Schiffsnamen in der Reichs- und Kriegsmarine

Begonnen von Huszar, 02 Mai 2014, 18:40:19

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halina

Ein grösseres Kriegsschiff namens "München" gab es zwar nicht in der KM , aber zumindest einen umgebauten Fischdampfer zum Wetterschiff  WBS 6  "MÜNCHEN"  ;  bekannt wurde das Schiff mit dem Aufbringen durch den britischen Zerstörer HMS "Somali" am
7.5.1941 vor Island , dem dabei die ENIGMA 3 mit Verschlüsselungs-Walzen in die Hände fiel .
                                                                                                                                                                         :MG:  Halina
Als kleine Ergänzung ein Foto von der Enterung durch die "Somali"
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Urs Heßling

moin, Günter,

Zitat von: halina am 03 Mai 2014, 22:51:09
WBS 6  "MÜNCHEN"  ;  bekannt wurde das Schiff mit dem Aufbringen durch den britischen Zerstörer HMS "Somali" am 7.5.1941 vor Island , dem dabei die ENIGMA 3 mit Verschlüsselungs-Walzen in die Hände fiel .
Fast alle englischen Quellen stimmen darin überein, daß den Briten keine ENIGMA-Anlagenteile, aber in einem Safe aufbewahrte Schlüsselunterlagen (für Juni 1941) in die Hände fielen.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

halina

#17
Moi Urs ,danke für die Berichtigung, nach der "München" wurde am 28.6.1941 auch noch das Wetterbeobachtungsschiff  WBS 3 die
"Lauenburg" im Seegebiet vor Jan Mayen geentert , auch hier wurden Code-Bücher erbeutet , so dass die Marine-Funksprüche des Monats Juli  1941 von den Kryptologen in Bletchley Park nun leichter entschlüsselt werden konnten .
                                                                                                                                                                       Gruss  Günter

Edit: Eine "ENIGMA M 3" wurde bereits bei der Enterung von U 110 am 9.5. 1941 mit allen Schlüsselunterlagen von der RN erbeutet
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Huszar

Hallo,

Danke erstmals für die Antworten!

Auch wenn die Schiffsnamen nicht schon bei der Kiellegung fest standen, sollte doch irgendwann eine Diskussion darüber gegeben haben, wie die Schiffe letztendlich heissen sollen. Halte es für eher unwahrscheinlich, dass diese Diskussion kurz vorm Stapellauf erfolgt ist (Einladungen an die Würdenträger, usw), gerade bei PE verstrichen etwa 5 Monate zwischen Anschluss und Stapellauf. Knapp genug, dass mE diese Diskussion wenn nicht beendet, aber schon im Gange war.
Interessant, dass der SChriftverkehr über die Namensfragen (eigentlich aller Schiffe) noch nicht aufgetaucht ist!

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

redfort

Zitat von: Huszar am 05 Mai 2014, 10:42:00
Hallo,

Danke erstmals für die Antworten!

Auch wenn die Schiffsnamen nicht schon bei der Kiellegung fest standen, sollte doch irgendwann eine Diskussion darüber gegeben haben, wie die Schiffe letztendlich heissen sollen. Halte es für eher unwahrscheinlich, dass diese Diskussion kurz vorm Stapellauf erfolgt ist (Einladungen an die Würdenträger, usw), gerade bei PE verstrichen etwa 5 Monate zwischen Anschluss und Stapellauf. Knapp genug, dass mE diese Diskussion wenn nicht beendet, aber schon im Gange war.
Interessant, dass der SChriftverkehr über die Namensfragen (eigentlich aller Schiffe) noch nicht aufgetaucht ist!

mfg

alex

Hi Alex,
genau so war es auch. Wenn ich mir z.B. diverse Einladungen und Eintrittskarten zum Stapellauf des Schlachtschiff "G" (TIRPITZ) anschaue wird nirgends der Schiffsname erwähnt, immer nur wie hier als Beispiel Schlachtschiff "G".
Bei einigen Luftwaffenschiffen wurde erst ein paar Tage vor Stapellauf der Schiffsname festgelegt, gemäß Schriftverkehr zwischen den Luftwaffenkommandostellen.
Gruß, Axel

Luftwaffe zur See

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Huszar am 05 Mai 2014, 10:42:00
Interessant, dass der Schriftverkehr über die Namensfragen (eigentlich aller Schiffe) noch nicht aufgetaucht ist!
Schwierig ! Das ist -allerdings für die Schiffe und Boote der Bundesmarine 1955-70 - neben den Schnellbooten mein zweites Forschungsthema.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Huszar

Hallo, Urs,

Nunja, die grösseren Einheiten sind noch ansatzweise einfach - Traditionsnamen (und Admiräle) halt. Wie kam dann aber auf die Idee zB mit den Namenszerstörern, wie wurden gerade DIESE Namen herausgepickt, usw, usw.

