Again: Baltic Scheme... und andere Unklarheiten...

Begonnen von Olaf, 19 Mai 2008, 15:58:04

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Olaf

Moin zusammen ~ Ich weiß, es gibt da noch einen alten Thread bezgl. Camouflage oder Tarnung, aber mit geht es jetzt in erster Linie um die verwendeten Farben:

Meine Ausgangslage:

Erstens:
Jung/Abendroth/Kelling - auch wenn ich gerade nicht ins Buch schauen kann - schreiben, dass Tarnanstriche auf den "normalen" Anstrich aufgetragen wurden - also auf Rumpf in Dunkelgrau 51 (RAL 7000) und Aufbauten in Hellgrau 50 (RAL 7001) ~ dem "50/51-Schema"...

Das scheint mir etwas zu allgemein, als ob es für alle Tarnanstriche und alle Einheiten zutrifft.
Aber mit geht es ja um das Baltic Scheme...

Zweitens:
Bisher war ich der Meinung, und schaut Euch bitte nochmal die Farbphotos von Bismarck und Lützow in Gdynia an, dass folgende Farben verwendet wurden, von hell nach dunkel:

Weiß 14 = RAL 9002 – falsche Bugwelle (und Hecksee), weiße Streifen
Aluminiumbronze 16 = RAL 9006 – Schornsteinaufsatz Bismarck
Hellgrau 4 = RAL 7001 – Aufbauten
Dunkelgrau 3 = RAL 7000 – Rumpf
Dunkelgrau 2 = RAL 7024 - dunkler Bug, dunkles Heck, Turmdecken (BS?)
Dunkelgrau 1 = RAL 7016 – Wasserlinie
Schwarz 8 = RAL 9005 – schwarze Streifen, Schornsteinaufsatz auf Lützow

Gut.

Drittens:
Nun schaue ich mir die Produktpalette von WEM an, und auch die dazugehörigen Snyder & Shorts Paint Chips.
Dort tauchen unter anderem drei "Baltic" Grautöne auf: Hell-, Mittel- und Dunkelgrau (KM 13, 14 u, 15). Auf der shipcamouflage.com-Seite steht in Klammern dahinter: "1942 on" ~ Ist soweit ganz gut, das Baltic Scheme, wie wir es ja kennen, gab es da ja nicht mehr.

Aber:

Viertens:
Auf den Paint Chip-Karten taucht bei genau diesen drei Farben der Hinweis auf: "(Note: Stripes were Black and White)"
Ich glaube, die haben da was durcheinander gebracht...

Aber es wird noch besser:
Fünftens:
Snyder & Shorts geben auch RAL-Nummern an:
Hellgrau: RAL 7038
Mittelgrau: RAL 7001 und RAL 7036 gemischt
Dunkelgrau: RAL 7037

Ich glaube, die haben das hier gefunden:

Sechstens:
Hans Georg Prager und sein Buch "Panzerschiff Deutschland, Schwerer Kreuzer Lützow" ~ habe ich natürlich auch in Flensburg, aber Antonio war so nett und hat mir die entsprechende Seite geschickt, auch, um den Text darnter zu übersetzen... (btw... thanks Antonio...!!!)
Dort ist das Baltic Scheme auf der Lützow angebildet und darunter stehen die verwendeten Farben. Es sind die, die wir auch auf den Paint Chips finden, mit Ausnahme des Vermerks, dass das Mittelgrau "etwas heller als RAL 7001/7036 gemischt" sei und das Dunkelgrau für Bug und Heck ist RAL 7036 und nicht 7037...
Zusätzlich soll laut Prager der Wasserpass in RAL 7026 gewesen sein - und nicht in RAL 7016

Bisher war ich der Meinung, dass es Dunkelgrau 1 = RAL 7016 war. Gleiche Farbe wie die Unterwasserrümpfe von U-Booten. Für beide Verwendungszwecke wahrscheinlich nur mit entsprechenden Antifoulingzusätzen beigemischt. Denn... auch die dunkelgrau gepöntes Stahldecks der Schiffe sollen diese Farbe gehabt haben.

Nun ist das natürlich auch etwas kompliziert, denn - und da lande ich wieder bei WEM und Snyder & Shorts - deren Wasserlinienfarbe III Grau 1 (bei denen RAL 7026 (!!!), was ja eigentlich das RAL 7016 sein sollte...), hat einen markanten Stich ins Petrolfarbene (Mischung aus grün und blau). Das kann ich mir für Unterwasserrümpfe und Wasserlinien noch vorstellen. Aber für Außendecks?

