Richtungsweiser

Begonnen von vizeadmiral, 19 September 2013, 10:13:07

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vizeadmiral

Anfang Mai 1915 wurde die SMS Goeben vor dem Bosporus in ein Gefecht mit fünf (Kopp, Teufelsschiff, S. 234 spricht von sechs) Linienschiffen verwickelt. In einem Gefecht von 22  Minuten verfeuerte SMS Goeben 126 Schuss 28 cm Granaten (waren das Panzersprenggranaten?) und erzielte gerade 3 Treffer auf dem gegnerischen Flaggschiff (Marinearchiv, Mittelmeerdivision, S. 133; Langensiepen, Halbmond, S. 49 spricht von 0 Treffern). Das war erstaunlich bei der ansonsten guten Trefferleistung der Kaiserlichen Marine.

Langensiepen, Halbmond, S.49 schließt daraus, dass der Artillerieoffizier unfähig war. Das Marinearchiv, Mittelmeerdivision, S. 134 sieht den Grund für die schlechten Ergebnisse darin, dass die Goeben nicht mit Richtungsweiser (Steuerungsinstrument für die zentrale Feuerleitung) ausgerüstet war. Hätte die Goeben. – so das Marinearchiv weiter – eine ähnliche Schießleistung wie die Schlachtkreuzer vor dem Skagerrak erzielt, hätte die Goeben ,,ein großes Übergewicht" im Schwarzen Meer gehabt (was erhebliche Auswirkungen auf die so bedeutsamen Kohletransporte aus Sunguldak gehabt hätte).

Ich habe mir zwei Fragen gestellt.

Wann wurde der Richtungsweiser eingeführt?

Schmalenbach, Geschichte der Schiffsartillerie, S. 85. schreibt, ab Einführung der Nassau-Klasse (also 1909) für die Schwere und Mittlere Artillerie.

In dem Aufsatz von William Michaelis (Tirpitz strategisches Wirken), der in Rahn, Deutsche Marine im Wandel abgedruckt ist, steht, dass die Richtungsweiser erst 1915 eingeführt wurden (Rahn, Deutsche Marine im Wandel, S. 415, auch 423 Fn. 60)  .

Eine Anfrage beim Militärgeschichtlichen Forschungsamt ergab folgende Antwort

,,.....auf Ihre erneute Mail eingehend muss ich Ihnen mitteilen, dass wir leider nicht in der Lage sind, abschließend zu klären, wann die besagten Richtungsweiser bei der Kaiserlichen Marine eingeführt wurden.

Meine umfangreiche Literaturrecherche ergab noch einen Hinweis darauf:
Die letzte entscheidende Verbesserung der Feuerleitanlagen vor 1914 war der Richtungsweiser, der 1912/13 bei der Royal Navy eingeführt wurde. Quelle: Marine-Rundschau: Zeitschrift für Seewesen, Bd. 77, E.S. Mittler, 1980, S. 276......"

Ich habe den Hinweis – verwirrend wegen der Erwähnung der Royal Navy - überprüft, es war ein Fehlzitat.

Daher nochmals die Frage 1. Wann wurde der Richtungsweiser eingeführt?

Meine Frage 2: Wenn der Richtungsweiser derart wichtig war, hätte man ihn nachträglich in die Goeben – die Anfang 1915 ohnehin repariert wurde - einbauen lassen müssen. Ich habe keinen Hinweis, dass irgendjemand diesen Gedanken erwähnt hat. Aber warum nicht (ich unterstelle, dass Zeppelintransporte an den Bosporus möglich gewesen wären)?


Leutnant Werner

Frage 1: Das von Dir angesprochene Gerät, das Gegenstück zum britischen "Dumaresq", wurde ab 1909 in der Flotte eingeführt. Es ist mit Sicherheit so, dass alle deutschen Großkampfschiffe ab 1910 damit ausgerüstet waren. Möglicherweise spricht das Marinearchiv auf die Kommunikation zwischen der Feuerleitung und den Türmen an. Halte das aber für unglaubwürdig, dass bei Goeben da was gefehlt haben soll.

