Schiffs-Dampfmaschinen

Begonnen von Turbo-Georg, 20 September 2010, 14:24:41

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Turbo-Georg

Hallo Olpe,
schöne Bilder, und dann auch noch eine Christiansen & Meyer. Ich bin nämlich ein Fan dieser Firma, bzw. der von ihr gebauten Maschinen. Von ihr stammt auch das ausgereiftste Konzept der Doppel-Verbundmaschine in den dreißiger Jahren. (Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft, Band 33 (1932) Seiten 212 bis 238)
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

#16
Anhand der Zeichnung einer Schiffs-Dampfmaschine mit Dreifachexpansion werden die wesentlichen Komponenten und Hilfseinrichtung einer solchen Maschine erläutert.
Neben den Zylindern mit ihren Kolben, Kolbenstangen und Pleueln, fallen dem Betrachter eine Anzahl weiterer Stangen, Hebel und Exzenter ins Auge. Es sind die Gestänge der Steuerung. Ihnen kommt die  wichtige Aufgabe zu, zum richtigen Zeitpunkt über entsprechende Steuerschieber den Frisch-Dampf in die oberen bzw. die unteren Zylinderräume einströmen, sowie den Abdampf ausströmen zu lassen. Gleichzeitig kommt ihnen beim Manövrieren die Aufgabe der Drehrichtungsänderung zu.
Bei Schiffs-Dampfmaschinen ist die Stephensonsche Kulissensteuerung am weitesten verbreitete. Sie ist gut zuerkennen, an den gegabelten Exenterstangen und den typischen, bogenförmigen Kulissen. Sie hat auf der Kurbelwelle jeweils zwei Exenter pro Schieber. Für Vorwärts- und Rückwärtsfahrt sind diese beiden Exenter in einem bestimmten Winkel gegeneinander versetzt. Nicht selten sieht man auch Maschinen mit der Klug'schen Lenkersteuerung. Sie erbrachte bei den Maschinen eine oft gewünschte Verkürzung der Baulänge, da hierbei die einzelnen Schieber nicht in Reihe mit den Zylindern sonder seitlich von ihnen angeordnet werden konnten. Darüber hinaus benötigt die Klug-Steuerung nur einen Exzenter pro Zylinder (Schieber). Doppel-Verbundmaschinen mit Klug- Steuerung kommen insgesamt mit nur zwei Exentern aus. Hieran und an den ihr eigenen, gebogenen Schieberstangen erkennt man diese Steuerungsart. Anderen Lenker-Steuerungen, wie denen von Marshall oder von Joy begegnet man seltener.
Das Umlegen der Steuerung bei Dreh- bzw. Fahrtrichtungswechsel erfolgte durch eine, für alle Schieber gemeinsame Steuerwelle [15]. Diese wurde bei kleinen Maschinen per Handhebel und bei Maschinen von 150 PSi bis ca. 500 PSi durch ein Handrad mit Schneckengetriebe oder Schraubenspindel bewegt. Bei Maschinen über 500 PSi erfolgte das Manövrieren vorzugsweise mit Dampfbetriebenen Umsteuerungsmaschinen [14], entweder als ,,direktwirkende" also linear oder als ,,Rundlauf-Umsteuermaschine" ausgeführt. Für den Notfall war jedoch auch hier eine Handumsteuerung vorhanden, die mit der Umsteuermaschine in geeigneter Weise verbunden war. Eine Sonderform bildeten Maschinen mit Ventilen statt Schiebern; hier erfolgte die Steuerung auch über Nockenwellen, die über Hebel durch die üblichen Excentern, durch Zahnräder oder Kettentriebe an die Kurbelwelle gekoppelt waren. 
Die Drehzahl und damit auch die Leistung der Schiffs-Dampfmaschine wurden vom Maschinisten durch Dampf-Drosselung mit dem Manövrierventil [12] am Steuerstand geregelt. Die Maschinen mussten schnell und präzise hierauf ansprechen. Nur so konnte etwa bei Hafen- oder Schleusenmanövern der Maschinist den oft in schneller Folge erteilten Kommandos der Schiffsleitung nachkommen.
