Disziplinarverfahren/Todesurteile gegen U-Boot-Männer im 2.WK

Begonnen von wirbelwind, 27 Februar 2013, 17:36:51

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suhren564

Hallo ,

da wir dieses Thema eh schon haben: Kann mir jemand über den Kriegsgerichtsfall Stefan Borger etwas sagen?

Alles was ich darüber weiß, steht hier:
http://www.marineoffiziere-crew-34.de/index.php?option=com_content&view=article&id=161&Itemid=27
Gruß Ulf

Nie darf man so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.... 
Erich Kästner

Götz von Berlichingen

Zitat von: FAlmeida am 02 März 2013, 00:09:43
Liste der U-Kommandanten Vergehen

[...]
Hugo Förster / U 501   Feigheit vor dem Feind   Krieggefangenschaft im Kriegsgefangenlager. [...]

Wurde gegen Rahmlow (U 570) kein Verfahren eingeleitet?

Arche

Hallo!

Anmerkung zu Norbert:
Nach meiner Information wurde Köhntopp nicht freigesprochen, sondern
für "unzurechnungsfähig" erklärt. Über das Ende des Doeselmaaten kann man hier Folgendes nachlesen-
http://historisches-marinearchiv.de/sonstiges/berichte/u_995.php

Nach meiner Erinnerung hat der Autor bei späteren Auflagen inhaltlich Einiges streichen müssen (der ehemalige Kommandant hat geklagt). Ich finde den Thread nicht mehr, aber er wurde hier 2011 schon mal diskutiert.

Gruß

Heinz-Jürgen

wirbelwind

#33
Hallo Götz v. Berlichingen,
ob deutscherseits gegen Rahmlow als Kommandant von U 570 ein Verfahren eingeleitet wurde, ist mir nicht bekannt. Im Kriegsgefangenenlager Grizedale/Schottland, wo Rahmlow und seine Crew interniert war, soll ein Ehrengericht unter Vorsitz von O. Kretschmer getagt haben. Dieses soll den I WO, Berndt, beauftragt haben, U 570 nachträglich zu versenken, um die Ehre wiederherzustellen. Bei dem Versuch, dieses Vorhaben umzusetzen, wurde Berndt erschossen. So steht es jedenfalls bei P. Freyer,,Tod auf allen Meeren".
MfG Rüdiger

Urs Heßling

moin,

Zitat von: wirbelwind am 13 März 2013, 14:00:42
So steht es jedenfalls bei P. Freyer,,Tod auf allen Meeren".
... und meiner Erinnerung nach auch in anderen Büchern wie "Jäger-Gejagte" von Brennecke und/oder Franks "Die Wölfe und der Admiral" ...
Da hieß es allerdings, so erinnere ich mich, daß das Ehrengericht gegen Berndt selbst zusammentrat.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

wirbelwind

Hallo,
rasch noch eine frage nachgeschoben. In diesem Buch schrieb Freyer was über ein Marinestrafbatallion vor Leningrad und die Marinestrafabteilung auf Hela. Weiß jemand näheres darüber :?
MfG Rüdiger

bettika61

Zitat von: wirbelwind am 13 März 2013, 14:22:01
Hallo,
rasch noch eine frage nachgeschoben. In diesem Buch schrieb Freyer was über ein Marinestrafbatallion vor Leningrad und die Marinestrafabteilung auf Hela. Weiß jemand näheres darüber :?
MfG Rüdiger
Hallo Rüdiger,
zum  Marinesonderlager Hela wurde auch in einem anderen Forum gesucht  :wink:
http://www.geschichtsspuren.de/forum/marinesonderlager-hela-t17464.html?highlight=hela

Grüsse
Beate
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Arche

Hallo Rüdiger,

da Beate hier auf meinen Thread verweisst, dann eine kurze Zusammenfassung.

Marinesonderlager auf Hela war ein Erziehungslager. Hier wurden die Soldaten der Kriegsmarine hingeschickt, die mit dem Soldatsein ihre Schwierigkeiten hatten und sich nicht ins System einordnen konnten. Das konnte unterschiedliche Gründe haben. Es war also kein Straflager für verurteilte Soldaten. Das Sonderlager war der 31.SStA zugeordnet. Das Sonderlager hatte eine Kompanie für kurzzeitige Fronteinsätze, die andere Kompanie war auf Hela im Arbeitseinsatz.
Soldaten hatten grundsätzlich ihre Strafe im Arrest oder im Gefängnis abzusitzen. War die Führung gut und wurde die Frontbewährung beführwortet, kam der Marinesoldat zur Bewährung auf ein Boot. War die Führung nicht so gut, kam der Soldat zur einer Bewährungseinheit. Musste der Soldat seine Strafe ganz absitzen und war sein Führungszeugnis so schlecht, dass ein Bootskommando nicht befürwortet wurde, ging es meistens zur 31.SStA und dann zur Ostfront mit dem Mariene Einsatz Kommando Ostland (MEA Ostland). Die war im Raum Leningrad im Einsatz und hatte dort in Regel hohe Verluste. Nur wer heldhaften Einsatz zeigte (freiwillige Einsätze, Verwundungen, etc.) hatte die Chance, wieder auf ein Boot zu kommen.

