SMS Großer Kurfürst 1875-78

Begonnen von Stander B, 07 Mai 2013, 16:47:17

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Stander B

Hallo Freunde der schimmenden, schmiedeeisern-bewehrten, besegelten und dampfbetriebenen Festungen Seiner Majestät², :angel:


anläßlich des CXXXV. Jahrestages der Rammung & Versenkung der werftneuen S.M.S. Großer Kurfürst bei einem Maneuvre vor Folkstone durch das Flaggschiff S.M.S. König Wilhelm  setze ich mich an ein 1:500 Modell.

Zu den Bildmaterialquellen: Autorenbesitz - Illustratet London News (Originalblatt), Lord Brassey "Naval Anual"** (Faskimiliedruck), ein Scan des Höttinger Volksblattes

Hier die wesentlichen Eckdaten:
Baukosten              7.303.000 Mark
Stapellauf:              17. September 1875
Indienststellung:      6. Mai 1878
Verbleib:                   31. Mai 1878 gesunken

Schiffsabmaße und Besatzung
Länge:      96,59 m (Lüa) / 94,5 m (KWL)
Breite:      16,3 m
Tiefgang:      max. 7,18 m
Verdrängung:      Construction: 6.821 t / max.: 7.718 t

Bemannung:      46 Offiziere und 454 Mann

Maschinenanalage:
6 Kofferkessel
3-Zyl.-Naßdampfmaschine - 5.468 PS (4.022 kW)
Geschwindigkeit      max. 14,0 kn (26 km/h)


Vortrieb:
Propeller: Typ Griffith (vierflügelig) ∅ 6,6 m

Takelung und Rigging:
Takelung:        Vollschiff
Anzahl Masten:      3
Segelareal:      1.834 m² (ohne Leesegel)
Dampfreichweite:       1,690 sEEMEILEN (3,130 km) bei 10 kn

Armierung:
2x2 26 cm (10 in) L/22 Vorderladerringkanonen aus Kruppscher Fertigung
2x 17 cm (6.7 in) L/25 Vorderladerringkanonen aus Kruppscher Fertigung

Panzerschutz:
Oberer Panzergürtel: 203 mm (8 Zoll) Schmeideeisen auf 234 bis 260mm Teakholzunterlage
Unterpanzergürtel: 102 to 229 mm (4.0 to 9.0 in)
Türme: 203 bis 254 mm in der Front

Das Schiff:
Die Türme wurde durch eine bemannte Kurbel gedreht - einen Wert für eine 360° Drehung habe ich noch nicht gefunden. Der Zillingsgeschützturm war durch eine Rutschkupplung gesichert, welche bei einem Treffer aushakte und ein Drehen des Turmes erlaubte, um das Geschoß abgleiten zu lassen.

Die Takelage wurde für Schießübungen und zum Gefecht bei allen Panzerfregatten stets reduciert, um das Rollen durch Schwerpunktverlagerung  zu verringen. Das Modell wird für ein Naval Floorgaming gebaut folglich ist eine Reduction der Takelage selbstverständlich - selbst wenn, mein lieber Herbert, diese schießtechnische Notewendigkeit uns optisch die ohnehin schon bügeleisenähnlichen Rümpfe auch noch der schönen Riggung beraubt... ich kann es nicht ändern. Als Beleg führe ich die a) Abbildung des Französischen Sperrgeschwaders vor Helgoland  aus dem Jahre 1870 an aus der Voßschen Zeitung und verweise b) auf Adm. Ballard "The Black Battlefleet" Capter VII H.M.S. Monarch Seite 89 und insbesondere die Abb. desselben Schiffes auf den sdeiten 88 als Photo in Malta und als schematische Zeichnung auf der nächsten Seite. Sehr instruktiv auch NMM 58/6522 ""Send down topmasts" abgebildet auf Seite 45 a.a.O. - in puncto puncti dürfte also das bekannte Ölbild "Die Heldentat der preußichen Flotte von Jasmund" von Alex Kirchner in Sachen Takelage keinesfalls revisionsbedürftig sein...  Fraglich ist nur, ob die Darstellung im Volksblatt zu radikal ist und die Marssegelraa irrtümlich "grafisch gleich mitentfernt" hat- bei der H.M.S. Monarch blieb sie vorhanden, bei einem weiteren Turmpanzerschiff der H.M.S. Neptun offenbar auch.