Die Kommandos von der Brücke wurden ihm vorwiegend mit dem, vom Steuerstand gut sichtbaren Maschinentelegrafen übermittelt. Es gab aber auch Sprechverbindungen, anfänglich über ein Sprachrohr später per Telefon.
Bei längerer Marschfahrt wurde durch Verstellen der Umsteuerung die Dampf-Füllung der Zylinder auf Dampf sparenden und damit wirtschaftlicheren Betrieb verändert. Die hauptsächlich eingesetzten Steuerungen gestatteten eine Minderung der Zylinderfüllung um ca. 20 %. Bei der optimalen Einstellung wurde der Maschinist durch ein Zeigersystem oder mehrere, werkseitig angebrachte Markierungen am Umsteuer-Gestänge unterstützt.
Bei schwerer See bestand die Gefahr, dass wegen der dabei freikommenden Schiffsschraube, die Maschine ,,durchgeht", soll heißen überdreht. Ein Überdrehen der Maschine würde zweifellos zu Zerstörungen führen. Über eine Handbetätigte Drosselklappe, eingebaut in die Dampfleitung zwischen Manövrierventil und Maschine wurde beim Freikommen der Schraube die  Dampfmenge und damit die Drehzahl kurzzeitige begrenzt. Das bedurfte großer Einfühlung und hoher Konzentration. Häufig wurde daher ein automatisch arbeitender Drehzahlbegrenzer vorgesehen, etwa der meist am Pumpenhebel (Balancier) montierte Aspinall-Regler, einem kleinen System mit Federbelastetem Trägheitsgewicht und mehreren Sperrhebeln. Bei Überschreiten der eingestellten Maximal-Drehzahl wurde über ein Gestänge die Drosselklappe geschlossen und bei Unterschreitung wieder geöffnet.
Allgemein schließen die Hilfsschieber [13] als Vorwärm- und Anfahrhilfe, sowie die Entwässerungshähne die Bedieneinrichtungen am Steuerstand ab. Die Hilfsschieber sind kleine, über Handhebel bediente, Flach- oder Drehschieber. Über sie konnte der Maschinist dem MD- bzw. ND- Zylinder oder dem betreffenden Schieberkasten Frischdampf zuführen, um das Anspringen der Maschine zu erleichtern. Nach längerem Stillstand konnte über die Hilfsschieber die Maschine mit Frischdampf vorgewärmt werden. Die Entwässerungs- oder Ausblashähne an den Zylindern und Schieberkästen hatten bei größeren Maschinen Ableitungsrohre über die das anfallende Kondenswasser in den Kondensator abgeführt wurde. Zur Überwachung der wichtigsten Betriebswerte findet man am Steuerstand häufig eine Anzahl von Manometern. Zu den Bedieneinrichtungen nur im weiteren Sinne, zählt die meistens vorhandene Maschinen-Drehvorrichtung [23]. Bei Instandhaltungs-Arbeiten wurde sie zum Drehen der Maschinen verwendet. Sie bestand vorwiegend aus einer bei Bedarf einrückbaren Schnecke und einem Schneckenrad, aufgezogen auf der Abtriebsseite der Kurbelwelle oder zwischen Hauptmaschine und Schraubenwellen-Drucklager [24]. Sie wurde mit einer Knarre per Hand, bei großen Maschinen auch durch Dampfkraft betätigt.
Weniger zur Hauptmaschine als zur Schraubenwellen-Anlage gehörten neben dem Drucklager auch die Wellen-Traglager und eine eventuell vorhandene Schraubenwellen-Bremse. Über das Drucklager wird der Propellerschub auf den Schiffskörper übertragen; es ist entweder fest mit der Schiffskonstruktion oder mit dem Maschinenfundament verbunden Die Wellenbremse verhinderte bei Wartungsarbeiten unerwünschte Bewegungen der Schraubenwelle.

