U-Boot Versorgung durch Do X

Begonnen von Seelöwe, 05 März 2013, 22:49:58

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R.B.

#15
Dass das erst viel später praktisch erprobt werden konnte, ist logisch, der Reichsmarine war ja offiziell verboten, U-Boote zu bauen oder zu besitzen. Aber die Idee war bereits viel früher vorhanden. Und damit auch eine zumindest plausible Motivation, die Entwicklung des dazu passenden Groß-Flugbootes Do X zu fördern.

R.B.

#16
Quelle wiedergefunden: Eberhard Rössler, Geschichte des deutschen U-Bootbaus, Band 1, Kapitel 5.5 "Vorschläge und Forderungen von Fürbringer und Dönitz zum Uboothandelskrieg gegen England", Seite 188:

(Bezieht sich auf einen Zeitraum nach dem 27. September 1938):

"Jedes Versorgungs-Uboot sollte für 5-10 Uboote einen Stützpunkt im Atlantik bilden. Die Versorgung dieser Stützpunkte sollte durch Groß-Flugboote erreicht werden, die ihrerseits auf ihrem langen Flug durch spezielle Kampfflugboote gesichert werden sollten."

Schorsch

Hallo zusammen,

hier geht es aber so was von quer durch die Zeiten, dass einem fast schon schwindlig werden könnte. Zunächst also eine Zeitleiste als Versuch, chronologisch etwas Ordnung in das Durcheinander zu bringen:

1927 Beginn der Entwurfsarbeiten an der Do X als Fernaufklärer, Minen- und Torpedoflugzeug als Projekt der Reichsmarine (Siehe dazu auch M.Dv. 352, Heft 15, S. 58!),
1930 Indienststellung der ersten Do X,
1933 Demontage des Prototypen,
1935 erstes deutsches U-Boot nach dem Ersten Weltkrieg in Dienst gestellt,
1938 Fürbringers Idee zu den Versorgungs-U-Booten, die wiederum von Großflugbooten versorgt werden sollten,
1944 erste Versuche zur Versorgung von U-Booten durch Flugzeuge mit einem völlig anderen Flugzeugtyp als der Do X

Und hier meine Fragen, um zu beleuchten, ob überhaupt eine Verbindung zwischen der Do X und den deutschen U-Booten hergestellt werden kann.

- In den zwanziger und zu Beginn der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts war Frankreich der Hauptgegner, auf den die zunächst zaghafte deutsche Marinerüstung zugeschnitten wurde. England war noch nicht auf dem Plan. Wieso hätte man unter diesem Gesichtspunkt einen fliegenden U-Bootversorger brauchen sollen? Wäre Frankreich tatsächlich in der Lage gewesen, die deutsche Marine im ,,nassen Dreieck" einzusperren bzw. von dort auszusperren?
- Warum entwickelt man einen Versorger, wenn noch nicht einmal das Gerät existiert, ja noch nicht einmal abzusehen ist, dass es je existieren wird, für dessen Einsatzverlängerung er genutzt soll?
- Welche Mengen an Treibstoff, Betriebsstoffen, Munition, Ersatzteilen und Wechselbesatzungen hätten wohin transportiert werden können und welche Einsatzzeiten ohne Werftaufenthalt wären den dauerhaft in See stehenden deutschen U-Booten überhaupt zumutbar gewesen? (Wohlgemerkt, 1927 gelang es der deutschen Seite erstmals nach dem Ersten Weltkrieg, einen Bauauftrag für ein 750 t-U-Boot an Land zu ziehen. Kein Mensch wusste, ob das Teil, das in Spanien gebaut werden sollte, überhaupt funktionieren würde.)
- Ab welcher Entfernung von den Heimatstützpunkten der U-Booten ist eine derartige Luftbrücke überhaupt als effizient anzusehen?