Bei schlechter Sichtigkeit haben aber auch die smartesten Hilfen zur Errechnung einer Feuerlösung damals versagt, weil ja auf Sicht gefeuert wurde.

Frage 2 erübrigt sich m.E.

Der Bernd wird hier sicher noch was  "reinhusten", schätze ich mal

Gruß
Ekke


Langensiepen

Der Bernd wird hier sicher noch was  "reinhusten", schätze ich mal  Nö !  :sonstige_154:  Hab dem Herrn Vizeadmiral persönliches Bericht erstattet.  8-)


ede144

Wäre aber trotzdem nett, den Rest des Forums nicht dumm sterben zu lassen.

Danke im Voraus

Thomas

Garf

I will give an answer. According to my information on 10 May Goeben fired 124 Panzersprenggranaten. Installation of RW equipment only began on 8 July 1916. The work was carried out by Goeben's own Machaniker personnel. Work was not completed until 30 November 1916. After that calibration work was carried out. On 14 December 1916 trial shooting was carried out, the starboard side in the morning, the port side in the afternoon. The RW installation worked without error.

t-geronimo

May we ask what the source of your information is?  :-)
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Garf


vizeadmiral

Garf, that means the equipment was carried - probably by train - from Germany to Osmanian Empire and was not installed by experts but the crew within 5 months. I thought the installation is a difficult task which can only be performed by skilled professionals.

The question remains why the RW was not shipped much earlier in the war e.g. by Zeppelin. The Russian theater was of great importance for the Kaiserliche Marine because a success in Russia could depress the effect of the blockade. Actually theonly pure land operation Tirpitz mentioned in his book Erinnerungen (page 269) was the Hindenburg scheme 1915.

Has anyone an idea whats the size of such a RW is?

vizeadmiral

Leutnant Werners Kommentar entspricht meinem Wissensstand. Allerdings schreibt William Michaelis in seiner m.W. nach Tirpitz Tod abgefassten Schrift ,,Tirpitz strategisches Wirken", abgedruckt bei Rahn, Deutsche Marine im Wandel, S. 415, zu finden bei books.google.de, dass der Richtungsweiser erst 1915 eingeführt wurde und zitiert Zeitgenossen wie Scheer und Zenker.

Ist das nun falsch?

Oder geht es 1915 nur um Sehrohre für Richtungsweiser? Ich zitiere aus  dem Marinearchiv Bd. V (Skagerrakschlacht) Seite 238: ,,Auch wurde den deutschen Schiffen das Einschießen durch hervorragende Messgeräte und Beobachtungsinstrumente erheblich erleichtert. Insbesondere gestatteten die neu eingeführten Sehrohre der Richtungsweiseranlagen, durch welche die Batterien vom Artillerieleitstand aus durch elektrische Fernübertragung stets geschlossen auf dem gleichen Ziel gehalten wurden, selbst auf größte Entfernung alle Einzelheiten der feindlichen Schiffe auszumachen und die Trefferwirkung mit großer Zuverlässigkeit zu beobachten."

Leutnant Werner

#9
Goeben hatte auf jeden Fall einen Richtungsweiser, aber er war nicht das entscheidende Gerät zur Feuerleitung und er war nicht "state of the art".

Aber im Einzelnen nach Schmalenbach:
"Mit der größer werdenden Gefechtsentfernung wuchs die Notwendigkeit einer besseren Entfernungsmessung, um das Schießen mit dem richtigen Aufsatz zu beginnen. Bisher hatte man nur mit Hilfe des Sextanten die Entfernung bestimmt. Die große Unbekannte in diesem Verfahren blieb die Strecke am Ziel. Der Sextant war daher keine Lösung, seine Möglichkeiten wurden jedoch zur Entfernungsunterschiedsbestimmung ausgenutzt, und zwar ab 1897 im so genannten "Standgerät".
Hierbei wurde die Änderung der winkelmäßigen Ausdehnung in der Zeit gemessen. Auf vorbereiteten Tabellen wurde der Entfernungsunterschied abgelesen. (...) Ab 1894 wurden die ersten Fernrohrvisiere in der Flotte eingeführt, ebenfalls durch das Wachsen der Gefechtsentfernung verursacht." (S. 61).