Die Schmierung der Lager erfolgte in den meisten Fällen mittels Dochtschmiergefäßen. Hierbei wurde die Kapillar- und Heberwirkung der Dochte aus zusammengedrehten Schafwollfäden zur langsamen und gleichmäßigen Öl-Zuführung genutzt.
Kurbelwellenlager und andere feststehende oder nur langsam und wenig bewegte Lager haben gewöhnlich auf den Lagerdeckeln oder den Lagerkörpern befestigte Schmiergefäße, die von Hand nachgefüllt wurden. Die Lager, die während des Ganges der Maschine nur schwer zugänglich sind oder bei denen das unmittelbare Anbringen eines Dochtschmiergefäßes nicht möglich war, wurden von einer oder mehreren Zentralstellen aus geschmiert. Von den Zentralschmiergefäßen führten Kupferrohre entweder direkt zu den zu schmierenden Teilen oder sie endeten über einer Auffangschale an den bewegten Maschinenteilen von der das Öl über Rohre zur Schmierstelle weitergeleitet wurde. Die Zentralschmiergefäße mit häufig zehn oder mehr Rohr-Anschlüssen waren oft mit kleinen Absperr- oder Dosierhähnen, mitunter auch Schaugläsern versehen. Sie wurden überhöht an der Maschine angebracht. Die Ölrohre wurden mit einem Gefälle verlegt, damit auch bei einer Schräglage des Schiffes bis zu 10 Grad die Schmierung noch gewährleistet war. An Stelle von Zentral-Dochtschmierkästen kamen später vielfach Schmier-Apparate mit kleinen Kolben-Pumpen zum Einsatz deren Fördermenge sich zur Versorgung der einzelnen Schmierstellen beliebig einstellen ließ. Diese Apparate wurden in geeigneter Weise, z.B. mit Hebel und Sperrrad von der Hauptmaschine angetrieben
Mit Hilfe einer maschinenbetriebenen Schmierölpresse erfolgte auch die Schmierung der inneren Maschinenteile. Am Manövrierventil wurde das Zylinder-Schmieröl dem einströmenden Dampf zugesetzt. Häufig sind auch noch auf den Zylinderdeckeln Schmierhähne für direkte Schmierung vorhanden.
Unter gewöhnlichen Betriebsverhältnissen war die entwickelte Wärme an den meisten Lagern gering oder sie wurde durch die Bewegung an die umgebende Luft abgegeben. Bei Lagern mit größerer Reibungsarbeit wie Wellenlager, Kurbel- und Kreuzkopflager oder die Gleitbahnen der Kreuzköpfe,  konnte die Temperatur unter Umständen eine gefährliche Höhe erreichen. Sie wurden deshalb entweder fortwährend mit Wasser gekühlt oder zur Sicherheit mit entsprechenden Vorrichtungen versehen, um bei eventueller Überhitzung mit Wasser kühlen zu können
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

bodrog

@Turbo-Georg

hallo,

da bin ich mal auf die Ausführungen zur Balancierung der Maschinen gespannt, denn dies habe ich bisher in keinem Buch schlüssig erklärt bekommen...

Bis bald

Ulli

Turbo-Georg

Hallo Ulli,
ich muss zu meinem Bedauern gestehen, dass ich nicht weiß was Du unter Balancierung der Maschine verstehst.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