Das Unglück - ein Bericht:
Am 31. Mai 1878 dampfte das deutsche Panzerübungsgeschwader unter dem Befehl des Konteradmirals Carl Ferdinand Batsch (1831 - 1898) durch den Englischen Kanal, um im Mittelmeer ein Manöver durchzuführen.

Das Panzerübungsgeschwader bestand in diesem Jahr aus der Panzerfregatten:
S.M.S. König Wilhelm, Flaggschiff, besegeltes Panzerbatterieschiff
S.M.S. Großer Kurfürst, besegeltes Turmpanzerschiff
S.M.S. Preußen, besegeltes Turmpanzerschiff
S.M.S. Falke, Radaviso

Auf der Höhe von Folkestone wurde der Kurs des Geschwaders von zwei Segelschiffe gekreuzt.

S.M.S. König Wilhelm und S.M.S. Großer Kurfürst waren als Dampfschiffe ausweichpflichtig und wollten gerade auf ihren alten Kurs zurückgehen, als der Steuermann auf S.M.S. König Wilhelm ein Ruderkommando seines Wachoffiziers mißverstand, drehte er das Schiff nach Backbord anstatt das Ruder backbords zu legen und rammte mit seinem Bugsporn S.M.S. Großer Kurfürst somit mittschiffs und flutete die Kesselräume. *
Der Rammstoß war dergestalt kräftig & stark, daß S.M.S. Großer Kurfürst nach Backbord drehte. In dieser prekären Situation versäumte die Schiffsführung auf S.M.S. Großer Kurfürst zudem "Schotten dicht" zu befehlen und nachdem sich beide Schiffe wieder gelöst hatten, drang massiv Wasser in S.M.S. Großer Kurfürst ein. Dieses geschah so schnell, daß die Panzerfregatte in aller kürzester Zeit mit 269 Mann an Bord in den Fluten versankt. 218 Mann konnten von deutschen und englischen Schiffen gerettet werden.

Von vielen Seiten wurde Konteradmiral Batsch als Hauptschuldiger für die Katastrophe verantwortlich gemacht, weil man die Ursache des Zusammenstoßes der beiden Panzerschiffe lediglich in der von ihm befohlenen zu geringen Distanz derselben finden zu müssen glaubte. Der Chef der Admiralität von Stosch verteidigte jedoch im Reichstag das Verhalten Batschs auf das lebhafteste und sah die Schuld des Unglücks ausschließlich in der mangelhaften Ausführung der gegebenen Befehle und der Unerfahrenheit der gesamten Besatzung mit dem werftneuen Schiffe.

Trotzdem wurde Batsch wegen Nichtbeachtung der Vorschriften über die einzuhaltende Distanz für schuldig erklärt und im Juli 1879 von einem "Cour martiale" unter Vice-Admiral Reinhold von Werner zu sechs Monaten Festungshaft verurteilt. Als Zeugen wurden die Kapitäne  von Monts and Kuehneder vernommen ebenso der erste Offizier des Unglücksschiffes Leutnant Clausa. Der Kaiser bestätigte das Urteil, begnadigte Batsch aber, nachdem er erst zwei Wochen seiner Haft auf der Festung Magdeburg verbüßt hatte, und ernannte ihn sogar unmittelbar darauf zum Departementsdirektor in der Admiralität, 1880 zum Vizeadmiral und 1881 zum Chef der Marinestation der Ostsee.

Diese Episode stellt eine der größten Tragödien in der frühen Panzerschiffsgeschichte der deutchen Marine dar.

Aber nun habe ich einige Fragen an die versammelete Fachwelt:

I.) Die Führung der Beflaggung an meinem Modell dollte sie si gehalten sein wie in dem Holzschnitt der Großen Kurfürst oder ehr wie im Olbild von Jasmund?

II.) Da ich ja theoretisch alle drei Schersterschiffe zum Einsatzbringen könnte suche ich nach einem Hinweis zur farblichen Gestaltung der Namenswimplen... bislang dient mit der Wimpel dees Kaffenkahns "Louise" aus dem DTM in Berlin als Vorbild - gibt es besseres?

III.) Welche Flagge wird als Nationalitäötsnachweis geführt - nur die SWR mit eisernem Kreuz oder gab es 1878 schon die RKF???