(Telegraphen und Anzeiger der Richtwerte von der Feuerleitung  für die einzelnen Geschütze der Batterie eines deutschen Großkampfschiffs waren übrigens schon seit den frühen 1880er Jahren in Gebrauch, für kleine Schiffe wie Torpedoboote aber erst nach 1905).

"Aufgrund der Mitteilungen über die Seeschlacht von Tsushima und in der Erkenntnis, dass eine zukünftige Seeschlacht sich auf großen Entfernungen abspielen würde und dass sowohl im Kampf Schlachtschiff gegen Schlachtschiff wie aber auch bei der Torpedobootsabwehr bei Tag und bei Nacht darauf ankommen würde, die eigene Batterie fest in der Hand zu halten und auf ein Ziel gerichtet zu halten, wurden, beginnend mit der Nassau-Klasse zunächst Richtungsweiser eingebaut, und zwar für die S.A. und M.A.

Der Richtungsweiser (RW, nach dem Kriege als Zielgeber bezeichnet) bestand aus einem schiffsfesten ( d. h. starr mit dem Rumpf verbundenen) Unterteil, etwa 1 m hoch, und einem von der Grundstellung nach beiden Seiten um 180 Grad schwenkbaren Oberteil. Ein Unteroffizier bewegte das Schwenkrad und hielt mit Hilfe eines handbetriebenen Gerätes die sehr gute binokulare Optik des A.O. auf das Ziel gerichtet. Der Kippwinkel wurde vom A.O., später durch einen 2. U.O. bedient, der Schieber wurde vom A.O. befohlen und durch Einstellen am Unterteil der Zielseitenrichtung zur Schußseitenrichtung überlagert und an die Geschütze als RW-Wert übertragen. Die Türme zeigten durch Quittungsgeber ihre Turmstellung an, so dass im Leitstand und in den Artillerieverbindungsstellen ihre Stellung überwacht wurde." ( S. 85).

DAS GERÄT DIENTE ZUNÄCHST EINMAL NUR DAZU, SICHERZUSTELLEN, DASS ALLE TÜRME AUF EIN ZIEL FEUERTEN.

Jetzt kommts:

"Das Standgerät hatte lange Jahre genügt, auf geringen und mittleren Entfernungen den Entfernungsunterschied durch Messungen zu bestimmen. Mit der Zunahme der Gefechtsentfernungen hatte er aber seine Leistungsgrenze erreicht. Abhilfe oder Ersatz wurde im EU-Anzeiger gefunden, der um 1908 entstanden sein dürfte. Er war nichts anderes als eine Darstellung der Gefechtslage, bei der die Geschwindigkeiten durch Strecken dargestellt wurden. An einer in Zielrichtung stehenden Schiene konnte der EU abgelesen werden.
Das Gerät wurde überall in der Flotte eingeführt und dort durch die Hinzunahme einer SV-Anzeige, einer Ablesevorrichtung für den Seitenvorhalt, erweitert. Da der SV von der Ballistik un der Entfernung abhing, war dieses Problem nur durch auswechselbare Ballistiken  und in Abhängigkeit von der Entfernung zu lösen.

Der SU (Seitenunterschied) hatte sich automatisch auf einer senkrecht zur Zielrichtung stehenden Schiene ergeben, war aber bisher nicht beachtet und nicht ausgenutzt worden. Daher bestand die Aufgabe, den SU unter Beachtung der Ballistik und der Entfernung in SV umzuwandeln. Hierzu wurde eine auswechselbare Kurvenplatte in den EU-Arm eingelegt. Die Kurvenscheibe stellt das Ergebnis der bisherigen SV-Berechnungen (Verbesserung für eigene Fahrt, Gegnerfahrt und Drall) für Schussentfernungen für alle 5 oder 10 hm dar. Ein unter dem EU-Arm laufender Draht erleichterte die Ablesung direkt als SV. Diesem brauchte nur noch die Treffpunktverlegung hinzugerechnet zu werden. Hiermit war das Gerät als EU/SV-Anzeiger erweitert worden.

