Warum wurde der Z Plan nicht umgesetzt?

Begonnen von Glorious, 04 August 2010, 18:03:36

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Glorious

Diese Frage stelle ich mir schon eine ganze Zeit es wird ja behauptet das das Material für U Boote und andere Rüstungsprojekte gebraucht wurde und man deshalb den Baustopp der H-Klasse befahl, so richtig einleuchtet tut mir das aber nicht.

1.) England baute auch weiter Kriegsschiffe
    * King George V (1940)
    * Prince of Wales (1941)
    * Duke of York (1941)
    * Anson (1942)
    * Howe (1942)
In einer Zeit als man in Europa Frankreich und der Balkan schon verlohren war...

2.) Deutschland besaß bis 1941 gute Beziehungen zu Russland (SU) von dort hätte man sich ja auch den Benötigten Stahl beschaffen können wie man es auch mit dem Öl machte, Devisen standen nach der Besetzung Europas ja auch wieder zur verfügung...


Grüße
Glorious

AND1

#1
Durch Kriegsbeginn 1939 wurden die Resourcen gebunden.
Der Z-Plan wurde im Januar 1939 mit Fuchs als Chef der Bauprogramms konkret und war auf 8 bis 10 Jahre angesetzt.
Die Beziehungen zu Russland SU waren Ende 1940 schon eingetrübt.

Mario

Hallo Glorious
Deine Frage ist recht schnell beantwortet. Deutschland richtete sein Hauptaugenmerk auf den Landkrieg und die Luftstreitkräfte. Nach Kriegsausbruch hatten diese beiden Teilstreitkräfte absoluten Vorrang. Selbst der U-Boot-Bau kam erst Jahre später richtig in Gang.
Der wichtigste Punkt aber ist der Zeitfaktor. Von Baubeginn bis Indienststellung vergehen bei Großkampfschiffen viele Jahre. Kein Mensch glaubte 1939 an sechs Jahre Kriegsdauer. Selbst die Briten bauten nur noch die begonnenen Projekte zu Ende und konzentrierten sie viel stärker auf die kleineren maritimen Kampfschiffe

Matrose71

Ich kann Mario eigentlich nur absolut zustimmen.

Als krasse Beispiele seien noch Graf Zeppelin und Seydlitz erwehnt, die beide zu 80% fertig waren, aber trotzdem nicht fertig gestellt wurden, da das Materieal anderweitig gebraucht wurde und man keinen all zu großen Wert mehr auf schwere Einheiten kontra U-Boote legte.
Viele Grüße

Carsten

Urs Heßling

hallo, Mario

Zitat von: Mario am 04 August 2010, 18:28:47
Selbst die Briten bauten nur noch die begonnenen Projekte zu Ende und konzentrierten sich viel stärker auf die kleineren maritimen Kampfschiffe

bezüglich der Kriegsmarine hast Du recht. Der Bauplan wäre auch nur unter absoluter Zurücksetzung der Interessen des Heeres durchführbar gewesen.

Bezüglich der Briten kann ich Dir nur teilweise Recht geben. Schwere Träger (Indefatigable, Implacable), leichte Träger, Leichte Kreuzer und Flakkreuzer wurden auch nach Kriegsbeginn auf Stapel gelegt (und gebraucht).

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

oldenburger67

Hallo maritimes Forum,

die Frage der ökonomischen Voraussetzungen sowie der ökonomischen Kriegsvorbereitungen ist leider von der offiziellen Geschichtsforschung arg vernachlässigt worden.
Während die Darstellung des Zweiten Weltkrieges mittlerweile dutzendweise Bibliotheken füllt, sind die ökonomischen Belange allenfalls stiefmütterlich behandelt worden. Das mag daran liegen, dass man sich in Deutschland mit Wissenschaftsdisziplinen überbergreifenden Themen noch immer sehr schwer tut.Die Verve mit der die Debatte, ob das deutsche Reich nun am Vorabend des Krieges nun bankrot war, oder nicht,geführt wird, zeigt eigentlich, auf welch dünnem Eis sich die offizielle sprich die wissenschaftliche Datenlage immer noch befindet.
Darstellungen wie die umstrittene Darstellung von Götz Aly "Hitlers Volksstaat" sind eher eine Darstellung von sozioökonomischen Zusammenhängen.

