Bismarck-Klasse - ein fragwürdiger Entwurf?

Begonnen von Leopard2A6EX, 08 Februar 2012, 17:17:53

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Peter K.

ZitatSchlachtschiff Bismarck/Schlachtschiff Tirpitz - Bauvorschrift für die Kessel- und Maschinenanlage; ISBN 9783753461328

Meine Ausgabe ist heute angekommen.
So begrüßenswert ich diese Veröffentlichung mit einer knackigen, aber durchaus feinen Einleitung auch finde, es bleibt festzuhalten, dass das Original wohl in einem bedenklichen Zustand war, sodass der Faksimiledruck ob der Unschärfe teilweise nur noch mühsam zu lesen ist. Das betrifft leider nicht nur den Text, sondern auch die Zeichnungen, wo beispielswiese die Abmessungen der Kessel vollkommen unlesbar sind. Obwohl der Herausgeber höhere Produktionskosten für eine großformatigere Wiedergabe dieser Zeichnungen anführt, wäre ich persönlich durchaus bereit gewesen, diese für ein vernünftigeres Endergebnis in Kauf zu nehmen.
Zusammenfassend bleibt trotz dieser Mängel zu betonen, das die einfache und günstige Zugänglichkeit dieses seltenen Dokuments absolut anerkennenswert ist.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

fsimon

Hallo werte Forum-Mitglieder.
Ich verfolge seit einigen Jahren dieses und weitere Foren zum Thema Schlachtschiffe. Jetzt möchte ich meinen Eindruck, gewonnen aus euren Diskussionen, zum Entwurf der Bismarck-Klasse  zusammen fassen. Ihr werdet viele Eurer Argumente und Aussagen direkt oder indirekt wieder finden. Quellenangaben und Verweise werdet ihr vergeblich suchen, sorry. Dies ist keine Doktorarbeit oder wissenschaftliche Abhandlung. Eigentlich gebe ich nur bereits Diskutiertes in einer Übersicht wieder:
Meine ,,bottom line up front":
Die Bismarck-Klasse war ein sehr gelungener Entwurf als Schlachtschiff. Träger, bzw. Flugzeuge machten das Schlachtschiff allerdings obsolet.
Bismarck war ein sehr guter Kompromiss von Schutz / Feuerkraft / Geschwindigkeit / Reichweite / Seetüchtigkeit / Aufwand. Andere Schlachtschiffe waren schlechter geschützt (inklusive Iowa), hatten weniger Feuerkraft oder geringere Geschwindigkeit, Reichweite oder Seetüchtigkeit. Yamato stellt  die Ausnahme dar. Jedoch wurden hier der Schutz und die Feuerkraft durch erheblich größeren Aufwand erzielt.