Der Ablesedraht konnte nach links und rechts verschoben werden, wodurch die Seitenverbesserung für die Querkomponente des Fahrtwindes berücksichtigt wurde.

(...) Der so gewonnen EU wurde als Gang an der Entfernungsuhr eingestellt, die die zuletzt eingestellte Entfernung, meist die Anfangsschuss-Entfernung, veränderte und ablesen ließ. Der A.O. brauchte also nicht mehr die Entfernungen im Kopf verändern, sondern überließ es einem Waffenleitmann, die zu kommandierende Entfernung abzulesen und an die Geschütze zu geben." (S. 89 ff.).

Ich weiß, Herr Schmalenbach pflegt sich kompliziert auszudrücken. Noch mal die einfache Zusammenfassung:
Das hier beschriebene Gerät, der EU/SV-Anzeiger (der deutsche "Dumaresq"), setzt bekannte Werte, wie eigene Fahrt, eigene Fahrtrichtung, Fahrtwind und ballistische Werte mit geschätzten oder gemessenen anderen Werten wie Gegnerfahrt, Gegnerfahrtrichtung in ein Verhältnis, um Dir Seitenvorhalt und Rohrerhöhung für Deine Batterie zu geben, damit Deine Geschosse dort einschlagen, wo das Gegnerschiff in 20 bis 30 Sekunden nach der Abfeuerung Deiner Geschütze sein wird. So ein Gerät war MIT SICHERHEIT AUF GOEBEN.


Nochmal zum zweifellos ebenfalls vorhandenen RW: "Auf BADEN wurde erstmals die RW-Anlage mit einer Kreiselkompassanlage zur Stabilisierung der Seitenrichtung verbunden. Die Auswanderung des Zieles sollte durch Regulieren eines Seitenganggetriebes zu Bestimmung des Seitenunterschiedes dienen. Die benutzte Kompassanlage war aber für artilleristische Zwecke zu ungenau." (S. 86)

Vielleicht wurde das ja mit Bordmitteln in Goeben eingebaut, sie hat jedenfalls nicht damit ihre Batterie gerichtet...

Ich hoffe, mit diesen Angaben gedient zu haben...

Leutnant Werner

Um da noch ein bisschen mehr Klarheit rein zu bringen, zitiere ich gerne Georg von Hase: "Skagerrak", ab S. 80. Von Hase war, falls nicht bekannt, 1AO auf dem DERFFLINGER und im 2WK ein williger Nazi-Autor von Durchhalteliteratur. "Skagerrak" ist trotz der damals schon von ihm verwendeten,  üblichen rassistischen Anklänge dennoch lesenswert.

Norman Friedman hat später in seinem Buch "Naval Firepower" behauptet, die Deutschen hätten den U.S.-Amerikanern ihr Feuerleitsystem in den 20er Jahren verkaufen wollen, welche dankend mit dem Argument abgelehnt hätten, dass das der von Hase ja schon in seinem Buch beschrieben hätte. So einfach war die Welt dann doch nicht, sag ich mal.
Er beschreibt es unter Auslassung wichtiger Details dennoch nachvollziehbar:

"Wir (der 3 AO und ich) schnallten uns unsere Kopftelephone (!) um, und nun ging es los: "Normalschaltung für Gefecht an Backbord!" In den Artilleriezentralen wurden etwa 40 Hebel auf die befohlene Schaltung gelegt. An alle Stellen im Schiff gelangte der Befehl "Schaltung für Gefecht an Backbord". Ich hatte mein Sehrohr auf einen unserer kleinen Kreuzer (All dies geschah etwa 1 Stunde vor Gegnersichtung als Drill) und befahl: "Nach Richtungsweiser!". Alle übrigen Sehrohre der Artillerie und alle Geschütze brachten die elektrischen Zeiger in Deckung und wurden dadurch haarscharf auf die Stelle des Zieles eingerichtet, die ich selber von meinem Richt-Unteroffizier anvisieren ließ.