Für mich erscheint unter diesen Aspekten mehr als zweifelhaft, dass...
Zitat...eine zumindest plausible Motivation, die Entwicklung des dazu [d.i. Versorgung von U-Booten in See] passenden Groß-Flugbootes Do X zu fördern...
...jemals existierte.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

kgvm

Klingt für mich alles sehr unausgegoren, um nicht zu sagen phantastisch. Wenn man den für das Großflugboot und die Begleitflugboote erforderlichen Treibstoff (Hin- UND Rückflug) von der Nutzlast abzieht, was wäre denn da noch an Transportmöglichkeit für die U-Boote übriggeblieben :?
Und das soll dann reichen, x U-Boote mehrere Monate lang im Atlantik zu versorgen?
Mal ganz abgesehen von der erforderlichen Zahl an Flugzeugen, die ja zu Lasten anderer Projelte gegangen wären. Dann doch lieber den Uralbomber!

suhren564

Zitat von: Schorsch am 30 Januar 2014, 16:34:27

- Warum entwickelt man einen Versorger, wenn noch nicht einmal das Gerät existiert, ja noch nicht einmal abzusehen ist, dass es je existieren wird, für dessen Einsatzverlängerung er genutzt soll?
- Welche Mengen an Treibstoff, Betriebsstoffen, Munition, Ersatzteilen und Wechselbesatzungen hätten wohin transportiert werden können und welche Einsatzzeiten ohne Werftaufenthalt wären den dauerhaft in See stehenden deutschen U-Booten überhaupt zumutbar gewesen?
- Ab welcher Entfernung von den Heimatstützpunkten der U-Booten ist eine derartige Luftbrücke überhaupt als effizient anzusehen?


Dies sind auch für mich die Fragen, deren Beantwortung die verantwortlichen Stellen wahrscheinlich negativ beantworteten, so daß dieses Projekt nie weitergeführt wurde. Wenn ein subalterner Offz. dies als glorreiche Idee ansieht, muß es noch lange nicht von höheren Stellen befürwortet werden.
Daß die Versorgung von U-Booten schon Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre in Überlegung war , ist sehr wahrscheinlich, aber das dafür diese Riesenvögel geplant waren ist unwahrscheinlich, weil es ja noch nicht mal eine Luftwaffe/ Marinefliegerei gab, die diese Aufgabe hätte übernehmen können.
Selbst wenn diese Idee auch von führenden Dienststellen der Reichsmarine angedacht gewesen sein sollte, zeugt dies doch von einer sehr unrealistischen Strategie für eine evtl. spätere Kriegsführung. Und zeigt umso mehr, wie die damalige Reichsmarineführung auf einen neuen offensiven Krieg hinarbeitete, denn U-Boote sind wohl kaum Defensivwaffen.
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

R.B.

Ich würde erst nachrechen und hinterher kritisieren. Die damals Verantworlichen waren dem damaligen Informationsstand entsprechend nicht dümmer als die heutigen, eher umgekehrt.

Geheime Vorbereitungen für eine neue deutsche U-Boot-Waffe gab es durchaus, im Ausland. Und U-Boote haben eine vergleichsweise kurze Bauzeit. Mit diesen Flugzeugen hätten vermutlich 150 statt der von Dönitz für erforderlich gehaltenen 300 gereicht. 150 U-Boote und 150 Flugzeuge gleichzeitig bauen geht schneller als 300 U-Boote zu bauen.

suhren564

Zitat von: R.B. am 31 Januar 2014, 01:22:27
Ich würde erst nachrechen und hinterher kritisieren. Die damals Verantworlichen waren dem damaligen Informationsstand entsprechend nicht dümmer als die heutigen, eher umgekehrt.

Geheime Vorbereitungen für eine neue deutsche U-Boot-Waffe gab es durchaus, im Ausland. Und U-Boote haben eine vergleichsweise kurze Bauzeit. Mit diesen Flugzeugen hätten vermutlich 150 statt der von Dönitz für erforderlich gehaltenen 300 gereicht. 150 U-Boote und 150 Flugzeuge gleichzeitig bauen geht schneller als 300 U-Boote zu bauen.

