Kritische Betrachtung von "Helden oder nicht Helden&quo

Begonnen von Ralf, 16 März 2006, 11:58:43

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Herr Nilsson

Hallo zusammen,

Chrischnix trifft es meiner Meinung nach schon ganz gut.
Ergänzend möchte ich bemerken, dass der Begriff Held - zumindestens für mich - auch immer mit höheren Zielen und Idealen verknüpft ist. Dies kann Nächstenliebe, Pflichtbewußtsein, Aufopferung oder sonst etwas sein. Die Frage ist doch eigentlich nicht ob jemand ein Held ist, sondern vielmehr welchem Ideal er in einer ganz bestimmten Situation folgt. Erst das Ideal - oder besser die Bewertung des Ideals durch seine Umweld - macht eine Person zum Helden.
Petain beispielsweise wurde als "Held von Verdun" geehrt, andererseits wurde er später wegen Kollaboration zum Tode verurteilt. Ein und dieselbe Person in völlig unterschiedlichem historischen Kontext. Im Zweifel wird/sollte das vermeintliche Heldentum ein und derselben Person in einer Bewertung immer hinter der schlechten Tat zurückstehen. Dies ist im Übrigen auch gut so, da das Konzept des "Helden" eine Person mit ihrer gesamten Geschichte ehrt und nicht die einzelne Tat.
Kurz gesagt: Ein Held - nach meinem Verständnis - ist nur die Projektion der vermeintlich "guten" Tat auf eine Person.
Besonders problematisch ist diese Verquickung, wenn davon auszugehen ist, dass das Wort "Held" unreflektiert übernommen wird. Dabei denke ich weniger an unsereins, die wir hier diskutieren, da wir uns ja scheinbar darüber Gedanken machen, sondern vielmehr an diejenigen, die sich eben keine Gedanken darüber machen. Hier könnten schon falsche Ideale an den Mann/Frau gebracht werden. Aus diesem Grunde werde ich persönlich mit dem Wort "Held" im Kontext unseres Forums recht verantwortungsvoll und sparsam umgehen. Im Zweifel lieber einmal zuwenig als einmal zuviel. Amen!

Genug der philosophischen Ergüsse!

Gruß Marc
Gruß Marc

harold

Tja, "Heldentum"

Selbst- und rückhaltloser Einsatz der eigenen Person, Kräfte, des eigenen Ansehens etc. oder auch des eigenen Lebens zugunsten:

- anderer Menschen (gleich welchen) in katastrophalen Lagen
(wohl außer Diskussion),

-  "eigener" Menschen (aber nur von definierter exklusiven Gruppe), in lebensbedrohenden Konfrontationen mit der exkludierten Gruppe, den "anderen"
(wohl schon etwas bedenklicher, oder?)

-  einer eigenen Idee/Mythos/Glaubensinhalt;  
auch unter Inkaufnahme jede konkurrierende Idee etc. zu vernichten : oder auch Menschen.


Die erste Art erscheint mir als das Programm der Humanität,
die zweite als Überlebensstrategie eines Clans,
die dritte als Rechtfertigung von Macht.  

Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Wilfried

Moin, moin zusammen!

