38 cm SK/L45

Begonnen von Thoddy, 17 November 2011, 10:58:53

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Herr Nilsson

Danke für die Erläuterung. Was mich stutzig macht und weshalb ich nachfrage, ist die Aussage von Marineoberbaudirektor Burkhardt in Brenneckes und Michauxs "Der deutsche Schlachtschiffbau zwischen den Kriegen", dass Panzerplatten bis in die 30er-Jahre dahingehend abgenommen wurden, dass gehärtetet Platten mit Stahlvollgranaten und ungehärtetes Material mit Rundkopfvollgeschossen beschossen wurden. In dem Zusammenhang erwähnt Burkhardt, dass ,, ...diese Abnahmeart den Schrägbeschuß ersetzen [sollte], dem der Horizontalpanzer in Wirklichkeit ausgesetzt ist, der aber auf dem Schießplatz wegen zu hoher Gefährdung als nicht durchführbar galt. .... Nunmehr wurde die Abnahme den wirklichen Verhältnissen angepaßt: der gehärtete Panzer wurde mit Panzersprengranaten unter 90 und 60 Grad beschossen. .... Der ungehärtete Panzer wurde unter 90, 30 und 15 Grad mit Panzersprenggranaten und Sprenggranaten beschossen."
Mir ist bewusst, dass es sich hier vornehmlich um die Abnahme von Panzerplatten geht, aber mir ist nicht ganz klar, ob vorher überhaupt irgendetwas jemals mit realen Granaten mit anderen Winkeln als 90° beschossen worden ist.  :?
Gruß Marc

delcyros

#16
Für Meppen ist der früheste dokumetierte Fall von systematischen Schrägbeschuß mit Stahlvollgeschossen datiert auf den September 1890.

Seinerzeit wurde ein Decksziel (25mm +25mm+ 25mm +13mm = 3,5"/88mm laminiertes Stahdeck auf Holzunterbau mit Stahlquerträgern verstärkt) mit einem 28,55cm Mörser aus einer Distanz von 3,5 km mit zwei Serien a 16 und 14 Schuß beschossen worden.
Ist auch sehr gut im Brasseys Naval Annual nachzulesen.

Für Plattenabnahmen waren Stahlvollgeschosse wegen ihrer relativen Undeformierbarkeit und homogenität bevorzugt. Auch durchschlugen sie etwas stärkeren Panzer als die Psgr (Schmalenbach erwähnt, dass das 30,5cm Psgr etwa 305mm KC auf 120hm durchschlägt, etwa 88% der Leistung eines Stahlvollgeschosses) und für Plattenabnahmen war der Schrägbeschuß auch nicht wirklich notwendig, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich der Winkeleinfluss von Formel zu Formel gewertet wurde, beim senkrechten Auftreffen betrat man zumindest relativ sicheren Boden was die relative Bewertung der Platte betraf.
Alle, in den Leitfaden für den Unterricht.. und M.D.V. genannten Faktoren der Verbesserung von KC Platten alter Art (KC/a.A. später genannt) beziehen sich auf solche mit Stahlvollgeschossen bei senkrechtem Auftreffen ermittelten Werte.

Leopard2A6EX

hallo,

ihr geht wie gewohnt wieder sehr ins detail hier  :-) aber könnt ihr nun ein art "zusammenfassung" der leistungen beider deutscher 38cm geben? habt ihr dazu daten?

1.) 38cm/L45 D vs 38,1cm/L42 BR mit WK-1 geschossen gegen WK-1 panzerung? samt szenario: bayern und warspite treffen direkt aufeinander, einmal 1916 und einmal 1918 mit neuen brit. greenboy-geschossen

2.) 38cm/L52 D vs 38,1cm/L42 BR mit WK-2 geschossen gegen WK-2/1 panzerung? also quasi: bismarck gegen warspite-refit, in wie weit wurde warspite(QE + R-Klasse allgemein) modifiziert - panzer-qualität und geschosse?

könnt ihr mir da weiterhelfen? gruß frank

delcyros

Zitat1.) 38cm/L45 D vs 38,1cm/L42 BR mit WK-1 geschossen gegen WK-1 panzerung? samt szenario: bayern und warspite treffen direkt aufeinander, einmal 1916 und einmal 1918 mit neuen brit. greenboy-geschossen

[1]Zum Szenario 1916 siehe Skagerack
[2]Zum Szenario 1918 siehe SMS BADEN trials (1921)