turbine

Hallo Georg,

kurz aus dem sueden.........klasse Thema top top top

gruesse Reiner
Grüße von der Alb ra......Reiner

Turbo-Georg

#20
Die Zeichnung der Dreifach-Expansionsmaschine zeigt auf der Rückseite der Maschine Zusatzeinrichtungen, wie den Kondensator, der hier in die rückwärtigen Zylinderstützen eingegossenen ist, sowie eine Anzahl von Pumpen, so genannte Maschinenpumpen.
Zur Verdeutlichung des Prozessablaufes in einer Dampfmaschinenanlage und damit auch zum Verständnis der Funktion des Kondensators und der Maschinenpumpen unternehmen wir wieder einen der allseits beliebten, kleinen Ausflüge in die Physik. Wir betrachten hierzu das
Wärmediagramm einer Dreifach-Expansionsmaschine. Es zeigt uns die Zustandsänderungen des Wassers (Dampfes) im Prozesskreislauf.
Wir beginnen auf der Linie der Flüssigkeitswärme, auch untere Grenzlinie genannt, links unten beim Punkt a mit dem Kessel-Speisewasser von 54 Grad (x = 0 bedeutet: Dampfanteil null!). Durch die Zuführung von Wärme im Kessel steigt die Wassertemperatur und am Punkt b dieser Grenzlinie beginnt bei 12 ata und 187 Grad die Verdampfung. Durch weitere Wärmezufuhr, der Verdampfungswärme, erreichen wir bei konstantem Druck und konstanter Temperatur den Punkt c auf der Sättigungslinie (obere Grenzlinie genannt). Hier ist die gesamte Flüssigkeit verdampft und die Wärmezufuhr beendet. Wir sprechen von gesättigten Dampf oder Sattdampf (x = 1). Der Expansion des Dampfes zwischen den Punkten c und d, dem eigentlichen Arbeitsprozess in den Zylindern der Maschine, folgt bei konstantem Druck und konstanter Temperatur (... als Speisewassertemperatur angenommen!) zwischen den Punkten d und a der Wärmeentzug im Kondensator durch Kühlung mit Wasser.

