Kessel- und Turbinenraumdimensionen

Begonnen von Thor, 30 April 2006, 16:09:19

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ReiMar

Höre nicht auf hier immer wieder meer zu lernen.  :-D

Gab es eigentlich auch in anderen Marinen in der Zwischenkriegszeit Versuche, solche Kesselanlagen (HochDruck-HeißDampf und beides auch noch zugleich) einzuführen oder zumindest auszuprobieren ?
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Sven L.

Hallo ReiMar,

soweit mir bekannt haben die Engländer schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg den Kesseldruck moderat von 17 auf 21 atü erhöht und ebenso moderat die Temperatur dazu. Später zu diesem Druck mit gemäßigter Überhitzung.

Amerikaner und Franzosen haben die Technik wohl auch besessen und genutzt. Hierüber habe ich aber keine genauen Informationen.

Von den Japanern und Italienern habe ich gar keine Infos.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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ReiMar

#17
@Sven L. naja, verglichen mit 71 oder gar 111 und mehr wie bei den Benson-Kesseln im überkritischen Bereich angedacht ... wirklich 'moderat'  :-D

Ich komme nicht umhin nocheinmal auf deine Erklärung bzgl. 'Dampfleistung' zurückzukommen (so ein bi?chen wie die Sache mit Henne und Ei :
bestimmt die Turbine wieviel von was für einer Art Dampf es sein soll oder bestimmt der Kessel mit seinem Angebot von dieser oder jener Sorte Dampf was die Turbine erbringen soll/kann).

Was ich nicht so ganz verstehe bei den damaligen Schiffs-Turbinen :
was passiert, wenn ich 'Gas' gebe ?

Produziere ich 'einfach' mehr Dampf mit Temperatur x sowie Druck y pro Zeiteinheit
oder
produziere ich den Dampf 'nur' mit mehr Temperatur und Druck ?

... für meine 3 unterschiedlcihen, per Untersetzungs-Sammelgetriebe mit der Welle verbundenen Turbinen (Hochdruckturbine - deren Welle 'rast' - Mitteldruckturbine - derenWelle etwas gesitteter flitzt - Niederdruckturbine - deren Well i.Vgl. fast gemächlich zuckelt), wie so eben die damalige Bauart auf Schiffen war (im Gegensatz zu Kraftwerken auch der damaligen Zeit).
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Sven L.

#18
Hallo ReiMar,

Das Thema Dampf ist ziemlich komplex. Ich habe, soweit ich mich erinnere, bereits mehrfach darüber geschrieben. Aber um das umständliche Suchen zu ersparen - ich weiß selbst nicht mehr wo überall - starte ich den Versuch es so einfach wie nur möglich zu erklären. Ich werde aber keine Formelbeispiele geben.

Fangen wir an.

Um zu berechnen - in einem ersten Annäherungsschritt - wieviel Dampf die Turbine benötigt, ausgedrückt in g/(PS h), muss festgelegt sein wie groß der Dampfdruck sowohl am Eingang, als auch am Ausgang ist. Eingang ist in diesem Fall das Eingangsventil der Turbine und der Ausgang der Kondensator. Ideal ist es jetzt das IS-Diagramm von Mollier zur Hand zu haben. Es können auch die entsprechenden Wasserdampftafeln verwendet werden. Für die weitere Berechnung der Dampfzustände am Anfang und Ende des Prozesses benötigen wir die Wärmeinhalte (Enthalpie), ausgedrückt in kcal/kg. Nun ziehen wir vom Anfangs-Wärmeinhalt den des Endzustandes ab. Das ist das indizierte Wärmegefälle hi. Weil die Turbine interne Verluste hat, je nach Turbinentyp usw. sehr verschiedene, müssen wir noch hi mit dem Wirkungsgrad, ausgedrückt in %, multiplizieren und erhalten das Wärmegefälle he, manchmal auch als ht bezeichnet. Dass ist das Wärmegefälle welches tatsächlich Arbeit leistet. Wenn wir jetzt 632,3 durch he teilen, erhalten wir den Dampfbedarf De in kg/(PS h). Dieses Ergebnis multipliziert mit den PS ergibt den Dampfbedarf der Turbine in kg/h. Hierzu kommt noch der Bedarf der Hilfsmaschinen welche mit Dampf betrieben werden. Dieser liegt zwischen 30 und 50% der Hauptmaschine(n).

Der Turbine ist es (fast) egal womit sie "gefüttert" wird. Eine auf überhitztem Dampf ausgelegte Turbine läuft auch mit Nassdampf, falls mal alle Überhitzer der Kessel ausfallen, bestraft uns aber mit einer geringeren Leistung.

Die Regelung der Turbinen sieht im allgemeinen so aus:
Es gibt die Mengen- und die Drosselregelung. Bei der Mengenregelung wird die Turbine über mehrere, einzeln ansteuerbare, Düsengruppen mit Dampf versorgt. Diese Regelung kann dann z.B. den Dampf für die Turbinenleistungen zwischen 25 und 100% steuern. Unterhalb von 25% kommt dann die Drosselregelung zum Tragen.

Die einzelnen Turbinenteile, HD, MD und ND, müssen nicht zwangsläufig mit unterschiedichen Geschwindigkeiten laufen. Entscheidend sollte wohl sein, zum einen die Wirtschaftlichkeit, je schneller die Turbine läuft, desto effektiver arbeitet sie und zum anderen Länge der Turbinenschaufeln. Je weiter der Dampf in der Turbine "abgearbeitet" wird, desto größer wird sein Volumen und desto länger die Schaufeln. Weil die Schaufeln nicht beliebig lang gemacht werden können, arbeitet man dann mit unterschiedlichen Umdrehungszahlen.