Irgendein Gedankengang, bzw Fact-Finding sollte doch dahinterstecken, nicht nur,
"Liebchen, uns läuft morgen ein Schiffle vom Stapel, mir fällt aber kein Name ein!"
"Oh, das ist einfach, nenns doch Rosafarbenes Einhornpony!"
"Hmmm... Neeee, dann schon lieber nach einem obskuren Schiffsjungen, der mal was gemacht hat"

:-D

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Tostan

Zitat von: Huszar am 05 Mai 2014, 14:06:53
Wie kam dann aber auf die Idee zB mit den Namenszerstörern, wie wurden gerade DIESE Namen herausgepickt, usw, usw.

....

"Hmmm... Neeee, dann schon lieber nach einem obskuren Schiffsjungen, der mal was gemacht hat"

Evtl. als Motivationshilfe für alle obskuren Schiffsjungen .... "Egal welch niedrigen Rang ihr habt, diese Ehre kann euch auch (posthum) treffen, solange ihr euch nur irgendwie angemessen heldenhaft verhaltet!"

bodrog

#23
Naja, bei den Zerstörern fällt mir spontan das zweibändige "Zur See unbesiegt" ein, wo etliche der Kandidaten schon vorgestellt worden sind...

jetzte könnte der nichtmehr vorhandene Bernd L. sicher einiges dazu sagen  :-P

bodrog

Die Namensauswahl bzw. -gebung für die Zerstörer läßt sich hier nachlesen:

Steen, Hans: ... habe meine Pflicht getan.
Hannover 1939

:MG:

kgvm

Bodrog, ist in dem Buch wirklich beschrieben, wie es zu der Namensauswahl kam (es gab ja wohl noch ein paar mehr deutsche Seeleute des 1. Weltkriegs, die Heldentaten vollbracht haben?), oder werden dort lediglich die Taten der Namenspatrone geschildert?
Das wäre zwar auch nicht uninteressant, hilft aber beim Nachvollzug der Namensauswahl nicht unbedingt weiter :-(

bodrog

Der Taufakt ist ja nur ein symbolischer Akt... und für den Rest muss man sich in die Ministerialbürokratie des Reiches hineindenken. D.h. ein Pool (was für ein neudeutscher Begriff) an Namen zirkuliert in der obersten Marinespitze. Anregungen kommen vom Marinearchiv (sprich Spindler und Manthey... tätärätätä und welches Machwerk hat letzter verfasst: "Auf See unbesiegt"). Erich R. schlägt diese via Kanzlei des Führers (eine von den dreien) dem Ex-Maler vor. Der sagt: verdiente tote Volksgenossen, nur keine aus der Volksmarinedivison  :-D wir sind schließlich ein völkischer Staat! und tot sollten die sein  :MG: Die Festlegung auf den Namen sollten mindestens ein viertel Jahr vorher stattfinde - die Taufpatin muss ja auch eingeladen werden, die Werft muss das provisorische Namensschild erstellen usw. und sofort...