Gruß

Heinz-Jürgen

UHF51

Moin Heinz-Jürgen,

Deine Quelle?

[...]
Die Kriegsmarine behielt ihre Sonderabteilungen bei der Mobilmachung zunächst bei und wandelte diese nach dem Polenfeldzug in die Kriegs-Sonderabteilung Hela um, die bis Sommer 1942 bestand. Mit deren Auflösung verfügte das OKM die Aufstellung der Marine-Kompanie des Feld-Sonderbataillons des Feldheeres, dem sie truppendienstlich unterstellt wurde. Im Unterschied zum Heer wurden die Marinesoldaten zu dieser Sondertruppe nicht versetzt, sondern kommandiert. Da es sich beim Feld-Sonderbataillon um eine Straf- und Erziehungseinrichtung des Heeres handelte, wurden als Erziehungseinrichtung der Kriegsmarine die 30. und 31. Schiffsstammabteilung [SStA] aufgestellt. Sie unterstanden den zuständigen 2. Admiralen der Marine-Stationskommandos. Mannschaften, die bei der 30. und 31. SStA nicht zu erziehen waren, wurden von dort in die Marine-Kp. des Feld-Sonderbataillons kommandiert.
[...]
Eine "uk-Stellung" für Bewährungsmänner gab es nicht. Nach Feststellung der Bewährung vor dem Feind war der Soldat grundsätzlich über das Ersatz-Bataillon seiner Bewährungstruppe zum Stammtruppenteil oder zu dem in der Überweisungsverfügung bezeichneten anderen Truppenteil zu versetzen. Für Bewährungsmänner der Kriegsmarine, die dem Heer zur Bewährung vor dem Feind überstellt waren, war dieser zunächst die SStA auf der Halbinsel Hela in der Danziger Bucht. Die Versetzung bzw. Rückversetzung konnte schon vor einer Gnadenentscheidung nach etwa 6 Monaten Bewährung vor dem Feind geschehen. Bei Soldaten, die wegen Verwundung oder unverschuldeter Krankheit dienstunfähig geworden waren, war die Möglichkeit des Gnadenerweises zu prüfen. Bei noch dienstfähigen Soldaten, die aus anderen Gründen nicht oder nicht mehr bei der Bewährungstruppe einzusetzen waren, musste über eine andere Verwendung, z.B. Bewährungseinsatz bei der ordentlichen Truppe, entschieden werden. Ihnen war Gelegenheit zu geben, sich in entsprechender Weise durch hervorragende Bewährung einen Gnadenerweis zu verdienen. Andernfalls war zu überprüfen, ob sie in den Strafvollzug zurückzuüberweisen waren.
[...]
Quelle: Aufsätze von Horst Voigt, "Die verlor'nen Haufen", DSJB 1980-1998

:MG:
Uwe

Arche

Hallo Uwe,

für die kurze Zusammenfassung meinerseits wäre dann die Quelle der Leiter der Feldsonderkompanie Fritz Roder selbst. (Akte BA und Gerichtsakte
Verfahren Lfd.Nr.1244
Tatkomplex: NS-Gewaltverbrechen in Haftstätten
Angeklagte:
Mic., Gerhard Paul Hermann 4 Jahre
Sch., Friedrich Wilhelm 2½ Jahre
Gerichtsentscheidungen:
LG/BG Berlin 510327 Az.: (4)35PKLs2/51 (40/51)
KG 510921 Az.: 1Ss93/51 (90/51)
Tatland: Polen
Tatort: Marinesonderlager Hela
Tatzeit: 41-44
Opfer: Deutsche Soldaten
Nationalität: Deutsche
Dienststelle: Wehrmacht Marine Sonderabteilung Hela
Verfahrensgegenstand: Schikanierung und Misshandlung von Marineangehörigen im Marinestraflager Hela. Beteiligung an der Erschiessung zum Tode verurteilter deutscher Soldaten

Veröffentlicht in DDR-Justiz und NS-Verbrechen Band V

Um es klar zusagen. Alles was Horst Voigt da erwähnt ist auch richtig. In der Praxis sah es oft anders aus und es so aus meiner Sicht hier nicht möglich, den Weg eines Bewährungssoldaten eindeutig aufzuzeichnen, dazu waren die Militärgerichte zu "flexibel".

