Modell-Durchlaufkessels mit Gleitdruckregelung

Begonnen von Turbo-Georg, 13 April 2014, 14:40:57

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Turbo-Georg

Die angehangenen Bilder zeigen den Aufbau des Prototyps eines Modell-Durchlaufkessels mit Gleitdruckregelung. Dieser Kessel dient dem Betrieb von Modelldampfturbinen.

Die Leistung einer Dampfturbine wird bekanntlich von der Dampfmenge, sowie dem Zustand des Dampfes, also seinem Wärme- bzw. Energieinhalt bestimmt.

Hier erfolgt die Leistungsregelung nicht an der Turbine, z.B. durch verlustreiche Dampfdrosselung, sondern bereits am Kessel im so genannten Gleitdruckverfahren durch Veränderung des Massenstroms.
Der Kessel ist in erster Linie ein Heißluft-Erzeuger. Der Heißluftstrom übernimmt den Transport der Wärmeenergie zum Verdampfer; hier erfolgt die Wärmeübertragung auf die jeweilige Menge an zugeführtem Speisewasser (Dampfmenge); Zuführung durch eine geregelte Pumpe. 
Durch die Regelung von Gas- und Luftmenge wird der Wärmeinhalt des Dampfes beeinflusst.

Die Vorwärmung des Speisewassers erfolgt im Abgasstrom durch einen entsprechenden Wärmetauscher im Fuchs des Schornsteins und die Vorwärmung der Gebläseluft im Mantel des doppelwandigen Kessels durch Kühlung der Außenhaut. Die Temperatur am Außenmantel beträgt somit max. 40° C; eine Wärmeisolierung ist demnach entbehrlich.

Das Video zeigt den Testlauf des Prototyps
Der Dampfverbrauch der Turbine wird durch ein Rohr mit einem Querschnitt von 2 mm² simuliert. Durch Mess-Sonden werden die Dampftemperatur vor dieser ,,Düse" sowie die Abgastemperatur im Schornstein überwacht.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

Für den Einbau in ein mittleres Schiffsmodell mit Dampfturbinen-Antrieb, schwebte uns statt eines schweren Wasserraumkessels, ein einfach herzustellender, kleiner, vergleichsweise leichter Durchlaufkessel mit Gleitdruckregelung vor.
Gleitdruckregelung bedeutet, dass wir für die verschiedenen Fahrstufen nicht den im Kessel konstant erzeugten Dampf regeln, sondern wir regeln unmittelbar die Massenströme des Kessels (Speisewasser, Gas, Luft usw.) und stellen damit der Turbine für die einzelnen Fahrstufen Dampf mit den erforderlichen Werten (Druck, Temperatur) zur Verfügung.

Das Prinzip der Gleitdruckregelung kennen wir vom Kraftwerk-Kesselbau oder vom Benson-Schiffskessel.
Bereits 1944 wurden an den Kesseln von Zerstörern der DKM hierzu Versuche unternommen. Grundlage bildeten die Überlegungen von Klnt. (Ing.) Dipl.-Ing. Illies aus dem Jahre 1942 im Rahmen des Entwurfs einer Antriebsanlage für die neuen Zerstörer.
Sie beruhen darauf, den Konstant-Druck in Dampfkesseln durch Gleitdruck zu ersetzen und  die Regelung bei Fahrstufenänderungen vom Manövrierventil der Turbine auf die Brennstoffzufuhr am Kessel zu verlagern. 

Traditionell wurde die Leistung durch die Dampfmenge geregelt, und zwar durch Abschaltung von Düsengruppen der Hd-Stufen. Nur die Feinregulierung wurde durch die verlustreiche Drosselung vorgenommen. Um die Dampfturbinen in den verschiedenen Laststufen mit einem möglichst günstigen Wirkungsgrad (Brennstoffverbrauch!) zu betreiben, erfolgte die Abschaltung einzelner Turbinenstufen bzw. wurde auf einen weiteren Turbinensatz umgeschaltet (Haupt- und Marschturbinen).

