Bismarck-Klasse - ein fragwürdiger Entwurf?

Begonnen von Leopard2A6EX, 08 Februar 2012, 17:17:53

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Sprotte

Auch im Orchester des Lebens dringt das Blech am meisten durch.

maxim

@ Matrose71:

Zur Geschwindigkeit:
laut den Plots beider Seiten fuhr Admiral Graf Spee in der Schlacht maximal 24 kn (laut britischen Plots nur 22 kn), die britischen Leichten Kreuzer bis zu 31 kn, d.h. 7-9 kn schneller (Quelle Warship 2018). Selbst mit ihrer Probefahrtgeschwindigkeit wäre die Admiral Graf Spee langsamer als die britischen Kreuzer gewesen.
Die britischen Leichten Kreuzer vergrößerten zu Beginn des Gefechts die Entfernung, da Harwood dachte, dass er auf diese Entfernung durch die Deckspanzerung der Admiral Graf Spee schießen könnte. Dafür hätten die beiden Leichten Kreuzer aber auch treffen müssen. Nachdem sie 50 Minuten sinnlos Granaten ins Meer feuerten, änderte Harwood die Taktik und verkürzte die Entfernung und begann auch endlich zu treffen - musste aber dann abbrechen, da die Munition ausging. D.h. Harwood konnte die Entfernung selbst wählen, erst auf große Distanz gehen, dann die Distanz verkürzen, dann sich wieder zurück ziehen, aber die Beschattung beibehalten. Die Admiral Graf Spee war nie in der Lage, durch ihre langsame Geschwindigkeit selbst die Entfernung zu wählen, sich der Beschattung zu entziehen etc.

Natürlich brauchte es mit einem Dampfantrieb Zeit, bis die volle Geschwindigkeit erreicht werden konnte. Aber schon zu Beginn des Gefechts waren die britischen Leichten Kreuzer in der Lage die gewünschte Entfernung zu halten, also auf Distanz zu bleiben.

Wer gewonnen hat:
Admiral Graf Spee hat offensichtlich mehr Schäden angerichtet und sich in dem Sinn gegen drei britische Kreuzer, die pro Minute etwa das doppelte Gewicht an Granaten abfeuern konnten, durchgesetzt. Harwood hat sein Ziel verfehlt die Admiral Graf Spee zu versenken. Deshalb wird die Schlacht oft als "taktischer Sieg" der Admiral Graf Spee bezeichnet.

Aber der "Mission Kill" (also die strategische Niederlage) bezieht sich darauf, dass Admiral Graf Spee ihre Mission abbrechen musste. Das hätte sie auch in der Nordsee machen müssen, ihre beeinträchtige Seetüchtigkeit, Feuerleitung und Verpflegung (zerstörte Kombüsen) hätten einen weiteren längeren Einsatz unmöglich gemacht. Der Unterschied in der Nordsee wäre gewesen, dass sie einen Hafen anlaufen können, in dem sie repariert worden wäre. D.h. das Schiff wäre nicht auch noch verloren gegangen. In Argentinien wären auch keine ausreichenden Reparaturen möglich gewesen, sie wäre auch von dort aus weiter beschattet (Achilles war einsatzfähig und auch Ajax hätte zur Beschattung verwendet werden können) und dann von stärkeren Einheiten irgendwann gestellt worden. Der Weg zurück wäre genauso weit gewesen, also genügend Möglichkeiten für die Briten, weitere stärkere Schiffe heranzuführen. Das hätte dann nur für Harwood schlechter ausgesehen, da der Kommandeur der neuen Verbände die Lorbeeren geerntet hätte.

Panzerung:
die Angabe "80 mm" findet sich u.a. im Gröner, in mehreren Publikationen von Breyer, in Koop-Schmolke, Conway's All the World's Fighting ship etc. etc., teilweise mit der Angabe, dass der Panzer nach unten dünner wurde Die Angabe "100 mm", auch mit dem Bezug auf die Pläne, habe ich in einem Artikel in Warship 2018 von William J Jurens gefunden. Genau in diesem Artikel findet sich aber auch die Angabe, dass 85% der Treffer auf der Admiral Graf Spee mit 15,2 cm Granaten erzielt wurden - und der Großteil traf nicht gepanzerte oder nur schwach gepanzerte Bereiche, u.a. die Treffer in den Bug, die Zerstörung eines Teils Feuerleitung der schweren Flak, die meisten Treffer im Turmmast...