[zu 1] Für die Auswertung der Panzertreffer kann Campbell verwendet werden. Generell kann von 15" auf die seinerzeit erlebten Gefechtsentfernungen nicht erwartet werden, dass es im zündfähigen Zustand durch eine Panzerung dicker als 260mm KC kommt (DERFFLINGER Barbette geht auf kurze Distanz ~100hm durch, SEYDLITZ Turmfront auf lange Distanz ~180hm nicht).
Daneben gibt es einen weiteren zündfähigem Durchschlag auf mittlere Distanz ~160hm durch 225mm KC (VON DER TANN Treffer am oberen ZP), in der Regel zerbricht das Geschoß beim Aufschlag mittlerer Panzerstärken (150 - 180mm KC) oder zerlegt sich selbst durch den schockempfindlichen Granatfüller.

In BAYERN´s Fall (BADEN ist 1916 noch nicht einsatzbereit), wäre davon auszugehen, dass GP (generell), ZP (außer auf Kurzdistanz bei passender Lage) und vorderer Wasserlinienpanzer (außer auf Kurz- und Mitteldistanz bei passender Lage) ziemlich sicher vor Beschuß sind. Der Kasemattpanzer ist auf alle Distanzen gefährdet, doch hört die unmittelbare Gefährdung mit Lagewinkeln über 15 Grad auf. Gleichsam unempfindlich sind Kommandoturm, Barbetten und Türme, auch wenn diese durch Treffer mittels Schock außer Gefecht gesetzt werden können, ohne einen Durchschlag zu erzielen. Tiefe Wirkung im Ziel (hinter den Kohleschutzbunkern) kann aufgrund der Zündcharakteristik der Geschosse nicht erwartet werden.


[zu 2] Für Greenboy Daten stehen zum Einen der Goodall Bericht über Bayern, zum anderen Progress in gunnery reports zur Beurteilung zur Verfügung.
Demnach muß davon ausgegangen werden, dass das verbesserte Geschoß in der Lage ist, den 250mm ZP bereits auf mittlere Distanz in passender Lage in zündfähigem Zustand zu durchschlagen. Die Verzögerungszeit ist bei diesem Zünder noch sehr inkonsistent, es kam genauso häufig zu nicht-verzögerten Detonationen wie zu extrem lang verzögerten Detonationen. Anscheinend wurden die Geschosse häufiger beschädigt, so dass auch prinzipiell unverzögerte Geschosse manchmal lange Verzögerungen aufwiesen und der Anteil wirksamer Detonationen niedrig blieb.
Ausgehend von den Versuchen die Turmfront und Barbette bei niedrigen Winkeln zu durchschlagen, kann zwar erwartet werden, dass ein Treffer ein Loch erzeugt, dennoch ging in allen Fällen entweder das Geschoß zu Bruch (Barbetttreffer) oder wurde so schwer beschädigt, dass es nicht zündete (Turmfronttreffer). Etwas höhere Winkel bei 15500 yard simulierter Entfernung führten nur zu zwei cm Einstauchung des Panzers, die Geschosse wurden abgewiesen (je ein Treffer auf Barbette und Kommandoturmseite)
Zumindest die 350mm gepanzerten Flächen (GP, Barbette, Turmfronten) sollte daher auf dieser Entfernung (~140hm) gegen einen zündfähigen Durchschlag selbst bei idealen Lagebedingungen sicher sein. Der geneigte 350mm Kommandoturm wird erst auf Kurzdistanzen unmittelbar gefährdet, der ZP ist jedoch auf die genannte Entfernung ebenso gefährdet wie der Kasematt- und vordere & achtere Wasserlinienpanzer, letztere bis auf verhältnismäßig große Entfernungen.
Die Unberechenbarkeit der Verzögerungszeit birgt die Gefahr, dass Wirkungen im Bereich der inneren Vitalia von BAYERN erwartet werden müssen (schwacher Deckspanzer, splitterunsichere Panzergrätinge über den Kesseln).
Auf große Distanz ist BAYERN dann wieder relativ sicher, da der Zünder bei hohen Winkeln nicht funktioniert.

Grundsätzlich sollte BAYERN auf die Wahrung einer Lage von 1 Dez vor 1918 und 2-3 Dez zum Ziel nach 1918 achten, dann kann der Bereich der Immunität bis auf Kurzdistanz heruntergedrückt werden.