Tja, da haben wir sie wieder - unsere unsägliche Vergangenheit, in der Begriffe wie Held und Heldentum, neben vielen anderen Begriffen, für eine menschenverachtende Ideologie mißbraucht wurden. Und deshalb ist es heute so schwer, eben diese Begriffe wertfrei im eigenen Wortsinn zu gebrauchen.
Ein Held ist ein Mensch nur im Ansehen und in der Achtung anderer. Dem kann ich vorurteilsfrei zustimmen.
Nur - wie wird man ein Held? In einer totalitären Gesellschaft ist dieses Wort untrennbar mit kriegerischen Handlungen verbunden.
Und immer in Zusammenhang mit einer Leistung, die nationalistisch anmaßend, propagandisch zu verwerten ist.
Auch im zweiten Weltkrieg hat keiner derer, die als solcher bezeichnet wurden, sein Heldentum persönlich vermarktet.
Es waren immer andere, die sich diese Lorbeeren ans Revers geheftet haben und für entsprechende Glorifizierung gesorgt haben - um aus deren Taten politisches Kapital zu schlagen.
Für mich gibt es Helden in dieser Form nicht - eher die "stillen Helden". Menschen, die Zivilcourage beweisen, die in Augenblicken der Gefahr eingreifen, ohne Rücksicht auf die eigene Befindlichkeit zu nehmen. Ich denke hier - wir sind in einem Marineforum - an die Männer der DGzRS - um nur ein Beispiel zu nennen.
Hier stimme ich dem Beitrag von Harold voll inhaltlich zu.
Insofern habe ich mit aller Gelassenheit den Beitrag von Zerstörerfahrer gelesen, als er die Namen der Zerstörer hier im Forum erklärt hat.
Nicht mehr und nicht weniger.
Es ist uns gestattet, die Namen und deren Handlungen aufgrund unseres heutigen Kenntnisstandes kritisch zu hinterfragen. Es ist sogar unser gutes Recht. Nur wie hätten wir uns in der damaligen Zeit verhalten?

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried
... Tradition pflegen, bedeutet nicht, Asche aufzubewahren sondern Glut am Glühen zu halten ...
http://www.passat-verlag.de
http://www.kartonskipper.com
http://www.forum-marinearchiv.de - wenn Marine Dein Ding ist!

kalli

Wilfried schrieb : Wie hätten wir uns in der damaligen Zeit verhalten ?
Diese Antwort kann keiner von uns ehrlichen Herzens beantworten. Und das muß dann auch genügen.
Eines weiß ich allerdings : Kaum einer hat, der später "des Heldentums bezichtigt wurde", bei seiner herausragenden Tat daran gedacht, mal als Held bezeichnet zu werden. Das gilt auch heute noch für den Feuerwehrmann.
Ob es griechische Sagen, römische Geschichtsschreibung oder die Siegfriedsage sind. Helden wurden immer GEMACHT.
Das braucht uns doch aber nicht daran zu hindern, Lebensläufe zu erforschen, Verquickungen darzustellen, gar Verfehlungen..
Der Mensch lebt in seinem sozialen und aus heutiger Sicht gesagt geschichtlichen Umfeld.
Deshalb ist es doch gut, über Biografien sich auszutauschen.
Spee hat den Budjonny ins Spiel gebracht.
Ich habe hier die Biografie von Kusnjetzow ( und von anderen sowjetischen Kommandeuren ). Was der erleben musste ist schon abenteuerlich, für viele andere allerdings auch tödlich gewesen-aber eben für uns als Geschichtsinteressierte sehr interessant.
Lasst uns die Heldendebatte abklingen und Licht hinter die Biografien von Seeleuten bringen, auch derer, die nicht in Büchern genannt werden.
Das wäre mein bescheidener Wunsch
Gruß
Kalli

Leutnant Werner

Ich habs gerade eben erst gelesen, Zerstörerfahrer: Hans Ulrich Rudel ein Held?
Irgendwann einmal ist diese braune Zecke bei einem jener Panzerkiller-Einsätze nahe des Dnjepr abgeschossen worden. Er und sein langjähriger Beobachter konnten sich retten, Bruchlandung oder so. Um sich zu den eigenen Linien zu retten mußten die beiden den sehr kalten Dnjepr durchschwimmen. Rudel hats geschafft, sein Beobachter nicht. Hat nicht einmal Rettungsbemühungen gemacht, der Rudel. Mal ab davon, dass Braune, egal wie professionell sie als Soldaten waren, per se für mich nicht als Helden taugen: Dein Hans Ulrich war wohl nicht in der DLRG und damit ist er doch auch nach Deinen Standards nicht als Held qualifiziert.
Lt.