Oder verwechsel ich nur 7016 mit 7026?

Hat jemand da ähnliche Probleme wie ich...

... oder gar eine Lösung?

Ich stelle mich nun ungern hin und zeige mit dem Finger entweder auf Jung/Abendroth/Kelling oder auf das Team von WEM (von welchem ich einige kenne, aber bevor ich mit der Tür ins Haus falle, frage ich erstmal nach und sammle andere Meinungen...)

Könnt Ihr verstehen, dass ich da verwirrt bin?

Bis dann denn ~ Olaf
Stau ist nur hinten blöd, vorne geht´s ...

Herr Nilsson

Zitat von: Olaf am 19 Mai 2008, 15:58:04

Ich stelle mich nun ungern hin und zeige mit dem Finger entweder auf  oder auf das Team von WEM (von welchem ich einige kenne, aber bevor ich mit der Tür ins Haus falle, frage ich erstmal nach und sammle andere Meinungen...)


Hi Olaf,

um genau zu sein hast Du die Wahl zwischen der Allgemeinen Baubestimmung Nr. 31 der Kriegsmarine mit der TL-F1 als Farbtonaufstellung im Anhang und dem Team von WEM. Ich persönlich tendiere lieber zur Primärquelle auf die sich auch Jung/Abendroth/Kelling beziehen, solange ich nicht weiß wie und warum die anderen Ergebnisse zustande gekommen sind.
Gruß Marc

SchlPr11

Vom SchlPr.11:
Bitte auch unter MOIN, MOIN nachsehen.
Achtung im Maschinenraum: Hier entwickelt sich wieder eine Dwars-Linie !!
Reinhard

harold

Servus Reinhard und Olaf,
hab eben mal in http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=6661 dichtgemacht (wenn ne Begrüßung zur Fachdiskussion ausweitet, isse ja wohl vorbei).
:MG: Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Olaf

Danke Harold... da warst Du schneller, denn ich wollte gerade schreiben:

Hallo Reinhard ~ Danke für Deine Antwort hier und unter Moin Moin...

Ich denke mal, wir bleiben hier in diesem Thread, da ich in dem anderen eingentlich nur "Hallo, da bin ich" sagen wollte...

Ich persönlich glaube ja auch dem, was ich in den Händen halte und so wie es aussieht, habe ich 1997er Ausgabe des Buches.

Schön, dass für die Recherche des Buches Originalunterlagen zur Verfügung standen. Sprich, man weiß, wo die Farbangaben herkommen und muss nicht alles einfach so hinnehmen, was man z. B. auf unzähligen Seiten im Internet liest. Jetzt kann ich natürlich dummerweise nicht selbst nachschlagen, und aus dem Gedächtnis weiß ich auch nicht mehr alles, aber habe ich es richtig in Erinnerung, dass Tarnanstriche "einfach" auf das 50/51-Schema aufgetragen wurden, also ohne dem Schiff vorher ein "Hellgrau-über-alles"-Anstrich zu verpassen?

Lässt sich das aus der ABB 31 irgendwie herauslesen?

Ich weiß nicht genau, wie man das Thema überhaupt angehen kann, denn von Schiff zu Schiff gab es doch bestimmt auch Unterschiede. Ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, dass auf Tirpitz bei den vielen verschiedenen Anstrichen immer wieder vorher KOMPLETT auf 50/51 oder "Uni" zuückgemalt wurde.

Diese "Baltic" Farben, Hell-, Mittel- und Dunkelgrau....
WEM lasse ich jetzt mal außen vor, denn wie weiter oben schon angedeutet, widersprechen sie sich ja, worauf ich nur schließen kann, dass dort weniger gut recherchiert wurde, als für das Buch.

@ Marc ~ Du hast also vollkommen Recht...  :-)

Dann bleiben also noch die Angaben aus dem Prager-Buch. Auch dieses habe ich leider nicht mit in England und daher kann ich auch nicht in der Bibliographie nach Hinweisen suchen, was für diese Angaben als Grundlage diente.