Bei Modell-Antriebsanlagen mit Dampfturbinen wird sich dieses Prinzip allerdings nur in Durchlaufkesseln bei gleichzeitiger Regelung des Massenstroms realisieren lassen. Die Änderung des Massenstroms, sprich der Dampfmenge, bewirkt eine Änderung des Ausgangsdrucks und ggf. der Überhitzungstemperatur des Dampfes und somit eine Änderung des jeweilig verfügbaren Wärmegefälles.
Allerdings benötigen wir im Modellbau keine kontinuierliche Regelung. Wir orientieren uns am Prinzip des Maschinentelegrafen mit seinen verschiedenen Fahrstufen.
Für die einzelnen Fahrstufen werden bestimmte Schraubendrehzahlen festgelegt. Die hierzu erforderlichen Betriebsdampfwerte mit den entsprechenden Regelparametern werden durch Versuche ermittelt und stufenweise durch einen Mikrocontroller (Arduino) eingestellt. 

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

Hallo liebe Modellbaufreunde,

Konrad (Konni) hat aus dem Urlaub viele neue Ideen zum Durchlaufkessel mitgebracht und zum Teil bereits in die Tat umgesetzt.
Es geht dabei nach wie vor um die Suche nach der effizientesten Verdampferform.

Nach der bekannten runden Bauweise mit Bündeln aus gewickeltem Rohr hat Konrad nun einen eckigen Verdampfer konstruiert. Seine Herstellung aus einer ,,Unmenge" von Rohrstücken ist zwar höchst aufwendig, erlaubt aber eine bessere Ausrichtung der Rohrreihen.
Auf den Verdampferbildern ist deutlich der Versatz der einzelnen Rohrreihen zu einander erkennbar. Dadurch wird ein besserer Wärmeübergang erzielt, denn die einzelnen Rohrreihen werden besser von der Heißluft umströmt.
Wie bei der runden Bauform wird der Kessel wiederum mit einem Doppelmantel versehen, in dem die vom Gebläse kommende Luft vorgewärmt wird und gleichzeitig den Kesselaußenmantel kühlt.
Die Bilder zeigen die Bauteile des hinteren, inneren Kesselmantels mit dem Verdampfer, den Rahmen der Luftleitbleche sowie den Heißluft-Diffusor, die beiden letztgenannten Bauteile  sorgen für eine gleichmäßige Durchmischung des Luftstroms.
Im anschließenden Schornsteinfuchs wird wieder der vor geschaltete Speisewasservorwärmer untergebracht.
Der runde Brennerteil entspricht im Wesentlichen der bekannten Bauform und wird über die Kalotte mit den Bauteilen des hinteren Kessels verbunden.

Bis zu den ersten Tests wird noch etwas Zeit vergehen, aber das Gezeigte ist recht vielversprechend. Die mit größter Sorgfalt ausgeführten Arbeiten zeugen von höchster Handwerkskunst, besonders die Präzision der Blecharbeiten begeistert mich immer wieder neu.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Baunummer 509

Ihr seid ganz schön verrückte Typen!
Ich mag das, sehr sympathisch  :-)

Beeindruckend was Ihr hier auf die Beine stellt.

Gruß Sebastian

torpedo mixer

Ein "Ihr seid ja total verrückt" (sehr positiv gemeint) auch von mir.

Als MaschBau Ing. habe ich einen Höllenrespekt vor dem Thema....

Ein klitzekleine Frage:

Ihr werdet den Danpf ja im Gegenstrom zum Heißgas fahren mit Dampfaustritts-Temp. auf Heißgasniveau?  Ist das ein "Strang" oder wird der Dampfstrom parallel gefahren? Ist das die richtige Art das verdampfende Wasser/Dampf Gemisch zu fördern oder ("nur") die Variante mit bester "Aufwand/Leistung" Balance? Dampfdom, frühe Trennung Wasser/Dampf mit Nacherhitzung wäre ja etwas anderes?

Gruß - Wastl
WoW: [FMA] torpedo07

Turbo-Georg

#5
Hallo Wastl,
im Allgemeinen arbeiten Wärmetauscher vorzugsweise im Gegenstromverfahren; um einen solchen handelt es sich auch in unserem Fall.
Rein theoretisch wird das Wärme abgebenden Medium, hier der Heißluftstrom, am Ausgang kälter sein. Es würde damit u.U. dem Wärme aufnehmenden Medium, also dem verdampften Wasser wieder Wärme entziehen. Das ist wie gesagt ziemlich theoretisch, denn in der Praxis wird die Gastemperatur auch am Ausgang wesentlich höher sein, als die Temperatur des erzeugten Dampfes; dafür sorgt schon der unvermeidliche Wärmeübergangswiderstand.
Der Übergangswiderstand vom Heißgas zum Wasser setze sich zusammen aus:

Dem Wärmeübergangswert der Heißluft zu den von ihr berührten Flächen.
(äußere Berührungsheizfläche).
Dem Wärmeleitwert des Werkstoffs  (Cu) der Rohre in Abhängigkeit von der Wandstärke.
Und letztlich dem Wärmeübergangswert von der Innenwand der Rohre (innere Berührungsheizfläche), zum sie berührenden Stoff, also dem Wasser  bzw. dem Dampf. Wobei die Übergangswerte zu Wasser und Dampf verschieden sind.