Über die physikalischen Vorgänge im Kondensator wurde bereits berichtet
# 14 ( http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12568.0.html ).
Der Kondensator stellt ein geschlossenes Gefäß dar, in das der Dampf aus dem ND-Zylinder einströmt. Durch die Zufuhr einer hinreichenden Menge Kühlwasser, sei es durch direkte Einspritzung in den Dampf (Einspritzkondensation) oder durch Zirkulation in Rohrbündeln die vom Dampf umströmt sind (Oberflächenkondensation), wird eine möglichst niedrige, konstante Temperatur gehalten. Dieser Temperatur entspricht ein Sättigungsdruck des Dampfes, welcher erheblich unter dem atmosphärischen Druck von 1 bar liegt. Das heißt, im Kondensator entsteht ein Vakuum. Dieses Vakuum ermöglicht die Nutzung eines nicht unwesentlichen Anteils der Dampfexpansion im ND-Zylinder. Das Wärme-Diagramm zeigt, dass ohne Kondensator die nutzbare Dampf-Expansion vermutlich am Punkt 6 (Ausströmen) des MD-Zylinders beendet wäre (Dampftemperatur 100 Grad Celsius = 1 bar). Die weitere Arbeitsfähigkeit des Dampfes würde nicht genutzt (so gen. Auspuff-Verlust). Die schraffierte Fläche zeigt das theoretische Arbeitsvermögen des Dampfes und die weißen Flächen die tatsächlich in den Zylindern erbrachte Arbeit.
Die Kondensatortemperatur liegt in der Regel höher als die Temperatur des zur Verfügung stehenden Kühlwassers. Bei der Temperatur im Kondensator verflüssigt sich bekanntlich der Wasserdampf zu Kondensat. Das Kondensat wird durch Pumpen aus dem Kondensator entfernt und bei Seeschiffen mit ausschließlicher Oberflächenkondensation, in geeigneter Weise zur Speisung der Kessel wieder verwendet, denn salzhaltiges Seewasser ist zur Kesselspeisung ungeeignet. Einspritzkondensation findet man deshalb nur auf Flussschiffen oder Schiffen in Süßwasserrevieren.
Die Aufrechterhaltung des Vakuums im Kondensator wird aber dadurch gestört, dass außer Wasserdampf auch Luft in ihn gelangt. Diese Luft ist teils bereits im Kesselspeisewasser enthalten, teils dringt sie von außen durch ungenügende Dichtungen oder Lecks in den Kondensator bzw. in die unter Vakuum stehenden Teile der Dampfmaschine und Rohrleitungen ein. Darüber hinaus wird durch Luft die Wärmeübertragung im Kondensator und damit seine Wirksamkeit erheblich herabsetzt. Die Luft musste deshalb dauernd durch Luftpumpen entfernt werden
Der zu kondensierende Dampf wurde meistens von oben zwischen die Kühlrohre im Kondensatorgehäuse geleitet. Durch gelochte Prall- oder Leitbleche, sowie durch Gassen zwischen den Rohren, wurde erreicht, dass sich der Dampf mit Sicherheit in ganzer Länge und über alle Rohre verbreitet. Die Kühlrohre sind  an den Seiten des Kondensators mit kleinen Stopfbüchsen oder durch Einwalzen in Rohrplatten eingesetzt und bestanden  allgemein aus nahtlos gezogenem Messing mit  Außendurchmessern von 16 bis 20 mm und Wandstärken von 1 mm bis 2 mm. Je nach Rohr-Durchmesser und Rohranordnung hatte 1 m2 Rohrplatte etwa 1000 bis annähernd 2000 Rohre, das ergab Kühlflächen von 70 bis 90 m2 je Kubikmeter Rohrsystem. Die, in der Zeichnung dargestellte 650 PS-Dreifach-Expansionsmaschine eines kleineren Frachters benötigte vergleichsweise eine Kondensator-Kühlfläche von ca. 85 m2.
Die Kondensatoren von Maschinen bis etwa 1000 PSi sind häufig in die Maschinenständer eingebaut. Sie bestehen dann wie die Ständer selbst, aus Gusseisen und haben eine etwa rechteckige Form. Getrennt von der Maschine aufgestellte Kondensatoren waren meistens rund und aus Gusseisen oder Eisenblech hergestellt. Nicht selten sieht man bei Kriegsschiffen ovale und runde Kondensatoren aus Kupfer- oder Messingblech. Das Kondensatorgehäuse war durch eine Anzahl von Versteifungsrippen gegen Zusammendrücken gesichert. Die Kühlwasser-Vorlagen schlossen beiderseits die Rohrplatten ab. Das Kühlwasser wurde zwei- oder mehrfach durch die Kühlrohre geleitet, das heißt durch einen Teil der Rohre hin und durch den anderen Teil zurück. Dabei ist es in Bezug auf das Vakuum gleichgültig, ob das Kühlwasser oben ein- und unten ausströmt oder umgekehrt. Im letzteren Falle wird die Kondensat-Temperatur allerdings niedriger sein, da das herabtropfende Kondensat über die kältesten Rohre zuletzt rieseln muss. Aber nicht nur das Kondensat wird kälter sondern auch die abzusaugende Luft, das kommt der Wirksamkeit der Luftpumpe entgegen.
