Ein paar Tips zur Digital-Modellfotografie - mit einem Augenzwinkern ...

Begonnen von Wilfried, 30 Juni 2006, 22:40:42

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Wilfried

Moin, moin zusammen!

Gerade bin ich dabei, für ein kleines Tutorial ein paar alte Beiträge von mir zusammenzufassen und ein klein wenig zu überarbeiten. Es handelt sich zwar primär um meine Pappschnitzereien, aber vielleicht kann der eine oder andere doch etwas mit meinen humorigen Zeilen anfangen?

Grundsätzlich gilt: Auch mit einer einfachen Kamera lassen sich vorzügliche Ergebnisse erzielen!

Seit der Einführung der Digital-Kameras sehe ich Menschen, die offensichtlich nicht gerne fotografieren. Weit von sich weisend, mit ausgestreckten Armen, halten sie die Kamera mit spitzen Fingern von sich - als wenn sie sagen wollten: "Igittigitt, nicht schon wieder fotografieren".

Also Punkt 1: Die Kamera gehört mit dem Sucher ans Auge!
Ein Bild entsteht zu allererst im Kopf und der sollte mittels Auge nahe am Sucher sein.
Das Mäuse-Kino auf der Rückseite der Kamera kann höchstens dienen, die Helligkeit, z. B. nach der Aufnahme, zu kontrollieren.

Das führt direkt zu Punkt 2: Wer nicht über mehr als grundlegende Kenntnisse über Weißabgleich etc. verfügt und weiß, wie es funktioniert, solllte an den diesbezüglichen Einstellungen keine Veränderungen vornehmen. Außer wenn er mit Blitzlicht arbeitet - dann bitte den Weißabgleich darauf einstellen.

Punkt 3: Nahaufnahmen werden mit der Makro-Einstellung und nicht per Zoom-Funktion ausgeführt, es sei denn, die Kamera verfügt nicht über eine solche!

Punkt 4: Für einen sicheren "Stand" sorgen. Ein Einbeinstativ oder ein kleines Dreibein auf dem Tisch sorgt gerade im Nahbereich für eine qualitative Verbesserung der Schärfe! Oftmals läßt sich sogar auf das Blitzen verzichten. Denn je näher ich an das Objekt herangehe, desto weiter entfernt sich der Blitz vom eigentlichen Objekt. Dann ist zwar der Hintergrund ausgeleuchtet - aber den wollen wir ja oft gar nicht ablichten. Daher kommt es oft zu unerwünschten Abschattungen im eigentlichen Motivbereich!

Punkt 5: Schiefe Ebenen, schräger Horizont lassen sich vermeiden, wenn man - bei vielen Kameras ist es möglich - das Einstellgitter mit einblendet (siehe Bedienungsanleitung der Kamera). Das ist ein kleines Gitterraster, daß das Sucherbild in viele kleine Felder aufteilt.

Punkt 6: Möglichst bei Tageslicht arbeiten - ich weiß, daß viele Modellbauer erst gegen Abend zur Höchstform auflaufen - dann lieber am nächsten Tage die Bilder machen. Dann ist die Euphorie über das Selbstgeschaffene etwas zurückgegangen und die ruhige Hand dient der Bildqualität allemal.

.. hier noch eine kleine Ergänzung zu Punkt 6:
Aufnahme mit Blitz, Automatik-Funktion der Kamera ... alles flau, keine Spitzlichter, durchgängiger farbiger Einheitsbrei ... man kann auch sagen: "Totgeblitzt".



... und hier noch einmal das Motiv bei seitlich einfallendem Tageslicht, leicht gedämpft; kein Blitz, mehr Farbigkeit, Konturen insgesamt plastischer ... leichte Unschärfe im vorderen Bereich ... bewußt auf den "Dialog" eingestellt ...



Punkt 7: Das wichtigste Detail in den Bildmittelpunkt setzen - eher so etwas rechts aus der Mitte!
Eine gut gelungene Detailaufnahme ist allemal besser als ein Konglomerat von Farbtupfern.