Dieser Übergangswiderstand vom Heißgas zum Wasser lässt sich zwar berechnen, das ist für die Modellbaupraxis aber zu umständlich.
Der gesamte Übergangswert des Wärmetauschers hängt außerdem nicht nur von der Gesamtheizfläche ab, also Länge und Durchmesser der Rohre, sonder im besonderen Maße von deren Anordnung im Heißluftstrom
Diese Suche nach der besten Architektur des Verdampfers ist der Grund unserer Untersuchungen.
Es geht uns dabei in erster Linie um den höchst möglichen Wirkungsgrad, aber wir möchten auch die Erkenntnisse unserer (Forschungs-)Arbeit anderen Dampfmodellbauern zur einfachen Berechnung solcher Kessel unterschiedlicher Leistung (Dampfmenge) und verschiedenen Durchmessern der verwendeten Rohre zur Verfügung stellen.
Und zwar in Form von Kurven des

                                   ,,Durchgangskoeffizienten k
      für Heißluft-Wärmetauscher von Modell-Durchlaufkesseln  mit                                                 Gleitdruckregelung"
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

RonnyM

Ich möchte nicht Wissen, wieviel Löt-Stunden Konni am Verdampfer zugebracht hat. ::B)

Spuckenlose Grüße

Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

torpedo mixer

Hallo Georg,

Danke für die Antwort.

Ihr drückt als Wasser hinten in den WT und das Wasser verdampft "ab irgendwo" und danach schiebt sich ein Wasser/Dampf Gemisch bis nach vorne, wobei der Wasseranteil immer weiter sinkt UND über den Dampf eine gute Durchmischung des Restwassers erzielt wird.

Elegant - Eure Anordnung mit den langen Schenkeln frei nach oben (Wärmeausdehnung...)! Ausdehnung WT-axial gleicht sich so durch Verdrehen der 90° Ecken aus?

Steuert Ihr die Wasserpumpe per FU? (Frequenz Umrichter) Wie Brennluft/Treibstoff?

Gruß - Wastl
WoW: [FMA] torpedo07

Turbo-Georg

#8
Hallo Wastl,
es ist wie du richtig vermutest. Allerdings benötigen wir zum Betrieb der Turbine überhitzten Dampf.
Wir meinten ursprünglich, wie bei Wasserraumkesseln einen Überhitzer nachschalten zu müssen. Das hat sich als unnötig erwiesen.
Bei weiterer Wärmezufuhr in einem entsprechend verlängerten Verdampfer wird der Dampf nicht nur zu Sattdampf (x = 1) sondern sogar überhitzt.

Bekanntlich wollen wir die Stellgrößen für die einzelnen Fahr- sprich Leistungsstufen durch einen Mikrocontroller (Arduino) per Programm bereitstellen.
Die Gleichstrommotore der Speisepumpe und des Kesselgebläses werden mit der im Controller erzeugten Pulsmodulation (PM) gesteuert, ähnlich erfolg die Ansteuerung der Servos  für die Gasregelung, der Wassereinspritzung zur Regelung der Überhitzungstemperatur und  ggf. einer Düsen-Regulierung.
Dabei werden vom MC die Temperaturen von Dampf und Heißluft, sowie des Abgases überwacht bzw. geregelt; das gilt auch für die Turbinendrehzahl.

Im Video zum Testlauf des Prototyps erkennst du neben dem Dampfdruck (Manometer) auch die Temperaturwerte des Dampfes und des Abgases (Digitalthermometer).
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

torpedo mixer

Georg,

PWM ist sicherlich einfacher umzusetzen.

Was ist das für ein schwarzes Teil an dem Kessel links? Saugt er sich da die Verbrennungsluft an ? (durch Injektorpumpe von der Brenngaseinspritzung?) Oder ein Kleingebläse?

