wie einige Luftfahrtsgesellschaften ums überleben kämpfen  - u.a. auch Air Berlin oder Lufthansa ( siehe Gründung einer neuen Billigflotte )  dann weiß man auch das diese Gesellschaften immer versuchen verlängerte Flugzeiten und mehr Treibstoff zu vermeiden.
Ich denke es war eine falsche Einschätzung der Situation, eine falsche Einschätzung/ Unterschätzung der Waffen der zwei Parteien welche sich da in der Ukraine gegenüber stehen. 
Bezahlen mußten diese Fehleinschätzung die Besatzung und die Passagiere von MH 17

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Tostan

Zitat von: JotDora am 09 Dezember 2014, 13:51:06
Zitat von: Tostan am 09 Dezember 2014, 13:45:39
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täglich fliegen Zivilflugzeuge über Krisengebieten wo irreguläre Truppen auch schwere Waffen besitzen. Siehe Irak/Syrien etc.
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Warum ist das so? Wer hat das zu verantworten und warum werden solche Flüge bzw. Gebiete nicht gesperrt?

Es ist einfach nicht zu vermeiden. Gerade die dichtbeflogenen Europa-Südostasien-Routen. Wenn man da alle Kriesengebiete meiden würde, würde es wohl sehr eng werden auf dem schmalen Schlängellinienkorridor Balkan-Türkei-Iran-Indischer Ozean.
Oder der große bogen Ägypten - Saudi-Arabien - Indien / bzw. Weisrussland - Russland - Kasachstan - China. Wenn man sich mal die Karte anschaut: Libyen, Syrien, Irak, Afghanisten/Pakistan, Ukraine - alles Konflikte in denen die Parteien durchaus schwere Waffen haben, ein weiträumiges Umfliegen würde wohl sämtliche Flugpläne und Kalkulationen über den Haufen werfen.

Derzeit ist es auch so, dass Luftraumsperrungen nur Staaten aussprechen, welche aber dadurch wirtschaftlichen Schadne erleiden. Internationale Organisationen wie die International Civil Aviation Organization(ICAO) dürfen es nicht, und es ist völlig unüblich dass die Versicherungen(die einzige andere Partei die druck machen könnte) Krisengebiete sperren bzw. vom Versicherungsschutz ausnehmen. Und das hat auch seine Gründe - denn viele Konflikte sind so dynamisch, dass sich die Situation bereits wieder extrem geändert hat, bevor jemand der "weit ab vom Schuss sitzt" reagieren kann.

Baunummer 509

Doch, natürlich ist es zu vermeiden. Vermeiden kostet aber Geld, ist unbequem und schadet dem Geschäft. Das ist alles.

Und Achim, das wollte ich damit nicht sagen. Ich sehe die Airlines ebenso in der Pflicht wie die die Regierungen. Will sagen ich halte die Verantwortlichen von Malaysian Airlines mindestens für so "verantwortlich" wie die entsprechenden Ukrainischen Behörden. Zumindest würde jeder Busfahrer, oder Busunternehmer, der seinen Bus wohlwissend durch ein Minenfeld steuert, nur weil der Umweg zu teuer ist, sehr schnell als grob fahrlässig handelnder erkannt.

Ich zieh für mich daraus folgende Konsequenz: Ich fliege nur noch innerhalb Deutschlands und zur Hochzeit meiner Schwester in Finnland fahre ich mit einem gemieteten VW Bus. Is eh cooler  :)
Außerdem kann man auch wunderbar Urlaub auf der schwäbischen Alb, in Bayern oder in Hamburg machen  :KS/: .

Trimmer

Sebastian - verstehe ich ja völlig - aber solange es gut geht ist der Busfahrer für sein Unternehmen "der Mann "  geht es schief war er " der Blöde ".
Ja und Deine Konsequenz  :? fährtst Du nur Feldwege bis Finnland  - aber selbst da ....
Übrigens, mein Sohn war auch schon in Finnland mit dem Auto - aber da auch auf der Autofähre und da könnten ja auch .....
Nein Sebastian gefeilt bist Du wohl nirgends und die 100 % ige Sicherheit kann Dir auch kein Mensch versprechen

Gruß - Achim 
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

AndreasB

Die Diskussion gab es ja auch gleich nach dem Abschuss.

Einige Fluglinien hatten die Route verlegt (z.B. British Airways), andere nicht (Singapore Airlines, aber auch Aeroflot). Das Problem ist das es keine Zentralstelle gibt die eine Risikobewertung ausgibt auf welche sich die Airlines verlassen koennen, und das dieses Risiko einfach nicht allgemein wahrgenommen wurde.

Hier ein Artikel ueber den Abschuss der An-26, der dem Schadensbild nach wohl nichts mit einem Buk zu tun hat?

http://airheadsfly.com/2014/07/15/ukraine-latest-an-26-downing-more-advanced/

Alles Gute

Andreas

Tostan

Zitat von: AndreasB am 09 Dezember 2014, 15:23:12
Die Diskussion gab es ja auch gleich nach dem Abschuss.