Das wirtschaftlichste Vakuum für Kolben-Dampfmaschinen lag bei etwa 0,15 ata (85 Prozent Vakuum) und 45 Grad Celsius Kondensattemperatur. Das vorhandene Luft-Volumen konnte bei diesem Kondensatordruck noch durch übliche Kolbenluftpumpen mit geringer Hubzahl abgesaugt werden. Das Abpumpen von Kondensat und Luft erfolgte in der Regel an der tiefsten Stelle des Kondensatorgehäuses durch so genannte Nass-Luftpumpen. Wegen ihrer einfachen und doch wirkungsvollen Bauweise ist die Edwards-Nass-Luftpumpe häufig anzutreffen. Die Luftpumpe war, wie auch die Kühlwasserpumpe, sowie eine oder zwei Speisepumpen und ggf. eine Lenzpumpe an die Hauptmaschine angehängt. Diese Maschinenpumpen waren über das so genannte Pumpenquerhaupt miteinander verbunden und wurden von einem der Zylinder-Kreuzköpfe über einen Schwinghebel (Balancier) mit Lenkstangen angetrieben.
Die Nass-Luftpumpe ist einfachwirkend und verdichtet einerseits die abgesaugte Luft auf etwas mehr als 1 ata, um diese im Maschinenraum oder über Deck an die Umgebungsluft abzuführen, andererseits pumpte sie das Kondensat vom Kondensator in einen Sammeltank, aus dem es die Speisepumpen wieder in den Kessel förderten. Zur Vermeidung von Wasserschlag beim Wiederanlauf der Maschine nach längeren Betriebspausen ist am Luftpumpengehäuse stets ein Überdruckventilventil oder eine federbelastete Wasserschlagklappe vorhanden. Bei Maschinen bis etwa 100 PSi war gewöhnlich eine, bei größeren Maschinen waren zwei Maschinen-Speisepumpen angeordnet. Die angehängten Speisepumpen waren immer als Tauchkolbenpumpen ausgeführt und daher einfachwirkend. Unmittelbar an den Druckventilkästen befanden sich deshalb zur Minderung der Druckstöße kugelförmige oder zylindrische Windkessel mit einem Inhalt von etwa den 2,5 Fachen des Pumpen-Hubvolumens. Ihre Teller- oder Kegelventile waren bei einem Speisewasser-Druck von 15 bis 20 at mehrheitlich aus Bronze. In den Saug- und Druckleitungen sind meist Absperrventile vorhanden um jede Pumpe ausschalten und während der Fahrt überholen zu können. Um Brüche zu vermeiden, sind die Pumpenzylinder mit Sicherheitsventilen versehen.
Wurde eine Maschinen-Lenzpumpe angehangen, war sie meistens von gleicher Größe und Bauart wie die Maschinen-Speisepumpen und saugte unmittelbar aus der Bilge des Maschinenraums. Häufig finden wir aber auch eine oder zwei Maschinen-Lenzpumpen etwas anderer Bauart, die über einen Excenter am freien Kurbelwellen-Ende angetrieben werden. Hier saugte ebenfalls eine Pumpe ständig aus der Maschinenraumbilge und die ggf. zweite Pumpe saugte entweder ständig aus der Kesselraumbilge oder sie war an die Haupt-Lenzleitung des Schiffes angeschlossen.
Angehängte Kühlwasser-Pumpen arbeiteten mit Drücken um die 1000 mmWS (≈ 0,1 at); wir finden sie bei Maschinen bis ca. 2000 PSi. Um eine gleichmäßigere Wasserströmung zu erzielen waren sie bei Maschinen oberhalb von etwa 200 PSi doppelt wirkend. Zur Vermeidung von Wasserstößen in den Kühlwasser-Leitungen und den Kühlwasser-Rohren des Kondensators wurde hinter den Druckventilen der Kühlwasserpumpe ein Windkessel mit einem Inhalt von etwa dem des Pumpenzylinders angebracht und der Pumpen-Zylinder erhielt ein Schnüffelventil. Die Saug- und Druckventile, häufig als Gummiklappen oder Gummiteller auch mehrfach ausgeführt, waren durch ausreichend große, durch Deckel verschlossene Öffnungen zugänglich und konnten bei Störungen schnell ausgetauscht werden.
Die für den Betrieb der Hauptmaschine nötigen Pumpen wurden aber nicht in jedem Fall an sie angehängt; wir finden die verschiedenen Pumpen gelegentlich auch mit einem von der Hauptmaschine unabhängigen Antrieb. Ausschlaggebend hierfür war vielfach der Typ des Schiffes. Schiffe, deren Fahrt unter Maschine häufig von längeren Liegezeiten unterbrochen wurde, z.B. Schlepper, oder Schiffe mit besonderen Aufgabenstellungen wie etwa Fischerei- oder Arbeitsfahrzeuge, hatten mitunter eigenständig arbeitende Kühlwasser-, Luft- und Speisepumpen, um den Betrieb des Kondensators für den Abdampf einer Anzahl von Hilfsmaschinen auch bei Stillstand der Hauptmaschine aufrecht erhalten zu können.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Captain Hans

