Modelldampfturbinen mit Stumpf-Schaufeln

Begonnen von Turbo-Georg, 11 September 2012, 14:52:11

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Turbo-Georg

#30
Die Konstruktion einer Leitkammer wurde im Beitrag ,,Berechnung von Modelldampfturbinen" beschrieben.
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,16639.30.html   Antwort #31

Bei unserem Versuch mit den ermittelten Größen hiernach eine Leitkammer zu konstruieren, ergibt sich allerdings ein wichtiger Unterschied.
Bei  unserer Stumpf-Turbine handelt es sich um eine Radial-Turbine und deshalb muss die Leitkammer der Radkrümmung folgen.
Ein- bzw. Austrittswinkel α2 und α'1 der Leitkammer beziehen sich hierbei immer auf den Schaufelwinkel β1 an der jeweiligen Radposition.
Bild 18 zeigt einen solchen Entwurf.

Der Ansatzpunkt p0 für die äußere Leitkammer-Krümmung liegt wiederum auf der Höhe der hinteren Düsenkante (siehe Bild 21 des o.a. Links)
Um den Mittelpunkt m der Kammerkrümmung zu finden, zeichnen wir vom Punkt p0 die Linie b senkrecht zur Linie des Austrittswinkels α2 der ersten Stufe und schlagen mit dem Zirkel  einen kurzen Bogen zur Linie b mit dem Maß aLE + r1, also 5,5 mm.
Für eine kurze Krümmung wählten wir den kleinstmöglichen Innenradius r1 = 1 mm.

Vom Krümmungsmittelpunkt m schlagen wir über den Umlenkwinkel γ = 1620 zwei Kreisbögen.
Außenbogen: aLE + 1 = 5,5 mm,
Innenbogen: r1 = 1 mm.

Wir wählen die Positionen der Austrittskanten der Leitkammer so, dass sich die Kanalhöhe aLA ergibt und legen hier jeweils im Winkel α'1 Hilfslinien an. Mit einem Kurvenlineal verbinden wir die Hilfslinien mit den Bögen der Kammerkrümmung.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

Die Unterbringung von Düse, Leitkammer und Dampfaustritt auf engstem Raum, wird wahrscheinlich wiederum nur integriert in einem Anschlussblock (Bild 14) möglich sein.
Wir fräsen die Dampfkanäle demnach in die Seiten eines ausreichend großen Metallblocks ein bzw. bauen den Anschlussblock aus mehreren Blechschichten auf.
Wir polieren ggf. die Leitkammerwände und schließen die Kanäle durch entsprechende Abdeckungen dampfdicht. Zu große Metallanhäufungen und Materialdicken sollten dabei aus thermischen Gründen vermieden werden (...ggf. Abfräsen!).
Der untere Teil von Bild 18 zeigt uns die Anordnung der einzelnen Kanäle.

Die Querschnittsfläche des Dampfaustritts beträgt mindestens:
FA = (Gsek • v2 • 1000) : c'2 = (0,61 • 1,70 • 1000) : 34 = 1037 : 34 = 30,5 ≈ 31 mm2.

Bei einer Kanalbreite bA = 2 mm ergibt sich:
aA = 31 : 2 = 15,5 ≈ 16 mm.
Wir wählen ≈ 18 mm.

Die jeweiligen Dampfeintritte erweitern wir wieder durch Abschrägen.
Den Eintritt der Leitkammer von b = 1,1 mm auf b' ≈ 2 mm und die Eingangsseite des Dampfaustritts  von bA = 2 mm auf b'A ≈ 3mm.

Das h-s - Diagramm zeigt, dass der Abdampf (Punkt A3) mit x = 0,99 nahezu trocken ist.
Wir sorgen dafür, dass der Dampf in diesem Zustand die Turbine verlässt und nicht durch Abkühlung unnötig Kondensat anfällt. Hierzu isolieren wir nicht nur das Turbinengehäuse mit nefalit® - oder Polyurethan, sondern besonders sorgfältig auch den Anschlussblock, das Frischdampf- sowie das Abdampfrohr.