Um die Unterschiede nochmals aufzulisten:
Hellgrau, Aufbauten:
Jung: RAL 7001 vs. Prager: RAL 7038
Mittelgrau, Rumpf:
Jung: RAL 7000 vs. Prager: heller als RAL 7001 und RAL 7036 gemischt
Dunkelgrau, Verkürzung:
Jung: RAL 7024 vs. Prager: RAL 7037 (wobei jetzt nur mutmaßen kann, dass das RAL 7024 wirklich die Verkürzungen an Bug und Heck waren)
Wasserpass:
Jung: RAL 7016 vs. Prager: RAL 7026 (wobei ich auch hier nur mutmaßen kann, ob das RAL 7016 (Dunkelgrau 1) wirklich auch auf Stahldecks aufgetragen wurde...)

Steht in der ABB 31 oder sonst irgendwo denn nicht, welche Farben für welchen Tarnanstrich verwendet werden sollten?

Ich dachte immer, die "Lfd. Nr. 2 Absatzfarbe Dunkelgrau für außen und innen n. RAL 7024" wäre das Mädchen für alles, wenn es darum ging, Partien des Rumpfes und der Aufbauten dunkelgrau abzusetzen.

Bisher war ich mit drei Grautönen recht zufrieden... nun habe ich doppelt so viele.

Es grüßt ~ der Olaf!
Stau ist nur hinten blöd, vorne geht´s ...

SchlPr11

Vom SchlPr.11:
Olaf - zwei Dinge sollte man bedenken, daß insbesondere in Kriegszeit weder Zeit noch Ressourcen vorhanden waren, ein Schiff erst komplett neu einzukleiden, d.h. zu malen und dann zu Tarnen. Es gibt ja die Dockbilder der ADMIRAL GRAF SPEE aus denen deutlich wird, wie jede Hande gebraucht wurde.
Außerdem dürfte die Farbenindustrie schwer gefallen sein, einmal genügende Mengen im späteren Kriegsverlauf bereitzustellen. Aber auch eine entsprechend gleichbleibende pigmentierte Qualität zu liefern, die dem RAL entsprach. Hier mögen alle Vorgaben entsprechend Gesetz gewesen sein, nur in der Realität ??? Ich habe da so meine Zweifel aus eigener Erfahrung aus der Schiffsreparatur - 40 Jahre später.
Reinhard

Herr Nilsson

#6
Zitat von: Olaf am 19 Mai 2008, 20:46:25
Schön, dass für die Recherche des Buches Originalunterlagen zur Verfügung standen. Sprich, man weiß, wo die Farbangaben herkommen und muss nicht alles einfach so hinnehmen, was man z. B. auf unzähligen Seiten im Internet liest. Jetzt kann ich natürlich dummerweise nicht selbst nachschlagen, und aus dem Gedächtnis weiß ich auch nicht mehr alles, aber habe ich es richtig in Erinnerung, dass Tarnanstriche "einfach" auf das 50/51-Schema aufgetragen wurden, also ohne dem Schiff vorher ein "Hellgrau-über-alles"-Anstrich zu verpassen?
Lässt sich das aus der ABB 31 irgendwie herauslesen?

Implizit ja. Grundsätzlich regelt die ABB nur den standardmäßigen Anstrich. Es gibt keine detaillierte Anweisungen für einen Tarnanstrich, außer der Festlegung, dass nur bestimmte Farben dafür verwendet werden dürfen und der Vorschrift, dass eine Erneuerung des 50/51 nur nach mehrmaligem Umtarnen gestattet ist um ein Scheckigwerden zu verhindern. Das beantwortet in einem Deine nächste Frage:

Zitat von: Olaf am 19 Mai 2008, 20:46:25
Ich weiß nicht genau, wie man das Thema überhaupt angehen kann, denn von Schiff zu Schiff gab es doch bestimmt auch Unterschiede. Ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, dass auf Tirpitz bei den vielen verschiedenen Anstrichen immer wieder vorher KOMPLETT auf 50/51 oder "Uni" zuückgemalt wurde.



Zitat von: Olaf am 19 Mai 2008, 20:46:25
Um die Unterschiede nochmals aufzulisten:
Hellgrau, Aufbauten:
Jung: RAL 7001 vs. Prager: RAL 7038
Mittelgrau, Rumpf:
Jung: RAL 7000 vs. Prager: heller als RAL 7001 und RAL 7036 gemischt
Dunkelgrau, Verkürzung:
Jung: RAL 7024 vs. Prager: RAL 7037 (wobei jetzt nur mutmaßen kann, dass das RAL 7024 wirklich die Verkürzungen an Bug und Heck waren)
Wasserpass:
Jung: RAL 7016 vs. Prager: RAL 7026 (wobei ich auch hier nur mutmaßen kann, ob das RAL 7016 (Dunkelgrau 1) wirklich auch auf Stahldecks aufgetragen wurde...)