Leopard2A6EX

ok - danke für die infos!  :MG:

delcyros

Wenn man davon ausgeht, dass das deutsche 38cmL45 in etwa die gleiche Durchschlagskraft wie das britische 15" Greenboy APC hat, was nicht gesichert ist, kann man auch den Schutz der REVENGE Klasse beurteilen.

Die QUEEN ELIZABETH Klasse ich außen vor, deren Schutzschema mißfällt mir in entscheidenden Fragen, etwa der Tiefe des Gürtelpanzers, der bei Einsatzverdrängung in seiner größten Dicke von der Wasserline tw. komplett verdeckt wird.

REVENGE hat einen 13" starken Gürtel, der auf 200hm sicher Schutz gegen einen intakten Durchschlag bietet (Krupp gibt an, mit dem 750kg L3,4 APC auf 200hm max. 13,23" KC zu durchschlagen). Von der Qualität her ist britisches CA besser als amerikanisches class A in dieser Zeit. Teilweise signifikant (1/3) besser als die KC-Platten von BADEN, wobei dieser Unterschied dadurch bedingt ist, dass bei den Tests ältere, englische 15" mk1a Weichkappengeschosse verwendet wurden, die von KC nicht zerbrochen werden, von englischem Ca jedoch schon. "Shatter" resultiert in etwa 1/3 besserer Plattenwirkung gegen das Geschoß. Gegen Hartkappengeschosse (Greenboy oder Krupp L3,x), die nicht zerbrochen werden können, kann von einer in etwa ähnlichen Schutzwirkung ausgegangen werden, nach englischen Unterlagen ist das ballistische Limit etwas schlechter als beim englischen CA, aber dafür werden die Geschosse signifikant mehr beschädigt als beim englischen CA, mit einer damit einhehrgehenden geringen Wahrscheinlichkeit effektiv zu detonieren.

Diese Schlußfolgerungen wurden aus den Baden trials gezogen. Hier ist auch ersichtlich, dass die erwartete niedrige Schutzwirkung aus den Weichkappengeschosstests sich mit Hartkappengeschossen nicht bestätigte.

In wieweit der Schutz des 13" Gürtels unterhalb von 200hm liegt kann nicht angegeben werden, diese Angabe stellt ein Maximum dar, das Minimum ist unbekannt. Rogge geht davon aus, dass QE einen 13,5" starken Gürtelpanzer und 14" starke Türme hat, die bei 30 Grad Auftreffwinkel noch aus Distanzen von 98hm bzw 87hm erfolgreich vom 38cm L45 durchschlagen werden können. Ein 13" nominell starker (=12,76" aktuell) GP könnte demnach selbst bei fast 3 Dez Lage noch aus Kurzdistanzen, etwa ~100hm durchschlagen werden können. Die Turmfronten waren jedoch ebenfalls nur 13" nominell stark und die Barbetten sogar nur 10" max.
Der ZP war mit 6" auf alle Entfernungen hin gefährdet.

Für die Zündverzögerung trifft in etwa das gleiche zu wie bei Greenboy APC (der Zünder wurde kopiert).

Leopard2A6EX

..nochmals danke!  :-) aus dem geballten wissen dieses forums könnte man nen verdammt dicken und guten wälzer über die thematik schreiben - da würden die herren breyer, dulin und okun aber gucken..  :MZ:  :MLL:

Leopard2A6EX

hab auch nochmal recherchiert in meinen 3 koop/schmolke-bänden über die WK-1 schiffe, da steht ja vieles davon drin - man muss sie nur mal zur hand nehmen..  :-D

Harry64

Beim Vergleich der 38 cm Panzergranaten der verschiedenen Nationen fällt der teilweise unterschiedliche Sprengstoffanteil (Italien) und die unterschiedliche Länge (Frankreich) auf.

Frankreich:  21.9 kg bei 890 kg Granatgewicht = 2,46%; Länge Granate 190 cm
Deutschland:  18,8 kg bei 800 kg = 2,35%; Länge 167 cm
Italien:  10,6 kg bei 884 kg = 1,14 %; Länge 166 cm
England APC Mark XVIIb: 22 kg bei 879 kg = 2,5 %; Länge 165 cm

War für die Durchschlagsleistung der Granaten unerheblich, ob die Höhlung für die Sprengstofffüllung etwas größer oder kleiner war, sprich spielte sich der Unterschied in der Durchschlagsleistung im marginalen Bereich ab.