Im Nassdampfgebiet bedeutet bekanntlich gleicher Druck auch gleiche Temperatur.
(...hier p0 = 1 ata ≈ 1000 C).
Das heißt, die Dampftemperaturen am Düsenausgang (Punkt A1), in der Leitkammer (Punkte A2) und am Dampfaustritt (Punkte A3) sind gleich. Die gegenseitige thermische Beeinflussung innerhalb des Anschlussblocks, sowie bei guter Isolierung auch die von Außen, sind also vernachlässigbar.
Am tiefsten Punkt des Turbinengehäuses setzen wir ein Stück 2 mm - Rohr ein, um das in der Anwärmphase anfallende Kondensat abzuführen.


Noch ein Tipp zum Schluss:
Modelldampfturbinen sollten vor einer längeren Betriebspause einige Minuten bei mittlerer Drehzahl mit trockener Druckluft betrieben werden.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

Im Nachtrag die Beantwortung der Frage nach der Druckstufung bei Modelldampfturbinen mit
Stumpf-Schaufeln.

Grundsätzlich ist auch hier Druckstufung denkbar. Von reiner Druckstufung ist aber abzuraten. Stattdessen wäre eine Kombination von Geschwindigkeits- und Druckstufung sinnvoll.
Zwei, in etwa baugleiche, zweistufige Turbinen, wie oben beschrieben, könnten wiederum die Grundlage bilden. Sie werden in einem gemeinsamen Gehäuse mit druckdichtem Zwischenboden untergebracht.
Die Vorgehensweise der Berechnung wäre wie bei der Druckstufung von Turbinen mit Profilschaufeln.
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,16639.30.html 

Die druckdichte, aber reibungsarme Durchführung der Welle durch den Zwischenboden stellt bei einem Stufendruck von  p1' = 2,15 ata ein Problem dar.
Bei gleicher Dampfmenge Gsek = 0,61 g/s und dem höheren Betriebsdruck liegen auch die Abmessungen der HD-Düse an der Grenze der Herstellbarkeit.
Bei einer Vergrößerung des Querschnitts der HD-Düse (z.B. 2 mm2) würden auch alle anderen Durchtrittsquerschnitte beider Stufen größer und müssten neu berechnet werden.
Unter der Beibehaltung der bekannten Rad- und Schaufeldimensionen, wäre eine Vergrößerung der Düsenkanalbreite b der ND-Stufe jedoch nicht ratsam.
Auch die Anpassung der Düsenkanalhöhe a an den vergrößerten ND-Düsenquerschnitt wäre nicht sehr effizient.
Zwei, im Anschlussblock der ND-Stufe übereinander eingefräste Düsenkanäle halte ich für wirkungsvoller.
Allerdings müsste der zweite Düsenkanal im Abstand einer Schaufelteilung und im entsprechenden Winkel vorgesehen werden.


Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

#33
Auch dieser Beitrag steht als PDF-Datei (ca. 8 MB, 30 Seiten DIN A4) zur Verfügung.
Bei Interesse bitte PN mit Email-Adresse.

Liebe Freunde der Modelldampfturbine,
ich habe zum Schluss noch eine Bitte an Euch.

Über Dampfturbinen mit Stumpf-Schaufeln gibt es so gut wie keine Veröffentlichungen.
Die Untersuchungen von Rötscher an einer Riedler-Stumpf-Turbine der AEG, sowie deren Kommentierung durch Stodola sind so ziemlich die einzigen Hinterlassenschaften.
Aus den oben genannten Gründen ist jedoch diese Dampfturbinen-Bauform für uns Modellbauer von großem Interesse.
Auf der Basis dieser wenigen zur Verfügung stehenden Informationen, haben wir zu mindest theoretisch solche Turbinen auf ihre Eignung im Modellbau untersucht.

Ich hoffe, dass hierdurch einige von Euch zum Bau einer solchen Modelldampfturbine angeregt werden und hierüber berichten.
Besonders bitte ich Euch aber, mir nachvollziehbare Testergebnisse zur Verfügung zu stellen.
Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse sollen ggf. in eine Überarbeitung der Berechnung von "Modelldampfturbinen mit Stumpf-Schaufeln" einfließen.

Euer Turbo-Georg

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

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