Ich rufe: Frage E-U? Das hieß auf deutsch: Der erste Artillerieoffizier will sofort vom Artillerie-Beobachtungsoffizier will er sofort wissen, wie groß er die Entfernungszunahme bzw. -abnahme pro Minute mittels seines Entfernungs-Unteschieds-Anzeigers schätzt und berechnet. Und der Bg.-Offizier soll melden, welcher Entfernungsunterschied pro Minute sich aus dem Unterschiede der gemessenen Entfernungen ergibt. "Meldung vom Vormars: Im Vormars fehlt der neue E-U-Anzeiger!"

"Himmeldonnerwetter! Das Ding soll sofort aus der Artillerieschreibstube geholt werden, Feuerwerksmaat X soll sich nach dem Dienst bei mir melden. Der Vormars arbeitet vorläufig mit dem alten E-U-Anzeiger!"

Ich möchte hier kurz von dem E-U-Anzeiger erzählen. Er war in seiner neuesten Form von Korvettenkapitän Paschen, dem ersten Artillerieoffizier der LÜTZOW, erfunden worden. Er diente gleichzeitig zur Ermittlung des Entfernungs-Unterschiedes pro Minute und zur Ermittlung des Schiebers (= ich denke, dass ist der Seitenvorhalt). Mit der Beschreibung der Ermittlung des Schiebers will ich den Leser hier nicht quälen (sic!), es genüge ihm zu wissen, dass man dem Geschütz für all die Einflüsse, die dem Geschütz eine seitliche Ablenkung geben, eine seitliche Verbesserung mittels einer sogenannten Schiebereinstellung gibt. Die Einflüsse, die das Geschoss seitlich ablenken, sind: Wind, Fahrt des Schiffes und der Geschützdrall. Hierzu kommt noch eine Verbesserung, die man für die Fahrt de Gegners anwenden muss.

Der ausgezeichnet durchkonstruierte Apparat des Korvettenkapitäns Paschen gestattete, dass man nach Einstellung der geschätzten Fahrt und des geschätzten Kurses des Gegners die Schieberverbesserung ohne jede Rechnung ablesen konnte (= EU-SV-Anzeiger); nur für den Wind musste der AO selber noch eine Verbesserung anbringen.

Der Hauptzweck des E-U-Anzeigers war die Ermittlung des Entfernungsunterschieds pro Minute (= rate of change of range). Man stellte an diesem zunächst die eigene Fahrt ein, die vom vorderen Kommandostand bei jeder Fahrtänderung in den vorderen Artillerieleitstand gemeldet wurde. Dann schätzte man Fahrt und Kurs des Gegners und stellte diese ein. Man konnte dann den Entfernungsunterschied ohne jedes Rechnen am E-U-Anzeiger ablesen.

Solche Apparate hatten wir an den verschiedensten Stellen des Schiffes,  allerdings meist in einer älteren Form, die die Ablesung des Schiebers noch nicht mit gestattete" ( GOEBEN-PROBLEM VIELLEICHT HIER VERORTET?)

So ich stoppe hier mal mit dem Zitat. Für mich klingt das wie Richtungsweiser = fire control director und der EU/SV-Anzeiger = Wertegeber.  Ergänzung: Auf den Dreadnoughts der Hochseeflotte wurden nicht alle oder Teile der Geschütze zentral abgefeuert (individuelle Feuererlaubnis bzw. -befehl über Glocken und Telefon), aber die Zielangabe und die Zielwertgabe erfolgte zentral. Die Deutschen betrachteten einen Beschussausgabe-Tisch wie den Dreyer-table offenbar nicht als zielführend, er hat sich ja auch nicht wirklich bewährt. Das zentrale Element des Dreyer-tables, der mechanische DUMARESQ-Computer von 1905, war als EU/SV-Anzeiger in der HSF vorhanden.

Leutnant Werner

Nach nochmaligem Nachdenken habe ich das Problem der Goeben jetzt glaube ich richtig erkannt:

Die Türme bekamen zwar die Werte des E-U-Anzeigers für Seitenvorhalt und Gegnerentfernung, aber sie zielten ohne den fehlenden Richtungsweiser nicht auf dieselbe Stelle des Ziels wie der 1 AO. Dadurch ergab sich eine größere Streuung beim Salvenschießen.

