Ein paar generelle Fragen zum Schiffswiderstand bei gegebenen Geschwindigkeiten.

Begonnen von VIC20, 09 Mai 2014, 21:05:33

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

VIC20

 :O/Y Hallo,

zuerst der Grund meiner Fragen - also meine Aufgabe:

Ziel ist es folgendes per Script auszurechnen (dynamisch, in Bezug auf die Geschwindigkeit und Drehzahl der Maschine(n), als Echtzeit-Simulation ohne ernsthaften maritimen Hintergrund - also entsteht durch zu grobe Abschätzungen kein Schaden an Mensch, Tier, Umwelt oder Finanzwelt :-D Die eigentliche Anwendung ist es virtuelle Schiffchen relativ ähnlich zum Originals beschleunigen zu lassen):

(Pi mal Daumen) Berechnung der momentanen Beschleunigung eines gegebenen (historischen) Schiffes bei gegebener Geschwindigkeit und bei bekannter effektiver Leistung der Propulsion zu diesem Zeitpunkt.  (Glattwasser)

Der notwendige Output für mich ist dabei natürlich nur Schub & Widerstand (in Newton).


Kommen wir also zum mir bestenfalls möglichen Input um die notwendigen Abschätzungen (hoffentlich) berechnen zu können:

Vorhandene Daten:
(übrigens alles Verdränger, maximal Halbgleiter also alte Zerstörer, einige (Frachter) sind weit unter ihrer Rumpfgeschwindigkeit unterwegs)

- Schiffsmaße und Verdrängung etc.
- maximale Leistung der Maschine RPM & HP (dadurch natürlich auch Torque)
- Propeller: Durchmesser und Pitch (manchmal bekannt, manchmal nicht), Anzahl und ungefähre Position
- Welle: bestenfalls Dinge wie vorhandener Wellengenerator, Kupplungen etc.
- Höchstgeschwindigkeit


Relativ einfach abzuschätzen:

- Benetzte Fläche (schon klar, dass das nur geht wenn sonst nichts passier) über übliche Formeln oder relativ exakter Berechnung an einem 3D Modell (Ergebnis dann natürlich Abhängig von der Qualität dieses Modells).
- Blockkoeffizient
- Reynolds-Nummer und Froude-Zahl
- Schub (zumindest scheint es für mich berechenbar mit den Formeln, die ich bisher gesehen habe)
- Luftwiderstand

Also müsste ich eigentlich den Schub (also quasi die Schleppleistung) bei Höchstgeschwindigkeit ausrechnen können und erhalte dadurch natürlich den Gesamtwiderstand.

Wie üblich kann ich dann Luftwiderstand und den einfach berechenbaren Reibungswiderstand abziehen und erhalte den Restwiderstand. (und kann die Koeffizienten ausrechnen).

Und da bin ich auch schon beim ersten Problem:

Schön zu wissen, dass ich den eigentlich kompliziert zu berechnenden Restwiderstandskoeffizienten nun habe. Aber was habe ich davon?

Hier bin ich an folgendem Punkt und einer meiner grundsätzlichen Fragen: Habe ich das ganze überhaupt kapiert?

Denn wenn ich das richtig verstanden habe, dann muss sich der Koeffizient des Wave Drag (korrektes deutsches Wort fällt mir nicht ein) doch eigentlich über verschiedene Geschwindigkeit ändern? (Im Gegensatz zum Koeffizienten des Reibungswiderstandes) Oder liege ich da jetzt vollkommen falsch?
Die Froude-Zahl steht damit doch in einem Zusammenhang oder? (Hump & Hollow, also ungünstige und günstige) - bezieht sich somit die günstige oder ungünstige Froude-Zahl nicht immer nur auf die geplante Dienstgeschwindigkeit? (korrektes Wort?) Da die Froude-Zahl auch von der Geschwindigkeit abhängt, kann ich damit dann nicht auch irgendwie die "Güte" des Wave Drag Coefficients bestimmen?

Mit anderen Worten: Hilfe! Wave Drag & Co, wie berechnen für diesen Anwendungszweck per Pi mal Daumen?