Hallo Georg

toller erklärender und sehr detailierte Bericht top

danke für deine Mühe

liebe Grüße

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

bodrog

@Turbo-Georg

mit Balancierung ist vermutlich der Massenausgleich der bewegenden Teile gemeint, denn es ist immer die Rede von Vibrationsminderung.

MfG

Ulli

Turbo-Georg

#23
Hallo Ulli,

die Bezeichnung Balancierung war mir in diesem Zusammenhang nicht geläufig, wobei mir Massenausgleich selbstverständlich ein Begriff ist. Der so genannte Schlick'sche Massenausgleich war zwar nicht unbedingt als Lernstoff ein ,,Horror", aber schwerer Tobak war es schon. Ich werde versuchen, eine für alle Leser einigermaßen verständliche Erklärung zu finden.
Es  handelte sich einfach gesagt um das ,,Auswuchten" der Maschine. Also nicht unbedingt die Angelegenheit des Maschinenpersonals, sonder der Maschinen Konstrukteure. Neben den statischen ,,Unwuchten" waren es bei den Dampfmaschinen vor allem die unterschiedlichen dynamisch auftretenden Kräfte, welche über den gesamten Schiffskörper übertragene, von Besatzung und Passagieren als äußerst unangenehm empfundene Schwingungen und Vibrationen verursachten.
Ursachen sind die dynamischen Vorgänge in der Schiffsmaschine, der Wellenleitung und in einem gewissen Maße auch an der Schraube. Zu diesen dynamischen Vorgängen zählen die Massenwirkung an den bewegten Teilen, besonders aber die rhythmischen Schwankungen des Drehmoments sowie die Ungleichförmigkeit der Umdrehungsgeschwindigkeit der konzentrisch und exzentrisch rotierenden Massen der Kolbenmaschine.

Aufgabe der Konstrukteure ist also durch geeignete Maßnahmen diese Ungleichförmigkeiten auszugleichen, sie auszubalancieren, um den von dir eingebrachten Begriff zu benutzen.
Hierzu wurden die wirksamen Kräfte und ihre störenden Komponenten rechnerisch oder grafisch ermittelt. Beispielweise werden aus der Summe aller Vertikalkräfte, das heißt aus sämtlichen Drücken und Gewichten, unter Berücksichtigung der Kurbelfolge die resultierenden Tangentialkräfte (T) ermittelt und in einer Kurve zusammengetragen. Die angehangene Zeichnung zeigt die Tangentialkräftekurve einer Dreifach-Expansionsmaschine von ca. 6.000 PS. Um sich eine Vorstellung über die Größe und die Verhältnisse dieser Kräfte machen zu können, hierzu eine kleine Aufstellung:

Tmax.          Tmax.
——— = 1,7, ——— = 1,25, Tm = 79.400 kg ≈ 80 t
Tmin.             Tm

Geeignete Maßnahmen zur Reduktion sind neben der Anbringung von Gegengewichten, die geschickte Verteilung der Massen durch Anordnung und Kurbelfolge der Zylinder, unterschiedliche Kurbelwinkel, geschickte Wahl der Lagerpositionen sowie deren Abstand zu den jeweiligen Kurbeln und vieles mehr. Trotzdem war, in Abhängigkeit vom Maschinentyp nicht in jedem Fall ein absoluter Massenausgleich möglich.

Ich hoffe ich konnte Deine Frage einigermaßen erschöpfend beantworten ohne die übrigen Leser zu sehr zu langweilen.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

Hallo mein lieber Hans,
zum wiederholten Male möchte ich mich über Dein positives Urteil bedanken.
Ich will nicht verhehlen, dass mir das recht hohe Niveau dieses Forums sehr entgegen kommt.
Ich weiß inzwischen, dass ich den Lesern einiges zumuten kann. Aber die Gefahr sich in ingenieur-wissenschaftliche Höhenflüge zu verrennen, ist recht hoch.
Sich mit Schifffahrt im weitesten Sinne zu befassen, ist und bleibt unser gemeinsames, schönes Hobby und Hobby soll in erster Linie Spaß und Freude bringen.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

s142

Hallo
Schöne Erklärungen und schöne Berechnungen.... Das alles "geteilt durch 100" für die Bismark-Turbine????
Gibt es da Erfolge ????
MfG
Chris

habichtnorbert

Moin, moin, Georg,

super Erklärung über die Dampfmaschin  :O/Y , so genau hatte ich es noch nie,
kenne zwar auch noch die Schiffsdampfmaschine aus meiner Binnenschifferzeit, und auch die Dampfloks der ehemaligen Deutschen Reichsbahn, habe dort selber noch geheizt,
aber nirgens gab es so schöne Erläuterungen, wie durch Dich.