Steht in der ABB 31 oder sonst irgendwo denn nicht, welche Farben für welchen Tarnanstrich verwendet werden sollten?

Ich beziehe mich jetzt mal auf die ABB 31 vom November 1941.
In Bezug auf den Rumpf und die Aufbauten kennt die ABB nichts anderes als RAL 7000/7001. RAL 7016 wird in der ABB (oder genauer TL-F1) explizit als Wasserpassfarbe genannt.
Lediglich bei RAL 7024 mache ich jetzt mal für den Augenblick ein Fragezeichen.


Gruß Marc

Spee

Servus,

mal so als Zwischenfrage, welche RAL-Farbkarte hat den Herr Prager benutzt? Die von 1940 oder die aus der Zeit, in welcher er das Buch geschrieben hat? Dazwischen liegen 2 grundsätzliche Änderungen im Farbregister.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Wilfried

Moin, moin zusammen!

Neben Gefühlen unterliegen die Farben, die ein Mensch wahrnimmt und zuordnet, einem ähnlichen Prozeß. Entscheidend ist die Anmutung - stimmt, so könnte es gewesen, nein, richtig - genauso!
Nichts gegen die RAL-Farben, auch nichts gegen Farbchips. Diskussionen über die Originalfarbe werden immer ins Nirwana der optischen Empfindung führen, weil das Original eben nicht mehr an der Pier liegt. Ich kenne dies aus eigener Erfahrung - die Modelleisenbahner haben damit ganze Hefte über Dekaden gefüllt ...
Welches Modell will ich in welchem Zeitraum, in welchem Maßstab, darstellen?
Welches Bildmaterial habe ich verfügbar?
Die RAL-Angabe ist immer nur ein Hinweis, wie es ausgesehen hat. Selbst wenn heute ein Mensch die Farben aus jener Zeit in fabrikfrischem Zustand, in einem gekühlten Keller findet, und an ein Modell im Maßstab 1:200 appliziert, wird er wohl kaum Jubelstürme bei der Präsentation seines Werkes ernten.
Wichtig ist, daß der optische Eindruck stimmen muß! Es kann immer nur eine Annäherung an die Farbe geben; ich mag gerne, wenn Bedarf besteht, aus meinem Fundus, Bilder von ein und demselben Schiff hier einstellen, die die Veränderungen von RAL 7000 aufgrund der Einflüsse von Licht und Wasser zeigen;
was möchte ich hier kundtun - locker bleiben und immer daran denken, wir schauen auf ein Modell 1:200 oder größer immer 1:1.
Und bitte nichts in Fotos hineininterpretieren, was zwar geschichtlich richtig, aber später am Modell nur sehr marginal wichtig ist ...  :-D

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried


... Tradition pflegen, bedeutet nicht, Asche aufzubewahren sondern Glut am Glühen zu halten ...
http://www.passat-verlag.de
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http://www.forum-marinearchiv.de - wenn Marine Dein Ding ist!

Herr Nilsson

#9
Wilfried,

vollkommen richtig, allerdings ist es auch beim Thema Farben meines Erachtens schon wichtig sich hin und wieder auf die bekannten Fakten zu besinnen. Es geistern von Zeit zu Zeit sehr dubiose Aussagen welche Farben verwendet wurden durch das Internet. Quellenangaben? Immer Fehlanzeige.

Andererseits reiße ich mich jetzt nicht auch unbedingt um dieses Thema. Wenn es lediglich aus der Modellbauersicht betrachtet werden soll, dann macht's sowieso keinen Sinn. Wie Du richtig bemerkt hast, kommen dort noch so viele Faktoren (inklusive persönlicher Geschmack) hinzu, dass es wirklich müßig ist, sich darüber Gedanken zu machen.

@ Thomas

Was die fraglichen Farbtöne betrifft hat sich an den RAL-Farbkarten eigentlich nichts geändert.
Gruß Marc

t-geronimo

Mal noch eine Frage in eine etwas andere Richtung, weil hier ja auch Farbfotos als Referenz herangezogen wurden.