fsimon

1. Schutz:
1.1. Torpedoschutz:

Der wichtigste Faktor für die Effektivität eines Torpedoschutzes ist der Abstand zwischen Schiffs-Außenhaut und gepanzertem Torpedoschott. Ein weiterer ist, dass dem Explosionsdruck möglichst viel freier Raum (nur Luft) gegeben wird, um den Explosionsdruck verpuffen zu lassen. Ein flüssigkeitsgefüllter Raum leitet die Energie weiter (siehe Annäherungs-Zünder Torpedo unter Kiel, Kielbrecher). Hinter dem luftgefüllten Raum sollte bei Bismarck Treibstoff und Wassergefüllte Räume den restlichen Explosionsdruck auf eine größere Fläche des Panzerschotts verteilen und die Energie der Splitter reduzieren, bevor diese dann vom gepanzerten Torpedoschott gestoppt werden sollten. Die Außenhaut sollte möglichst elastisch und dünn sein, um möglichst wenig und kleine Splitter mit wenig kinetischer Energie zu erzeugen. So genial dieser Ansatz einleuchtet, musste doch ein Kompromiss gefunden werden zwischen möglichst großem freiem Raum für den Explosionsdruck und möglichst kleinem Volumen, das dabei der Flutung preisgegeben würde. Maßstab für die Absorbtions-Fähigkeit war die Sprengkraft der zu erwartenden Torpedos. Nach dem Krieg wurde die Widerstandskraft verschiedener Torpedo-Schutzsysteme von einer amerikanischen Mission bewertet: Bismarck 408 kg TNT, Yamato 236 kg TNT und die neuen US Schlachtschiffe 317,5 kg TNT. Die Aussagekraft dieser Werte ist sicher fraglich.
Dennoch dazu im Vergleich die Torpedos (Torpex –Umrechnungsfaktor zu TNT = 1,3):
US Mark 13 Flugzeugtorpedo mit ca.274 kg TNT, TBX oder HBX
US Mark 14 U-Boot Torpedo mit 230 kg TNT oder 303 kg TPX
US Mark 15 Zerstörer und Atlanta-Kreuzer Torpedo mit 224 kg TNT oder363 kg TBX oder 373 kg HBX
UK Mark XII Flugzeugtorpedo (erste Kriegshälfte) mit 176 kg TNT
UK Mark XV Flugzeugtorpedo (zweite Kriegshälfte ab 1943) 247 kg Torpex
UK Mark VIII +VIII U-Boote, Zerstörer, Kreuzer 340 kg TNT später 365 kg Torpex
Demnach konnte das Torpedoschutzsystem einzelne Flugzeug-Torpedos und TNT bestückte Schiffstorpedos absorbieren, und war erst mit den späteren Torpex bestückten großen Torpedos überfordert. Die weitergehende Kompartimentierung und metazentrische Höhe der Bismarck bot dann dennoch einen höheren Torpedoschutz als bei anderen Schlachtschiffen. Die Ruderanlage war die Achilles-Ferse jeden Schlachtschiffs.
1.2. Horizontaler Schutz gegen Artillerie und Flugzeug-Bomben:
1.2.1. Zitadelle:
Die Kombination aus Stärke und Härtegraden von Oberdeck und Panzerdeck und der große Abstand von zwei Decks zwischen Ober- und Panzerdeck schützte die Zitadelle gegen alle alliierten Geschosse und Flugzeug-Bomben (außer Tallboy) vor zündfähigem Durchschlag auf alle realistischen Treffer-Entfernungen. Die Kombination bewirkte, dass Bomben und Geschosse vor dem Auftreffen auf das Panzerdeck zündeten, oder panzerbrechende Kappen vom Geschoss gelöst würden und das Geschoss gebremst und taumelnd oder zumindest mit Yaw in ungünstigem Winkel auf das Panzerdeck oder die Böschung träfe. Ein zündfähiges Durchbrechen wäre nicht mehr möglich oder zumindest extrem unwahrscheinlich. Die Wirkung der Geschosse oder Bomben wurde so auf die beiden oberen, nicht überlebenswichtigen und im Gefecht kaum bemannten, Decks beschränkt. Lediglich schwere panzerbrechende Bomben konnten als Blindgänger beide Decks durchschlagen. Kein anderer realisierter Entwurf bot vergleichbaren Schutz. Mein Eindruck ist, dass Bismarck und Tirpitz besser als alle anderen Schlachtschiffe gegen katastrophale Bomben- oder Artillerie-Decks-Treffer geschützt waren.
1.2.2. Geschütztürme:
Die Schrägen und das Dach der Geschütztürme boten ausreichenden Schutz gegen Artillerie-Treffer auf alle realistischen Treffer-Entfernungen. Sie boten vergleichbaren Schutz gegen Bomben, wie die Panzerung bei Iowa, NC, SD, KGV, Vanguard, Vittorio, Richelieu und Nelson. Lediglich Yamato bot besseren, aber auch keinen sicheren Schutz der Türme vor panzerbrechenden Bomben.
1.2.3. Schiffsführung:
Die wichtigen Kommunikations-Wege für die Schiffssteuerung und Feuerleitung lagen innerhalb der Panzerung und waren mindestens gleichwertig zu anderen Schlachtschiffen geschützt
1.3. Vertikaler Schutz gegen Artillerie:
1.3.1. Zitadelle:
Die Kombination aus Stärke und Härtegraden von Gürtel und dahinter liegender Böschung schützte auf 70% der Schiffslänge (≤ 60% bei Iowa, NC, SD, Yamato,  Vanguard, ≤ 55% Vittorio, Richelieu, Rodney) alle vitalen Bereiche (Munition, Antrieb) gegen alle alliierten Geschosse vor zündfähigem Durchschlag auf alle realistischen Entfernungen. Die Kombination bewirkte, dass die panzerbrechende Kappe vom Geschoss gelöst würde und das Geschoss gebremst und mit Yaw in ungünstigem Winkel auf die Böschung oder, nach Passieren des oberen Gürtels, das Panzerdeck träfe. Ein zündfähiges Durchbrechen der Böschung oder des Panzerdecks wäre nicht mehr möglich oder zumindest extrem unwahrscheinlich. Die Wirkung der Geschosse wurde so auf die Seitengänge oder die beiden oberen, nicht überlebenswichtigen und im Gefecht kaum bemannten, Decks beschränkt. Das Panzerdeck lag gepaart mit einer großen metazentrischen Höhe weit genug oberhalb der Wasserlinie, um auch bei mehreren Treffern genügend Auftriebsraum zu erhalten. Die Böschung reichte unter die Wasserlinie und bot so auch Schutz gegen, bis zu einem gewissen Winkel, ins Wasser eingetauchte Geschosse. Die Kompartimentierung mit Panzerschotts minimierte die Menge möglichen eindringenden Wassers in die Seitengänge. 10 Seitenlenzrohre sorgten für Ausgleich, um in einem solchen Fall die Seitenlage zu stabilisieren und ein Kentern zu verhindern. Eigetauchte Geschosse konnten nur an der Stelle unter den Rand des Gürtels noch zündfähig in das Unterwasser-Schutzsystem (Torpedoschutz) eindringen, an der bei voller Fahrt die Bugwelle die Wasserlinie nach unten verdrängte (siehe Treffer der PoW). Mein Eindruck ist, dass kein anderer realisierter Kriegsschiff-Entwurf einen vergleichbaren Schutz seiner vitalen Bereiche und des Auftriebskörpers gegen Artillerie bot, wie der der Bismarck-Klasse. Bismarck war scheinbar der einzige Entwurf, der Durchschlag-Schutz gegen zündfähige Geschosse für die Zitadelle bis auf allernächste Kampfentfernungen bot (vielleicht Scharnhorst noch?).
1.3.2. Geschütztürme:
Die vertikale Vorderseite der Geschütztürme konnte zwar auf mittlere Kampfentfernung durchschlagen werden (immerhin noch 360mm KC und damit vergleichbar mit Iowas 406mm class B) bot aber nur eine minimale Trefferfläche. Die relativ flache Schräge an den Turmvorderseiten bot hingegen ausreichend Schutz vor Durchschlag. Ein schwerer Treffer auf einen Turm oder die Barbette, konnte allerdings, wie bei allen anderen Schlachtschiffen, auch ohne Durchschlag einen Turm außer Gefecht setzen.  Mein Eindruck ist, dass die Geschütztürme der Bismarck-Klasse vergleichbar gut geschützt waren,  wie bei Iowa, SD, NC, KGV, Vanguard oder Vittorio. Lediglich Yamatos Türme waren besser geschützt.
1.3.3. Schiffsführung:
Die wichtigen Kommunikations-Wege für die Schiffssteuerung und Feuerleitung lagen innerhalb der Panzerung oder waren mindestens gleichwertig zu anderen Schlachtschiffen selbst geschützt.
1.4. Gesamtbetrachtung Schutz:
Das geschützte Volumen und der Anteil der geschützten Abteilungen war größer als bei allen andern Schlachtschiffen. Kompartimentierung, Torpedoschutz, geteilte Panzerung (Ober- und Panzerdeck, hochgezogener Gürtel und Böschung, redundantes, leistungsfähiges Lenz- und Pumpen-System, große metazentrische Höhe und fortschrittliche Panzerstahltechnologie boten im Bismarck-Entwurf unvergleichlich hohen Schutz vor Antriebsverlust, Munitionsraumtreffern, Kentern und Auftriebsverlust. Einen weiteren Schutz vor Munitions-Explosionen bot die Art der Treibladungen für die Munition, Kupferhülsen und im Vergleich zur Royal Navy schwerer entzündliche Treibladungen. Mein Eindruck ist, dass Bismarck und Tirpitz die best geschützten Schlachtschiffe waren.

