Verhältnis Lothar Günter Buchheim - Lehmann-Willenbrock

Begonnen von Taucherin, 05 Oktober 2013, 15:25:40

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Taucherin

Hallo in die Runde!

Aus allen von LGB geschriebenen Büchern geht sein besonderes Verhältnis zu Lehmann-Willenbrock hervor. Die Grundlage dessen ist aber nirgendwo erwähnt. Auf der einen Seite der junge, unbekannte PK-Berichter und auf der anderen der hoch dekorierte, ältere Kriegsheld. Warum und wieso hat sich Lehmann-Willenbrock so für Buchheim eingesetzt?

Wer kennt eventuell Äußerungen von Lehmann-Willenbrock darüber? Oder ist bei diesem geschilderten Verhältnis eher der Wunsch Bucheims Vater des Gedanken?

LG Taucherin

Teddy Suhren

Hai

Unsere liebe Jane (Forenname: Albertus) ist mit Lehmann Willenbrock auf der Otto Hahn gefahren. Vielleicht kannst du sie direkt per PN fragen ob sie was dazu weiß.
Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

suhren564

Hallo Taucherin,

LGB und Lehmann-Willenbrock scheinen sich schon vor der gemeinsamen FF gekannt zu haben. Dies geht aus einigen (wenigen) Bemerkungen aus den Büchern hervor. LGB war als Marinemaler u. -berichterstatter zu dieser Zeit in vielen Häfen an der Atlantikküste unterwegs, u.a. auch auf Zerstörern u. Minenräumern. Möglicherweise haben sich da ihre Wege schon mal gekreuzt.
Nach der Fahrt mit U 96 trafen sie sich ja auch noch mehrmals, so daß die gemeinsame Kriegszeit und eine evtl "Seelenverwandtschaft" die Grundlage ihrer Freundschaft wurde.
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

Taucherin

@ Jörg. Danke für den Tip. Ich werde es versuchen.

@ Ulf

Danke erst einmal! Welche Bemerkungen aus den Büchern interpretierst Du in diese Richtung? Im "Boot" erscheint mir das Verhältnis noch distanzierter als in der "Festung". Dort scheint es ja eine wahre Männerfreundschaft zu sein.

Ich habe diesbezüglich vor ein paar Jahren einen Zeitzeugen (U-Bootfahrer) dazu befragen dürfen. Er meinte recht abfällig über Lehmann-Willenbrock, daß dieses Verhältnis zu LGB weder er noch seine Kameraden jemals verstanden hat. Buchheim mochten wohl die wenigsten, während Lehmann-Willenbrock außerhalb jeder Debatte stand.

Das ist natürlich nur eine Meinung, die maximal die Bücher Buchheims bestätigt, daß es eine Freundschaft gab.

LG Taucherin

wirbelwind

Hallo,
mir ist zwar nicht bekannt, seit wann Buchheim Lehmann-Willenbrock kannte, aber gerade im Buch ,,Festung" wird ja zwischen den beiden eine wahre Männerfreundschaft sichtbar, gerade auch als es um die Rettung der Geliebten von Buchheim geht. Inwieweit das Meiste davon Fiktion oder dem tatsächlichen Geschehen entspricht, kann ich von meiner Warte aus schlecht beurteilen. Buchheim verstand sein Werk als Kriegsberichterstatter. Das er bei den ehemaligen Angehörigen der U-Boot-Waffe nicht überall geachtet wurde, ist bekannt. So soll er sich sein U-Boot-Abzeichen erschlichen haben. Sicher weiß ich es nicht,glaube aber das Buchheim Lehmann-Willenbrock nach dem Krieg als dieser als Kapitän der Otto-Hahn, dem ersten atomgetriebenen Frachter war, nochmals getroffen hat.
MfG Rüdiger

suhren564

Zitat von: wirbelwind am 09 Oktober 2013, 19:11:42
Das er bei den ehemaligen Angehörigen der U-Boot-Waffe nicht überall geachtet wurde, ist bekannt. So soll er sich sein U-Boot-Abzeichen erschlichen haben. Sicher weiß ich es nicht,glaube aber das Buchheim Lehmann-Willenbrock nach dem Krieg als dieser als Kapitän der Otto-Hahn, dem ersten atomgetriebenen Frachter war, nochmals getroffen hat.
MfG Rüdiger