Punkt 8: Sich auf das Wesentliche konzentrieren. Sich fragen, was, wie und vor allem warum will ich etwas im Bild darstellen? Es ist fast unmöglich, ein Schiff von einem Meter Länge einigermaßen brauchbar abzulichten, damit es später noch bei einem Bildfenster von 640 x 480 Pixeln gut zu erkennen ist und all' die Mühe zeigt, die der Bastler hineingestellt hat.

Punkt 9: Das bedeutet, nicht zuviel in ein Bild hineinpacken; das Auge braucht beim Betrachten auch Stellen, an denen es sich ausruhen kann.

Punkt 10: Den richtigen Hintergrund wählen. Ein rotes Schiff vor einer orangefarbenen Gardine ist genauso daneben wie vor einer grünen Zimmerpflanze. Ein farbiger Karton im Format 70 x 100 cm - an der Vorderkante des Schreibtisches mit einem Klebestreifen festgeklebt und nach hinten hochgewölbt, ergibt einen brauchbaren Unter-, Vorder- und Hintergrund.


Doch nun augenzwinkernd zum meistfotografierten Objekt in vielen Berichten: Der Schneidematte mit dem gesamten Umfeld;
viele sind natürlich neugierig, was dort beim Bastelkollegen so alles zu sehen ist, aber tut das not?

Neue Exemplare, alte gebrauchte Exemplare. Sie versucht, sich ins Bild zu drängen! Auf dem nachfolgenden Foto dominiert zwar noch das Hauptmotiv, aber man kann schon unschwer erkennen, wie sie versucht, sich in den Vordergrund zu schieben...



.. und hier hat sie es mit ihrem virusartigen Charakter schon fast geschafft, dreiviertel des Fotos werden von ihr beherrscht ...



... ja, und dann bei der Nahaufnahme ist es passiert, ganz weit hinten ist das Detail zu sehen und schon völlig von der Unschärfe der disfokularen Verwandtschaft zerfressen ... gibt es noch eine Hoffnung für unsere Modelle, was sagt die Wissenschaft ...



... ja, es gibt Hoffnung, die Schneidematte mit ihren Auswirkungen auf unsere Modelle zurückzudrängen. Kleine Schreibwarengeschäfte, Warenhäuser und Copy-Shops führen Tonpapiere und Tonkarton in diversen Größen. Nebenwirkungen sind nur für die Schneidematten zu erwarten, für den Anwender allenfalls fürs Portemonnaie; wie mir ein befreundeter Fachmann versicherte. Laßt' uns die Schneidematten auf das richtige Maß zurechtstutzen; laß' die Modelle wieder auf unseren Bildern die Hauptrolle spielen ...



... und hier schon mal ein erster Versuch - die Untergrundfarbe dominiert das Modell doch noch sehr stark, und der Hintergrund - also, ne! Ein Mauspad und die Maus - das gehört doch wirklich nicht zu einem Kartonmodell, da muß ich noch ein bischen üben. Aber die Schneidematte hat sich noch nicht wieder gemeldet ...



... jetzt ne' rote Pappe senkrecht aufstellen, daß würde doch nur wieder Schatten geben und vom eigentlichen Modell ablenken? Ich hab' da bei den Profis mal was gesehen, da werden rolloartig Hintergründe nach vorne auf den Boden gezogen ... gut, einen Boden hab' ich nicht, aber am Monitor angelehnt und vorne etwas beschwert ... ach, guckt einmal selbst ...



... na ja, ein Bastelzimmer ist halt kein Fotostudio, ich hab' jetzt noch mal ein Foto versucht ...




... donnerlüttchen, auch hier dominiert die Hintergrundfarbe, lenkt aber nicht ganz so kräftig vom Hauptmotiv ab ...
... ich wollte mit meinem Beitrag keinem der geschätzten Kollegen den Karton feuchten, den Kunststoff schmelzen oder den Kleber dehydrieren. Nur vielleicht den Blick für etwas schärfen, was in der Euphorie einer gelungen Bauetappe - jetzt noch schnell ein Foto, und rein ins Forum - untergeht ...
... ich bin kein Profi, weder in Karton, Plastik, Holz noch in Foto - vielleicht ein aufmerksamer Beobachter ...