fsimon

#393
2. Feuerkraft
2.1. Schwere Artillerie Geschütze
Das vordringlich Wichtigste im Artilleriegefecht auf See ist, den Gegner zu treffen.
2.1.1 Präzision / Streuung:
Als Tenor aus Euren Posts und den anderen Foren sowie NavWeaps entnehme ich, dass die minimale Streuung und Präzision der Geschütze Bismarcks gleich gut oder besser war, als dies bei den besten Geschütze der Alliierten der Fall war, also den 14 und 15 Inch Geschütze der Royal Navy oder den 16 Inch Geschützen der USN, und deutlich besser als bei Nelson / Rodney, Vittorio und Richelieu.
2.1.2. Danger-Space / Hitting Space:
Je flacher die Trajektorie eines Geschosses ist, desto größer ist der Danger-Space für das Geschütz. Je kleiner der Fallwinkel eines Geschosses ist, desto größer ist der Hitting Space für das Geschütz. Bismarcks Geschütze feuerten auf eine realistische Kampfentfernung von 20km eine flachere Trajektorie und die Geschosse hatten dabei einen kleineren Fallwinkel (16.4°) als Nelson, KGV, NC, SD, Vanguard, Hood, Colorado und Tennessee. Yamato (16.5°) und Iowa hatten zu Bismarck vergleichbare Fallwinkel auf 20km. Lediglich Vittorio (13.4°), Richelieu (14°) und Dunkerque (14.2°) hatten einen kleineren Fallwinkel (jedoch größere Streuung).
2.1.3. Kombination aus Streuung und Danger- / Hitting-Space
Aus der Kombination von kleiner Streuung, flacher Trajektorie und kleinem Fallwinkel auf realistische Kampfentfernung hatten Bismarcks Geschütze vergleichbar gute Aussichten einen Treffer zu landen wie Yamato und Iowa, und bessere Aussichten als alle anderen Schlachtschiffe.