Es gab laut dem Artikel zwei Treffer, die eindeutig durch 20,3-cm-Granaten verursacht wurden. Eine ging durch den Turmmast ohne dort zu explodieren (nicht sicher, ob sie überhaupt explodiert ist). Der zweite Treffer ging durch den Seitenpanzer und den Splitterschutz dahinter (also 100 mm und 40mm) und explodierte dann. Diverse Lagerräume und eine Feuerlöschleitung wurden zerstört, es gab einen leichten Wassereinbruch. Die Schäden wurden bis Mittag des 14. Dezember repariert (Quelle der erwähnte Artikel in Warship 2018).

Es gab zwei Treffer, die nicht eindeutig zugeordnet werden konnten, beide in nicht gepanzerten Bereichen. Der eine zerstörte die Kombüse und beschädigte den Antrieb für die Munitionsaufzüge der 15-cm-Geschütze. Der zweite, wahrscheinlich ein 15,2-cm-Treffer, zerstörte u.a. einen 10,5-cm-Munitionsaufzug und beschädigte eine 10,5-cm-Lafette.

Alle Schiffe seetüchtigen Kampfschiffe des Zweiten Weltkriegs waren überwiegend ungepanzert, nur einzelne Bereiche waren gepanzert, auch auf den stärker gepanzerten Schlachtschiffe. Alle Schiffe des Zweiten Weltkriegs, inklusive der stärker gepanzerten Schlachtschiffe, konnten durch Treffer in ungepanzerte oder schwach gepanzerte Bereiche gefechtsunfähig gemacht werden, also die Feuerleitung (zumindest die hoch oben aufgestellte) und die Seetüchtigkeit zerstört werden. Natürlich wären diese Schiffe dann noch geschwommen, die schweren Artillerie wäre noch funktionsfähig (aber ohne gute Feuerleitung) und die Maschinen wären noch gelaufen. Aber natürlich gibt es auch diverse Beispiele, dass die stärkste Panzerung überwunden und stark gepanzerte Bereiche zerstört wurden. In vielen Fällen wäre es wohl besser gewesen, wenn Sprengranaten statt panzerbrechender Munition verwendet worden wäre. Die Schäden wären größer gewesen. Übrigens auch ein Kommentar des Artillerieoffiziers der Admiral Graf Spee in Bezug auf die britischen 15,2-cm-Granaten.

Der spätere Verzicht auf Panzerung (bis auf Splitterschutz) ist genau durch diese Erfahrungen bedingt - entscheidende Teile, um das Schiff gefechtsfähig zu halten, konnten nicht ausreichend geschützt werden, insbesondere die Feuerleitung. Das Problem wurde im Radarzeitalter noch größer, deren Schutz war komplett unmöglich.

die 15 cm der Admiral Graf Spee:
ich habe nur eine Antwort gefunden, die sich auf die Wirkung der britischen 15,2 cm bezieht, nicht auf die suboptimale Aufstellung und Feuerleitung der Admiral Graf Spee selbst - nur deine frühere Aussage, dass deren Feuerleitung das Problem gewesen wäre, dass für ihre Unwirksamkeit in der Schlacht verantwortlich war. Aber das ist eher auch ein Argument, dass die 15 cm überflüssig waren.

ede144

@maxim

Zu deinen Ausführungen ein paar Anmerkungen

- hier geht es eigentlich um die Bismarck
- nur weil im Gefecht der AGS in einem Gerät der Feuerleitung der MA durch einen Splitter falsche Werte angezeigt wurden, die MA abschaffen zu wollen ist doch etwas übertrieben.
- eine Verwendung von schwerer FLak zur Zerstörerabwehr funktioniert nicht, siehe Regenbogen
- der Vorteil des Dieselantriebs war die hohe Dauergeschwindigkeit. Da konnte kein dampfbetriebenen Schiff mithalten. Auch wenn AGS eine abgenudelte  Maschinenanlage hatte und nicht mehr ihre Höchstgeschwindigkeit laufen konnte, war ein Entkommen nicht aussichtslos.
- Geschwindigkeiten im Artilleriegefecht sind selten hoch, deshalb sind die Gefechtsgeschwindigkeiten am Rio de la Plata nicht ungewöhnlich.
- Die AGS musste ihre Mission nicht abbrechen, sondern war schon am Ende ihrer Mission und hätte auf jeden Fall nach Hause und in die Werft gemusst.

