U-Boot Seehund

Begonnen von U 48, 26 Januar 2014, 19:08:13

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U 48

Moin,moin

ich lese in Lagemeldungen immer wieder mal das da steht 4 Seehund in See .....1 Versorgungsboot (gemeint ist ein Seehund) Einlaufmeldung Dünkirchen liegt noch nicht vor.

Wurde mit Seehunden Versorgungen bzw. Nachschub Transporte gemacht.

Da geht ja nun nicht viel an Bord.

Weiß da vieleicht einer was näheres.

Oder ist gemeint das der Stützpunkt Dünkirchen einen neuen Seehund zugeführt bekommt.

Gruß
U 48

Violoncello

Hallo U 48,

ab 27. März 1945 sind tatsächlich "Seehunde" anstatt der beiden Torpedos mit wasserdichten und druckfesten Transportbehältern, umgangssprachlich als "Buttertorpedos" oder "Botos" bezeichnet, ausgestattet worden. Mit ihnen sollten insbesondere Notrationen an Fett, die die täglcihe Versorgung der Sodlaten um einige Gramm(!) erhöhen konnte, aber auch anderen Lebensmitteln und Munition in die von der Hungersnot bedrohten "Festung Dünkirchen" transportiert werden. Auf dem Rückweg wurden dann Feldpost zurückgebracht (Mattes: Die Seehunde, Hamburg 1995, S. 135ff.).

Viele Grüße

Violoncello

U 48

Moin,moin

Interessante Sache, mit den Buttertorpedos.

vielen Dank für die Aufklärung.

Gruß
U 48

bettika61

Hallo,
in Dünkirchen wurden nach Kriegsende  Seehunde gefunden, von denen später 4 von der französischen Marine übernommen  als
S 365, S 90, S 74 und S 107 , später umbenannt in S 621, S 622, S 623 und S 624
http://www.netmarine.net/bat/smarins/seehund/
Foto S 365

Die Seehunde in Dünkirchen http://www.sous-mama.org/la-base-abri-de-blog-121.html

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Violoncello

Hallo Beate,

das sind zwei schöne Funde!

Wenn man "S 365" in "U 5365", "S 90" in "U 5090", "S 74" in "U 5074" und "S 107" in "U 5107" verwandelt, erhält man bekannte Bootsnummern!

Viele Grüße

Violoncello

bettika61

Hallo Hartwig,
guter Hinweis  :MG:,
danach steht U 5090= S 622 im Marinemuseum in Brest
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d3/Submarine_S622.jpg

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

M-54842

Die Versorgung Dünkirchens durch die Seehunde stellte sich wie folgt dar:

Die SKL kam zu dem Entschluss, dass es dringend notwendig ist, Dünkirchen mit Nachschub zu versorgen. Es erfolgte die Bereitstellung von Seehunden, die anstatt der Torpedos Transportbomben mit sich führen sollten.
Das KdK meldete am 10.03.1945, dass die Transportbomben für drei Seehunde fertiggestellt waren und bis zum 15.03.1945 nach Ijmuiden gebracht werden. Als dringendste Notwendigkeit hatte das MOK West Schmalz, Tellerminen und Batterien gemeldet.
Das KdK bat um Entscheidung, wieviel Seehunde für diese Aufgabe aus dem Offensiveinsatz herausgezogen werden sollten.
Der Ob. d. M. entschied, dass zunächst drei Seehunde zum Einsatz kommen sollten.

1.   Dünkirchen Operation
       
Montag, 26.03.1945:
Versorgung Dünkirchen mit drei Seehunden ausgefallen, Teildurchführung für den 27.03.1945 beabsichtigt.

Dienstag, 27.03.1945:
Zwei Versorgungs-Seehunde aus Ijmuiden ausgelaufen nach Dünkirchen. Dabei handelte es sich um die Seehunde von OltzS. Kupler und U 5330, LtzS. Sparbrodt.

Mittwoch, 28.03.1945:
U-Kupler und U-Sparbrodt laufen in Dünkirchen ein.
Ein dritter Versorgungs-Seehund, Kommandant ObStrm. Fröhnert, läuft am Abend aus Ijmuiden aus. Er soll am 29.03.1945 in Dünkirchen eintreffen.

Freitag,30.03.1945:
Einlaufmeldung aus Dünkirchen zu U-Fröhnert liegt noch nicht vor.

Samstag, 31.03.1945:
Auslaufen der Seehunde von OltzS. Kupler und LtzS. Sparbrodt war für die Nacht zum 31.03.1945 aus Dünkirchen geplant. U-Fröhnert noch immer nicht eingelaufen.

Montag, 02.04.1945:
Wegen Windstärke 8 im Hollandraum keine Schiffsbewegungen. Insgesamt aber zwei Seehunde in See, davon einer zur Versorgung Dünkirchen. U-Kupler und U-Sparbrodt sollen erst nach Wetterbesserung aus Dünkirchen auslaufen.   