Hallo Rüdiger,

daß LGB nicht von allen U-Bootfahrern geachtet wurde, liegt meiner Meinung nach darin, daß sein Buch "Das Boot" von der damaligen Führung des U-Bootverbandes verrissen wurde. Der damalige Vorsitzende des Verbandes war "Addi" Schnee, der im Namen aller !!! U-Bootkameraden sprach, obwohl dei wenigesten es gelesen hatten, einige dies nicht interessierte und andere wiederum das Buch gut fanden. Sehr wenige U-Bootfahrer hatten LGB wärend des Krieges und danach gekannt, so daß es unwahrscheinlich ist, daß ihre Abneigung schon vorher bestand.
Sein U-Bootabzeichen bekam er nach einer Fahrt mit U 96 und zumindest einer Fahrt mit U 309.

Mit Lehmann- Willenbrock fuhr er 2x auf der "Otto Hahn".

@Taucherin,
werde demnächst mal die Bücher wieder durchackern.
Gruß Ulf

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Erich Kästner

suhren564

Interessant wäre es, diese Dissertation von 2002 :
Mirko Wittwar: Das Bild vom Krieg. Zu den Romanen ,,Das Boot" und ,,Die Festung" von Lothar-Günther Buchheim. Univ. Diss., Berlin 2002.
bzw. diese Magisterarbeit:    Andreas Lehmann: Lothar-Günther Buchheims ,,Das Boot" im Kontext der Kriegsliteratur nach 1945. Magisterarbeit, München 2005.
zu lesen, denn diese Arbeiten könnten doch einige Hintergründe erhellen.

http://www.amazon.de/Das-Bild-vom-Krieg-Buchheims/dp/3941216120
http://www.amazon.de/Lothar-G%C3%BCnther-Buchheims-Kontext-Kriegsliteratur-ebook/dp/B007GGNSWI
Gruß Ulf

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Erich Kästner

wirbelwind

Hallo Ulf,
leider habe ich keine belastbaren Kenntnisse, ob LGB schon zu Kriegszeiten von vielen U-Boot-Fahrern abgelehnt wurde oder erst nach dem Erscheinen seines Buches ,,Das Boot". Ich kann mich nur an ein Gespräch 2005 erinnern, dass ich mit dem Sohn eines bereits verstorbenen U-Boot-Fahrers führte. Dieser sagte mir damals, dass sein Vater Buchheim auch deswegen ablehnte, wie viele seiner Kameraden, weil er nur eine U-Boot-Fahrt gemacht hatte und trotzdem das U-Boot-Abzeichen erhielt, obwohl 2 Feindfahrten dafür Voraussetzung war. Das LGB mit seinen Ansichten gerade bei den konservativen Mitgliedern der U-Boot-Waffe, respektive ,,Addi Schnee" auf Widerstand stieß, kann ich nachvollziehen aber nicht in jeden Fall teilen. Schnee war ja bis auf seine letzte Feindfahrt 1945 wohl Flaggoffizier, nachdem seine aktive Zeit als u-Boot-Kommandant zu Ende war.
MfG Rüdiger

suhren564

Hallo Rüdiger,
falls du die alle Bücher (vom WWII) von LGB mal gelesen haben wirst, dann liest und siehst, daß er mehr als eine FF mitgemacht hat.  Wie ich schon schrieb, die Kritik an Buchheim war an Schnee sowie an Merten/Baberg auszumachen. Die allerwenigsten der Überlebenden, haben den Sinn von LGBs Veröffentlichungen erfaßt, denn sie waren ja auf ihren Verband und dessen Meinung eingeschworen!!!! :BangHead:
Gruß Ulf