Wie weit sind diese Fotos eigentlich noch 100% authentisch, sei es in gedruckter Form (in Büchern), als negativ oder auf Fotopapier?
Sprich, zeigen sie eigentlich heute noch, wie das abgebildete Schiff damals wirklich ausgesehen hat? Oder können da minimale Änderungen durch Alterungs-Prozesse, verblassen, (Sonnen-)Lichteinwirkung und weiteres stattgefunden haben und so aus einem Rein-Weiß ein "Dunkelweiß" usw. gemacht haben?
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

SchlPr11

Vom SchlPr.11:
Hallo - wichtiger Einwurf !
Wie mir vor einiger Zeit bereits bedeutet wurde, werden Farbfotos vom Rostocker Stadtarchiv nicht in die wissenschaftliche Sammlung aufgenommen. Es ging dabei auch um die wesentlich höhere Vergänglichkeit gegenüber von Schwarz-Weiß-Bildern.
Reinhard

Olaf

Vielen Dank für Eure zahlreichen Antworten!
Ich versuche mal, auf alles einzugehen:

@ Reinhard ~ Wie es um die Versorgung mit Farbe im späteren Kriegsverlauf bestellt war, kann ich nicht sagen, da ich nicht weiß, wie sehr sie gelitten hat. Wenn man natürlich noch 1944 eine ABB herausgibt und sogar kurz nach Kriegsende laut Stever Wipers Warship Pictorial #21, PG in Whv noch mit den KM-Farbmischungen gepönt wurde, kann es glaube ich nicht soooo schlimm gewesen sein.
Die Sache mit der Pigmentierung aber kann ich verstehen. Auf meinem vorletzten Schiff in der Bundesmarine, welche ihre Schiffe (über alles) in RAL 7000 (Fehgrau) pönt, war wohl einmal eine "rotte" Dose bei. Beim Auftragen sah man einen bläulichen Schimmer, von dem angenommen wurde, dass er verschwindet, sobald die Farbe trocken ist. Tat er aber nicht...

@ Marc ~ Stimmt, die Sache mit dem Scheckigwerden kommt mir jetzt auch bekannt vor. Ob aber nun vor dem Auftragen eines neuen Tarnanstriches Schiffe komplett umgepönt wurden, beantwortet das aber auch nicht. Z-31 zum Beispiel trug 50/51 zur Indienststellung. Von Dezember 1942 bis November 1943 dann große dunkelgraue Flächen (vermutlich Dunkelgrau 2) auf Hellgrau (welches?) über alles. 1944 dann wieder 50/51 und ab 1945 war der Standardanstrich dann Hellgrau (welches?) über alles für alle KM-Einheiten.

RAL 7016 in der ABB nur Wasserlinienfarbe?
Ich war der Meinung:

Lfd. Nr. 1 in der TL-F1 / Lfd. Nr. 23b und 53 in der Liste der Anstrichmittel
= Dunkelgrau 1
= Schiffsbodenfarbe III Grau 1
= Trittfeste Außendeckfarbe Grau 53
= RAL 7016

Nur mal so ein Versuch, die ganzen unterschiedlichen Bezeichnungen unter einen Hut zu bringen.

Ob jetzt die ABB 31 von 1941 oder 1944 kann ich leider nicht sagen... da seit Ihr meine Augen...

RAL 7024 ist mir auch ein Rätsel, habe ich wenn ich mich nicht irre, schon öfter irgendwo gelesen. ,,Irgendwo" ist immer gefährlich, es war also kein offizielles und historisches Dokument... allerdings ergeben die Eintragungen für mich schon einen Sinn, hier wieder zusammengefasst:

Lfd. Nr. 2 in der TL-F1 / Lfd. Nr. 52 in der Liste der Anstrichmittel
= Dunkelgrau 2
= Absatzfarbe Dunkelgrau 52
= RAL 7024

(Die Bezeichnung ,,Absatzfarbe"...also, um etwas farblich abzusetzen. So verstehe ich es jedenfalls)

@ Thomas ~ Ich kann Dir leider nicht sagen, was Herr Prager benutzt hat. Wie gesagt, ich habe das Buch nicht hier in England und kann daher auch nicht nachschlagen, ob er eventuell in der Bibliographie einen entsprechenden Eintrag gemacht hat. Vielleicht hat er auch nur irgendwo was gelesen, was vielleicht falsch war.
Das sich eine Farbe, die sich hinter einer RAL-Nummer verbirgt, an sich von 1941 bis 1944 geändert haben könnte, halt ich für sehr unwahrscheinlich. Ich glaube aber, Du meintest, dass man eventuell andere RAL-Nummern vorgeschrieben haben könnte? Dafür sollte die 1941er mit der 1944er Version der ABB mal verglichen werden...

