Unbekanntes Wrack vor Sylt/List

Begonnen von rocco, 27 Juli 2013, 12:33:42

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rocco

Moin,
vor einigen Tagen habe ich ca. 10sm westlich List/Sylt in der Nähe des Lister Tiefs ein Kriegsschiff-Wrack auf 18m Tiefe betaucht. Es handelt sich um ca. 60m langes Schiff. Es ist stark zerfallen. Lediglich der Rumpf des Bugs ist noch intakt. Am Wrack selber befindet sich viel Munition (vielleicht Kaliber 8,8cm oder 10,5cm).  Das Fahrzeug hatte einen Dampfantrieb. Geschütze, Torpedorohre oder ähnliches haben wir nicht am Wrack gesehen. Die Sachen könnten geborgen worden sein. Es handelt sich wahrscheinlich um ein deutsches Schiff, da wir dort eine alte Holsten Bierflasche mit Prägung gesehen haben. Mein erster Eindruck war das sich evtl. um Vorpostenboot bzw. Fischdampfer handeln könnte. Mittlerweile habe ich allerdings auch M132 ein Typ1916 Minensuchboot in die engere Wahl der möglichen Schiffe genommen. Laut http://www.wlb-stuttgart.de/seekrieg/39-11.htm ist M132 durch Wasserbomben von M61 schwer beschädigt worden. Das Schiff wurde aufgesetzt und ist ein Totalverlust gewesen. Hat jemand vielleicht genauere Angaben zu dem Vorfall? Aufgesetzt heißt für mich eigentlich das Schiff wurde auf den Strand gefahren oder ins flachen Wasser gebracht und dort möglicherweise abgeborgen.
Folgende Schiffe könnten aus meiner Sicht noch in Frage kommen:
V1214 Ex Johannes Gregorius (evtl. zu klein, angegebene Versenkungsposition 10nm entfernt)
Torpedoboot S 123 (1. Weltkrieg) (angegebene Versenkungsposition ca. 10nm entfernt)

Allerdings sprechen die Positionsangaben der Versenkungsorte und teilweise die Größe dagegen. Wenn noch jemand ein anderes Kriegsfahrzeug weiß, welches in diesem Gebiet verloren gegangen ist wäre ich über Information dankbar. Auch bin über genauere Informationen (evtl. KTB-Einträge ) der oben angegebenen Schiffe dankbar.
 
Viele Grüße Rocco

baltic frank

Hallo rocco,
wenn es dir möglich ist mir die Position zu nennen könnte ich dir vielleicht weiter helfen.


kawa1705

Könnte es auch ein M 40 gewesen sein? Es ist auch knapp über 60 m lang und bei Kriegsende wurden auf der Back bei einigen Booten Torpedorohre verbaut.

:MG:

Rüdiger

rocco

Moin,
ZitatKönnte es auch ein M 40 gewesen sein? Es ist auch knapp über 60 m lang und bei Kriegsende wurden auf der Back bei einigen Booten Torpedorohre verbaut.

Schwer zu sagen, aber ich denke das Wrack ist kleiner als M40 Boot. Ich denke das am Wrack geborgen wurde da wie keine Bewaffnung gesehen habe. Eine Identifizierung kann also nur anhand von Details erfolgen, aber dafür brauche ich Ansatzpunkte. Ist denn ein M40 Boot in diesem Gebiet verloren gegangen?

@Frank
Ich habe dir die genaue Position per PN geschickt. Ist dein Gebiet nicht eher Rügen?  :wink:

Viele Grüße Rocco!


kawa1705

Gibt es denn Details vom Heck b.z.w Bilder?

:MG:

Rüdiger

rocco

Moin,
@Rüdiger: Bilder haben wir leider keine

Am Freitag hat es das Wetter und meine Zeit mal wieder zugelassen an diesem Wrack zu tauchen.
Wir hatten ganz anständige Bedingungen mit ca. 5-6m Unterwassersicht. Wir konnten jede Menge
Beobachtungen machen die vielleicht helfen dieses Schiff zu identifizieren.
Ich liste einfach mal auf:
- Wracklänge: 60m
- 2 Dampfkessel (hintereinander)
- 2 Dampfmachinen (nebeneinander angeordnet)
- Fundament für ein Artilleriegeschütz auf dem Vorschiff (Geschütz fehlt oder ist versandet)
- Munitionskammer im Vorschiff (leider haben wir die Munition nicht ausgemessen aber ich vermute es handelt sich um 10,5cm Granaten)
- geflieste Sanitärräume im Vorschiff
Schaut man sich die Schiffspläne eines Typ 1916 Minensuchbootes an, stimmen unsere Beobachtungen mit diesem Schiffstyp überein. Handelt es sich vielleicht doch um M132?