Mittwoch, 04.04.1945:
U-Fröhnert läuft mittags in Dünkirchen ein. U-Kupler und U-Sparbrodt laufen von Dünkirchen nach Ijmuiden aus.

Donnerstag, 05.04.1945:
U-Kupler und U-Sparbrodt laufen in Ijmuiden ein.

Freitag, 06.04.1945:
Im KTB der SKL wird vermerkt, dass der Gegner das Unternehmen erkannt hat.

Montag, 09.04.1945:
U-Fröhnert läuft aus Dünkirchen nach Ijmuiden aus.

Dienstag, 10.04.1945
Der Festungskommandant Dünkirchen hat vorgeschlagen, Seehunde, die beim Abschneiden von Holland nicht zurückgeführt oder anderweitig verwendet werden können, nach Dünkirchen zu verlegen, weil er von dort aus Einsatzmöglichkeiten sieht.

2.   Dünkirchen-Operation

Samstag, 28.04.1945:
Zwei Versorgungs-Seehunde um 14 Uhr aus Ijmuiden nach Dünkirchen ausgelaufen. Dabei handelt es sich um U 5365, Kommandant LtzS. Hermann und U 5090, Kommandant, LtzS. Kunau. Ein dritter Versorgungs-Seehund, U 5074, Kommandant LtzS. Schöne, wegen Havarie in der Schleuse umgekehrt (Seerohr durch Achterleine VP-Boot beim Ausschleusen abgeknickt).   

Sonntag, 29.04.1945:
Auslaufen von zwei Versorgungs-Seehunden belegt wegen schlechten Wetters. Beide Boote in See zum Trimmversuch. U 5074, LtzS. Schöne und U 5107, Kommandant OltzS. Seiffert.
Ein Seehund, Kommandant LtzS. von Pander, nach Dungeness verabschiedet (von Pander fällt am 04.05.1945).

Montag, 30.04.1945:
U 5090 in Dünkirchen eingelaufen.

Dienstag, 01.05.1945:
U 5365 in Dünkirchen eingelaufen.

Mittwoch, 02.05.1945:
Drei Versorgungs-Seehunde laufen um 14 Uhr von Ijmuiden nach Dünkirchen aus. Dabei handelt es sich um U-Schöne, U-Seiffert sowie um U-Habel. Bei Nacht U-Habel von Flugzeug mit Scheinwerferbeleuchtung beim Alarmtauchen gebombt . Dabei Flansch Dieselabgasleitung abgerissen, Wassereinbruch und Wasserdampf im Boot. Boot nur noch bedingt tauchklar. Während Rückmarsch wiederholt bei Fliegerangriffen getaucht.

Donnerstag, 03.05.1945:
U-Habel läuft in Ijmuiden ein. 

Samstag, 05.05.1945:
U-5107 in Dünkirchen eingelaufen.

Sonntag, 06.05.1945:
U 5074 um 19 Uhr in Dünkirchen eingelaufen. Rückkehr von U 5365 und U 5090 nach Ijmuiden beabsichtigt.

Montag, 07.05.1945:
Am Morgen keine Funkverbindung nach Ijmuiden. U 5365 und U 5090 nicht ausgelaufen. U 5107 nach Artilleriebeschuss leicht beschädigt. Am Nachmittag Empfang beim Festungskommandanten, LtzS. Schöne erhält das EK I. Am Abend Funkspruch von der SKL: ,,Seehunde mit Besatzungen in Dünkirchen bleiben."

Freitag, 18.05.1945:
Übergabe der vier in Dünkirchen befindlichen Seehunde an die französische Marine.

Dienstag, 05.06.1945:
Alle Seehund-Offiziere werden als Kriegsgefangene in das Fort ,,Le Dunes" deportiert.
   

Quelle: G. Schöne






Violoncello

Hallo M-54842,

hab Dank für deinen Beitrag, mit dem du das Thema nach meiner Auffassung wunderbar abgerundet und den Kreis der Informationen geschlossen hast.

Hat Gerd Schöne seine Erlebnisse zu Papier gebracht? Sofern es eine Publikation sein sollte, würde ich mich für die Fundstelle sehr interessieren!

Viele Grüße

Violoncello


wirbelwind

#8
Hallo,
sehr interessante Beiträge zum Thema ,,Seehund", gerade auch was die Festung Dünkirchen betrifft.
Aufschlussreich, was die Quelle Schön dazu hergibt. Wieder was dazu gelernt. Danke an die Verfasser der Beiträge.
MfG Rüdiger

M-54842

Zitat von: Violoncello am 18 Februar 2014, 21:16:19
Hallo M-54842,

Hat Gerd Schöne seine Erlebnisse zu Papier gebracht? Sofern es eine Publikation sein sollte, würde ich mich für die Fundstelle sehr interessieren!