@ Wilfried ~ Du hast natürlich auch Recht, aber um Modellbau ging es erst einmal gar nicht. Ich bin nur zufällig Modellbauer und ich werde eben immer wieder von anderen Modellbauern nach meiner Meinung gefragt, weil ich irgendwann mal irgendwo angemerkt hatte: ,,Deine BS sollte aber in 50/51 sein, wenn Du sie im August 1940 darstellen willst". Irgendwann später folgte dann hier und da – und ich habe gesehen hier auch – die Diskussion über RAL 8013 (ich bin übrigens der von Marc erwähnte ,,nette Zeitgenosse" (oder so), der sich damit ans RAL – Institut gewandt hat und eben die Info mit den 040 30 30 (CieLab-Werte) bekommen hat....). So kam eben eins zum anderen...
Meine Meinung darüber, ob man originale Farbchips oder was-weiß-ich zur Diskussion um die Farbtonfindung für ein Modell heranziehen sollte, lautet schlicht und einfach: Ja.
Ich denke, nach der eigenen Wahrnehmung zu gehen ist okay, aber mir selbst ist es passiert, dass ich bei einem (modernen) Schiffsmodell später feststellen musste, dass Orange-Rot nicht immer Orange-Rot sein muss, sondern auch mal Rot-Orange sein kann. Nun stelle ich mir die ganzen Grautöne vor, die es alle in der KM gab (gut, kann ich nicht, da es ja viele nur noch in digitalisierter und anschließend gedruckter Form gibt) und da möchte man (ich zumindest) schon sichergehen. Anfangs dachte ich auch, wofür brauche ich (1/1) WEM-Farben, wenn ich so oder so gemäß Scale-Effect alles heller mache oder weniger intensiv? Weil man eine gute Basis hat. Man braucht nur noch Aufhellen. Die ganze Nachforscherei haben andere vorher erledigt und ich muss nicht raten, wie dieser oder jener Grauton war, um dann verzweifelt meine Bismarck im gleichen Grau pönen, wie vorher meine New Jersey...
Mein PG hat die Revell-Farben bekommen, die den RAL-Tönen entsprechen sollen. Für 1/700 habe ich die gewaltig aufgehellt (vielleicht sogar etwas zu viel) und ich bin recht zufrieden damit. Und damit wären wir wieder bei persönlichen Geschmack. Recht hast Du! (Gibt es hier nicht auch einen Thread zum Scale-Effect?)

Alte Farbphotos als Referenz:
Ich denke, als Anhaltspunkt taugen sie schon was. Zum Beispiel um zu sehen, dass es einen Unterschied zwischen RAL X und RAL Y gab. Anhand eines 60+ Jahre alten Photos zu sagen ,,Das ist RAL Z", traue ich nur Menschen zu, die darauf spezialisiert sind. Es gibt auch Menschen, die wurden darauf geschult, Farben in schwarz/weiß-Bildern ,,zu sehen" ~ John Snyder soll angeblich so einer sein (hat mir ein Freund von ihm erzählt...). Wobei ich echt schon verzweifle, wenn es darum geht, Gelb 1003 von Hellgrau 7001 zu unterscheiden...
Aber das wäre Stoff für einen weiteren Thread...

Hat denn niemand das Prager Buch (Panzerschiff Deutschland - Schwerer Kreuzer Lützow)?

Olaf!
Stau ist nur hinten blöd, vorne geht´s ...

Spee

Servus Marc,

dann vergleiche mal bitte:

RAL alt -> RAL neu

Dunkelgrau 1  7016 -> Anthrazitgrau
Dunkelgrau 2  7024 -> Graphitgrau
Dunkelgrau 3  7000 -> Fehgrau
Hellgrau 4  7001 -> Silbergrau
Rotbraun 5
(Kaiserrot II)  8013 -> gibt es nicht mehr
Kaiserrot I 6  3002 -> Karminrot
Schwarz 8  9005 -> Tiefschwarz
Blau 9  5004 -> Schwarzblau
Braun 10  8011 -> Nußbraun
Grün
(Chromgrün) 11  6005 -> Moosgrün
Ockergelb 12  1011 -> Braunbeige (Ockergelb wäre z.B. neu 1024)
Gelb 13  1003 -> Signalgelb
Weiß 14 9002  -> Grauweiß
Elfenbein 15  9003 -> Signalweiß
Aluminiumbronze 16  9006 -> Weißaluminium

Wer die Luftwaffenfarbe "Fliegergraublau" (RAL alt 7016) kennt, der wird darin nicht "Anthrazitgrau" (RAL neu 7016) sehen.