Viele Grüße Rocco

kawa1705

Nach der Beschreibung würde ich auch auf ein Mienensuchboot vom Typ. 1916 tippen. Aber der Typ 40 hatte auch Kohle befeuerte Kessel und war 62 m lang.  :?

:MG:

Rüdiger

rocco

Moin Rüdiger, ist denn in diesem Gebiet ein Typ40 Boot verloren gegangen?

Viele Grüße Rocco

Urs Heßling

#8
moin,

Zitat von: rocco am 01 Dezember 2013, 21:18:35
Ich habe dir die genaue Position per PN geschickt.
Aber leider nicht hier geschrieben.

Zitat von: rocco am 14 Juni 2015, 21:27:40
Schaut man sich die Schiffspläne eines Typ 1916 Minensuchbootes an, stimmen unsere Beobachtungen mit diesem Schiffstyp überein. Handelt es sich vielleicht doch um M 132?

Meiner Meinung nach kommen, wenn wir von der Identität als Minensuchboot 1916 ausgehen, etwa 10 sm westlich des Lister Tiefs noch in Frage (Qu.: Gröner)
- M 15, gesunken am 30.3.17 auf Pos. 55o07' N 08o03' E
- M 16, gesunken am 21.3.17 auf Pos. 55o08' N 08o06' E
- M 24, gesunken am 16.3.17 auf Pos. 55o06' N 08o07' E

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

halina

#9
Moin  Rocco  ,

Die von Dir vermessene Länge des Bootes M 132 dürfte stimmen , lt. Datenblatt müssen es 59 meter sein , als Bewaffnung
waren angegeben 2 x 8,8 cm  L/30 , das Boot ist nicht gestrandet sondern infolge Explosion gesunken .
Die von Urs genannten Boote gehörten zum Minensucher-Typ 1914 und waren ca. 4 meter kürzer .
                                                                                                                                                        :MG:  halina

Hier mal ein Foto vom Minensucher der Baureihe vom Typ 1916 , zu der auch M 132 gehörte .

Anmerkung :  Die von der Reichsmarine übernommenen Boote , und einige davon auch noch in der Kriegsmarine im Dienst ,
                     wurden unterschiedlich modernisiert , etliche davon schon in der Reichsmarine , aber es gab auch noch Boote
                     in der KM die als "Schwarze Gesellen" im WK II  im Einsatz waren .

In Ergänzung  ein Foto vom Schwesterboot M 133 , hier in Fahrt im Dienst der Reichsmarine bis ca. 1935 , danach in der KM,
                     in beiden Marinen als Tender für Räumboote im Einsatz , am 17.5 1942 bei einem RAF-Angriff gesunken .
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Urs Heßling

moin,

Zitat von: halina am 18 Juni 2015, 12:15:17
Die von Urs genannten Boote gehörten zum Minensucher-Typ 1914 und waren ca. 4 meter kürzer
Es waren etwas mehr als 3 m, aber ansonsten hast Du mit Deinem Einwand recht top :MG:

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

rocco

Moin,
vielen Dank für die Antworten und Ideen.
Laute Theo wurde M132 gehoben. Nähere Informationen gibt es in diesem Thread. 
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,24205.0.html
Vielleicht handelt sich dann um eines der von Urs benannten Boote. Ich muss mir allerdings die Schiffspläne des Typs 1914 suchen. Mein Verdacht das sich beim betauchten Wrack um ein Typ1916 Boot handelt
stützt sich hauptsächlich auf die Anordnung und Art der Maschinenanlage und einiger noch sichtbarer Räumen.
Die Länge ist eine ca. Angabe, da das Wrack stark zerstört ist lässt sie sich nicht auf den Meter genau ermitteln. 
Ich habe die Versenkungspositionen von M15, M16 und M24 mit Hilfe der Seekarte
überprüft. Mit 3,8sm Abstand liegt M24 am dichtesten an der betauchten Wrackposition. 
Das Wrack liegt auf  55°02´N 08°04´ (ca. Angabe)
Die Angabe von Versenkungspositionen sind in der Regel nicht genau, allerdings sind knapp 4sm schon ein ziemlich großer Fehler. Es bleibt also kompliziert.