2.1.4. Flugzeit der Geschosse
Laut navweaps.com:
26,1 Sekunden für Yamato auf 16830m         und 49,2 auf 27920m
   (ca. 31.5 Sekunden für Yamato auf 20km interpoliert und ca. 54 auf 30km)
32 Sekunden für Bismarcks auf 20km                  und 55.5 auf 30km
29,6 Sekunden für Iowa auf 18290m                  und 50,3 auf 27430m
   (ca. 33 Sekunden für Iowa auf 20km interpoliert   und ca. 55 auf 30km)
31.1 Sekunden für Nelson Rodney auf 18290m      und 54,7 auf 27430m
32,4 Sekunden für KGV auf 18290m                  und 57,4 auf 27430m
32,5 Sekunden Vanguard* auf 18290m          und 57,3 auf 27430m
32,6 Sekunden für SC / SD auf 18290m          und 56,6 auf 27430m.
35,1 Sekunden für Hood° auf 18290m          und 62.1 auf 26520m
*Auch Warpite, QE, Valiant und Renown nach deren Modernisierung
° auch Repulse und Revenge-Klasse sowie Barham und Malaya jedoch nur bis 20° Elevation 21702m
Je kürzer die Flugzeit der Geschosse, desto kleiner ist der Fehler der vorausberechneten Position des Ziels beim Einschlag der Geschosse. Bismarck, Yamato und Iowa führen hier die Liste quasi gleichauf an. Hood ist etwas abgeschlagen.
2.1.5. Schussfolge
In dem Video des Gefechts gegen Hood und PoW, aufgenommen von Prinz Eugen, ist eine Sequenz zu sehen, die Bismarcks Wirkungsschiessen zeigt. Die hinteren Türme feuern in 24, dann 29 und dann 32-Sekunden-Intervallen (bei korrekter Abspielgeschwindigkeit). 24 Sekunden ergeben eine Kadenz von 2,5 Schuss pro Minute. Der Durchschnitt lag bei 28,3 Sekunden. Dies ergibt eine durchschnittliche Kadenz von 2,1 beim Wirkungsschiessen gegen PoW. Bei den ersten Salven eines Gefechts haben diese Zahlen keine Bedeutung, sondern die Flugzeit plus Auswertung der Lage der Salve und Korrektur-Eingabe für die nächste. Auch hier hatte Bismarck durch die kurzen Flugzeiten und die Auflösung des Radars und der Optiken gute Karten. Bismarck feuerte zunächst eine Vollsalve, (Die auch auf zwei Halb-Salven kurz hintereinander aufgeteilt sein konnte.), dann eine 4 hectometer Gabelgruppe und dann Wirkungsschießen bis Manöver oder Zielwechsel den Neustart dieses Prozesses erneut notwendig machten. 
Kein anderes schweres Schlachtschiff-Geschütz erreichte eine vergleichbar hohe Kadenz (Ausnahme Scharnhorst). Die Kadenz der modernen amerikanischen 16 Zoll Geschütze lag nominal bei 2 Schuss pro Minute. Die höchste Kadenz, die Washington, die selbst nicht beschossen wurde, beim Feuern auf Kirishima  unter optimalen und dringlichsten Bedingungen ( die wehrlose South Dakota lag unter dem Feuer Kirishimas) auf sehr kurze Entfernung mit einer erfahrenen Besatzung erreichte, lag bei 1,6 Schuss pro Minute. Gleiches lässt sich für Iowa und SD ableiten.
Bismarck:    8*2,5 = 20 Projektile pro Minute
              8*2,1 = 16,8
Washington:   9*1,6 = 14,4 Projektile pro Minute
2.1.6. Feuerleitung / Radar:
Bismarck nutzte ein Wechselstrom gesteuertes Feuerleitsystem mit analogem mechanischem Feuerleitrechner. Die Zieldaten wurden mit stereoskopischen Entfernungsmessern (2x10.5m Breite, 1x7m Breite) und drei FuMO 23 Radar-Geräten ermittelt und bereits ab 1940/41 automatisch und kontinuierlich in die Feuerleit-Rechner übernommen. Das Richten der Geschütze erfolgte ferngesteuert und automatisch, ein unglaublich fortschrittliches System. Die Reichweite des FuMO 23 soll 25km betragen haben gegen Schlachtschiffe und über 100km gegen Flugzeuge. Es waren keine Rundsuchradare, aber mit drei Radaren an Bord der Bismarck konnte der Horizont rundum abgesucht werden, indem die Operateure die Kuppeln in ihrem Bereich drehten. FuMo 23war ein Multifunktions-Radar (See-Suche, Luft-Suche, Feuerleitung) und lieferte genaue Entfernungswerte sowie Entfernungsraten und hatte eine gute Entfernungsauflösung. So gut, dass die jeweiligen Einschläge ins Wasser (Fontänen) vom Ziel zu unterscheiden waren und zur Salvenbeobachtung und -korrektur genutzt werden konnten. Ja selbst schwere Artillerie-Geschosse in der Luft konnten gesehen werden. Bismarcks Einschläge lagen oft bereits mit den ersten Salven deckend, sogar nachts gegen Zerstörer. Die Frage, die mich beschäftigt zur Dänemark-Straße: Hatte Bismarck überhaupt Radar zur Verfügung oder waren alle Radare und nicht nur das fordere nach den Salven auf Norfolk ausgefallen? Falls alle ausgefallen waren, waren die Daten ihrer optischen Entfernungsmesser scheinbar vollkommen ausreichend, um zumindest unter Sichtbedingungen schnell deckend schießen zu können. Die Zeiss-Optiken sollen mit ihrer speziellen bläulichen Beschichtung besseren Kontrast und genauere Werte geliefert haben als andere Systeme. Ohne Radar sind die deckend liegenden Salven auf die Zerstörer aber kaum zu erklären und man könnte vermuten, dass dieses Schießen das erste rein Radar-geleitete des Krieges war.
Die amerikanischen Feuerleitanlagen waren vergleichbar in ihrer Ausstattung, den deutschen anfangs auf Grund fehlender Radar-Messwerte aber unterlegen. Vor 1942 verfügten die amerikanischen Schlachtschiffe über kein geeignetes Feuerleitradar. Das Mk3 von 1942 verfügte noch nicht über die notwendige Auflösung zur Salvenbeobachtung. Erst das Mk8 ab 1943 verfügte über vergleichbare Auflösungen zu FuMo 23.
Während die deutschen und amerikanischen Systeme automatisiert waren, war die britische Feuerleitung noch ein ,,follow the pointer"- System und deshalb noch mit ,,man in the loop". Das Type 284M hatte zwar eine bessere Auflösung  (150m) als das Mk3 der Amerikaner, konnte aber einzelne Einschläge auch nicht auflösen. Hood hatte noch den Dryer-Table und mit den älteren, langsameren  Granaten erscheint es einleuchtend, dass Hood nicht so schnell traf wie Bismarck und PoW. In der Dänemark-Straße schoss PoW 19 Salven in 12 Minuten, davon 3 deckend mit insgesamt 3 Treffern. Bismarck feuerte 26 Salven oder Halb-Salven in 15 Minuten. Davon lagen 14 deckend und erzielten 5, 6 oder 7 Treffer inklusive des Zielwechsels von Hood zu PoW.
Mein Eindruck ist: Bis zur Einführung des Mk8 Radars auf Iowa ab 1943 hatte Bismarck bzw. Tirpitz die beste Kombination aus Geschütz-Präzision und Salven- Streuung, Danger- und Hitting-Space, Projektil-Flugzeiten, Schussfolge und Radar unterstütze Feuerleitung, um früher und mehr Treffer zu erzielen als alle anderen Schlachtschiffe. Ab 1943 war Iowa gleichauf, aber in der Schussfolge im Wirkungsschiessen unterlegen. NC/SD und KGV und Vanguard hatten bei ähnlich guter Geschütz-Präzision und später auch ähnlich guter Radar-Feuerleitung aber etwas schlechtere Hitting-/ Danger-Spaces und etwas längere Geschoss-Flugzeiten und im Wirkungsschiessen niedrigere Schussfolgen. Vittorio, Dunkerque und Richelieu hatten  trotz günstiger Hitting-/Danger-Spaces und kurzer Geschoss-Flugzeiten unpräzise Geschütze (bei Vittorio, den uneinheitlichen Fertigungsstandards der Munition geschuldet). Und längere Schussfolgen.
Besonders fasziniert hat mich, als ich las, dass die Geschütze der Bismarck durch die erforderliche Ausrichtung geschwenkt wurden und erst bei Durchlaufen der geforderten jeweiligen Rohrposition automatisch abgefeuert wurden (Vor-Zündung?). War dies auch bei andern Schiffen der Fall? Dies entspräche ja quasi einer zusätzlichen indirekten Stabilisierung der Geschütze und kompensierte somit zusätzlich zur Richtanlage die Bewegungen des Schiffes.
2.1.7. Durchschlagsleistung / Geschosswirkung:
Die Durchschlagsleistung panzerbrechender Geschosse wird vordringlich durch die Auftreffgeschwindigkeit und den Auftreffwinkel bestimmt. Weitere Faktoren sind der Radius der panzerbrechenden Haube (crh, je stumpfer, desto besser für schräge Auftreffwinkel), die Härte der panzerbrechenden Haube (oder sagt man im Deutschen auch Kappe?), die strukturelle Integrität der Haube auf dem Geschoss sowie des Geschosses insgesamt und das Gewicht des Geschosses. Dazu betrachte ich Auftreffgeschwindigkeit und Fallwinkel (aus dem sich Auftreffwinkel ergeben) zwischen 18 und 23km, also realistischen Trefferentfernungen. Treffer über 23km waren nicht unmöglich (Scharnhorst, Warspite) aber doch sehr selten und unwahrscheinlich.