Und warum hat man es dann nicht gemacht? Nur weil ein Riesenvogel bei einer landung etwas Bruch machte? Oder weil es nicht ins Konzept der dtschen. politischen und militärischen Führung paßte?
Mehrere dieser Maschinen, und Dönitz hätte mit 150 U-Booten den Krieg gewonnen? Wovon träumst du nachts?
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

R.B.

#22
Eine Do X transportierte, nur zum Eigenverbrauch, bis zu 23m³ Treibstoff. Ein U-Boot verbrauchte pro Tag meines Wissens um die 2 m³.

Dönitz hatte meines Wissens wie folgt korrekt kalkuliert: Er brauche nur 100 U-Boote im Einsatz im Operationsgebiet, um den Krieg binnen 6...8 Monaten zu gewinnen.

Von der Gesamtzahl, die die er insgesamt hat, ist jedoch erfahrungsgemäß 1/3-tel in der Werft, 1/3-tel auf dem An- oder Abmarsch und nur 1/3-tel im Operationsgebiet. Also brauche er statt 100 insgesamt 300 U-Boote. Das erste, was Dönitz auf dem Fragebogen nach seiner Gefangennahme beantworten sollte war, warum Deutschland diese 300 U-Boote nicht gebaut hat.

Wie sieht die Rechnung über die benötigte Gesamtzahl von U-Booten aus, falls der An- und Abmarsch ins Operationsgebiet entfallen könnte? Man braucht nur noch die Hälfte.

redfort

Zitat von: R.B. am 31 Januar 2014, 02:03:43
Eine Do X transportierte, nur zum Eigenverbrauch, bis zu 23m³ Treibstoff. Ein U-Boot verbrauchte pro Tag meines Wissens um die 2 m³.

Wie kommt man nur auf solche Werte ?

Zur Aufklärung:
Die Do X hatte einen Kraftstoffvorrat von 24.000 l Benzin und 2.000 l Schmierstoffe an Bord. Diese lagernden zum größten Teil im Schiffsbodenbereich.
So, sie konnte bis zu 23.000 kg zuladung an Bord nehmen.
Reichweite ca. 2800 km oder 16 h Flugzeit.

Kleiner Ausflug in die Entwicklungsgeschichte der DO X:

Das Konzept ging auf die Entwicklungen der Riesenflugboote im 1. Weltkrieg zurück und zwar die Grundlagen für den Bau der DO X  waren die von Dornier entwickelten und gebauten RS I - RS IV Riesenflugboote. Selbst diese konnten schon eine Zuladung von 2 - 3,5 t an Bord nehmen. Und so nebenbei die RS III bestand als erstes Flugboot die Seefähigkeitsprüfung der Marine.

Source: von Dr.h.c. Claudius Dornier aus Artikel in der Luftfahrt International aus dem Jahre 1975.
Gruß, Axel

Luftwaffe zur See

R.B.

Zitat von: redfort am 31 Januar 2014, 09:31:35
Die Do X hatte einen Kraftstoffvorrat von 24.000 l Benzin und 2.000 l Schmierstoffe an Bord. Diese lagernden zum größten Teil im Schiffsbodenbereich.
So, sie konnte bis zu 23.000 kg zuladung an Bord nehmen.
Reichweite ca. 2800 km oder 16 h Flugzeit.

Sehr einfach: Sie darf ihre maximale Reichweite nicht voll ausnutzen, um einen Teil ihres Kraftstoffvorrats noch an ein U-Boot abgeben zu können. Ich behaupte übrigens nicht, dass die Versorgung wirklich mit der Do X geplant war. Die war halt ein erster Versuch.

kgvm

Reichweite 2800 km = 1400 km, wenn mit den Vorräten hin und zurück geflogen werden mußte?
Frage an unseren Navigator: wie weit wäre man dann von Deutschland aus ungefähr gekommen (eventuelle Umwege, um feindliches oder neutrales Festland zu umfliegen, sogar noch außer acht gelassen)?
Ich nehme mal an, Biskaya oder Irische See wären noch erreichbar gewesen, aber in diesen doch relativ gut überwachbaren Gebieten Versorgung aus Flugzeugen durchzuführen, ist ja doch ziemlich riskant.
Und dann wäre ja wohl kaum die Möglichkeit gewesen, die Reichweite zugunsten von Versorgungsgütern zu verringern :?