Um die Sache deutlicher zu machen:

"Deshalb erfolgte 1939 bis 1940 eine Neuordnung: Alle Farben wurden in die Hauptgruppen von 1 bis 9 eingeteilt und erhielten innerhalb dieser Gruppen noch Zählnummern. Seither heißt die Farbsammlung RAL 840 R = revidiert. Diese Farbsammlung hatte Bestand bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.
Im Zeichen des Wiederaufbaus wurde 1953 die Farbsammlung überprüft. Dabei wurden nach Rücksprache und Abstimmung mit den noch verbliebenen Nutzern nicht mehr benötigte Farben gelöscht. Das waren insbesondere Farben aus dem Bereich Wehrtechnik und den Parteiorganisationen des Dritten Reiches sowie von Bahn und Post. Farben also, die heutzutage von größtem Interesse für Restaurateure und Modellbauer sind.
1961 erfolgte eine erneute Revision. Seitdem steht HR für Hauptregister - Revidiert. 1962 wurden offizielle Farbnamen eingeführt, damit die Farbmuster gegen Schreibfehler gesichert waren. Vor 1962 verwendete Farbnamen waren nicht mehr verbindlich."

Quelle: Michael Ullmann, Oberflächenschutzverfahren und Anstrichstoffe der deutschen Luftfahrtindustrie und Luftwaffe 1935-1945

Deshalb auch meine Frage, ob Herr Prager die allen RAL-Nummern gekannt hat, oder sich an den neuen Nummern orientiert hat.

@Olaf,

wie es mit der Versorgung aussah, am Beispiel der Luftwaffe:

"Mit der sich zuspitzenden Rohstofflage mußten weitere Einsparungen am Oberflächenschutz vorgenommen werden. ...muß davon ausgegangen werden, daß alle ab Mitte 1944 produzierten Flugzeuge mehr oder weniger unlackiert ausgeliefert wurden."

Quelle: s.o.


Grundsätzlich gehe ich aber mit Wilfrieds Meinung konform.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Herr Nilsson

#14
Zitat von: Olaf am 20 Mai 2008, 17:49:56

@ Marc ~ Stimmt, die Sache mit dem Scheckigwerden kommt mir jetzt auch bekannt vor. Ob aber nun vor dem Auftragen eines neuen Tarnanstriches Schiffe komplett umgepönt wurden, beantwortet das aber auch nicht. Z-31 zum Beispiel trug 50/51 zur Indienststellung. Von Dezember 1942 bis November 1943 dann große dunkelgraue Flächen (vermutlich Dunkelgrau 2) auf Hellgrau (welches?) über alles. 1944 dann wieder 50/51 und ab 1945 war der Standardanstrich dann Hellgrau (welches?) über alles für alle KM-Einheiten.

RAL 7016 in der ABB nur Wasserlinienfarbe?
Ich war der Meinung:

Lfd. Nr. 1 in der TL-F1 / Lfd. Nr. 23b und 53 in der Liste der Anstrichmittel
= Dunkelgrau 1
= Schiffsbodenfarbe III Grau 1
= Trittfeste Außendeckfarbe Grau 53
= RAL 7016

Nur mal so ein Versuch, die ganzen unterschiedlichen Bezeichnungen unter einen Hut zu bringen.


Olaf,

so wie ich das verstehe sollten durchaus mehrere Tarnanstriche direkt übereinander aufgetragen werden. Nur im Ausnahmefall wurde nochmals vollständig 50/51 gepönt, auf die dann wieder ein neuer Tarnanstrich aufgetragen wurde.

Nur Wasserlinienfarbe habe ich nicht behauptet, sondern, dass dort RAL 7016 explizit als Wasserlinienfarbe genannt wird.


Thomas,

hilf mir mal bitte auf die Sprünge. Was ist denn der Unterschied zwischen 7016 alt und neu? Z.B. Dunkler oder heller?
Gruß Marc

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