   Schuss-
entfernung   Aufschlags-geschwindigkeit   Fallwinkel   Caliber Radius Head   Projektil-
gewicht   Projektil-
länge
Vittorio   @20.000m   563mps   13,4°   ?          884kg   170cm
Richelieu   @20.000m   544mps   14°           ?          884kg   190,05cm
Yamato   @20.000m   521mps   16,5°   6crh        1.460kg    195,35cm
Iowa           @18.288m   530mps   14,9°   9crh        1.225kg   182,9cm
           @22.860m   497mps   21,1°         
Bismarck    @20.000m    511mps    16,4°    4,4crh   800kg   167.2cm
           @18,000m   532mps   13,9°    interpoliert       
NC/SD   @18.288m   489mps   17,9°   9crh         1.225kg   182,9cm
           @22.860m   463mps   25,4°         
Nelson   @18.290m   490mps   16,5°   6/∞crh   929kg   168,2cm
           @22.860m   453mps   24,6°         
KGV           @18.290m   476mps   18,2°   6/12crh   721kg   156,5cm
           @22.860m   445mps   26,4°         
Vanguard* @18.290m   474mps   18,3°   5/10crh   879kg   165,1cm
           @22.860m   445mps   26,3°         
Hood°   @18.290m   420mps   22,3°   3.05/4crh   879kg   142cm
           @22.860m   401mps   32,7°         
*Auch Warpite, QE, Valiant und Renown nach deren Modernisierung
° auch Repulse und Revenge-Klasse sowie Barham und Malaya, jedoch nur bis 20° Elevation 21.702m