Soweit mal ein paar schnelle Anmerkungen.

maxim

Siehe die Seite davor ;)

Wie ich dort geschrieben hatte: Bismarck hatte eine Mittelartillerie, obwohl sich schon im Ersten Weltkrieg gezeigt hat, dass bei den Gefechtsentfernungen bei Gefechten zwischen Schlachtschiffen diese nicht eingesetzt werden konnte. Die Wahl eines relativ leichten Kalibers für die schwere Flak hat natürlich bedeutet, dass diese zur Bekämpfung von Zerstörern nicht optimal war. Aber warum zeigte sich das bei Unternehmen Regenbogen?

Auf den Schiffen der Deutschland-Klasse waren im Endeffekt zwei Kaliber eingebaut, die für die Hauptbewaffnung von Kreuzern typisch war - und entsprechend konkurrierten diese um den vorhandenen Platz, sowohl in Bezug auf die Aufstellung der Geschütze als auch der Feuerleitanlagen. Entsprechend war natürlich die Anordnung und Ausstattung für die 15 cm suboptimal. Obwohl ihre Anzahl der Bewaffnung eines Leichten Kreuzers entsprach, konnte sie nicht die gleiche Leistungen erreichen.

Wie oben geschrieben, erreichten die beiden britischen Leichten Kreuzer bei Río de la Plata bis zu 31 kn. Das ist recht nahe an deren Höchstgeschwindigkeit. Sie konnten deshalb die Entfernung frei wählen. Der theoretische Vorteil der Diesel - hohe Reichweite  und hohe Dauergeschwindigkeit - nützte Admiral Graf Spee nichts. Die turbinengetriebenen Schiffe waren in der Lage die Entfernung zu wählen und die Beschattung nach Abbruch des Gefechts über Stunden aufrecht zu erhalten.

ede144

Aufgaben der Artillerie in deutschen Großkampfschiffen:
Schwere Artillerie ist das Hauptkampfmittel und dient zur offensiven Bekämpfung gegnerischer Schiffe auf große Entfernung
Mittelartillerie ist eine defensive Waffe und dient dem Schutz des Schiffes gegen Zerstörer und Schnellboote.
Schwere Flak dient der Verteidigung gegen hochfliegende Bomber und zum Aufbrechen von Torpedobomberangriffen
Leichte Flak dient der Nahbereichsverteidigung gegen Flieger und Schnellboote

In anderen Marinen wurde das anders gesehen und DP Geschütze gesetzt. Diese hatten den Nachteil dass sie sehr schwer waren, für den Kampf gegen Zerstörer zu leicht und die zielwirkung der Geschosse zu gering war. Für Luftverteidigungsmittel waren die Geschosse zu schwer und die Richtgeschwindigkeit zu langsam um wirkungsvoll eingesetzt zu werden. Man ging den Kompromiss ein da man genug Geleitfahrzeuge für seine Schlachtschiffe hatte.
Meine Bemerkung bezüglich Regenbogen bezog sich darauf, dass zum Stoppen eines Zerstörerangriffs ein Treffer aus 20,3 cm oder größer reichte. Mit der MA wurden mehrere Treffer benötigt, was bei den kurzen Gefechtsentfernungen äußerst schwierig war.

Natürlich konnten die CL gegen die AGS die Entfernung diktieren, allerdings waren sie dann Zuschauer. Die Reichweite ihrer Geschütze war zu gering um gegen die SA Wirkung zu zeigen. Wäre das Gefecht von deutscher Seite anders geführt worden, wäre Exeter nach wenigen Minuten versenkt worden und die CL hätten vor der Entscheidung gestanden, abzubrechen und um Hilfe schreien oder sich auf einen selbstmörderischen Nahkampf einzulassen. Das hätte bei einer hinhaltenden Gefechtsführung bedeutet, mit einer Annäherungsgeschwindigkeit von 10 kn sehr lange dem 28 cm Feuer ausgesetzt zu sein, wo jeder Treffer potentiell tödlich ist.

maxim

Die 12,7 cm L/38 der US Navy gehörte zu den besten Flakgeschützen des Zweiten Weltkriegs, auch die japanischen 12,7 cm Typ 89 waren gute Flakgeschütze. Die US Navy verwendete die gleichen Geschütze auf den Schlachtschiffen und Zerstörer und diese waren sehr wohl in der Lage Zerstörer zu versenken. Sie erreichten auch entsprechende Feuergeschwindigkeiten, um mehrere Treffer zu erzielen - im Gegensatz zu 20,3 cm, die hierfür oft viel zu langsam schossen. Zumindest die US Navy betrachtete ihre 20,3 cm als unwirksam gegenüber Zerstörern, zumindest in Nachtgefechten.