Gespannt auf Eure Rückmeldungen und Kommentare,

Chrille


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* Englische Quellen sehen es interessanterweise so:
Grosser Kurfürst turned to port to avoid the boats while König Wilhelm sought to pass the two boats, but there was not enough distance between her and Grosser Kurfürst. She therefore turned hard to port to avoid Grosser Kurfürst, but the action was not taken quickly enough, and König Wilhelm found herself pointed directly at Grosser Kurfürst.[Irving, Joseph (1879). The Annals of Our Time. London: Macmillan and Co] König Wilhelm's ram bow tore a hole in Grosser Kurfürst.[Jacobs, Arthur (1986). Arthur Sullivan – A Victorian Musician - from a letter to his mother.]

** wobei die Zeichnungen oftmals im Internet (insbesonder Wikipedia) anzutreffen sind, aber nicht nur sehr fragwürdig in ihren Details sind (prägnant: Vergleich H.M.S. Sultan*** der 7inch-Redoute Brassey und Parkes/NMMplans) sondern in der Gesamtgestalt abweichen siehe H.M.S. Monarch Brassey vs. Beeler/Ballard/Parkes/NMMplans & Halbmodelle

***Vielleicht besteht ja an einer Quellenrecherge Interesse, weil hier schon eine zeignenössische Quelle von extrem großer Verbeitung bund Bekanntheit vollends versagt.




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²Die Idee stammt aus einer Justizklamotte von Curt Goetz:
"Die Teer- und Tangflecken müssen ja 'rangekommen sein an das Kleid. Zeuge! Wäre es möglich, daß sich das Kleid - respective die Angeklagte, an den geteerten, tangbehafteten nach oben schwimmenden Kiel eines gekenterten Bootes klammerte?"(...) "Oder könnten die grünne Flecken auch vom Liegen im Gras herrühren?" "Ja, sofern die Wiese geteert war..."   :sonstige_154:
Grüße aus dem stauverwöhnten Spreeathen,
von Chrille
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"Jeder Plan hält nur bis zum ersten Feindkontakt."
Graf Helmuth von Moltke d.Ä.

Stander B

Hier das contemporäre Bildmaterial.
Die Bilder von meine ersten Modellskizzen muß ich noch mal verkleinern, damit sie hierreinspassen und die leigen natürlich auf dem USB-Stick, der nicht da ist...  :BangHead:

Grüße aus dem stauverwöhnten Spreeathen,
von Chrille
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halina

Hallo Stander B , hier die Flaggen und Stander der Kaiserlichen Marine von 1871 - 1918 .                                Gruss Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Teddy Suhren

Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

Stander B

#4
    Hallo Teddy,

    oh ja das stimmt allerdings! Nun die Unfälle zwischen rammbewehrten Schiffen liefen ja selten glimpflich ab:

HMS (Iron) Duke versenkt die HMS Vanguard
hierzu Wikipedia:
On 1 September 1875 during the squadron's summer cruise she was en route with several other ships between Kingstown (now Dún Laoghaire) and Queenstown (now Cobh). She accidentally rammed her sister ship, another member of the squadron, HMS Vanguard off Kish Bank, Dublin Bay in thick fog. Although Iron Duke sustained minor damage, a large hole was torn in Vanguard. Vanguard's engine room was flooded which prevented her from using her pumps and she sunk in a little over an hour. All the crew were rescued.

oder The blue to blue case:
Die HMS Camperdown rammt die HMS Victoria während eines typische naval balett monoevre durch eine fatale Fehleinschätzung des commandierenden Admirals - was den Abstand der beiden aufeinanderzudrehenden Kollonnen anging... oder deren Drehkreis... vielleicht so gar beides... oder er wollte das Reißverschlußsystem in der RN einführen und keiner kannte sein frisch erfundenes Semaphorsignal...  :O/S
Auch hier sei auf den ausgezeichneten Wikipediaartikel in Englisch verwiesen.
Allerdings lande der Admiral vor dem Marinegericht und...
The court produced five findings:

I. That the collision was due to an order by Admiral Tryon.
II. That following the accident everything possible had been done to save the ship and preserve life.
III. No blame attached to Captain Bourke or any other member of his crew.
IV. 'The court strongly feel that although it is much to be regretted that Rear Admiral Albert H. Markham did not carry out his first intention of semaphoring to the Commander-in-Chief his doubts as to the signal, it would be fatal to the interests of the service to say that he was to blame for carrying out the directions of the Commander-in-Chief present in person.'
V. The court was not able to say why Victoria had capsized.[/li][/list]