halina

Was die Namensvergabe in den 3 Marinen der Vergangenheit anbetrifft so ist doch unverkennbar , dass gewisse Traditionen
jeweils übernommen wurden , wobei nur die Prioritäten unterschiedlich gesetzt wurden .
Ein Rückblick auf die Kaiserliche Marine zeigt folgendes Bild :   Auf der Suche nach heldenhaften Gestalten im maritimen Umfeld
vor dem Königs-und Kaiserreich wurde man nicht fündig auser den nicht erfolgreichen Admiralen v. Stosch und Brommy , so dass
die Namensvergabe für die Kriegsschiffe mehr auf verdiente Feldherren wie etwa Scharnhorst , Gneisenau , Blücher usw. bezug
nahm .  Doch die Hohenzollern -Kaiser sorgten schon dafür , dass der Hochadel bei den Schiffstaufen gut vertreten war .
Doch die Namensvergabe für die Kategorie der Leichten Kreuzer berücksichtigte auch viele bekannte Städte gut verteilt im Reich ,
so dass ca. 30 Kreuzer diese Namen führten , darunter die "BREMEN-Klasse" mit 7 Einheiten , folgend von der Königsberg-der
Kolberg und der Magdeburg-Klasse mit je 4 Einheiten , hinzu noch einige Klassen mit je 2 Namen .
Da man in der Reichsmarine eine Glorifizierung von Kriegshelden vermeiden wollte , beschloss man in der Marineleitung sich neutral
zu verhalten und so erhielten die Kreuzer auch hier wieder Städtenamen wie Emden , Königsberg, Karlsruhe,Köln.Leipzig und
Nürnberg , sorgfältig ausgewählt unter Bevorzugung der grössten Länder des Reiches , dazu noch als Aushängeschild für das
Gesamtreich das Panzerschiff  "Deutschland" .
Mit der Machtübernahme AH 1933 wurden andere Prioritäten gesetzt , hier kamen nun wieder die Kriegshelden aus Heer und
Marine zur Geltung , wobei auf einen Proporz zwischen beiden besonders geachtet wurde , so konnte sich die Marineleitung mit
Admiral Scheer , der Graf Spee , der Hipper , der Bismarck ?? und Tirpitz durchsetzen , während die Helden aus dem Heer mit der
Schiffstaufe von Scharnhorst , Gneisenau , Blücher und Prinz Eugen bedacht wurden , hinzu kommt noch der Flugzeugträger
Graf Zeppelin .
Ob nun wegen der Namensvergabe ein umfangreicher Schriftwechsel stattgefunden hat , ist wohl noch nicht dokumentiert , vieles
wurde sicherlich am Kabinettstisch besprochen bzw. im OKW im Beisein von AH, und bestimmt auch einige Zeit vor dem eigentlichen
Stapellauf , denn hierzu sind Vorbereitungen notwendig .
                                                                                                                                                                         :MG:  Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

bodrog

Hallo Günther,

die Sache ist komplexer:

für die Großen Kreuzer bei Kaisers gilt Reitergenerale, für die Linienschiffe sind es Provinzen/Länder des Reiches sowie Herrscherhäuser/Herrscher. Kleine Greuzer bis Gazelle sind Gestalten aus Mythologie und Sagen, dann Städtenamen.
Die Reichsmarine hat bei den Kreuzern die Namen bekannter abgebuddelter Kreuzer der Kaiserlichen übernommen (von wegen neutral - eher Traditionslinien).
Bei Adolf ist es ein Mix: verdiente/berühmte Staatsleute sowie Heerführer/Admirale bei den großen Schiffen (und natürlich wieder Traditionslinien wie Scharnhorst/Gneisenau). Flugzeugträger nach Leuten die mit Luftfahrt was zu tun haben (und damit ist beim Flugzeugträger B auch der Name Strasser nicht ganz unwahrscheinlich). Zu den Zerstöreren habe ich ja schon was gesagt. Auf jeden Fall keiner aus der Volksmarinedivision  :-D Und schön bei den kleinen Booten den Proporz wahren, d.h welche aus dem Mannschaftsstand, Deckoffiziere, LIs und Kommandanten...

Und man sollte auch nicht vergessen, dass ein Schiffsnamen auch Politik ist: schwer vorstellbar wäre bei Adolf ein Dampfer mit jüdischen Namen oder eines SPDlers.

kgvm

"für die Großen Kreuzer bei Kaisers gilt Reitergenerale"??
Die muß man fast schon mit der Lupe suchen, bis zu "Friedrich Carl" waren es Frauennamen und Fürstlichkeiten, Roon, Yorck, Scharnhorst, Gneisenau waren zwar Generale, aber meiner Kenntnis nach keine Reitergenerale (auch wenn alle damaligen Generale reiten konnten), dasselbe gilt für Moltke und Goeben (dieser war beispielsweise General der Infanterie). Von der Tann war ebenfalls (bayrischer) General der Infanterie. Blücher war tatsächlich Husar. Seydlitz, Derfflinger und Lützow mögen ebefalls Reitergenerale gewesen sein, das habe ich jetzt nicht weiter geprüft, aber für Hindenburg trifft das schon wieder nicht zu.

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