Bei Werten für Durchschlagsleistung (Armor Penetration) auf NavWeaps und andernorts bin ich sehr vorsichtig bis skeptisch, da viele Variablen nicht vergleichbar berücksichtigt werden.
Mein Eindruck ist aber, dass Bismarck, Vittorio und Richelieu, so wie Iowa und Yamato, auf realistische Kampfentfernungen alle seitlichen Schutzsysteme, außer Bismarcks, durchschlagen konnten (Yamatos wohl nur innerhalb ca.18km).  Die relativ spitzen und langen amerikanischen Projektile  (9crh) lassen früher Probleme bei schrägen Aufschlagwinkeln erwarten, während Bismarcks stumpfe Projektile (4,4crh) eine hohe Toleranz auf schräge Winkel erwarten ließen.
Yamatos Projektile hatten sicher die verheerendste Wirkung bei 1.460kg und 33,85kg Sprengstoff. Bismarcks Projektile waren zwar leichter als die amerikanischen 16 Zöller, hatten aber eine vergleichbare Explosivmenge.
Gegen die horizontalen Schutzsysteme der modernen Schlachtschiffe ab Nelson war ein zündfähiges Durschlagen unterhalb von 23km, also flachen Fallwinkeln, nicht zu erwarten. Auch gegen Hood war dies erst irgendwann außerhalb 20km bei steileren Fallwinkeln zu erwarten.
Alle Projektile konnten natürlich verheerende Schäden an den Aufbauten und ungeschützten Rumpf-Abteilungen aller Schlachtschiffe anrichten. NC, SD und vor allem Iowa hatten zum Beispiel einen langgezogenen ungeschützten Bug. Bei Nelson und Rodney war fast die Hälfte der Schiffslänge ungeschützt.
2.2. Mittlere Artillerie:
Bismarck hatte, wie Yamato, starke mittlere Artillerie. Wie wirksam die 15cm Geschütze waren, stellt vielleicht die Abwehr der Zerstörer im Gefecht von Scharnhort und Gneisenau gegen Glorious, Acasta und Ardent dar. Sie hatten die Feuerkraft der Geschütze  eines leichten Kreuzers, während die 5"/38 (12,7cm)  auf den amerikanischen Schlachtschiffen eine Zerstörer-Bewaffnung war und gegen Zerstörer keinen Reichweiten-Vorteil bot. Die effektive Reichweite der 15cm Geschütze war ca. 7 km größer als die der 5"/38. Die geringe effektive Reichweite der amerikanischen Geschütze machte sie im Seegefecht fast bedeutungslos. Sie spielten erst bei so geringer Entfernung eine Rolle, bei der Bismarck bereits zusätzlich ihre 10,5cm FlaK einsetzen konnte. Die mittlere  5.25"/50 (13,4cm) Artillerie von KGV und Vanguard lag in ihrer Feuerkraft dichter an den deutschen 15cm Geschützen, war insgesamt jedoch auch schwächer und hatte eine geringere effektive Reichweite.
Andererseits wehrte Bismarck erfolgreich die Angriffe der Zerstörer sogar bei Nacht mit der schweren Artillerie ab. Dies lässt die mittlere Artillerie tatsächlich überflüssig und stattdessen mehr Flak sinnvoller erscheinen.
2.3. Flugabwehr:
Sowohl die Catalina- als auch Swordfish-Besatzungen berichteten von unmittelbarem heftigem und extrem präzisem Flakfeuer das ihnen von Bismarck entgegen kam. Ein erfahrener Piloten Veteran der Ark schilderte das Flak-Feuer als intensiver als alles, was er zuvor gesehen hatte. Der Formationsführer der ersten 3er Formation von Victorious wurde sofort am unteren Steuerbord Querruder getroffen. Ein Eindecker-Flugzeug hätte dies vielleicht zum Absturz gebracht, jedoch nicht eine Swordfish. An einer Swordfish der Ark Royal wurden 175 Löcher gezählt. Drei Swordfish der Ark Royal mussten ihren Angriff auf Grund des präzisen Flak-Feuers abbrechen und ihre Torpedos abwerfen. Die anderen Swordfish-Besatzungen führten ihre Angriffe mutig durch, konnten aber keinen koordinierten Angriff durchführen. Dennoch gelang den Victorious Fliegern ein Treffer, und den Ark Royal Fliegern zwei, inklusive des alles entscheidenden Ruder-Treffers. Der Mut und das Geschick dieser Besatzungen ist nicht hoch genug zu bewerten. Die Sicht- und Wetterverhältnis für Start und Landung auf den Trägern und während der Mission sowie die eisige Temperatur stellten an sich schon höchste Ansprüche an den Mut der Männer.  Bei den Suchaktionen nach Bismarck nach dem ersten Angriff gingen vier Swordfish  der Victorious verloren und drei der Ark Royal wurden nach dem versehentlichen Angriff auf Sheffield bei der Landung zerstört. Eine oder mehrere der 9 Swordfish der Victorious und fünf der 15 Swordfish der Ark Royal erhielten Treffer von Bismarcks Flak.
Swordfish waren die ersten Flugzeuge, die ab Mitte 1940  mit ASV Mk. II Radar ausgerüstet wurden und damit die modernsten Torpedobomber ihrer Zeit. Ich vermute, unter den gegebenen Sicht- und Wetter-Verhältnissen (Nacht, Regen, Wolken) wäre kein anderer Torpedobomber in der Lage gewesen, halbwegs sicher von einem Flugzeugträger zu operieren, Bismarck durch Wolken und Wetter zu finden und im Nacht-Tiefstflug anzugreifen. Oft wird die Tatsache, dass keine Swordfish von Bismarck abgeschossen wurde, auf angeblich mangelhafte Flugabwehr der Bismarck reduziert. Dies wird dem Mut und Geschick der Sordfish-Besatzungen sowie der Qualität der Swordfish als Nacht- und Allwetter-Torpedobomber jedoch nicht gerecht. Tatsächlich war die Flugabwehr-Ausstattung der Bismarck in 1941 großzügiger als die aller anderen Schlachtschiffe ihrer Zeit:
2.3.1. Schwere Flak:
16 x 10,5cm (L/65)  SK C/33: Pro Seite konnten acht 10,5cm Flak wirken, in stabilisierten Doppellafetten mit je 15  x 15,1kg Projektilen  pro Minute, 900 m/s V0  und ferngesteuert durch vier stabilisierter Feuerleitungen  gegen drei Ziele auf einer Seite gleichzeitig wirken. Die hinteren beiden Feuerleitstände konnten auf beide Seiten wirken, die vorderen beiden nur auf die jeweils eigene Seite. Die beiden verschiedenen Lafetten-Varianten (zwei-Achsen stabilisierte 88 Dop LC/31 und drei Achsen stabilisierte LC/37) auf Bismarck  hatten zwar unterschiedliche Richtgeschwindigkeiten, aber in der finalen Ausrichtung zum Schuss spielten deren Unterschiede vermutlich kaum eine bis keine Rolle, da sie auch ihren jeweils eigenen zwei- bzw. - drei Achsen stabilisierten Feuerleitständen zugeteilt werden konnten. Tirpitz erhielt später für die Flak-Leitstände FuMo 212 oder 213 Würzburg-D Feuerleitradare, die schon über das präzise konische Abtastsystem verfügten.
Zum Vergleich die schwere Flak der neuen US Schlachtschiffe North Carolina, South Dakota und Iowa:
20x 5"/38 (12.7cm) Mark 12: Pro Seite konnten zehn 12,7cm Flakwirken, in nicht stabilisierten geschlossenen Doppeltürmen. Mit je nominal 15 x 25 kg Projektilen pro Minute, 790 m/s V0 und ferngesteuert durch zwei Feuerleitungen (pro Seite) gegen zwei Ziele pro Seite gleichzeitig wirken. Die US Schlachtschiffe hatten also zwei Geschütze pro Seite mehr, hatten etwa die gleiche Kadenz, hatten schwerere Projektile aber eine geringere V0 und knapp 2km weniger Reichweite. Bismarck konnte  gegen Torpedo-Luftangriffe zusätzlich die 15cm Geschütze  (ggf. mit Zeitzünder Geschossen) einsetzen. Die deutschen Flak-Geschütze und Feuerleitungen waren stabilisiert. Ab 1943/44 war sowohl für Tirpitz als auch Iowa Flugabwehr-Radar-Feuerleitung verfügbar.
Mein Eindruck: In Bezug auf schwere Flak sind Bismarck und Tirpitz durchaus vergleichbar mit Iowa, North Carolina oder South Dakota  und  ansonsten allen anderen Schlachtschiffen in diesem Bereich überlegen.
2.3.2. Mittlere Flak:
16 Rohre 3,7cm/83 SK C/30 Flak in kreiselstabilisierten Doppellafetten schossen mit einer V0 von 1000m/s bis 6.800m Höhe oder 8.500m Distanz. Ihre Kadenz war niedrig: theoretisch 80 und praktisch 30-55 S/m. Die hohe V0 erleichterte den Vorhalt.
Im Vergleich zu den neuen amerikanischen Schlachtschiffen mit ihren 16 automatischen 1.1 Inch (28mm) stellten die deutschen Geschütze weniger Feuervolumen aber höhere Präzision und Explosionskraft dar. Die 1.1"(28mm) Vierlinge der US Schiffe waren störanfällig.
Ab 1943 wurde der Unterschied im Feuervolumen größer mit der Einführung der 40mm Bofors, die die doppelte praktische Kadenz der 3,7cm/83 SK hatte. Die deutschen Einheiten hätten diese Geschütze (wie Admiral Hipper und Prinz Eugen) oder die  vergleichbaren automatischen 3,7cm Flak M42oder M43 (wie Lützow und Admiral Scheer) erhalten können, jedoch wurden in der Kriegswirtschaft nur wenige gefertigt.
Die 40mm PomPoms der Royal Navy waren eher leichte als mittlere Flak, da ihre maximale Höhe nur 3.960m, die Reichweite nur 4.572m betrug und die Projektile nur sehr wenig Sprengkraft hatten, weniger als die deutschen 2cm Geschosse.
2.3.3. Leichte Flak
Die 10 Rohre 2cm MG C/39 und 8 Rohre der beiden 2cm Flak C/38 Vierlinge waren effektiver als die zwölf praktisch nutzlosen 0.30" (7,62mm) Maschinengewehre der US Schlachtschiffe zu Beginn des Krieges oder die UP AA Rockets der Royal Navy.
Mit Umrüstung der alliierten Schlachtschiffe auf ebenfalls 2 cm Geschütze waren diese gleichwertig ausgestattet.
2.3.4. Gesamteindruck Flugabwehr:
1941/42 war Bismarck besser gegen Luftangriffe ausgestattet als andere Schlachtschiffe. Ab 1943 waren vor allem die US Schlachtschiffe mit vielen 40mm Bofors und dann den VT-Zündern für die schwere Flak besser ausgestattet als Tirpitz. Dennoch konnte Tirpitz einen Torpedo-Bomber Angriff der Royal Navy auf See erfolgreich abwehren und den Albacores Verluste zufügen. Auch die Trägerangriffe auf Tirpitz in Norwegen konnten unter anderem durch die Wirkung der eigenen Flak und Radar überstanden werden.
Die Torpedo-Angriffe auf Bismarck konnten nicht erfolgreich abgewehrt werden. Gründe dafür sind mannigfaltig. Die vordergründigsten Gründe sind: Wenig Training der Flak Besatzung, Radar-Clutter im Tiefstflug, schwer zu sehende und ein-zu-messende Swordfish unter dem Horizont vor grauer, rauer See bei Dunkelheit, Schiff manövrierte heftig gegen Torpedos, Swordfish waren schwierig zu zerstören. Und die Swordfish-Besatzungen waren todesmutig und ließen trotz heftigstem Feuer nicht von ihrem Angriffskurs ab.