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Erich Kästner

wirbelwind

Hallo Ulf,
von LGB kenne ich nur ,,Das Boot" und ,,Die Festung". Beide Bücher habe ich vor längere Zeit gelesen. ich vermag mit meinem Wissen nicht zu beurteilen, ob LGB wirklich 2 Feindfahrten mitgemacht hat. Klar ist für mich, dass er Dinge in seinen Büchern und in seinem öffentlichen Auftreten angesprochen hat, die nicht jedermanns Zustimmung  fanden. Gerade auch im Verband ehemaliger U- Boot-Fahrerer. LGB hat einige Warheiten ausgesprochen bzw. geschrieben, die manche nicht hören bzw. nicht lesen wollten. Schade eigentlich, denn er hat manche Sinnnlosigkeit offenbart.
MfG Rüdiger

suhren564

Hi Rüdiger,
er hat nicht nur Sachen ausgesprochen, sondern ein Mythos zerstört! Dadurch hat er sich bei der Führung des Verbandes Feinde geschaffen, deren Erklärungen und Sichten bis heute bei den letzten Zeitzeugen weiter wirken.
LGB:
U-Boot-Krieg. 1997.
Zu Tode gesiegt. Der Untergang der U-Boote. 1998
Die U-Boot-Fahrer. 1998

Einfach mal diese 3 Bildbände wirken lassen! Da beweist LGB auch, daß er nicht nur auf U 96 gefahren ist.
Gruß Ulf

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Erich Kästner

wirbelwind

Hallo Ulf,
vielen Dank für Deine ergänzenden Literaturhinweise bezüglich LGB. Werde mir die Bücher besorgen und lesen, wenn mehr Zeit dafür zur Verfügung steht. Damit rundet sich sicherlich das Bild, dass ich von LGB habe. Klar war es das Bestreben der damaligen Vereinsführung, die vorwiegendaus alten Traditionalisten bestand, das der Mythos der U-Boot-Waffe nicht zerstört bzw. die Homogenität der Kameradschaft ehemaliger U-Boot-Fahrer in Frage gestellt wird. Immerhin hat diese Waffengattung bekannterweise im 2.WK prozentual den höchsten Blutzoll auf deutscher Seite entrichtet und LGB stellt u.a. warum und für was. Die noch lebenden Zeitzeugen, es sind ja leider nicht mehr viele, haben aus verständlichen Gründen kein Interesse an der Fortführung dieser Auseinandersetzung. Außerdem leben die Protagonisten dieses Streites nicht mehr. Interessanterweise ist mir nichts bekannt, welchen Standpunkt Lehmann-Willenbrock vertrat :?
MfG Rüdiger

suhren564

Hi Rüdiger,
Michael Salewski: Von der Wirklichkeit des Krieges: Analysen und Kontroversen zu Buchheims ,,Boot". 2. Auflage, Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1985

Da stehen u.a. Auszüge der Meinungen von H.Lehmann-Willenbrock und E.Topp drin.

Bilder und auch einige Sätze zu deiner Frage sind auch in dem Heft: "Das Boot – Auf der Suche nach der Crew der U 96. Schriftenreihe des Deutschen Filmmuseums Frankfurt am Main, Kinematograph Nr. 21. Henschel, Berlin 2006" zu sehen
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

Schorsch

Hallo zusammen!

Interessant sind in diesem Zusammenhang die Stimmen von Zeitzeugen, die imho beleuchten, wie viel Buchheim (z.T. auch fälschlich) in der damaligen Debatte zugeschrieben wurde und wie wenig einig in der Sicht der Dinge sich viele Zeitgenossen waren. Dafür hier zwei Zitate aus ,,Die Männer von U 995", 5. Auflage, 2004.

Zunächst der damalige Funkmaat Joachim Gürke (S. 60/61): ,,Mich hat in dem Buch ,Das Boot' von Buchheim etwas gestört, wenn ich an meine Erfahrungen zurückdenke: die schiefe, ja falsche Darstellung des Verhältnisses von Offizieren zu Mannschaften auf deutschen Unterseebooten. [...] Wir dachten nicht in Klassen, lebten in unseren Röhren nicht in voneinander säuberlich getrennten Kasten. Ich versetzte mich zum Beispiel immer wieder in die Lage der Offiziere. Da war eine lang anhaltende Wasserbombenverfolgung durch mehrere englische Zerstörer. Vom Horchgerät fiel mein Blick auf den Kommandanten. Geradezu verbissen gab er seine Anweisungen, um die Verfolger abzuschütteln. Meine ersten Gedanken waren nicht von Mitleid getragen: Der hat uns in diese Todesfalle reinmanövriert, dieser Hund... Nach 50 weiteren Wasserbomben und ohrenbetäubenden Schraubengeräuschen in meinen Ohrmuscheln wandelte sich meine Meinung zu diesem Mann: Gott, ist der allein, allein gelassen inmitten der Besatzung in seinen Anweisungen, die über unser aller Leben und Tod entscheiden."