Das einzige Werk das diese Fragen zum Gegenstand der eigentlichen Untersuchung macht, ist das leider auch schon wieder über dreißig Jahre alte Werk "Ursachen und Voraussetzungen des  Zweiten Weltkriegs" von Wilhelm Deist/Manfred Messerschmidt/Hans-Erich Volkmann und Wolfram Wette, aus dem Sammelband "Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg".
Ich habe das Buch vor einigen Jahren gelesen, zunächst mit Widerwillen, dann aber mit wachsender Begeisterung, faszinierend und hoch spannend.

Wenn man sich einmal ansieht wie  Zahlen geschönt und Statistiken zurechtgezimmert wurden, ganz zu Schweigen von der Gelddruckmaschine namens MEFO Wechseln,  dann erinnert das doch sehr an die kriminelle Energie wie sei heute allenfalls noch bei der Mafie, den Großbanken und Konzernen anzutreffen ist.
Belegt wird das ganze noch Tabellen und Statistiken.
Ein wirklich lesenswertes Werk, wenn auch nicht ganz billig.

Vielleicht noch ein Wort zum Z Plan, natürlich sind die Entwürfe beeindruckend und imposant, und wenn ich in der Badewanne liege träume ich auch manchmal von der H-Klasse. Wenn man sich aber solche unscheinbaren Details, wie z.B. die Munitionskrise in Deutschland vom Herbst 1939 ansieht, dann wird schnell klar, wie irreal ein derartiges Projekt eigentlich war. in diesem Sinne mag es als stille Ironie erscheinen  das ein kleiner Verlag, aus dem Lande, das zu Hitlers erstem Opfern wurde, nun ein Kartonmodell der H-Klasse herauskommt, das auch in Deutschland erhältlich ist.
So verdanken wir es unseren polnichen Freunden und Nachbarn, dass Hitler und Readers H Klasse nach nunmehr annähernd 65 jahren doch noch endlich gebaut wird.

Es grüßt

Der Oldenburger

 

Karsten

Ich möchte folgendes Buch hierzu als Lektüre empfehlen:

Thomas Sarholz: "Die Auswirkungen der Kontingentierung von Eisen und Stahl auf die Aufrüstung der Wehrmacht von 1936 - 1939"; Darmstadt 1983.

Es gab einfach nicht genug Baumaterial, um den Plan erfüllen zu können - nicht vor Kriegsbeginn, aber erst recht nicht nach Kriegsbeginn!

Viele Grüße,

Karsten
Viele Grüße,

Karsten

Hastei

mir ist nicht ganz klar, was der Sinn dieser gigantischen Flotte gewesen wäre. Woher die Besatzungen nehmen ?
Von der Treibstoff-Not ganz zu schweigen. Wer sollte das bezahlen. ? Zum Zeitpunkt als der Plan verfasst wurde ,(von wem eigentlich ?) war                     ja noch kein Krieg und es gab keine Feindstaaten, die man ausplündern konnte.

Gruß Hastei

Trimmer

Hallo Harald - google doch einfach mal unter Z-Plan. Da ist diese Geschichte eigentlich in ihrer Gesamtbreite ausführlich bearbeitet.

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Q

Nicht allein die Rohstoffe waren das Problem der Werftindustrie in Deutschland 1938-1939, sondern vielmehr das fehlen von Fachkraeften auf den Werften. Da gab es auch ein Buchtip dazu von Spee. Von 3 autoren dem Titel irgendwie "Zehn Antworten und Fragen zur Marineruestung bis 1942" oder so.