Viele Grüße

Violoncello

Hallo Violoncello,

leider hat er dies nicht insgesamt getan, sondern nur auszugsweise zu Einzelthemen. Er hat es auch nicht publiziert aber beispielsweise K. Mattes zugearbeitet. Insgesamt hat er der Nachwelt interessante Aufzeichnungen hinterlassen. G. Schöne, der aus Sachsen stammte, starb 1998 in Bernau am Chiemsee. Er hat sich nach dem Krieg auch intensiv für die Anerkennung der Seehund-Fahrer als U-Boot-Fahrer eingesetzt.
Aber auch andere Seehund-Fahrer haben interessante Aufzeichnungen hinterlassen, so z. B. Hellmut Bahlmann, Klaus Sparbrodt, Ulrich Müller und Erich Schedler.
Die einzige veröffentlichte "Erlebnisdarstellung" zu den Seehunden, die mir bekannt ist, stammt von Werner Schulz: Im-Kleinst-U-Boot. 

Violoncello

Hallo M-54842,

noch einmal danke für die Rückäußerung. Die Zahl  der veröffentlichten Darstellungen ehemaliger Seehund-Fahrer ist zwar in der Tat absolut betrachtet sicherlich gering, im Vergleich zu den anderen Kleinkampfmitteln im Kommando der Kleinkampfverbände einschließlich der Marine-Einsatz-Kommandos aber beeindruckend umfangreich.

Ein eindrucksvoller Bericht eines Leitenden Ingenieurs eines Seehundes ist z. B. in Köhlers Flottenkalender  (Minden o. J.), auf den Seiten 157 bis 165 veröffentlicht werden: "Sieben Tage" von Oberleutnant (Ing.) d. R. Wolfgang Spallek (U 5370).

Viele Grüße

Violoncello

bettika61

#11
Hallo,
im Rahmen einer Kampfmittelräumung wurde in Holland ein Seehund freigelegt und geborgen. Beeindruckend der Aufwand und die  technische Leistung bei der Bergung. Die Sprengung des Torpedos zeigt,warum der Aufwand gerechtfertigt war.
http://m.youtube.com/watch?v=OZLf-nW338s#t=269

Leider habe ich den Text am Anfang nicht verstanden,der einen Hinweis auf die
Lage des Fundortes gab.
Edit: Bei nochmaligen anschauen gesehen, "Egmont aan Zee"
http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/4504-bilder/seehund.htm
Edit 2: U 5097 ? http://www.taucher.net/aktuell_Mini-Uboot_aus_dem_2._Weltkrieg_gefunden_285.html
Edit 3:  :-) lt. Mattes S.111 sind Zweifel an U 5097 angebracht, danach wurde U 5097 mit den 2 Torpedos gesprengt
Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Violoncello

Hallo Beate,

m. E. dürfte es sich tatsächlich um "U-5097" handeln. Das Buch von Mattes ist 1995 erschienen. Zu diesem Zeitpunkt gab es einen Zeitzeugen, aber kein Boot. Der Zeitzeuge scheint die Explosion im Interview für dieses Buch sehr eingehend beschrieben zu haben. Möglicherweise hat er aus der gehörten Explosion auf deren Wirkung geschlossen. Sieben Jahre später gab es den Zeitzeugen, aber auch das Wrack, das nicht zu den beschriebenen Folgen der Explosion passt. Der Zeitzeuge hat aber 2002 die Darstellung von 1995 auch nicht mehr wiederholt., soweit ich dies den niederländischen Darstellungen entnehmen konnte.

Viele Grüße

Violoncello

bettika61

Hallo Hartwig,
danke für die Klärung,
nach 12 Jahren kann jetzt das Seehund-Wrack im Bunkermuseum  IJmuiden besichtigt werden
http://www.rtvnh.nl/nieuws/140769/Duitse+mini-duikboot+in+Bunkermuseum+IJmuiden
hier wird auch auf Wachsmuth von U 5097 hingewiesen
Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

M-54842

Ich möchte das Seehund-Thema mal wiederbeleben. Ich habe kürzlich von Klaus Mattes den Beitrag "Entwickelung der Kleinst-Uboote der Kriegsmarine" gelesen.Darin zieht der Autor Bilanz zu dem, was die Seehunde erreicht haben. Wie nicht anders zu erwarten, kommt er zum Urteil: "Die Bilanz ist wenigstens aus heutiger Sicht erschütternd."
Nach Rohwer haben Seehunde etwa 29 mal Torpedotreffer auf Ziele gemeldet, von denen neun zum Verlust bzw. zur Beschädigung von gegnerischen Schiffen bzw. dienstverpflichteten Fahrzeugen führten. Die Genauigkeit dieser Angaben steht allerdings im Zweifel. Mattes geht aber davon aus, dass "die sich hieraus ergebende Ziffer von deutlich über 80 000 Tonnen gegnerischen Schiffsraumes, der von den Seehunden aus dem Verkehr gezogen wurde" realistisch ist.
Weiter resümiert Mattes: "Bei insgesamt 142 Einzeleinsätzen gingen 35 Boote mit ihren Besatzungen total verloren." Insgesamt sind etwa 115 Seehundfahrer gefallen.

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