Klingt das plausibel?

Langensiepen

Immer ist die Technik schuld!  :-D
Warum nicht auf den einfachen Weg verweisen: Der Mensch !  Das Schiff und seine Besatzung waren, was immer an Gerät an Bord war, untrainiert. Wo konnten die den ihre Trockenübungen durchziehen. Kohlenmangel, Personalaustausch usw. Ich glaube in 1 - 2 Anlagen des KTB MMD steht was darüber. Auf jedenfalls in Souchon Briefen und bei Firle.  Es gibt zudem im Bestand Freiburg noch etwas. ich müsste mal bei Jochen Nachfragen, da ich das Thema MMD langsam an die Seite packe.

t-geronimo

Zitat von: Leutnant Werner am 10 Oktober 2013, 09:27:53
Nach nochmaligem Nachdenken habe ich das Problem der Goeben jetzt glaube ich richtig erkannt:

Die Türme bekamen zwar die Werte des E-U-Anzeigers für Seitenvorhalt und Gegnerentfernung, aber sie zielten ohne den fehlenden Richtungsweiser nicht auf dieselbe Stelle des Ziels wie der 1 AO. Dadurch ergab sich eine größere Streuung beim Salvenschießen.

Klingt das plausibel?

Nicht wirklich, denn:

  • weiter oben schreibst Du selber, dass Du "für unglaubwürdig hälst, dass bei Goeben da was gefehlt haben soll".

  • Weiterhin schreibt Garf, dass der RW laut KTB Goeben 1916 eingebaut wurde.

Vor 1916 magst Du demnach vielleicht recht haben, danach scheinbar nicht mehr.

Ich denke, Goeben-Experte Bernd weist in die richtige Richtung des Richtungsweiser-Problems:
Wie sollen die Jungs denn schießen üben, wenn ihnen nix bewegliches vor den Mündungen rumschwimmt, mit dem sie üben können, egal ob Klingscheiben-, Abkomm- oder Kaliberschießen. Die konnten nicht mal eben "Fighting Steel" hochfahren, um sowas zu üben. "Für die Praxis unbedingt Praxis" lautet auch bei uns in der Feuerwehr das Motto, denn Theorie ist gut, schön und wichtig, aber echte Praxis ist durch nichts zu ersetzen.

Mal eine Nebenfrage: gab es auch in der Kaiserlichen Marine die besagten Schießverfahren zum üben, nämlich Klingscheiben- und Abkommschießen? Oder was wurde dort gemacht, um an und mit den Wummen zu trainieren?
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Leutnant Werner

@Bernd:
Der Knackpunkt ist hier m.M. n. kein menschlicher, sondern ein technischer. Zentrale Feuerleitung über den Richtungsweiser-Wert, der macht, dass alle Türme, die im Ende mit einem 6-m-Basisgerät ausgerüstet dieselbe optische Ausstattung haben wie der Leitstand, aber aus "seiner Richtung" auf "seine anvisierte Stelle" feuern. War alles schon ziemlich technisch damals. Irgendwie.
@T-Geronimo:
Thorsten, die wirklich wichtigen Gefechte von Goeben waren wohl vor 1916, als sie mehrfach auf ein Geschwader von 5 Vor-Dreadnoughts stieß. Diese Gruppe, bestehend aus den fünf Schlachtschiffen IOANN ZLATOUST, SVYATOY EVSTAFI, PANTELEIMON (ex-POTEMKIN), TRI SVIATITELYA  und ROSTISLAV war darin geübt, unter gemeinsamer Feuerleitung zu schießen, damit ein gefährlicher Gegner auch für Dreadnoughts. Da hätten die Features schon geholfen.

Wenn GOEBEN ab 1916 über Richtungsweiser und EU/SV-Anzeiger der neuesten Generation verfügt haben sollte, würde ihr das indes nicht mehr allzusehr genützt haben, da die neuen russischen Dreadnoughts der IMPERATRITSA MARIYA-Klasse auf 230 hm deckend schossen und GOEBEN so etwas nicht konnte.

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