Richtig, nun gibt es aber einen Untersuchungsbericht und die Diskussion über eine heikle Passage welche daraus gestrichen wurde. Und angebliche "Fachleute" werden zitiert. Das ist der neue Fakt.

Fakt ist, das es im Juni mehrere Abschüsse ukrainischer Militärmaschinen gab, alle in MANPAD-Reichweite. Dazu der Abschuss vom 14.7. welcher an der Grenze der MANPAD-Reichweite lag. Auch damals schon wurde ein MANPAD angezweifelt, als alternative wurde ein Abschuss von Russischem Territorium bzw. von einem Russischen Kampfflugzeug aus angegeben. Niemand hatte damals vermutet, dass die Separatisten schwere Flugabwehrraketen besitzen.
Wie ich oben schon geschrieben hatte, ist aber ein Abschuss durch eine Igla durchaus möglich gewesen, und damit die Sperrung des Luftraumes bis 10km Höhe gerechtfertigt. Denn die 10km Höhe schafft die Igla definitiv nicht mehr. Und selbst wenn nicht, nach der Igla kommen eben nicht gleich Systeme welche eine Rechichweite > 10km haben - wie der "Friedensforscher" behauptet. Nach den MANPADs kämen FLAK-/FLARAK Systeme wie die  Tunguska M-1. Systeme die die Ukrainische Armee in größerer Zahl besaß und wo die Wahrscheinlichkeit höher ist dass auch die Separatisten sie haben. Systeme mit einer Reichweite > 10 km. Ob die Sperrung auf den einen Abschuss vom 14.7. zurückzuführen ist oder auf die Summe der Abschüsse im Juni, kann die Kommission gar nicht nachvollziehen, und damit macht die Streichung des Satzes im Untersuchungsbericht durchaus Sinn, da die aussage nicht beweisbar ist.

Zitat von: AndreasB am 09 Dezember 2014, 15:23:12
Einige Fluglinien hatten die Route verlegt (z.B. British Airways), andere nicht (Singapore Airlines, aber auch Aeroflot). Das Problem ist das es keine Zentralstelle gibt die eine Risikobewertung ausgibt auf welche sich die Airlines verlassen koennen, und das dieses Risiko einfach nicht allgemein wahrgenommen wurde.

Die Situation in solchen Krisengebieten ist häufig sehr dynamisch so dass so eine Zentralstelle wohl zu träge wäre - und bei falscher Risikoanalyse wohl auch verklagt werden könnte wegen Geschäftsschädigung. Außerdem müsste sich diese Zentralstelle auch auf die Staaten verlassen. Oder wir brauchen einen UN-Geheimdienst der solchen Internationalen Einrichtungen Daten liefert. Und selbst dann sind das nur Empfehlungen. Hoheitsrecht über ihrem Luftraum haben nun mal die betreffenden Staaten. Die einzigen die sonst Routen de facto verbieten könnten, wären die Versicherungen - ich denke mal, das könnte in Zukunft evtl. passieren.

Zitat von: AndreasB am 09 Dezember 2014, 15:23:12
Hier ein Artikel ueber den Abschuss der An-26, der dem Schadensbild nach wohl nichts mit einem Buk zu tun hat?

Sehe ich auch so.

AndreasB

Abgesehen von all dem sollte man auch bedenken das die Muehlen der Buerokratie ja nicht immer so schnell mahlen wie man das gerne haette. Den kompletten Luftraum zu sperren ist in einem Land wie der Ukraine bestimmt nicht so einfach.

Alles Gute

Andreas

Captain Hans

,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

olpe

Zitat von: Captain Hans am 08 März 2015, 17:55:02
Ist das nun die Wahrheit?????????????
Hallo,
nun, das ist auch aufgrund dieses und weiterer verlinkten Artikel schwer zu sagen. Aus meiner Sicht können bezogen auf die Flugzeugtheorie mit SU-25 ff. nur zwei 'Parteien' objektive Daten zur Wahrheitsfindung liefern: die ukrainische Seite und die USA ... bei der letzteren im Wesentlichen die satellitengestützten Aufklärungsergebnisse ...

Ansonsten hält sich der Beitrag mit gesicherten Beweisen durch Luftfahrtbehörden bzw. Militärexperten eher zurück ... Und nun taucht noch eine russische IL-96 auf - mit Wladimir Putin an Bord ... All kloar ... dann paßt ja alles zusammen ...  :-D
Grüsse
OLPE


Trimmer

Hallo Olaf - nun das Putin zu dieser Zeit auch dort im Luftraum gewesen ist war aber bekannt. Tauch also nicht jetzt erst auf - gab ja wohl auch Bilder wo die " Bemalung" beider Maschinen gezeigt wurde und durchaus eine Ähnlichkeit bestand

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

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