Wenn Du von Regeln sprichst - Variation der Brenngasmenge um bei eingestelltem Dampfmassenstrom eine bestimmte Abgastemperatur zu erreichen? (Sehe ich von den Sensoren und dem Gesamtsystem als am robustesten an - nachdem der Kessel einmal läuft (nicht beim Start :-D))?

Gruß - Wastl
WoW: [FMA] torpedo07

iron dog

Zitat von: RonnyM am 14 September 2014, 12:38:05
Ich möchte nicht Wissen, wieviel Löt-Stunden Konni am Verdampfer zugebracht hat. ::B)

Da schliesse ich mich an. Ich habe bei meinem kleinen Testdurchlaufkessel gerade den "Lockenwickler" bemüht, weil ich nicht soviele Lötstellen haben wollte  :roll

Vor dem Löten habe ich nämlich den grössten Respekt. Kompliment an Konni und Georg für diesen Wärmetauscher. Allgemein schlau gemacht die Sache, auch mit dem Doppelwandsystem!

Gruss, Doggie
S.M.S. Derfflinger* : Das Schiff möchte ich am liebsten schon gebaut haben!

*genannt "Iron Dog" bei der Royal Navy, weils trotz vielen schweren Granatentreffern einfach nicht sinken wollte in der Skagerrak-Schlacht.

Turbo-Georg

#11
Hallo Wastl, hallo Doggie,

Das „schwarze Ding“ ist tatsächlich ein Kleingebläse. Es drückt die angesaugte Luft durch den Kesselmantel zum Heißlufterzeuger* am gegenüber liegende Ende des Kessels. Dabei wird die Luft vorgewärmt und kühlt gleichzeitig die Außenhaut auf etwas mehr als Handtemperatur.
Die einwandigen Kessel wurden nicht nur im Bereich des Brenners sehr heiß; sie haben regelmäßig geglüht; sie wären trotz Isolation für den Einbau in einen Schiffsrumpf ungeeignet.

*) Bilder des Heißlufterzeugers findet ihr am Anfang dieses Beitrages.

Wegen der Regelung machen wir uns noch keinen Kopf. Wir sind uns aber darüber einig, dass wir auf komplexe Regel-Algorithmen verzichten werden und stattdessen auf die Standart-Applikationen der „Arduino“- Benutzeroberfläche zurückgreifen. Damit bleibt das System für alle interessierten Modellbauer offen und letztlich auch bezahlbar.

Wir können uns zum gegeben Zeitpunkt der Unterstützung unserer Kinder gewiss sein.
Konrads Sohn studiert Informatik und meine Tochter (Starboard) studiert Elektrotechnik, Schwerpunkt Energie und Automatisierungstechnik.

Wir hoffen, dass wir uns der optimalen Form des Wärmetauschers genähert haben. 
Bei den ausstehenden Tests werden wir auf dem Turbinen-Prüfstand für die verschiedenen Leistungsstufen die jeweiligen Werte der Einflussgrößen ermitteln und eine Matrix erstellen.
Wir halten euch über Neuigkeiten auf dem Laufenden.

Übrigens, ein neues „verrücktes“ Projekt schwebt nicht nur in meinem Hinterkopf; ich habe bereits einige Berechnungen angestellt. Die Ergebnisse sind nicht schlecht; ob sie sich auch in die Praxis umsetzen lassen ist eine andere Frage.
Nur soviel möchte ich verraten.
Direkt beheizte Modell-Dampfturbine.
Gas beheizte kleinere Verdampfer-Kammern werden ringförmig angeordnet. Ihre Dampf-Ausgänge wirken als Düsen direkt auf die Schaufeln eines Curtis-Rades.
Niedriger Dampfdruck, also auch niedrige Dampfgeschwindigkeit versprechen bei vergleichsweise großem Dampfvolumen eine deutlich niedrigere Turbinendrehzahl um etwa 10.000 1/min.
Konni muss ich allerdings erst noch überzeugen!

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

torpedo mixer

Georg,
alles klar! Bei der Unterstützung ...

Gruß - Wastl
WoW: [FMA] torpedo07

Turbo-Georg

Hallo Modellbaufreunde,
zwischenzeitlich hat der Kessel seine Außenhaut erhalten und es wurde ein Testaufbau erstellt.  Die Tests sind recht zeitintensiv und stehen noch aus.
Im Anhang ein paar betitelte Bilder.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

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