Es gab sicher auch schlechte DP-Geschütze, z.B. die britischen 13,3 cm, die auf der King George V-Klasse und der Dido-Klasse eingebaut wurde. Zumindest waren diese als Flak schlecht, da sie zu langsam feuerten und wohl auch die Richtgeschwindigkeit zu langsam war.

Die Entscheidung, hierfür zwei Kaliber zu verwenden, erforderte viel mehr Gewicht als eine Batterie mit DP-Geschützen. Sicher wog eine einzelne  DP-Lafette mit 12,7 cm mehr als eine Seeziellafette mit 12,7 cm. Aber es braucht halt die doppelte Zahl von Geschützen, Munitionsaufzügen und Feuerleitung, wenn man zwei Kaliber verwendet.

Harwood machte bei Río de la Plata den Fehler, dass er dachte, dass die Leichten Kreuzer bei der gewählten großen Entfernung Treffer erzielen würden (die Reichweite reichte hierfür locker) und dass diese sogar effektiver wären, da sie durch die Deckspanzerung der Graf Spee gehen würden (was theoretisch wohl richtig war). Tatsächlich war aber die Trefferwahrscheinlichkeit auf die Entfernung zu gering (die gleiche Erfahrung machte die Graf Spee mit den 15 cm). Die beiden Leichten Kreuzer erzielten - wie oben geschrieben - den Großteil der Treffer, die Graf Spee abbekam, aber erst, als sie die Entfernung verkürzten. Zu dem Zeitpunkt war Exeter schon längst ausgefallen und die Graf Spee konnte sich voll auf die beiden Leichten Kreuzer konzentrieren. Wenn Harwood gleich die Entfernung verkürzt hätte, hätte die Graf Spee nicht die Möglichkeit gehabt sich primär auf die Exeter zu konzentrieren und sowohl das Feuer der Exeter als auch der beiden Leichten Kreuzer wäre erheblich wirksamer gewesen. Unter diesen Umstände wäre eine Versenkung der Graf Spee nicht unwahrscheinlich gewesen, da die drei britischen Kreuzer pro Minute das doppelte Gewicht an Granaten im Vergleich zur Graf Spee abfeuern konnten. So hat Harwood die beiden Leichten Kreuzer für 50 Minuten faktisch aus dem Gefecht genommen. Unter diesen Umständen versäumte es die Graf Spee die Exeter zu versenken. Es war halt ein Artilleriegefecht, das von zwei Torpedoexperten geführt wurde - mit entsprechenden Fehlern auf beiden Seiten.

Teddy Suhren

Hai

Falls mal jemand mitliest der nicht alles sofort Durchschaut:
DP Geschütz = Wiki
Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

Thoddy

ZitatDie 12,7 cm L/38 der US Navy gehörte zu den besten Flakgeschützen des Zweiten Weltkriegs,

Sie ist sehr zuverlässig und robust im Einsatz.

Die Sache ist die, die US 5"/38 läßt sich vergleichsweise sehr schnell laden, bedingt durch den maschinell unterstützten Ladevorgang. Dadurch kommt sie im Vergleich zu üblichen 15 cm Waffen auf die gleiche Menge verschossenen Sprengstoff+Metall wie diese.

Leider hat sie zum einen eine etwas "popelige" Vau null. 792 m/s für neue Waffe ca 760 m/s im Durchschnitt.
Das Geschoss braucht ca 24 Sekunden für eine Entfernung von 10 km.
Zum Vergleich die deutsche 15 cm L/3,7 Psgr schafft das in etwa 16 Sekunden
Die 15 cm Granaten haben daher eine deutlich bessere Ballistik gegen Schiffsziele.


Die Kriegsmarine hat eine Ladeeinrichtung für die 15 cm entwickelt, die auf die gleiche Schussgeschwindigkeit kam.
Mangels Schiffen....

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Im Vergleich zur amerikanischen 3" ... jedoch ist sie gegen Luftziele wesentlich ineffizienter. Bezogen auf das Geschossgewicht benötigte die 3" Waffe nur rund 1/4 des verschossenen Gewichts um im Schnitt ein Luftziel herunterzuholen.