Harry



Thoddy

#24
Sprengstoffanteil

generell gilt das je kleiner die Höhlung in der Granate für die Sprengladung(Ladungsraum), desto höher die maximale Leistungsfähigkeit eines Geschosses bei identischer äußerer Form, wenn das Granatenmaterial von vergleichbarer Güte ist. (bei niedrigeren Geschwindigkeiten ist die Performance etwa gleich, wenn man mal die größere Masse des Geschossses mit kleinerem Ladungsraum vernachlässigt)


Je höher die Auftreffgeschwindigkeiten, desto größer werden die Kräfte, die beim Durchdringen des Panzers entstehen und die vom Geschoß ausgehalten werden müssen. Bei höheren Geschwindigkeiten muß daher die Wandstärke erhöht werden, damit das Geschoß heil bleibt. Selbiges gilt, wenn man Geschoßmaterial von vergleichsweise schlechter Qualität verwendet. Die  Panzergranate Rot verwendet sowohl schlechteres Geschoßmaterial als auch geringere Wandstärken.

Die Panzergranate Rot fängt an bei etwa 500 m/s (technisch)zu versagen, maximale Durchschlagsfähigkeit liegt bei ca 1 Kaliber.

Die Panzergranate 39/43 erreicht dagegen ihre maximale (heil)Durchschlagsfähigkeit erst bei rund 1300 m/s, dann geht auch deren Leistungslinie in eine Waagerechte über, Maximale Durchschlagfähigkeit im Bereich von 3,5 -4 Kaliber

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Im Leistungsvergleich der alten 7,5 cm Panzergranate Rot und der 7,5 cm Panzergranate 39 ist der Effekt auch visualisiert.


Für Seezielgeschütze ist es nicht notwendig und (wahrscheinlich) auch nicht zielführend sehr kleine Ladungsräume zur Maximierung der Durchschlagsfähigkeit anzustreben, da die realistischen Auftreffgeschwindigkeiten im Bereich von 450 - 600 m/s liegen.  "Simples Loch reinstanzen" ist nicht ausreichend. Man muß nach Durchschlagen der Panzerung auch genügend Sprengwirkung entfalten, um entscheidende Beschädigungen im Inneren des gegnerischen Schiffs zu erreichen.

Die deutschen 14,6 D³ Geschosse der Seezielartillerie mußten bei 600 m/s und 60 Grad Auftreffwinkel etwa eine kaliberstarke Panzerplatte durchschlagen. Maximale Durchschlagleistung etwa 1,3 Kaliber.

Länge
hast du mal ein Foto des französischen Geschosses

eine sehr große ballistische Haube verbessert die  außenballistischen Eigenschaften eines Geschosses sorgt also dafür das die Geschwindigkeit des Geschosses weniger schnell abnimmt;
mehr Geschwindigkeit in der Flugbahn bedeutet generell mehr Reichweite,
und selbstverständlich bedeutet das auch mehr Durchschlag bei gleicher Zielentfernung
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Harry64

Hallo Thorsten,

danke Dir für die Erläuterung, wie immer bestens.

Harry

delcyros

#26
Nachgang zum Thema 38cm Psgr. m.K. L/3.5

Am 16. Juni 1916 wurden in Anwesenheit von Ehrensberger und Hipper Tests in Meppen mit dem alten 28,3cm L50 & 30.5cm L50, sowie den neuen 35cm L45 und 38cm L45 durchgeführt. Dabei kam es auch zu duchschlagstests gegen KC Platten von 28cm und 30cm Stärke.

Bei 30° Auftreffwinkel und 600m/s Geschwindigkeit, durchschlug das 38cm einwandfrei die 30cm Platte, während das 35cm unter diesen Bedingungen die 28cm starke Platte durchschlug. Die Geschosse blieben, abgesehen vom Verlust von Haube, Kappe und Führungsbändern intakt.

Die Durchschlagsgrenze war noch nicht erschossen worden.

delcyros

Anbei das L/3.5 Psgr. m. K. Exemplar aus dem Museum Pegnitz und Staff´s Zeichnung des (verwandten?) 350mm L/3.6, plus eine Rekonstruktion als Arbeitsstand.
Nach derzeitigem Kenntnisstand:

Kaliber: 380mm
Länge mit Haube: L/3,5
Haube: 6crh
Nase: 1,5crh - 2,0crh
Gewicht: 750kg

lg,
delc

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