18.5.22: Änderung der Wirkbereiche / Seiten der Flak-Leitstände

fsimon

#394
3. Seetüchtigkeit:
Bismarck soll, anders als zum Beispiel Iowa, ein sehr seetüchtiges Schiff gewesen sein und auch in unruhiger See relativ wenig gestampft und gerollt haben, eine stabile Artillerie Plattform. Iowas langer schlanker Bug tauchte wohl bei rauer See tief ein, sodass die Fahrt reduziert werden musste. Bismarcks Rumpfprofil entsprach weitgehendst dem von Scharnhorst. Scharnhorst konnte am Nordkap in rauer See höhere Geschwindigkeiten fahren als Duke of York und auch Renown davon fahren. Bismarck war sehr manövrierfähig und konnte acht von neun Torpedos der Victorious Swordfish ausweichen. Sie neigte sich bei harten Wenden (,,rudder hard over) nur 3°.
4. Geschwindigkeit:
Bismarck fuhr wiederholt mit 30 Knoten ohne Probleme. Bismarcks hohe Dauer-Geschwindigkeit verwehrte Suffolk und Norfolk in das Gefecht in der Dänemarkstraße rechtzeitig einzugreifen. Ihre hohe Fahrt führte dazu, dass Hood und PoW keinen Abfangkurs mehr fahren konnten, der alle ihre Geschütze, ihre Breitseite, von Anfang an zur Wirkung brächte und gleichzeitig nur die vorderen Geschütze des deutschen Verbandes. Bismarcks Geschwindigkeit verwehrte Hood und PoW das ,,Crossing the T". Stattdessen war es der deutsche Verband, der das ,,T" von Hood und PoW kreuzte. Hood hätte einen konservativeren Abfangkurs fahren können und einfach nicht auf Bismarck zusteuern können, aber nicht mehr das ,,T" kreuzen können. Hood und PoW waren gezwungen maximale Fahrt zu machen 27-28 Knoten (kurzzeitig sogar 29 Knoten in riskanter Überlast für PoWs Antrieb). Dies führte dazu, dass, unter den bestehenden Verhältnissen, die primären großen Optiken wegen Gischt nicht nutzbar waren. Wasser drang in PoWs vorderen Turm ein und behinderte später den Munitionsaufzug und die Mannschaft. Bismarck und PE hatten dieses Problem nicht.  Ein drei Knoten langsameres Schiff (NC/SD) hätte Hood und PoW vielleicht ein ,,Crossing the T" und Suffolk und Norfolk ein früheres Eingreifen ermöglicht.
5. Reichweite / Fahrbereich:
Der große Treibstoffvorrat von ca. 7.700t (nutzbar) erlaubte Bismarck, selbst ohne in Norwegen nach zu tanken, hohe Dauergeschwindigkeiten. Ihre hohe Fahrt erschwerte ein Abfangen und  Bismarck hätte Frankreich erreichen können trotz des Treibstoffverlustes durch PoWs Treffer. Die mutigen Swordfish-Piloten der Ark Royal erzielten einen Jahrhundert-Treffer und vereitelten ein Entkommen. Selbst ohne das Eintreffen von Rodney und King George V hätten die Swordfish der Ark Royal einen weiteren Torpedo Angriff auf die manövrierunfähige Bismarck fliegen können. Die Ära der Schlachtschiffe war zu Ende.

Änderung 18.5.22 Treibstoffvorrat von 8.200t max auf 7.700t nutzbar

Thoddy

#395
kleine Anmerkung


von den ca 8200 t Treibstoff sind etwa 7700 t nutzbar.
zum einen werden Tanks nicht bis zu Stehkragen gefüllt, zum anderen verbleibt auch immer etwas im Tank

-----------------
die Flakleitstände sind so angeordnet das drei  zu jeder Seite wirken können.

Schwächen sind auf jeden Fall die offenen Lafetten der Flak.
insbesondere die Munitionstransporter sind gegnerischem Feuer ungeschützt ausgesetzt.

Vermutlich wären beide Schiffe nachträglich mit 3,7 cm Maschinenwaffen(3,7 cm SK C/36) ausgerüstet worden. Wenn es denn diese Waffe in annehmbaren Zahlen und Zuverlässigkeit gegeben hätte. (Sie ist im Waffenkatalog Handbuch für Admiralstabsoffiziere enthalten.)

Ich persönlich bin der Meinung das eine 10,5 cm Flak besser als Flakgeschütz geeignet ist, als eine 12,7... (DP)Flak.
die Wirkung bei Volltreffer ist identisch bei Nahtreffern bestehen nur geringe unterschiede.
Aaaaber die 10,5 cm Patrone wiegt nur soviel wie ein 12,7 cm Geschoß ohne Treibladung.
mit allen Vorteilen und
Nachteilen(die insbesondere in der Waffenwirkung gegen Seeziele als auch bei der Belegung von kostbarer Deckfläche durch die separate 15 cm Batterie liegen.

gemäß Luftabwehrreports der USN hatte diese während des Krieges etwa 7500 Angriffe von japanischen Flugzeugen zu verzeichen (1 Angriff = 1 Flugzeug)
die Angriffe wurden teilweise gegen riesige Flotten mit einer recht beachtlichen Anzahl an Flugabwehrwaffen geflogen.
Deutsche Schiffe waren im Gegensatz dazu in den meisten Fällen in verhältnismäßig kleinen Gruppen/als Einzelfahrer solchen Angriffen ausgesetzt.

------------------------------------
Wichtig zu erwähnen
Die Missionen bei denen Graf Spee als auch Bismarck verloren gingen, wurden bei den Kriegsspielen 1937/38 genauso mit den späteren Endergebnissen vorausgesagt...
Einzelschiff wird von Flotte gejagt
Die Flotte verkleinert die Operationsräume
irgendwann wird der Einzelfahrer beschädigt und versenkt.

1941 wurden die Räume durch die einsetzende Luftüberwachung sehr viel verkleinert.