Diese Ramm"erfolge" belegten die Idee des Meleés wie es in Lissa 1866 ja erfolgreich war und führten zu einem Fortbestehen des Rammbugs. Dies bis in die Konstruktionen des I.weltkriegs hinen - also auch nachdem die effektive Reichweite der Hinterladerartillerie einen jeden Rammversuch in ein Himmelfahrtskommando verwandelt hatte. Der Versuch die Frontbewaffnung durch Doppelstockcasematten zu verstärken um im Rammangriff nicht schußunfähig zu sein ist eine Reaktion auf diese Erkenntnis...  denn man lief ja gegen die Breitseite an. Ein gutes Beispiel einer derartigen Konstruktion der Kasematte geben da die Schußfelder der  H.M.S. Alexander und die navalarchitektonische Herangehensweise an die  kkS.M.S.Custoza ( Quelle: Cityofart.com).
Außer in Lissa gab es in Gefechten nie wieder Rammerfolge, was wohl daran lag, das man das "Crossing the T" zu vermeiden suchte. Tja aber gewiß auch, weil der Rammende durch kleine Fehler sehr sehr schnell selber zum Gerammten werden und somit "naß abgewrackt"  :MZ: werden konnte. 

Soviel von mir & hier erst einmal,
Chrille
Grüße aus dem stauverwöhnten Spreeathen,
von Chrille
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Graf Helmuth von Moltke d.Ä.

Urs Heßling

Zitat von: Stander B am 07 Mai 2013, 16:47:17
... als der Steuermann auf S.M.S. König Wilhelm ein Ruderkommando seines Wachoffiziers mißverstand, drehte er das Schiff nach Backbord anstatt das Ruder backbords zu legen und rammte mit seinem Bugsporn S.M.S. Großer Kurfürst somit mittschiffs und flutete die Kesselräume. *
Da hat meiner Meinung nach wieder jemand etwas geschrieben, ohne von der Sache etwas zu verstehen.
Bei den hervorgehobenen Handlungen macht ein "anstatt" keinen Sinn, sie enthalten dasselbe.
Ich meine, wir hätten dies hier schon einmal gehabt ...
Der Irrtum liegt in der Interpretation der Befehlsgebung. Hintergrund ist die Übernahme englischer befehlsgebung in die deutsche Sprache. Bei der Royal Navy bedeutete der Befehl "Helm to Port"
inhaltlich "Ruder Steuerbord", da er sich auf die alte Ruderpinne bezieht (Jollensegler kennen das).
Ein eindeutiges Beispiel liefert der Film "Titanic", in dem der 1. Offizier Mr. Murdoch "Helm to Starboard" befiehlt und der Rudergänger das Ruderrad nach links wirbelt. Wenn nun ein deutscher (unerfahrener) Wachoffizier "Ruder Steuerbord" befahl, meinte er das "wirklich" und rechnete er nicht damit, daß der befahrene Rudergänger das Rad (und das Ruder) nach Backbord drehte ...

Zitat von: Stander B am 07 Mai 2013, 16:47:17
* Englische Quellen sehen es interessanterweise so:
Grosser Kurfürst turned to port to avoid the boats while König Wilhelm sought to pass the two boats, but there was not enough distance between her and Grosser Kurfürst. She therefore turned hard to port to avoid Grosser Kurfürst, but the action was not taken quickly enough, and König Wilhelm found herself pointed directly at Grosser Kurfürst
Da sehe ich einen Widerspruch zur Zeichnung.
a propos: kannst Du die Quelle der Zeichnung nennen ?  Mir kommt der Abstand zur Küste sehr gering vor.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Stander B

Hallo Urs - mit dem Ruder hast Du völlig Recht.
Die Schemazeichnung taucht immer wieder auf Wikipedia auf... genaueres habe ich auch nco nicht gefunden... vielleicht hat das MGFA n Potsdam ja etwas....

Danke für Deinen Beitrag,
Chrille

P.S.:
Die Titanic wäre eh nicht zu retten gewesen,denn die Briten hatten einfach keine Gedanken über den Aggregatzustand gemacht als sie "...immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!" übersetzten...
Grüße aus dem stauverwöhnten Spreeathen,
von Chrille
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Graf Helmuth von Moltke d.Ä.

Corvus

Zitat von: Stander B am 07 Mai 2013, 16:47:17
.....
2x2 26 cm (10 in) L/22 Vorderladerringkanonen aus Kruppscher Fertigung
2x 17 cm (6.7 in) L/25 Vorderladerringkanonen aus Kruppscher Fertigung

...

Waren das wirklich noch Vorderlader, ich dachte Krupp hätte damals schon Hinterlader gebaut?

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