Besatzungen auf modernen Containerschiffen

Begonnen von Rheinmetall, 30 November 2011, 23:11:11

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Rheinmetall

Guten Abend zusammen !

Mich würde interessieren, wie stark die Besatzung von heutigen, modernen Containerschiffen ist, wie z.B. der
"Rio de la Plata" der Hamburg-Süd Reederei ist.


(Eigenes Werk, aufgenommen am 11.01.2011 in Hamburg)

Wie ist die Besatzung zusammengesetzt und was ist der Aufgabenbereich der einzelnen Personen ?
Sind die Männer während den langen Fahrten in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, oder besitzt jeder seine eigene, kleine Kajüte / Kabine ?
Wie beschäftigen sich die Seeleute in ihrer Wachfreien Zeit an Bord eines solchen Schiffes ?
Wie sieht es mit mediziner Versorgung bei Notfällen oder allgemeinen Erkrankungen bei diesen transatlantischen Riesen aus ?

Vielleicht hat jemand sogar einen Raum-Plan wie der Inselaufbau auf so einem Containerschiff unterteilt ist ?

Über jede hilfreiche Antwort freue ich mich.

Rheinmetall



Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

Captain Hans

#1
hallo Rheinmetall

du stellst hier so komplexe Fragen, daß man ein ganzes Buch brauchte um sie zu benantworten

vieles von deinen Fragen habe ich schon beschrieben unter "Captain Hans erklärt"

wenn du das alles gelesen hast kannst du dier dort schon ein recht umfangreiches Wissen über die Verhältnisse auf Frachtschiffen erarbeiten
und du findest fast alle Antworten auf deine Fragen

lies besonders:

http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,7686.0.html

und

http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,11350.0.html

Besatzungstärken und Zusammenstellungen hängen von vielen Faktoren ab wie: Regeln des Flaggenstaats, Reedereiphilosophie, Schifftyp
und Fahrtgebiet.

die detailierten Aufgabenbereiche kannst du aus den Ausbildungsbedingungen ableiten denn die sind so umfangreich daß das ein Buch füllen würde.

Eine medizinische Versorgung, wie du sie von Land her kennst, gibt es nicht.Sie erfolgt durch einen oder meheren Schiffsoffiziere mit der Hilfe von medizinischen
Handbüchern oder notfalls durch Beratung eines Funkarztes und einem gut ausgestatteten Hospital. In harten Fällen muß ein Nothafen angelaufen werden
oder in einigen Ländern kann ein Hubschrauber anfordert werden.
Im nächsten Hafen geht es zur Nachuntersuchung oder professionellen Nachbehandlung

Ein Schiffsarzt ist erst ab 12 Passagiere vorgeschrieben deswegen haben Frachter nie mehr als 8 - 10 Passagiere

Unterkünfte sind heute auf großen Schiffen immer Einzelkabinen.

Je höher dein Rang, desto höher und komfortabler wohnst du und desto größer ist deine Kabine :-D
und ganz oben hast du sogar mehrere Räume.

Die Aufteilung hängt von der Größe und der Bauart des Schiffes ab

aber über all das findest du Antworten in meinen Berichten


viele Grüße

Hans 
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Rheinmetall

Hallo Hans !

Vielen herzlichen Dank für Deine Antwort und den Link.
Werde ihn mir bei Gelegenheit (nach meiner Schichtrunde) genau durchlesen, genau wie Deine Rubrik.  top

Rheinmetall

Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

OWZ

#3
 Hallo,

noch eine ergänzende eine Frage zu Besatzungsstärke und Zusammenstellung bei der oben gezeigten "Rio de la Plata": Für diese müsste als unter dt. Flagge fahrendes Kauffahrteischiff nach meiner Einschätzung die Schiffsbesetzungsverordnung von 1998 maßgeblich sein (http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/schbesv_1999/gesamt.pdf).

Danach scheint es vor allem die Pflicht des Reeders zu sein, das Schiff entsprechend eines von der See-Berufgsgenossenschaft auszustellenden sog. Schiffsbesatzungszeugnisses zu besetzen (vgl §§2 u. 4 im .pdf oben). Weiter sieht §2b vor, dass sich auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von über 8.000 neben dem Kapitän mindestens 2 Offiziere des nautischen oder technischen Schiffsdienstes zugleich Unionsbürger und Inhaber eines gültigen deutschen oder eines anerkannten ausländischen Befähigungszeugnisses, 1 Schiffsmechaniker nach der Schiffsmechaniker-Ausbildungsverordnung in dieser Funktion tätig sowie ein weiteres wachbefähigtes Besatzungsmitglied, das auch Unionsbürger sein muss, befinden müssen (vgl. ebenfalls .pdf).

Kann es demnach also tatsächlich sein, dass man den großen Pott mit lediglich 5 Personels fahren kann, ohne gegen irgendwelche (weiteren) Vorschriften zu verstoßen, oder wäre das schon "fahrtechnisch" gar nicht möglich  :?

Grüße

OWZ


Captain Hans

rein theoretisch möglich, in der Praxis aber nicht möglich.

versucht wurden ähnliche Konzepte - also Minibesatzung bei der Überfahrt -
Vor dem Hafen wurden Festmacher übernommen und im Hafen dann Personal für Be-und Entladung und sogar
Wartung.

Man versuchte das Prinzip Flugzeug  umzusetzen.
Meines Wissen hat sich dies aber nirgendwo bewährt und wurde eingestellt.

Die im Gesetz vorgeschriebenen Mindestzahl bezieht sich auf die Patentinhaber und Ausgebildeten

die Mindestbesatzung beträgt 15 Mann natürlich abhängig von der Größe

Moderne Schiffe sind heute so automatisiert, daß sie sogar ferngesteuert gefahren werden könnten.

Das ist alles schön und gut so lange alles einwandfrei funktioniert, das gleiche gilt auch für Flugzeuge.
Fällt was aus, ist es ein unkontrollierbares Disaster (Es gäbe auch keine Versicherung die dieses Risiko
tragen würde)

Es ist aber richtig, daß heute die modernen Schiffe fast alles vollautomatisch steuern, wie im Flugzeug
und die Seeleute grundsätzlich nur eine Überwachung der Systeme ausführen.

Nur bei Notfällen und Ausfällen sind sie noch gefragt.

Deswegen heißen sie auch offiziell nicht mehr Seeleute sondern Überseetransportbegleiter :-D

Auf die Be- und Entladung von Containerschiffen hat die Besatzung keinen Einfluß mehr, denn sie erfolgt
voll automatisch von Land.

Allerdings müssen sie beim Auslaufen prüfen ob ihre Stabilität, der Trimm usw noch ausreichend ist und sie nicht
überladen sind.
Überladungen kommen häufig vor und die Kapitäne werden unter Druck gesetzt so auszulaufen oft auch
mit einer Stabilität, die haarsträubend ist.
Oft habe ich auch erlebt, daß niemand an Bord das Schiff manuell noch steuern kann und der Lotse mit Autopiloten das
Schiff die Elbe hochfährt und sogar in Schleusen einläuft und das Schiff anlegt.

Es ist aber sehr unterschiedlich von Reederei zu Reederei.

Es gibt viele Reedereien die ihre Besatzungen zusätzlich ausbilden und mehr Besatzungen fahren als vorgeschrieben also nicht
nur an maximale Gewinnoptimierung denken.

viele Grüße

Hans

,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

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