Deutschland hat die beabsichtigte
eigene Flotte nur für einen Aggressions- und Angriffskrieg einsetzen können. Vor dem Hintergrund wurden die Schiffe schnell schnell in Dienst gestellt, ohne auf Einsetzbarkeit, Zuverlässigkeit und Zweckdienlichkeit zu prüfen.









Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

fsimon

#396
Danke Thoddy,
das arbeite ich ein, dass die hinteren beiden Flak-Leitstände ja für beide Seiten genutz werden konnten.
Danke auch für deine Einschätzung der 10,5cm zur 12,7 DP.
Auch bei Iowa konnten der vordere und der hintere Flak-Leitstand auf beide Seiten richten und die mittleren nur auf ihre jeweilige Seite. Insofern konnte auch Iowa drei Ziele auf einer Seite bekämpfen.

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Thoddy am 18 Mai 2022, 10:48:42
Deutschland hat die beabsichtigte eigene Flotte nur für einen Aggressions- und Angriffskrieg einsetzen können.
Hinter diesen Satz möchte ich zumindest ein Fragezeichen setzen.
Wieso sollen die geplanten (und gebauten) Schiffe nur nur für einen Aggressions- und Angriffskrieg einsetzbar gewesen sein ?

Zitat von: Thoddy am 18 Mai 2022, 10:48:42
Vor dem Hintergrund wurden die Schiffe schnell schnell in Dienst gestellt, ohne auf Einsetzbarkeit, Zuverlässigkeit und Zweckdienlichkeit zu prüfen.
Ja. Ein Beispiel dieser Hast waren die Hochdruck-Heißdampf-Anlagen (das hatten wir hier im FMA schon einmal oder öfter.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Matrose71

Moin Urs,

ZitatHinter diesen Satz möchte ich zumindest ein Fragezeichen setzen.
Wieso sollen die geplanten (und gebauten) Schiffe nur nur für einen Aggressions- und Angriffskrieg einsetzbar gewesen sein ?

Ich verstehe ihn da so, dass das nun mal die politische und militärische Realität und auch Streben/Planung war, und nicht das er sich auf die Flotte als solches bezieht.
Viele Grüße

Carsten

Thoddy

Zitat von: Urs Heßling am 18 Mai 2022, 22:12:51
moin,

Zitat von: Thoddy am 18 Mai 2022, 10:48:42
Deutschland hat die beabsichtigte eigene Flotte nur für einen Aggressions- und Angriffskrieg einsetzen können.
Hinter diesen Satz möchte ich zumindest ein Fragezeichen setzen.
Wieso sollen die geplanten (und gebauten) Schiffe nur nur für einen Aggressions- und Angriffskrieg einsetzbar gewesen sein ?

Gruß, Urs

aus wikipedia

Die als ,,Z-Plan" bekannt gewordene Schlussfassung des Bauplans sah folgende Einheiten vor:

10 Schlachtschiffe (davon 2 ,,Bismarck"- und 2 ,,Scharnhorst"-Klasse)
12 neue Panzerschiffe und 3 alte
4 Flugzeugträger
5 Schwere Kreuzer
16 neue leichte Kreuzer ,,M" und 6 alte
22 ,,Spähkreuzer"
158 Zerstörer und Torpedoboote
249 U-Boote

diese Flotte verschlingt beim Bau auf Jahre gewaltige Anteile des Volkseinkommens, ganz zu schweigen vom Unterhalt. Nur wenn das ganze "Aktiv" eingesetzt wird, würde es einen "Sinn" ergeben.

Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Woelfchen

So gesehen das alles militärische keinen "Sinn" solange man nicht einen Krieg führen möchte.

Thoddy

#401
Der Versailer Friedensvertrag die Völkerbundbestimmunge enthalten paar Absichtserklärungen zur Abrüstung.
Insbesondere wird jedem Teilnehmer ein gleiches Recht auf Sicherheit eingeräumt. Strict gesprochen ist der VV kein Friedensvertrag sondern eine einseitig Schuldzuweisung und Erpressung....Er ist damit ein Rechtfertigungsgrund für  den deutschen Revanchismus.

Die Zwangsabrüstung Deutschlands nimmt den von allen Teilnehmern zu leistenden Beitrag vorweg. Jedoch schaffen es die anderen Teilnehmer nicht Abrüstung zu betreiben.
Im Gegenteil, zum Beispiel im Washingtoner Flottenvertrag wird Aufrüstung erlaubt. Gleichzeitig wird Deutschland nicht der Beitritt zum Völkerbund und ein Mitspracherecht bei Abrüstungsverhandlungen gestattet. (Ein recht auf gleiche Sicherheit wird verwehrt.)


Deutschland wird dagegen nur ein Ersatz der belassenen, bereits zu Beginn des 1 WK veralteten Predreadnoughts, nach 20 Jahren (oder so) zugestanden.

Als die Deutschen einen Ende der 20ger Stand der Technik entsprechendes ErsatzKampfschiff bauen, kontert Frankreich mit einem ca doppelt so großen Schiff.

Hinsichtlich der Größe mag das deutsche Schiff die 10000 t Zugeständnisse für den Ersatzbau überstrapaziert haben.
Offiziell ist es jedoch ein 10000t schiff.

Jedoch der französische Bau ist kein Ersatzbau, sondern ein echter Neubau, wenn man also böswillig ist, ist dieser Bau ein Bruch der Friedensvertrages der allen Teilnehmern "Gleichberechtigung" in Sachen Sicherheit eingeräumt hat.

Das ist die Kerbe, in die Deutschland dann in der Folge gehauhen hat, mit der Folge, dass es sich irgendwann dann nicht mehr an die einseitigen Abrüstungsbestimmungen gehalten hat. ....etc pp.



Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Spee

Servus,

denn verstehe ich nicht: Jedoch der französische Bau ist kein Ersatzbau, sondern ein echter Neubau, wenn man also böswillig ist, ist dieser Bau ein Bruch der Friedensvertrages der allen Teilnehmern Gleichberechtigung in Sachen Sicherheit eingeräumt hat.

Wieso sollte der Bau der "Dunkerque" ein Bruch des Friedensvertrages sein? Frankreich hatte 35.000t freie Tonnage seit 1922, die hätte Frankreich jederzeit nutzen können.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

spicmart


Herr Nilsson

Gruß Marc

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