Viellleicht kann der eine oder andere Modellbaufreund etwas mit meinen humorigen Zeilen anfangen,

meint mit einem lieben Gruß
der Wilfried,
der beim letzten Bild noch ein wenig mit dem Hintergrund "gespielt" hat.







... Tradition pflegen, bedeutet nicht, Asche aufzubewahren sondern Glut am Glühen zu halten ...
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Dominik

@ Wilfried,

super Beitrag!

Zur Beleuchtung im Dunklen: Ich habe mir ein Tageslicht-Leuchtmittel gekauft. Das hat 960 Lumen und vermeidet die harten Kontraste, die unter Leuchtstoffröhren entstehen. Mit normalen Lampen unter 850 Lumen hat man das Problem, dass die Farben verfälscht werden. Tageslichtlampen gibt es dann ab 950 Lumen. Allerdings nicht beim Preis erschrecken - meine kam bei 23€ (nur das Leuchtmittel), weil ich unbedingt eine mit dem E27-Standardsockel mit kurzem Leuchtenkopf benötigte. Einfach bei einem Lampenhändler nachfragen (und dort bitte auch kaufen und nicht geizgesteuert beim großen E!)

Zur besseren Ausleuchtung kann man sich einen Pappkarton nehmen, diesen mit Alufolie bespannen oder bekleben und dann als zusätzlichen passiven Beleuchter verwenden. Und mit dieser Hilfe schafft man keine zusätzlichen störenden Schatten

Zum Hintergrund! Dieser sollte natürlich so neutral wie möglich sein. Weiß geht natürlich nicht, der zerstört die Kontraste. Ein farbiger Hintergrund? Nicht mit grellen Farben, wie man bei Dir ja sieht (und Du es ja auch schreibst), leuchtet das Objekt in den Hintergrundfarben. Wenn man mit Farben arbeiten will, leichte Pastellfarben verwenden. Der  Hintergrund sollte möglichst einfarbig und möglichst nicht gebogen (Änderung der Farbe im Licht). Mit einem glatten, einfarbigen Hintergrund erhält man Bilder in hoher Qualität, jedoch mit geringerer Dateigröße - wichtig für Web-Veröffentlichungen. Ich selbst verwende eine lichtgraue Spannplatte von 1,5 x 1 Meter, das reicht für 700er Schiffchen ohne lästige Ränder.

Zum Stativ: Für die Modellbauer ist ein kleines Tischstativ eher bedingt einsetzbar - ich selbst verwende ein für 3€ beim großen E geschossenes. Mit dem Tischstativ kommt man meistens nicht in die richtige Photopgraphierhöhe. Ein richtiges Bodenstativ ist hier die weitausbessere Lösung.

Im Übrigen, wer Stativ verwendet, sollte dann auch den Zeitauslöser verwenden. Dann kann auch eine große Blende verwendet werden.

Zum Zoomen ist der Digitalzoom völlig ungeeignet - er verkleinert/vergrößert ja nur das geschossene Bild. Also auf einen optischen Zoom achten - und dann natürlich darauf, dass dieser aus der Kamera herauskommt. (Kenne jemanden, der hat sein Modell mit der Linse umgeworfen und dabei Masten abgebrochen)

So, Ich gebe weiter

winni

Donnerwetter ! Es ist doch einiges zu beachten.Nun wird mir auch klar,warum meine Bilder immer so ätzend werden. :-D Ich hatte es immer auf die Kamera geschoben,dabei bin ich die Fehlerquelle.Beim nächsten Foto werd ich die Beiträge neben mir zu liegen haben und so gut ich kann beherzigen. :-)
mfg.Günther.
Es sind immer die Abenteurer die große Dinge vollbringen.


Montesquieu.

Mario

Danke, Wilfried. Und auch Dominik
Eure Tipps sind sehr wertvoll. Ich selber habe mein Schiff auch schon durch die ganze Wohnung getragen und war sogar schon auf dem Treppenflur, um einen brauchbaren Hintergrund zu finden.
Vieleicht sollte ich mal die Bettlaken aus dem Schrank holen. So ähnlich macht es ja der Profi im Atelier.
Jetzt hab' ich wieder Hoffnung für den Contest.  :O/Y

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