Urs Heßling

moin,

Zitat von: kgvm am 31 Januar 2014, 10:17:57
Reichweite 2800 km = 1400 km, wenn mit den Vorräten hin und zurück geflogen werden mußte?
Frage an unseren Navigator: wie weit wäre man dann von Deutschland aus ungefähr gekommen (eventuelle Umwege, um feindliches oder neutrales Festland zu umfliegen, sogar noch außer acht gelassen)?
Ich nehme mal an, Biskaya oder Irische See wären noch erreichbar gewesen, aber in diesen doch relativ gut überwachbaren Gebieten Versorgung aus Flugzeugen durchzuführen, ist ja doch ziemlich riskant.
Ich sehe da keine Möglichkeiten, außer einer vorsätzlichen Außerachtlassung der Neutralität.
Biskaya und Irische See scheiden auch wegen möglichen Seegangs aus.
Daher vielleicht von vornherein geplant:
a. Versorgung in einem norwegischen Fjord, Travemünde-Sognefjord = 850 km  :-)
b. Versorgung an der irischen NW-Küste, Travemünde-Lough Swilly = 1200 km  :|
c. Versorgung an der irischen SW-Küste, Travemünde-Tralee = 1400 km  :-(
(einen nächtlichen, unbemerkten Überflug von GB vorausgesetzt)
nicht möglich:
d. Versorgung an der spanischen NW-Küste, Travemünde-Vigo 1900 km  :x  :embarassed:

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

R.B.

#27
Die geplante Dornier Do 214 sollte 6200 km km Reichweite haben.

http://de.wikipedia.org/wiki/Dornier_Do_214

"Um die Arbeiten dennoch fortführen zu können, wurde die Do 214 in ein militärisches Projekt gewandelt. So sollte ein Einsatz für die Kriegsmarine, z. B. als fliegender U-Boot-Stützpunkt, erfolgen."

Schorsch

Hallo R.B.!
Zitat von: R.B. am 31 Januar 2014, 11:00:00
Die geplante Dornier Do 214 sollte 6200 km km Reichweite haben.

http://de.wikipedia.org/wiki/Dornier_Do_214

"Um die Arbeiten dennoch fortführen zu können, wurde die Do 214 in ein militärisches Projekt gewandelt. So sollte ein Einsatz für die Kriegsmarine, z. B. als fliegender U-Boot-Stützpunkt, erfolgen."
...aber doch nicht 1927! Hast Du Dir die Ausgangsfrage, um die es hier im Thread gehen soll, überhaupt durchgelesen? Sie hat die Planungen zu den Einsatzmöglichkeiten der Do X zum Inhalt, nicht die der späteren Flugzeugmuster dieses Herstellers!

Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Huszar

Hallo,

Damit das Konzept überhaupt als Alternative in Betracht kommen kann, müsste das angesprochene Flugzeug folgendes können:
- irgendwo mitten im Atlantik ein U-Boot versorgen (näher macht es keinen wirklichen Sinn), diese Versorgung besteht aus mindestens
- halbe Tankfüllung für ein U-Boot, einige REservetorpedos, Verpfleugung, Ersatzteile und Medikamente/Post/Kleidung, usw (mit weniger wirst du die Fahrt nicht wesentlich verlängern können)

Ich glaube kaum, dass sogar eine BV 222 das geschafft hätte.

Wenn du die Boote irgendwo im - neutralem - Ausland versorgen willst, schickst du vorab einige Stützpunkttanker dorthin, und fertig. (jetzt die Möglichkeit aussen vor gelassen, dass direkt durch das neutrale Ausland versorgt wird).

meine Meinung, zumindest.

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

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