Die 5"/38  ist ein Kompromiss in beiden Welten.
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

mhorgran

Bei Flakgeschützen ist weniger die Kadenz als die V0 wichtig.
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

J.I.M

Bei der Entscheidung ob DP oder getrennt sFlak/MA sollte man im Hinterkopf haben, das Japan Italien und Deutschland unabhängig voneinander auf getrennte Systeme gesetzt haben. Dreimal wurde diese Entscheidung bewusst getroffen.
Die Franzosen sind sogar von der DP zur getrennten Bewaffnung zurückgekehrt.
Großbritannien und die USA haben bei den Entwürfen zumindest Entwürfe ausgearbeitet, die auch eine klassische MA gehabt hätten.

Wenn man es aus der Planungsphase der fertiggestellten dt. Großkampfschiffe sieht, ist meine Einschätzung, dass man als Vorgabe für die Flak zum Einen eine sehr hohe V0 hatte und zum Anderen eine aufwändige 3-Achsige-Stabilisierung gehabt hätte. Unter diesen Vorgaben wäre eine deutsche 12,8cm Flak sehr schwer und extrem aufwändig geworden. Ein Vorteilhafter geschlossener Turm wie bei GB und USN wäre zumindest problematisch gewesen.
Bei navweaps.com findet man für die US 5" Türme ein Gewicht von bis zu 77t. In S.Breyer Marinearsenal Band 18 ist ein angenommenes Gewicht für einen deutschen dreiachsigen stabilisierten 12,8 cm DP Turm von 460t angegeben, was dann von der Marine abgelehnt worden ist.

Die USA haben sich ballistisch ehr mit einem unterem Mittelmaß abgegeben. Die Philosophie scheint hier ehr gewesen zu sein eine möglichst hohe Munitionsmenge gegen das Ziel zu verschießen.

Bei der Frage, wie gut die Geschütze gegen Seeziele sind, sollte man nicht einfach nur in Tabellen schauen und festhalten, dass die 5"/38er 16km weit kommen und so-und-so-viele Geschosse pro Minute verschießen kann. Die effektive Reichweite liegt dann entsprechend weit darunter. Da wird man auch nirgendwo einen festen Wert finden, weil es dabei um Wahrscheinlichkeiten geht. Und wie Thoddy geschrieben hat, hat man beim Schießen auf große Distanz entsprechende Flugzeiten, die man abwarten muss, um entsprechende Korrekturen zu berücksichtigen. Klar können die 5" Geschütze ca. alle 4 Sekunden schießen. Dann hat man halt mal Schnell 6 Salven verschossen bevor man überhaupt die Gelegenheit zur Korrektur hatte.(Ich glaube das nennt man dann Munitionsverschwendung :-D)(Ok, bei Nachtgefechten auf kürzeste Entfernung sieht das dann etwas anders aus)

maxim

#370
Das mit den Nachgefechten und den kurzen Entfernungen ist vielleicht der entscheidende Punkt:

wann würde sonst ein Zerstörer eine Gefahr für ein Schlachtschiff darstellen? Normalerweise sollte ein Zerstörer nicht in Torpedoreichweite kommen.

Wir können ja mal nach Fällen suchen, in denen Schlachtschiffe von Zerstörern angegriffen oder sogar torpediert wurden.

a) die sinkende Acasta torpedierte Scharnhorst während Operation Juno. Ausgerechnet ein Schiff mit Mittelartillerie und relativ guten Sichtbedingungen.

b) der erfolglose Nachtangriff von Cossack, Maori, Sikh, Zulu und Piorun auf Bismarck (ein Schiff mit Mittelartillerie). Laut Wikipedia (geht sicher präziser) wegen "der Dunkelheit, widriger Wetterbedingungen und des heftigen Abwehrfeuers" keine Treffer erzielt. Einer der Zerstörer wurde aber auch nicht getroffen.

c) Verlust des Schlachtschiffs Hiei in der Nachtschlacht bei Guadalcanal, u.a. durch zwei Torpedotreffer. Ein Schiff mit Mittelartillerie, aber eine sehr verwirrende, auf kurze Entfernung geführte Schlacht.

d) gab es Torpedoangriffe während der Schlacht bei Guadacalcanal an der Washington, South Dakota und Kirishima beteiligt waren? Es wurden auf jeden Fall alle US-Zerstörer von den Japanern ausgeschaltet, während die Ayanami von den beiden US-Schlachtschiffen ausgeschaltet wurde. Hier gab es ein Schiff mit Mittelartillerie, dass aber von diversen Kreuzern und Zerstörern unterstützt wurde, sowie zwei mit DP-Geschützen (anfangs von Zerstörern unterstützt).