:MG:
Gruß Norbert

Wo die Flotte hinfährt, sind die Minensucher schon gewesen

Das Historische Marinearchiv: www.historisches-marinearchiv.de

Turbo-Georg

Danke, Männer.
Ich arbeite an der Fortsetzung.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

torpedo mixer

Hallo Georg,

herzlichen Dank für Deine Ausführungen.

Ich hab hier eine Frage und eine Anmerkung :

- Bei einer Verbundmaschine : wurde Wert darauf gelegt, über eine Umdrehung das Drehmoment gleich zu halten ?
D.h. : wie (wenn überhaupt) hat man versucht, den Beitrag der HD -> ND Kolben auf das Drehmoment auf ähnlicher Höhe zu fahren ... War das durch die Konstruktion gottgegeben (und damit je nach Fahrstufe variabel ungleichmäßig) oder konnte durch (z.B.)  Bypass-Ventile dein Teil des Dampfes am HD - Kolben vorbei direkt auf die ND Kolben geleitet werden (also Kompromiß zw. Laufruhe und Ökonomie...) Oder war das alles nicht so wichtig da die Schiffschraube genug Unruhe auf die Welle brachte ...

 
Dann : hat eher mit Turbinen zu tun, von den Aggregaten paßt dies teilweise hier auch :

auf   http://www.hnsa.org/doc/destroyer/steam/index.htm  wird die Turbinenanage am Beispiel von US - Zerstören illustrativ durchgegangen. Englisch - aber sonst auch eher gut bebildert und anschaulich !

Gruß - TM
WoW: [FMA] torpedo07

Turbo-Georg

#29
Hallo Freunde,
bevor ich mit dem Bericht über Schiffs-Dampfmaschinen fortfahre, bzw. zur Frage von TM Stellung nehme, möchte ich die unter # 23 angehangene und vermutlich für die meisten Leser nicht sehr aussagekräftige Tangentialkraftkurve etwas näher erläutern.
Tangentialkräfte treten auf, wenn eine lineare (hin und her) Bewegung in eine Kreisbewegung umgewandelt wird. Besonders stark sind sie an der Kurbelwelle, hier wirken die linearen Arbeitskräfte der Kolben unter den sich, durch die Kreisbewegung ändernden Winkel der Pleuel ein.
Betrachten wir also nochmals die Zeichnung.
Oben sind die einzelnen Tangentialkräfte der drei Zylinder (HD, MD, ND) dargestellt. Zu diesem Zweck wurde, beginnend mit dem jeweiligen oberen Totpunkt (OT) der Kurbelkreis in 24 Teile geteilt und aufgerollt dargestellt. Wir sehen, dass durch die zusätzlich wirkenden Gewichtskräfte von Kolben und Gestänge, in der ersten Hälfte der Kurbeldrehung, also bei niedergehendem Kolben die Kräfte größer sind, als in der zweiten Hälfte beim aufgehenden. Im mittleren Band wurden die oben dargestellten, einzelnen Kurven zusammengeführt. Die Kurven von MD-, und HD-Zylinder wurden ihrem Kurbelversatz entsprechend verschoben (MD = 16, HD = 8). Wir erkennen, dass sich die in unterschiedliche Richtung wirkenden Kräfte teilweise aufheben. Die resultierenden Tangentialkräfte während einer Kurbelwellendrehung sind schraffiert dargestellt. Sie bewirken u.a. die störenden Schwingungen der Kurbelwelle. Durch Veränderungen am Kurbelversatz verschieben sich auch die entsprechenden Kräfte und können bis zu einem gewissen Grade zu höherer Reduktion führen.

PS. oben hat sich statt der Ziffer acht ein Smiley eingeschlichen, und will auch bei Korrektur nich weggehen.

@TM Beantwortung  wird etwas dauern; muss erst eine Zeichnung aufbereiten.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

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