Puuuh, fertig 
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Sven


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Sven L.

Ich glaube das war doch wieder zu kompliziert.

Das bestimmende Element ist das zur Verfügung stehende Wärmegefälle. Hiermit und dem Wirkungsgrad der Turbine, berechnet sich der jeweilige Dampfbedarf pro PS. Dies gilt für Turbinen mit 20 PS ebenso wie für Turbinen mit 50.000 PS. Erstere wird nur viel kleiner in den Abmessungen wie letztere. Ob das der Dampf nun Überhitzt oder mit Restfeuchte (Nassdampf) daher kommt ist nur in konstruktiver Hinsicht für die Turbine wichtig.
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Sven


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ReiMar

Lieber Sven L. ...
ertsmal VIIELEN Dank, dass Du so ausführlich auf die Fragen eines Dampf-Dummies eingehst. So laangsam kriege ich meinen Einstieg in das Kessel(un)wesen der RM und KM.
Ich glaube, ich würde gerne auf Dein Angebot aus post#8 bzgl. der IS-Diagramme zurückkommen (e-mail sollte für Dich in meinem Profil zu erkennen sein, ansonsten sieh PM) ... zwegen dem Energiegehalt des Dampfes 'einschließlich' Druck (aka : Enthalpie/Wärem-Energiegehalt in kcal/kg).

Und ...
Zitat von: Sven L. am 08 Juli 2019, 14:00:09...
Wenn wir jetzt 632,3 durch he teilen, ...
???

Ohne jemandem auf die Füße treten zu wollen, habe immer noch so ein bißchen das Henne-Ei Problem :
konstruiert der Turbinenbauer sein Gerät nach den 'Angeboten' des Kesselbauers
oder
der Kesselbauer nach den "Wünschen" des Turbinenbauers ...


Nochmal zur 'Steuerung' (von wegen 'Gas geben') :
Mengen-Regelung ... d.h. der 'Output' der Turbine wird mit der Dampfzufuhr an den Düsen an der Turbine geregelt ...
und NICHT durch den Dampf-'Output' des/der Kessel (Dampfmenge, dessen Energiegehalt [Druck, Temperatur] oder beides) geregelt ? ... sprich 'Feuer unterm Kessel machen' ?


Habe mich mit der Dreiteilung und 'Sammlung' im Sammelgetriebe an die 'Mode Der Zeit' gehalten (siehe Wagner-Turbinen). :wink:

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Sven L.

Hallo ReiMar,

ich denke die Reihenfolge ist Folge:

K-Amt fordert xy PS Leistung
Turbinenbauer errechnet daraus Dampfbedarf
Kesselbauer entwirft passenden Kesselberechnung

Zur Regelung:

Das hast du in Kurzform prinzipiell richtig wiedergegeben
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Sven


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ReiMar

Hmm, habe nach glücklichem Amazon-Erwerb im Treue/Möller/Rahn "Deutsche Marinerüstung 1919-1942 Die gefahren der Tirpitz-Tradition geschmökert.

In den Teilen wo es um Antriebsauswahl (Panzer C, Zerstörer, Panzer D und E usw.) geht wird gerne beschrieben, wie sich die unterschiedlichen Dienststellen der Marine selbst (Ing.-Wesen, K-Amt) mit Atü-Zahlen und Dampf-Temperaturen beharkten.

Danach würde ich eher vermuten :

  • K-Amt fordert von Werft Antriebsanlage für xy Leistung MITTELS von K-Amt gewünschter Leistungsbringer-Konfiguration.

    • Dieselmotoren
    • Turbo-elektrisch
    • Getriebe-Turbine
    • 1-2-3 Compound-Turbine
    • Naß-Dampf
    • Hochdruck-Heißdampf
  • Werft sucht sich passende Partner
  • Turbinenbauer fragt Kesselbauer, was für'nen Dampf ('Energiegehalt') er drauf hat
  • Kesselbauer fragt Turbinenbauer was seine Geräte denn so verkraften könne (Eingangs-/Ausgangswerte)
Und so langsam wird dann 'nen Schuh daraus. Aber vorab steht erstmal die 'Besserwisserei' des K-Amtes, was für maschinen denn benötigt werden/möglich wären.
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Sven L.

Kleiner Einwurf:

Die Turbinen wurden von den Werften selber gebaut. Wohl unter Lizenz, aber ansonsten selbstständig. Dieses gilt ebenfalls für die Marine-Kessel. Ob die "modernen" Hochdruck-Kessel auch von der Werft selber, oder ob die Kesselfirma entsprechendes PErsonal auf der Werft hatte, kann ich nicht beantworten.
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Sven


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ReiMar


Und ... eine Frage habe ich doch noch in petto :
Zitat von: Sven L. am 08 Juli 2019, 14:00:09...
Wenn wir jetzt 632,3 durch he teilen, ...
Was sind diese 632,3 ? ... eine 'Konstante' von irgendetwas oder so ? ... scheint ein wenig so bei der hier fehlenden Dimensionslosigkeit ...

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Sven L.

So ganz Dimensionslose ist der Wert von 632,3 nun nicht. Die Dimension lautet kcal.

632,3 kcal = 1 PSh

Wenn nach kWh gefragt wird

860 kcal = 1 kWh

und falls einem mal der Wert 427 über den Weg läuft

1 kcal = 427 mkg
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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