Pearl Harbour - Warum wurde die Infrastruktur nicht zerstört?

Begonnen von Khyron, 18 April 2011, 09:38:01

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Khyron

Ich habe da eine Frage. Tut mir leid, wenn sie schon irgendwo abgehandelt wurde, aber ich habe da nichts über die Suchmaschine gefunden.
Der Angriff der japanischen Marine auf Pearl Harbour ist ja nun mal hinreichend bekannt. Die Japaner fanden keine Flugzeugträger, aber sie entschieden, dass die Schlachtschiffe
ein hinreichend gutes Ziel waren und griffen dennoch an.
Was ich nicht verstehe ist, dass sie zwar die Schiffe angriffen, aber die Treibstofftanks, die Werften und andere Infrastruktur in Ruhe ließen. Naguma und sein Chef, Yamamoto, mussten
doch wissen, dass in dem flachen Wasser die Schlachtschiffe nicht ewig am Grunde des Hafen bleiben würden, wenn die Amerikaner die Möglichkeiten hatten, diese wieder zu bergen.
Schlimmer noch : Die Treibstofflager in Pearl Harbor würden den zurückkehrenden amerikanischen Trägern die Möglichkeit geben, Operationen durchzuführen.

War das ein Versehen? Überheblichkeit der Japaner? Oder gab es andere Gründe dafür?


Und die See wird allen den Frieden bringen, so wie der Schlaf die Träume bringt.

Big A

ZitatWar das ein Versehen? Überheblichkeit der Japaner? Oder gab es andere Gründe dafür?

Einer der Gründe ist sicher, dass die geplante 3. Welle nicht gestartet wurde, Welle 1 und 2 sollten zunächst die Flugabwehr und die Schiffe ausser Gefecht setzen.
Da die Träger nicht im Hafen waren sondern auf dem Rückmarsch von der Westküste befürchtete Nagumo einen Überraschungsangriff.
Er ist für sein Verhalten von Yamamoto auch entsprechend gerügt worden

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Urs Heßling

#2
moin,

Zitat von: Khyron am 18 April 2011, 09:38:01
Der Angriff der japanischen Marine auf Pearl Harbour ist ja nun mal hinreichend bekannt. Die Japaner fanden keine Flugzeugträger, aber sie entschieden, dass die Schlachtschiffe ein hinreichend gutes Ziel waren und griffen dennoch an.

Das kenne ich anders (Hervorhebung durch mich). Meines Wissens waren die Schlachtschiffe der US Pacific Fleet das Primärziel. Ein "Entscheiden" und "dennoch" gab es vor dem Angriff nicht mehr.

Zitat von: Big A am 18 April 2011, 09:44:38
Da die Träger nicht im Hafen waren sondern auf dem Rückmarsch von der Westküste ...

Nein, keiner ... aber zwei von den sieben vorhandenen - begegnungsträchtiger - von Westen.
Ranger, Hornet, Wasp und Yorktown waren im Atlantik, Saratoga an der Westküste in San Diego ...
aber Lexington (TF 12 mit 3 CA und 5 DD) auf dem Rückmarsch von Midway und Enterprise (TF 8 mit 3 CA und 9 DD) auf dem Rückmarsch von Wake hätten der Kido Butai in die Quere kommen können http://bluejacket.com/ww2_12-07-41_carriers.html

Es kam nicht dazu, weil die US Träger zu weit südlich standen,  aber bei einer solchen Begegnung hätte Halsey wohl den Kürzeren gezogen ...

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Big A

@urs

Stimmt, Halseys Trupp fuhr ja bekanntlich seit dem 02.12.(!) bereits unter Kriegsmarschbedingungen mit dem Befehl Halseys alle Japaner (er wählte eine etwas andere Ausdruckweise) als feindlich zu betrachten und anzugreifen

Habe nur versucht, mich kurz zu halten :wink:

Axel
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(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

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Ritchie

Hallo Jens,

es gibt eine sehr gute US Buchserie zu diesem Thema, wobei sowohl eine 3. Welle, als auch (im Folgeband Days of Infamy) ein Begegnungsgefecht mit den US Trägern Enterprise und Lexington, sowie eine zusätzliche Bombardierung des Stützpunktes durch die beiden Schlachtschiffe ziemlich exakt durchgespielt werden.

http://www.amazon.com/Pearl-Harbor-Pacific-Newt-Gingrich/dp/0312943393/ref=pd_sim_b_1

http://www.amazon.com/Days-Infamy-Newt-Gingrich/dp/B001W6RRIY/ref=pd_bxgy_b_img_b

Bis auf einige Ungenauigkeiten bezüglich der Flugzeugzahl sehr detailliert und äußerst interessant.

Beide Bücher stehen bei mir in München im Schrank :)

Grüße

Ritchie

Mario

Bei der Beantwortung der Eingangsfrage sollte man auch die japanische Mentalität beachten. Der zeitgenössische Japaner sah Ehre und Kriegsruhm nur bei der Bekämpfung eines möglichst starken oder besser noch stärkeren Gegners. Strategische Denkweisen waren ihm fast völlig fremd.
Abgesehen davon lag ja der Sinn des Angriffs in der Ausschaltung der US-Pazifikflotte für die Dauer der jap. Invasion in Südostasien und letztendlich wurde dieses Ziel (nahezu) erreicht.

Woelfchen

#6
Noch eine Anmerkung zu diesem "was währe wenn".