Dann der Kommandant Hans Georg Hess (S. 37/38): ,,Er [Hess] setzte auf Unbekümmertheit und fällte für sich eine klare Entscheidung: nicht kumpeln. [...] Aus dem nicht Kumpeln-Wollen ist für den ehemaligen Kommandanten, der heute Rechtsanwalt und Geschäftsführer in einer Industrie- und Handelskammer ist, zeitweise auch leitend in mittelständischen Unternehmen tätig war, das Auf-Distanz-Gehen zu seinen Mitarbeitern geworden. Damals wie heute hält Hess auch die ewige Duzerei in der beruflichen Sphäre für ein Grundübel im Bemühen um ein menschliches Miteinander – so nach des Volkes Weisheit: ,,Sie Esel!" lässt sich leichter schimpfen."

Für mich verwunderlich ist die unterschiedliche Beschreibung des Verhältnisses von Offizier und Maat durch die beiden ehemaligen Besatzungsangehörigen von U 995. Des Weiteren liegt Buchheim, obwohl durch Gürke kritisiert, wiederum in seiner Schilderung eines solchen Unterstellungsverhältnisses genau auf einer Linie mit dem damaligen Kommandanten von U 995. Erinnert sei in diesem Zusammenhang z.B. auch an die Auslassungen Buchheims zur Szene mit dem Öllappen zu Beginn des Filmes oder der Kommentar zum Bild des gemeinsamen Horchens von Kommandant und Funkmaat während einer Wabo-Verfolgung im Film:,,...wie zwei Schwule hocken sie da, Wange an Wange." (LGB: ,,Der Film -Das Boot-", 1981, S.193).

Bei der Beschreibung der Verantwortung, die der Kommandant eines Bootes trägt und wie die Konsequenzen aus dieser Verantwortung sich darstellen, sind dann der ehemalige Funkmaat von U 995 und Buchheim aber wieder erstaunlicherweise d'accord.

Ich vermute, dass vieles, von dem, was die damalige Debatte anheizte, nichts weiter war, als ein kaum aufzulösender Mix aus persönlicher Abneigung der Beteiligten, Neid und teils gewolltem, teils ungewolltem Nichtverstehen. Offensichtlich hat Lehmann-Willlenbrock die einzig richtige Konsequenz gezogen, sich à la ,,Si tacuisses, philosophus mansisses." weitestgehend aus der ganzen öffentlichen Diskussion herauszuhalten.

Danke übrigens noch an Ulf für die Literaturhinweise bezüglich Wittwar und Lehmann. Meine Bibliothekarin ist fast schon am Heulen... Aber ich bin zuversichtlich, dass sie es hinbekommt, mir die Bücher via Fernleihe zu besorgen.

Auch von mir gibt es noch einen Literaturtipp: Michael L. Hadley: ,,Mythos der deutschen U-Bootwaffe", Mittler, 2001; dort insbesondere das fünfte Kapitel mit der Überschrift ,,Revision der Vergangenheit: die Buchheim-Welle, 1973 – 1988".

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

wirbelwind

Hallo,
vielen Dank an Ulf und auch an Schorsch für die Literaturhinweise. Das wird manches beleuten und einiges klarer erscheinen lassen beimir, als das jetzt der Fall ist. Meiner Meinung war es schade, dass lehmann-Willenbrock sich aus der Diskussion um LGB herausgehalten hat. Schließlich hat er den U-Boot-Krieg als hochdekorierter Kommandant bzw. Flottillenkommandeur mitgemacht  Gehe davon aus, dass sein Wort unter den ehemaligen U-Boot-Besatzungen eine wichtige Bedeutung hatte.An Schorsch noch der Hinweis, dass er sich mit dem Lesen beeilen soll, weil ich auch bestimmte Bücher über die Fernleihe beziehen will und leider viel zu oft nur wenige Exemplare zur Verfügung stehen :-D.
MfG Rüdiger

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