Zerstörerfahrer

Wobei du eins wieder vergisst, seine Leistungen waren enorm und die kannst du ihm nicht absprechen. Bei besagten Absturz war Rudel glaub ich sogar verwundet. Wie hätte er da helfen sollen. Wie oben schon gesagt, für mich zählt die Leistung und nicht die Gesinnung. Ich komme aus der ehem. DDR und habe daher von meiner Erziehung her nicht viel am Hut mit den Braunen,
Aber wo grossartige Leistungen vollbracht wurden, sollte man sie auch würdigen und nicht beschimpfen, weil sie nach besten Wissen und Gewissen gehandelt haben.

Leutnant Werner

Das lass ich alles besser mal unkommentiert.
Noch einen schönen Abend :lol:
Lt.

kalli

Kommentare waren für meinen Geschmack genug. Ich hatte den Vorschlag unterbreitet, das Thema jetzt ausklingen zu lassen....
Ich habe nur die Bitte, dass wir uns gemeinsam dran halten.
Eins möchte ich für meinen Abschluss zu diesem Thema allerdings noch anfügen : Die meisten ernannten Helden haben den verliehenen Status sehr wohl geschätzt und ihren persönlichen Nutzen gezogen.
Da war wenig von bescheidenem Heldentum. Man hat sich der Propaganda willig zur Verfügung gestellt. Man hatte ja auch was davon. Erhellend ist ein wenig Teddy Suhrens Buch darüber.

Kuddel

Wenn man die doch sehr unterschiedlichen Meinungen hier liest fällt mir eigentlich nur der Spruch ein " Glücklich das Land das keine Helden braucht " oder so ähnlich. Ich weiß auch nicht von wem es ist aber es ist viel wahres drin.
Ich weiß, daß ich nichts weiß. "Sokrates"

Spee

@Kalli,

ich halte mich soweit an deinen Wunsch, muß aber noch etwas los werden  :)  .

@Ralf,

Also in den Augen der Gesellschaft - und ich schätze nicht nur der der Propaganda - waren die Mannen, die Z-Fahrer da aufgelistet hat Helden.
In übertreibe mal: In Spee´s Augen nicht...
Warum nicht?

Stellt Euch vor, Spee und ich würden mit einer Zeitmaschine ins Jahr 1935 reisen?
Wäre es so, dass man - so ganz allgemein - seine Ansicht teilen würde? Ganz sicher nicht... Wäre meine Ansicht - Helden ihre Zeit zu lassen und auch der Zeit ihre Helden zu lassen - richtiger? Wie ich meine vielleicht eher aber eigentlich genau so wenig...


Eben da setzt meine Kritik an. Du plädierst dafür, die Dinge unkommentiert stehen zu lassen. Die waren damals Helden und gut. Ich würde mal gern wissen, was die Admirale Hipper und Behncke zur Namensgebung des Panzerschiffes "Admiral Scheer" gedacht haben. Die dürfte damals eher Bauchschmerzen den Zustimmung verursacht haben. Admiral Scheer's 2.Gefechtskehrtwendung in der Skagerrakschlacht war sowas von unnötig und hat gerade Hipper's Schlachtkreuzer in schwere Bedrängnis gebracht. Taktisch sinnvoll war das Vorgehen Admiral Scheer's keinesfalls, den dann hätte er seine schwer angeschlagenen Schlachtkreuzer hinter seine Hauptflotte bringen müssen. Der, der in dieser Zeitspanne taktisch richtig und mutig (ja, ich gebrauche es mal) gehandelt hat, war Konteradmiral Mauve, der sich mit seinen "5-Minuten-Schiffen" zwischen die deutschen Schlachtkreuzer und die britische Linie schob, um den Druck von Hipper's Schiffen zu nehmen.
Soweit das, was damals weit mehr bekannt war und heute kaum noch beachtet wird. Klar, Panzerschiff "Admiral Scheer", Sieger vom Skagerrak und Flottenchef, gute Namenswahl. Das sagen wir dann heute, weil wir's einfach so stehen lassen, gerade damals hätte man das aus eigenem Miterleben wohl differenzierter betrachtet, oder?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Ralf

Nein, lieber Spee - und es scheint es bleiben nur wir beide mit unserer Meinungsverschiedenheit - ich plädiere nicht für "nicht kommentieren". Ich plädiere auf Erörterung nach Darlegung. Wie ich in dem anderen Thread schon sagte, fand ich erster Linie Deine Art und Weise der Kritik unangebracht... Aber das ist wohl nicht wirklich zu diskutieren...
Z-Fahrer hatte sich eine schöne Arbeit gemacht, die sofort torpediert und zerrissen wurde. Das kann man auch anders machen... Aber wie gesagt, werden wir beide da sicher nicht mehr auf einen Nenner kommen.