Gruß

Heinz-Jürgen

UHF51

Hallo Heinz-Jürgen,

vielen Dank für Deine Quellenangabe & Einschätzung.

Da ich mir vor längerer Zeit die Mühe gemacht hatte die 18 Teile von Voigts Abhandlung zusammenzufassen/abzuschreiben (word.doc/PDF), hatte ich mich etwas mehr mit den Bew.Truppen befasst.
Leider ist die Marine - wegen der kaum vorhandenen/verfügbaren Quellen - bei ihm nicht so gut beschrieben wie die 500er oder die Lw.Bew.Truppe.
Es war mir nicht vergönnt Voigt selbst noch zu sprechen, und seine Frau ist dann leider auch kurz nach meiner Kontaktaufnahme verstorben.

Beste Grüße
Uwe

Götz von Berlichingen

@ wirbelwind & Urs

Ja, so steht es auch in Wikipedia (dt. und engl. Ausgabe). Unglaubliche Geschichte.:

»The German crew remained on board U-570 overnight; they made no attempt to scuttle their boat as Northern Chief had signalled she would open fire and not rescue survivors from the water if they did this. During the night, four more naval trawlers and the destroyers HMS Burwell and HMCS Niagara reached the scene. At daybreak, there was a series of signal lamp messages between the Allies and Germans, with the Germans repeatedly requesting to be taken off as they were unable to stay afloat, and the British refusing to evacuate them until they secured the submarine and stopped it from sinking—the British were concerned that the Germans would deliberately leave behind them a sinking U-boat if they were evacuated. [...]

Colvin's team was able to restore lighting and buoyancy; U-570 was refloated and towed around the coast to the British naval base at Hvalfjörður, where she was docked to the depot ship HMS Hecla so repairs could be made that would enable her to make the trip to Britain under her own power.[24]

The British discovered that the depth charge damage to the U-boat was not critical—there were leaks in some of the ballast tanks and a small leak in a fuel tank. Around one third of the battery cells were cracked and the bow had been buckled. Water had leaked in through a valve that had been unseated by the explosions and through glass gauges that had broken; other damage was minor and no evidence of chlorine gas found. In his report, Colvin stated his opinion that there was no evidence of any damage control being carried out and that an experienced submarine crew would have been easily able to improvise repairs, stay submerged and likely evade the air-attack.[25] After their surrender, the German crew had attempted to destroy instruments and fittings, but, with the exception of the wrecked radio and the damaged torpedo firing computer, the attempt appeared half-hearted and the damage was not significant. Also, useful papers had missed destruction. Copies of encrypted signals and their corresponding, plain-language, German texts were found—material of use to the British Enigma code breaking effort.[26] A significant discovery was the U-boat commander's handbook, which provided context and background information for the decrypted signals.[27] The British, unfamiliar with German naval procedures, abbreviations and jargon, sometimes found German naval traffic hard to understand even when decrypted.«

http://en.wikipedia.org/wiki/U_570

Ich bin sicher, daß gegen Rahmlow in Abwesenheit ein Verfahren wegen Feigheit vor dem Feind eingeleitet worden sein muß, zumal die Kaperung wohl in der britischen Presse bekanntgegeben wurde (was einige Fragen bezüglich der gängigen Version bei U 110 aufwirft, wo es heißt, die Besatzung sei deswegen unter Deck der britischen Schiffe gehalten worden, damit sie nicht mitbekamen, daß das Boot im Schlepp war).
Was ist eigentlich aus Rahmlow nach dem Kriege geworden?

wirbelwind

Hallo,
Dank an alle für die doch recht umfangreichen Infos. Bin um einiges schlauer geworden.  :-)
Schließe mich der Frage von G. von Berlichingen an und erweitere sie. Warum wurde der I WO Berndt durch das Ehrengericht verurteilt, U 570 nachträglich zu versenken und nicht Rahmlow als verantwortlicher Kapitän des Schiffes :?
MfG Rüdiger

Urs Heßling

moin,

Zitat von: wirbelwind am 14 März 2013, 17:01:46
Warum wurde der I WO Berndt durch das Ehrengericht verurteilt, U 570 nachträglich zu versenken und nicht Rahmlow als verantwortlicher Kapitän des Schiffes :?
nicht "Kapitän", sondern Kommandant, bitte  :lol:
Wenn ich mich richtig erinnere : Nach der o.a. Literatur war Rahmlow zur Zeit des Ehrengerichts nicht in diesem Lager, sondern kam erst nach Berndts Flucht dorthin.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

wirbelwind

Hallo Urs
so isses, wenn man alt wird und einem nicht gleich das Wort für Kommandant einfällt. Du hast natürlich recht. Tschuldigung.
MfG Wirbelwind

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