Man hätte mit der dritten Welle bestimmt noch ein bissel was kaputt machen können. Aber die Infrastruktur komplett zerstören, das währe nicht drin gewesen. Nur mehr oder weniger stark beschädigen.
Kriegsentscheiden war letztendlich die amerikanische Industriekapazität. Die währe von der dritten Welle nicht beeinträchtigt worden.

Kriegsentscheident war der eine Trägerangriff also bei weitem nicht.

Grüße
Johannes

hansmann

ich meine mal gehört zu haben in irgendeiner doku das sie die treibstofftanks und öl reserven aus einen bestümmten grund nicht angegriffen haben  aber genau was das war weis ich nicht mehr!!!

AND1

Im nachhinein ist man immer schlauer.
Admiral Nagumo hätte mit einer Zerstörung der Öl- und Hafenanlagen bis 1943 Pearl Habor und damit Aktivitäten der Navy beeinträchtigen können.
Gab mal eine Doku im Fernsehen darüber mit amerikanischen "Militärexperten" .

Trimmer

Ich sehe es noch etwas anders. Es erfolgte doch ein Angriff mit Torpedos - also völlig auf Schiffe abgestimmt. Die Infrastruktur hätte man aber mit Bomben zerstören müßen. Also nach erster Welle umrüsten auf Bomben - Zeitfrage. Umrüsten nach 2 Welle wo schon die Luftabwehr wesentlich aktiver war und dann als Bomber wieder angreifen  :? Ich kenne nicht den Zeitkorridor aber einen Torpedobomber auf "normale " Bomben umstellen dauert seine Zeit

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

t-geronimo

Das verstehe ich nicht ganz.  :?

Die erste Welle bestand aus:
40 x Nakajima B5N2 ("Kate") mit Torpedos
50 x Nakajima B5N als Horizontalbomber
50 x Aichi D3A ("Val") Sturzbomber
50 x Mitsubishi A6M Zero ("Zeke") als Jäger

Die zweite Welle bestand aus:
50 x Nakajima B5N als Horizontalbomber
80 x Aichi D3A ("Val") Sturzbomber
50 x Zeke als Jäger

Quelle: Morison, "History of the United States Naval Operations in WW2 - Band 3"


Selbst wenn Morisons Zahlen nicht ganz korrekt sind - es geht mir nur um die Tendenz!
Man hätte also weniger als 40 Flugzeuge (einige Torpedobomber wurde ja abgeschossen) umrüsten müssen, und da die Kate beides konnte kann ich mir nicht vorstellen dass das super lange gedauert hätte.
Außerdem wären genug andere Bomber für eine dritte Welle da gewesen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Big A

Nach Tully/Parshall, "Shattered Sword" dauerte die Umrüstung je Maschine ca. 30 min, da die jeweiligen Waffenschlösser ebenfalls gewechselt werden mussten. Das ging nicht an Oberdeck.
Also, Maschine unter Deck, Schlösser und Bewaffnung wechseln, Maschine wieder an Deck, nach achtern schieben (keine Zugfahrzeuge auf japanischen Trägern) und neu starten. Dazwischen mussten aber auch die anderen Maschinen wie Jäger etc. wieder an Bord genommen werden

Axel
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(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Peter K.

... dazu empfehle ich die ausgezeichneten Analysen in:

Alan D. ZIMM,
Attack on Pearl Harbor - Strategy, Combat, Myths, Deceptions
2011, ISBN 978-1-61200-010-7

BTW, nach Rückkehr der zweiten Angriffswelle standen noch 128 Kates und 104 Vals einsatzbereit zur Verfügung!
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Peter K. am 09 Juni 2011, 18:42:55
nach Rückkehr der zweiten Angriffswelle standen noch 128 Kates und 104 Vals einsatzbereit zur Verfügung!

nach Rückkehr der zweiten Angriffswelle .. wohl nicht sofort, aber nach Umrüstzeit, Auftanken und (kleinen) Schadensreparaturen ...

bei Midway wurden, nach Rückkehr der ersten Angriffswelle vom Angriff auf Midway selbst, mehrere Maschinen mit schweren Flaktreffern als "nicht mehr reparaturwürdig" außenbords gestürzt. Das war hier vielleicht genauso ...

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Peter K.

Zitatnach Rückkehr der zweiten Angriffswelle .. wohl nicht sofort, aber nach Umrüstzeit, Auftanken und (kleinen) Schadensreparaturen ...
... das ist richtig, aber die genannten Maschinen standen standen tatsächlich für eine dritte Welle zur Verfügung!

Zitatbei Midway wurden, nach Rückkehr der ersten Angriffswelle vom Angriff auf Midway selbst, mehrere Maschinen mit schweren Flaktreffern als "nicht mehr reparaturwürdig" außenbords gestürzt. Das war hier vielleicht genauso ...
... tatsächlich war das auch hier der Fall, etwa 10 bis 15 Maschinen (andere Quellen nennen bis zu 20) wurden so nach der zweiten Welle "entsorgt"

  • von den 144 teilnehmenden KATE´s wurden nur 5 abgeschossen, weitere 11 waren zu schwer für einen weiteren Einsatz beschädigt, bleiben 128
  • von den 135 teilnehmenden VAL´s wurden 15 abgeschossen, weitere 16 waren zu schwer beschädigt, bleiben 104
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

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