e) die Torpedoangriffe auf Yamashiro und Fuso in der Nachtschlacht in der Surigao-Strasse - zwei Schiffe mit Mittelartillerie. Ich bin nicht auf dem neuesten Stand der Literatur, welches der beiden Schiffe wie versenkt wurde. Das ist etwas verwirrend.

f) die Tagangriffe der US-Zerstörer bei Samar, allerdings gegen einen Verband von Schlachtschiffen, Kreuzern und Zerstörern.

g) natürlich noch die Zerstörerangriffe, die zur Versenkung der Scharnhorst beitrugen

Weitere Beispiele?

Es ist natürlich Zufall, dass im Zweiten Weltkrieg ausgerechnet Schlachtschiffe mit Mittelartillerie von Zerstörer-Torpedos getroffen wurden. Zerstörer wurden von beiden Arten von Schlachtschiffen versenkt, eben z.B. Acasta durch Schiffe mit Mittelartillerie und Ayanami durch Schiffe mit DP-Lafetten. Die Liste zeigt aber auch, dass Schiffe mit Mittelartillerie viel öfters solchen Angriffen ausgesetzt waren, also es schwerer ist die mit DP-Lafetten zu beurteilen.


Wegen der 12,7-cm-Geschütze finde ich interessant, dass die ursprünglichen US-Flak nur L/25 waren, während die Seezielversion L/51 hatten - die DP dann L/38.

Das Gewicht des deutschen 12,8 cm DP von 460 t ist natürlich extrem - das klingt nach keiner gelungenen Entwicklung.

J.I.M

Zitat von: maxim am 09 Mai 2021, 08:18:29
Das Gewicht des deutschen 12,8 cm DP von 460 t ist natürlich extrem - das klingt nach keiner gelungenen Entwicklung.

Ich glaube, das kann man auch anders Bewerten: So wie ich den Text von Breyer interpretiere ist es nur ein Entwurf. Das Problem begleitet uns auch heute noch. Wenn ich in die Anforderungen zu viele hoch gesetzten Anforderungen reinschreibe, wird es halt immer aufwändiger. Es muss im dem Sinne keine schlechte Konstruktion gewesen sein.
Beispiel: Ich will: großes Kaliber und hohe V0
führt zu: langes schweres Rohr, große Treibladung, unhandlich beim Laden, höhere Anforderungen an Munitionsaufzüge, Ansetzer, Richtantriebe, Platzbedarf, Rohrbremse und Rohrvorholer(Was auch jeweils das Gewicht nach oben treibt). Die Aufzählung kann man noch länger werden lassen.
Wenn man das alles nicht will, muss man sich wie die Amerikaner bewusst auf eine mittelmäßige Ballistik einlassen.

maxim

Ok, der Unterschied ist halt, dass das eine Geschütz im großen Umfang gebaut und sehr erfolgreich war, sowohl als Flak als auch als Seezielgeschütz - und das andere nicht realisiert wurde.

spicmart

Zitat von: Matrose71 am 03 Mai 2021, 20:27:53
2. Bismarck war in vielen Bereichen überdurchschnittlich, angefangen von ihrer vertikal und horizontal Panzerung, über ihr Feuerleitsystem inklusive Radar, über die Genauigkeit ihrer Kanonen, die bei einer Vollsalve auf 20km nicht weiter als 120m streuten, damit können nicht viele Schlachtschiffe aufwarten. Auch war sie kein nasses Schiff und konnte in schwerer See immer noch eine stabile Waffenplattform bieten, im Gegensatz z.B. der Sout Dakota Klasse, die ab 6-7Windstärken, wohl kampfiunfähig war.

Hast du vielleicht auch Daten Über die Streuung der SA anderer Schlachtschiffe?

lafet944

Zitat von: maxim am 09 Mai 2021, 08:18:29
...

Das Gewicht des deutschen 12,8 cm DP von 460 t ist natürlich extrem - das klingt nach keiner gelungenen Entwicklung.

Ich würde diesen Wert für einen Schreibfehler halten.
Der britische QF 5.25-inch-Zwillingsturm wiegt knapp 80 t. Eventuell bringen stärkere Richtmaschinen und Aufzüge eine größere Masse, aber nicht das Sechsfache.

Viele Grüße

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