Viele Grüße Rocco

rocco

Hallo,
es gibt einige Neuigkeiten hinsichtlich des Wracks. Wir waren am Wochenende, dank des schönen Wetters noch mal dort und konnten einige Sachen klären. Ich bin mir sicher, dass es sich um ein Minensuchboot handelt, mit großer Wahrscheinlichkeit ist es ein Typ1916 Boot. Ich habe mal einen Schiffsplan eines Typ1915 Bootes angehängt. Die Klasse ähnelt sich ja in fast allen Details mit dem Typ1916. Im Plan sind die wichtigsten Beobachtungen kommentiert.

Bei den zahlreichen Granaten im Wrack handelt es sich um Kaliber 10,5cm. Geschütze sind allerdings nicht mehr vorhanden oder versandet. Ich gehe allerdings von einer Bergung aus.

Die wichtigste Erkenntnis liefern zwei Details vom Wrack.
Zum Einen haben wir dort eine Kamera des Typs "Afga Billy Record mit Agfa Anastigmat - Jgestar 7.7 Optik" gefunden. Diese Kamera wurde erst ab dem Jahr 1932 hergestellt.
Am Wrack waren kleine Akkumulatoren (wahrscheinlich Notbeleuchtung) des Herstellers "Accuwerk Hoppecke". Die Firma ist unter diesem Namen erst in den 20er Jahren entstanden.   
Damit können wir für dieses Wrack die Boote M15,M16 und M24 sicher ausschließen, da diese ja schon 1917 gesunken sind. Mir fällt da bloß wieder M-132 ein, welches 1939 nach dem Wabo-Vorfall in diesem Seegebiet gesunken ist, aber angeblich anschließend geborgen wurde. Eine denkbare Theorie wäre, dass die Bergung nur Teile des Schiffes betroffen hat um über dem Wrack und Schifffahrtshindernis ein paar Meter Wasser zu haben. Evtl. hat man in diesem Zusammenhang die Bewaffnung geborgen. Diese Theorie würde den schlechten Zustand des Wracks erklären, obwohl man dazu sagen muss, dass die Nordsee auch nicht gerade zimperlich mit gesunken Schiffen umgeht.   

@Halina:
ZitatDie von Dir vermessene Länge des Bootes M 132 dürfte stimmen , lt. Datenblatt müssen es 59 meter sein , als Bewaffnung waren angegeben 2 x 8,8 cm  L/30 , das Boot ist nicht gestrandet sondern infolge Explosion gesunken.
Im Gröner wird die Bewaffnung von M 132 mit 2x 10,5cm angegeben. Dies würde auch zu den am Wrack liegenden Granaten passen. Woher hast du die 2x8,8cm Angabe? 

Zu den Anhängen: Anbei der Schiffsplan eines Typ1915 Bootes mit Eintragungen zu Beobachtungen die wir am Wrack gemacht haben. Ich hoffe das trotz der Dateiverkleinerung für den Anhang, die Kommentare noch lesbar sind. Die Verwendung des Planes erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Website:
http://www.dreadnoughtproject.org/tfs/index.php/Main_Page     
Die angehängten Bilder zeigen die gefundene Kleinbild-Kamera.

Viele Grüße Rocco

halina

#13
Moin rocco , die Angaben stammen von German-Navy , habe auch im Gröner nachgeschaut , dort finden sich unterschiedliche Kaliberangaben , das von dir genannte Kaliber von 10,5 cm für M 132 dürfte aber zutreffen .
                                                                                                                                                             Gruss halina

Edit : Habe nochmal die Untergangsstellen der Boote vom Typ 1915+16 überprüft , demnach könnte es doch M132 sein .
        lt. Gröner im Lister Tief gesunken , von einer Bergung ist hier nichts vermerkt , wahrscheinlich wurden wohl nur die
        wertvollen Geschütze gehoben .
       Wenn gelegentlich mal wieder eine schwere Sturmflut wütet, könnte es sein dass danach bei einem erneuten Tauchgang
       evtl. mehr vom Boot zu sehen ist , wünsche Dir weiterhin viel Erfolg und pass gut auf Dich auf .
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Baunummer 509

Die Kamera ist ein toller Fund. Sieht ziemlich gut erhalten aus  top

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