Sailpast

[Zerstörerfahrer]

Sailpast

Während meiner Dienstzeit auf Zerstörer " Lütjens ", gehörte das Schiff 14 Wochen zur SNFL'96 ( Standing Naval Forces Atlantic ). Während dieser Zeit war das Schiff aus der dt. Befehlsgewalt herausgegliedert und unterstand direkt der NATO.
Da es diesen STANAVFORLANT-Verband das ganze Jahr über gibt, müssen die Schiffe naturgemäss nach einer Weile ausgetauscht werden.
Bei der Verabschiedung der heimkehrenden Schiffe ist es Sitte ein sogenanntes " Sailpast "-Manöver auszuführen.
Dabei fahren alle Schiffe des Verbandes in Kiellinie und das zu verabschiedende Schiff bildet das Schlusslicht. Nun schert der Heimkehrer nach Backbord oder Steuerbord aus und überholt jedes einzelne Schiff des Verbandes.
Dabei sind die Schiffe natürlich festlich geschmückt und die Besatzungen haben sich verkleidet. Mit in die Geschützrohre eingezogenen Feuerschläuchen verspritzt man Wasser und versucht den anderen zu treffen. Bei den Ami's veranstalteten 2 einen Schwertkampf auf dem Helo-Hanger. Die Dänen hatten mal eine riesiger Tuborg-Flasche gebaut, aus der richtiger Schaum herauskam.
Unter einem Helo der Kanadier hing mal ein Fass, in dem sich jemand drin befand und mit Leuchtsignalen um sich schwenkte. Von den 3 nackten Frauen bei den Norwegern red ich gar nicht erst.
Wir verschossen bei der Gelegenheit mit unseren Torpedorohren immer unsere geschretterten Geheimsachen. Ebenso hatten sich die Heizer eine altertümliche Holzlafette gebaut, auf der sich ein eisernes Rohr befand. Mit dieser Konstruktion verschossen wir dann mit Hilfe von Atze und Sauerstoff einige Rollen Klopapier.
Nach all den ganzen anstrengenden Manöverwochen, sorgte so ein Sailpast immer mal wieder für Abwechslung.



Dies ist HNLMS "Bloys van Treslong ".


Und hier mal ein Bild von uns, die Jungs an den Riemen sind unser Notantrieb.

[Mario]

das erinnert mich an meine Zeit bei der "Asche".
Es ist doch immer wieder erstaunlich, auf was für absurde Gedanken erwachsene Männer kommen können. Und wenn dann erst die Lngeweile dazukommt  .......

[Zerstörerfahrer]

Och , wir hatten sogar einmal im Monat eine Tombola an Bord und so war ich dies hier schreibe, bei einer hab ich einen Videorekorder gewonnen.
Aber so richtig Langeweile gab es eigentlich nicht, auf See war immer irgendwas zu tun.
Desweiteren hatte ein Schiff des Verbandes im Auslandshafen ein Flottenfrühstück zu machen. Das hiess dann , wenn man morgens um 3 oder um 4 Uhr aus der Stadt kam, ging man erstmal zu diesem Schiff und schlug sich dann den Wanst voll ( seit dem ich beim Ami war, ess ich kein Chilli mehr ). Da wurden wir dann immer neidisch, wenn man sich die modernen Fregatten ( die hatten sogar einen Eischrusher ) so ansah und dann wieder auf seinen 27 Jahre alten Kahn zurückkehrte.
Aber so alt der Kahn auch war, er war einem doch ans Herz gewachsen und mit keinem Fregattenfahrer hätte ich tauschen wollen ( ein richtiges Kriegsschiff hat nun mal 2 Schornsteine ) .

[t-geronimo]

Und dafür zahle ich Steuern.
Ich bin maßlos entsetzt...:mrgreen:

[kalli]

@Zerstörerfahrer,

vielen Dank für einige unbekannte Riten bei der Bundesmarine ( sorry der deutschen Marine   ) im Verbund mit ihren Bündnispartnern.
Ich glaube, dass gerade solche Dinge vor einiger Zeit Wilfried meinte, die wir auch hier "behandeln" sollten.

[Zerstörerfahrer]

@ Kalli,

ich kann ja nächstes mal auch von ernsthafteren Dingen berichten ( Ausbildung, Manöver usw ).

[kalli]

Bitte tue beides    

[Zerstörerfahrer]

In dem Zusammenhang fällt mir noch ein, das im Auslandshafen ein Schiff immer " Medical Guard Ship " war. Gekennzeichnet durch Signalflagge M.


Desweiteren waren wir die einzige Einheit im Verband, die einen Zahnarzt an Bord hatte.  Bleibt die Frage, wie bringt man einen Mann mit Zahnschmerzen per Hubschrauber zu Zahnarzt, der sich auf einem Schiff befindet, welches kein Helodeck hat ?
Ganz einfach, die achteren Antennen werden umgelegt und der FK-Starter waagerecht gestellt. Die Person wird nun mittels Seil vom Helo auf den FK-Starter abgeseilt, wo er von jemand in Empfang genommen wurde.
Für uns war das allerdings immer etwas lästig, weil dabei jedesfall das Achterschiff, besonders das achtere Manschaftsdeck, gesperrt wurde.
Aber wir wissen ja alle, wie böse Zahnschmerzen sein können.

[Zerstörerfahrer]

Moin Moin,

eigentlich war ich auf der Suche nach einem Bild von einer MK-20 der Lütjens, dabei ist mir jedoch dieses Bild eines Sailpast-Manövers von HMCS Charlottetown in die Hände gefallen. Ich möchte euch dieses Bild nicht vorenthalten, bitte aber die Qualität zu entschuldigen, da ich damals nur eine billige Kamera dabei hatte.
Gut zu erkennen, das der kanadische Kommandant das Manöver doch sehr waghalsig gefahren hatte. Beim Anlauf schob eine Welle sein Vorschiff doch sehr dicht an uns vorbei, man konnte schon das Weisse in den Augen der Kanadier sehen, so nah sie waren sie an uns herangekommen. Ich muss dazu auch sagen , das wir an der Reeling unwillkürlich 2 Schritte zurückgingen. Zum Glück bekammen sie wieder Ruderwirkung und passierten uns dann in dem Abstand, wie auf dem Bild zu sehen ist.
Auf dem Bild ist jetzt nicht so gut zu erkennen, dass sich unter dem Helo ein Fass befindet, in dem ein Mann sass, der ein Leuchtfeuer schwenkte .


( Zum Vergrössern auf's Bild klicken .)

Viel Spass bei Anschauen.

[t-geronimo]

Klasse Bild!!! 

[Elektroheizer]

Anbei Fregatte Augsburg bei so einem Manöver:

http://www.youtube.com/watch?v=JhoMmJRx1ew

[Peter Kemmann]

also bei den Schnellbooten haben wir auch immer die Kommandanten "abgeschossen" wenn einer seine letzte Fahrt im Geschwader gemacht hat.

Ich denke mal mit Langeweile hat das wenig zu tun, es ist eine Gewisse Art Traditionspflege die zuallererst den Zusammenhalt fördert.

Wenn man das neudeutsch mit "Sailpast" bezeichnet, dann kann man es auch neudeutsch mit "Teambuilding" bezeichnen, that's is it!