Spee hilft beim genauen Titel bestimmt nochmal.
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

Peter K.

... zur Rüstung der Kriegsmarine gibt es zwei empfehlenswerte Veröffentlichungen:

Wilhelm TREUE, Eberhard MÖLLER, Werner RAHN
Deutsche Marinerüstung 1919 - 1942
Die Gefahren der Tirpitz-Tradition
ISBN 3-8132-0386-7
(basierend auf dem 1942/43 verfassten "Entwurf einer Denkschrift über den Flottenaufbau 1926- 1939")

und

Guntram SCHULZE-WEGENER
Die deutsche Kriegsmarine-Rüstung 1942 - 1945
ISBN 3-8132-0533-9
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Thomas

Der Vollständigkeit halber sollte man die Ausstrahlungseffekte erwähnen: so schätzte die Marine, dass allein in Wilhelmshaven bis 1945 zusätzlich 35.000 Wohnungen für Personal neu zu bauen waren.

Bzgl. der ökonomischen Realisierbarkeit würde ich nur auf den Zeithorizont abstellen: aufgrund der Engpässe wären hier erhebliche Verzögerungen eingetreten. Hier ist besonders die Konkurrenz zwischen den Rüstungen der Wehrmachtsteile zu berücksichtigen (zB Facharbeiter-Abzüge).

Die Rohstahlerzeugung im DR betrug 1938 rd. 22,7 Mio. to., ggü. 10,6 Mio. to in Großbritannien und 6,5 Mio. to. in Japan.
Bzgl. der besonderen Rohstoffe ergibt sich zudem eine Querverbindung zur Devisenklemme und Importfragen (diese wiederum durch das Autarkieprogramm bzw. Mineralölprogramm 1938/39 verschärft).

Alles und gleichzeitig ging eben nicht.

Huszar

Dazu würde ich noch die fehlenden Werftkapazitäten hinzunhmen. Es gab einfach nicht genügend Kapazität, um diese riesige Flotte in absehbarer Zeit (5-6 Jahre) auch nur zu beginnen.

Wer sich noch an unseren MA-Plan vor etlichen Jahren erinnert, da hatten wir eine Flotte, die weniger, als ein Drittel des Z-Planes dargestellt hätte, auch nur schwer zusammenbekommen.
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Mario

ZitatBezüglich der Briten kann ich Dir nur teilweise Recht geben. Schwere Träger (Indefatigable, Implacable), leichte Träger, Leichte Kreuzer und Flakkreuzer wurden auch nach Kriegsbeginn auf Stapel gelegt (und gebraucht).
Du hast natürlich Recht, ich habe mal wieder nur in Schlachtschiffen (und schwere Kreuzer) gedacht.   :|
Interessant wäre auch noch eine mögliche Reaktion der Briten und vor allem der Vereinigten Staaten auf einen verwirklichten Z-Plan gewesen. Auf ganz lange Sicht hätten die Briten sicher Schwierigkeiten bekommen bei einem jahrelangem Wettrüsten mit Deutschland. Dazu hätte aber die deutsche Politik ganz auf Großbritannien als Gegner ausgerichtet werden müssen.
Bezüglich der USA bin ich mir jedoch sicher, daß diese jedes Wettrüsten für sich entschieden hätten.

Q

#14
Zitat von: Peter K. am 05 August 2010, 09:07:42
... zur Rüstung der Kriegsmarine gibt es zwei empfehlenswerte Veröffentlichungen:

Wilhelm TREUE, Eberhard MÖLLER, Werner RAHN
Deutsche Marinerüstung 1919 - 1942
Die Gefahren der Tirpitz-Tradition
ISBN 3-8132-0386-7
(basierend auf dem 1942/43 verfassten "Entwurf einer Denkschrift über den Flottenaufbau 1926- 1939")
...

Genau dieses meinte ich. Gerade zum Z -Plan, aber auch zur Diesel vs Turbinen Frage zu empfhelen.

Don´t Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

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