Nachladezeit bei U-Boottorpedorohren

Begonnen von J.I.M, 03 November 2013, 07:47:31

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J.I.M

Hallo Leute,

im Marinearsenal zum U-Boottyp XXI habe ich gelesen, dass das Ubbot 5-6 Minuten zum Nachladen der Torpedorohre benötigte. Was eine große Verbesserung gegenüber den alten Booten war. Mir fehlen gänzlich Informationen, warum das doch so verhältnismäßig lange gedauert hat. Das Einschieben der Torpedos(wenn ich da mal ganz unprofessionell mal an die Szene aus DAS BOOT erinnern darf) muss ja eigentlich recht schnell gegangen sein. Offensichtlich muss es also bedeutend schwieriger sein. Daher meine Fragen:

1. Wie lange dauerte sowas bei den alten Booten?
2. Warum war das so kompliziert?

Vielen Dank für alle fachkundigen Antworten.

JIM

Schorsch

#1
Hallo JIM,

ich würde den im Marinearsenal genannten Zahlen mit Misstrauen begegnen. Bei E. Rössler: ,,U-Boottyp XXI", Bernard & Graefe, 2001 sind die einzelnen Vorgänge des Nachladens mit ihrer Zeitdauer aufgeschlüsselt zu finden. Dort heißt es auf S. 193:

Mündungsklappe schließen: 23 Sekunden,
Torpedorohr (Inhalt 1,6 cbm) mit Druckluft von 0,6 atü entwässern: 2 Minuten,
Bodenverschluss öffnen: 50 Sekunden,
Quertransport mit Motor: 50 Sekunden (entfällt bei erster Nachladung),
Torpedo in Schnelladestellung: 2 Minuten,
Torpedo einfahren: 40 Sekunden,
Bodenverschluss schließen: 1:40 Minuten,
Torpedorohr über Bewässerungsleitung bewässern: 3 Minuten,
Mündungsklappen öffnen: 30 Sekunden

Alle Abläufen nahmen für das einzelne Rohr also 713 Sekunden in Anspruch und konnten bei erfahrener Mannschaft auf knapp 8 bis 9 Minuten gesenkt werden. Durch den zeitgleichen Ablauf einiger Tätigkeiten an den verschiedenen Rohren und den Motorantrieb der einzelnen Transportvorgänge der Torpedos dauerte das Nachladen aller sechs Rohre, wenn die Torpedos in der Schnell-Ladestellung bereitlagen, beim Typ XXI insgesamt 15 Minuten für erste Chargierung. Die zweite Chargierung benötigte wegen des zusätzlichen Quertransportes der Torpedos vor die Rohre 18 Minuten 45 Sekunden.
Als Möglichkeiten zur Verringerung der Nachladezeiten konnte der Entwässerungsvorgang mit 2 atü (etwa 30 s Zeitersparnis) erfolgen und die Bewässerung der Rohre durch das Öffnen der Mündungsklappen. So konnte die Zeit für das erste Nachladen auf etwa 11 Minuten und für das zweite Nachladen auf 15 Minuten 45 Sekunden gesenkt werden. Der große Zeitgewinn der XXI-er Boote rührt imho daher, dass viele der Teilschritte mechanisiert waren und zeitlich parallel ablaufen konnten.

In den engen Bugräumen der alten Boote werden die einzelnen Schritte zum Nachladen, bei denen der Torpedo nicht bewegt wurde, eine vergleichbare Zeitspanne in Anspruch genommen haben. Hier gab es aber wegen des Platzmangels keine Möglichkeit, an mehr als an einem Rohr gleichzeitig zu arbeiten. Ebenso mussten die Transportvorgänge komplett von Hand erledigt werden. Insoweit waren also hier wesentlich längere Nachladezeiten für die gesamte Torpedobatterie von vier Rohren zu erwarten. Zudem musste auch noch der ca. 70 kg schwere Ausstoßkolben aus dem Rohr genommen bzw. hinter dem nachgeladenen Torpedo wieder ins Rohr gesetzt werden, was zusätzlich noch Zeit gekostet haben dürfte.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

J.I.M

Erstmal vielen Dank Schorsch,

hat jemand für die alten U-Boote ohne die mechanische Unterstützung Nachladezeiten?

Wundern tun mich die Zeiträume für Bodenverschluss schleißen und öffnen sowie das Bewässern der Rohre.

JIM

Urs Heßling

moin,

Zitat von: J.I.M am 03 November 2013, 09:38:17
hat jemand für die alten U-Boote ohne die mechanische Unterstützung Nachladezeiten?
nach dieser Quelle http://www.uboataces.com/battle-scapa-flow6.shtml dauerte es ca. 30 Minuten, 2 Bugrohre wieder zu laden.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

J.I.M

Ok, die Nachladezeit ist viel schlechter als ich dachte. Durchaus erklärlich, dass Prien nicht auf das Nachladen von mehr als zwei Torpedos warten wollte.

JIM

scharrenberg

Schorsch, vielen Dank für die genaue Darstellung der Ladevorgänge für die Torpedos beim U-Boot Typ XXI. Wo kann man eine technische Beschreibung mit Abbildungen der neuartigen Nachladevorrichtung, besonders den Torpedotransport zu den Rohren finden?
Gruß Scharrenberg

Schorsch

Hallo Scharrenberg,

leider sind aussagekräftige Fotos des Tropedomagazins, wie sie z.B. bei F. Köhl: "Vom Original zum Modell: U-Boottyp XXI", Bernard & Graefe, 2003 auf Seite 36 zu finden sind, eher dünn gesät. Für eine technische Beschreibung greift man am besten auf das schon weiter oben erwähnte Buch von E. Rössler zurück. und um Deine direkte Frage gleich noch beantwortet zu haben: "Das Einfahren der Torpedos in die Rohre erfolgte durch zwei Elektrospills für die Stb- und Bb-Seite." (Siehe dort S. 144!). Allerdings konnte ich diese Spills im Bugraum noch nicht lokalisieren.

Sicher existieren in diversen Archiven auch noch originale Beschreibungen oder Betriebsvorschriften für den Typ XXI. Und damit stellen sich die leidlichen Fragen des "Wo suchen?", des "Wann suchen?" und so weiter...

Sorry, dass ich keine genaueren Auskünfte geben kann.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch 
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

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