Danke fürs Lesen!

Peter K.

... ein interessantes Projekt! Es wäre schön, wenn du zu gegebener Zeit deine Endergebnisse hier präsentieren würdest!

Zitat... dann muss sich der Koeffizient des Wave Drag (korrektes deutsches Wort fällt mir nicht ein) doch eigentlich über verschiedene Geschwindigkeit ändern?

Koeffizient des Wave Drag (korrektes deutsches Wort fällt mir nicht ein) = Wellenwiderstandsbeiwert

Ja, dieser Wellenwiderstandsbeiwert erhöht sich aufgrund des steigenden Wellenwiderstandes mit zunehmender Geschwindigkeit bzw. Froudeschen Zahl.

ZitatDie Froude-Zahl steht damit doch in einem Zusammenhang oder? (Hump & Hollow, also ungünstige und günstige) - bezieht sich somit die günstige oder ungünstige Froude-Zahl nicht immer nur auf die geplante Dienstgeschwindigkeit?

Die Froudesche Zahl ist ja abhängig von der Erdbeschleunigung, der Schiffslänge und der Geschwindigkeit des Schiffes - das einzig veränderliche an einem bestehenden Schiff ist natürlich letzteres. Fährt beispielsweise ein 165 m langes Schiff mit 18 kn, hat es eine Froudesche Zahl von 0,230 und erzeugt dabei eine 55 m lange Welle, bei 22 kn bzw. einer Froudeschen Zahl von 0,282 eine 82,5 m - Welle, usw.

Günstige (hollow) Froudesche Zahlen in Bezug auf den Wellenwiderstand sind nun jene Geschwindigkeiten, wo das Verhältnis von Schiffslänge zur eigengenerierten Wellenlänge exakt zwischen zwei ganzzahligen Vielfachen dieser eigengenerierten Welle liegt - die erzeugten Wellensysteme vermindern sich gegenseitig und man spricht von Interferenz.
Bei ungünstigen (hump) Froudeschen Zahlen überlagern und verstärken sich die erzeugten Wellensysteme und das Verhältnis der Schiffslänge zur eigengenerierten Welle ist ein ganzzahliges Vielfaches dieser Wellenlänge - es herrscht widerstandserhöhende Resonanz.

Bei den oben genannten 18 kn wäre das Verhältnis Schiffslänge zu Wellenlänge 3, man befindet sich also genau an einer Resonanzstelle. Würde man die Geschwindigkeit auf 19,7 kn oder Fr = 0,252 erhöhen, entspräche das einem Verhältnis von 2,5, dem sogenannten "Idealschiff" von fünf halben Wellenlängen und damit wieder an einer günstige Interferenzstelle. Die 22 kn wären wieder eine zu vermeidende Resonanzstelle. Wenn dieses Beispielschiff eine schiffslange Welle (also 165 m) erzeugt, befindet man sich logischerweise an einer Resonanzstelle - die dazugehörige Geschwindigkeit von 31,2 kn bzw. Fr=0,399 entspricht der Rumpfgeschwindigkeit!

Würde man nun den Wellenwiderstand bzw. den Wellenwiderstandsbeiwert über die Froudesche Zahl als Kurve auftragen, könnte man die Resonanzstellen als Buckel in der Kurve wahrnehmen - insbesondere jene bei F=0,200, 0,230, 0,282 und 0,399. Für geringere Geschwindigkeiten sind die Werte zu gering.

... einen interessanten Artikel zum Thema findest du hier

Vom Ansatz her möchte ich noch auf die verschieden großen bzw. veränderlichen Anteile der einzelnen Widerstandskomponenten am Gesamtwiderstand bei steigender Geschwindigkeit hinweisen. Dazu habe ich die Grafik im Anhang auf meiner Festplatte gefunden - sie stammt von der ITTC´79.

Außerdem könnte vielleicht dieser Thread für dich interessant sein ...

Gutes Gelingen!


Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

VIC20


Impressum & Datenschutzerklärung