Kommentieren sollte man das alles nachher sowieso... Ich erwähnte auch hier, dass man jede Quelle in Frage stellen sollte. Selbst Z-Fahrer sollte dies mit seinen kleinen Biografien tun.

Der nächste Punkt, der mich störte, war halt die mit dem Helden. Und wie finde, haben wir hier gut etwas herausgefunden und dargelegt. Nun kann sich jeder seine Meinung dazu bilden, denn ich denke jeder hat so ein wenig eine eigene Definition von Helden... Und jeder von uns kann Heldentum auch im Kleinen spüren. Das Definieren fällt uns eindeutig schwer...

@Kalli: Warum sollen wir die Diskussion beenden? Ich meine schon, dass wir hier an einem Punkt kratzen, der unangenehm ist, der nicht lustig zu diskutieren ist, aber dennoch gerade auch mit unserer eigenen Identifikation mit unserem Hobby viel zu tun hat... Hier zeigt sich doch erst, wie kritisch wir damit umgehen!
Ich gebe Spee vollkommen Recht das es hinterfragt werden muss, aber ich bitte aber auch um Kontenance...
Gruß
Ralf
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,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

Lutscha

Zitat von: Leutnant WernerDas lass ich alles besser mal unkommentiert.
Noch einen schönen Abend :lol:
Lt.

Naja, ich weiss nicht, sollte man vielleicht doch kommentieren, dass überzeugte Nazionalsozialisten bei deren Ansichten nicht so ganz nach besten Wissen und Gewissen handeln, vor allem im Krieg gegen "Untermenschen"... :D
Das ist ja barer Unsinn, wenn das stimmen würde, hätten SIE ja recht!

Typisch deutsche Argumentationsweise.

Spee

Sorry, aber wo zerreisse oder torpediere ich hiermit?

@Zerstörerfahrer,

ohne die Leistungen der deutschen Seeleute und deine schmälern zu wollen, aber die Darstellungen sind z.T. eher "heroisch", den genau.



Klare Aussage, mehr nicht. Alles nachfolgende ist "hineininterpretieren".
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Leutnant Werner

@Lutscha:
1. Wenn da jemand undifferenziert bewertet: Er hats nicht so gemeint (glaube ich jedenfalls)
2. Auch wenn wir in diesem Punkt d´accord gehen, muss ich tatsächlich nicht alles kommentieren (da gibt es ja auch andere Forumsmitglieder, die NICHT TYPISCH DEUTSCH argumentieren und das übernehmen können)

@Spee,
die 5-Minuten-Schiffe von weiter oben im Thread sind ein Sonderproblem, ein sehr interessantes. Könntest Du dafür einen neuen Thread öffnen?

Beste Grüße
Lt.

Woschnik

Ganz ehrlich: Wozu braucht "man" Helden? Den Begriff? Insbesondere die so genannten "Kriegshelden" brauchten Staaten nur, um Kriege zu romantisieren und den Menschen Sand über das eigentliche grausige Kriegsgeschäft in die Augen zu streuen.

Bitte denkt auch einmal daran: Wieweit hängt der Begriff "Held" von der Aufmerksamkeit der Massen ab?

Meine ganz persönliche Ansicht ist: Ich mag den Begriff nicht, mag die Schubladen nicht, die sich dahinter verbergen, und überhaupt halte ich den Begriff hier im Forum so überflüssig wie einen Kropf.

Ralf, weil Du fragtest: Ich persönlich kenne keine Definition. Falls Du ernsthaft nach einer solchen suchst, würde ich mal unter dem Stichwort "Psychologie" oder "Soziologie" oder ähnlichem suchen.
Liebe Grüße

Volker

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