U-864

Begonnen von Stefan, 21 Oktober 2005, 18:17:42

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Stefan

Hallo zusammen,



Nach einem Bericht der Bergens Tidene, der Tageszeitung der Stadt Bergen in Norwegen, wird schon seit längerem über die von U-864 ausgehende Umweltgefahr nachgedacht, so daß nun ein Gutachten in Auftrag gegeben wurde wie der Gefahr am besten begegnet würde.



U-864, ein deutsches U-Boot des Langstreckentyps IXD2, war am 7. Februar 1945 unter dem Kommando von Korvettenkapitän Ralf-Reimar Wolfram ausgelaufen um über den Nord- und Südatlantik und den Indischen Ozean nach Japan zu fahren. Das folgende Bild zeigt die Besatzung von U 864 am 9. Dezember 1943 nach der Indienststellung des Bootes für die 4. U-Flottille in Stettin.



Die Mission des Bootes im Frühjahr 1945: die Beförderung von 30 Stahlflaschen schweren Wassers zur Herstellung einer Atombombe, von Plänen und Teilen der Jagdflugzeuge Me 209 V-5,Me 309 und des viermotorigen Langstreckenbombers Me 264,Lizenzverträgen zum Nachbau weiterer Flugzeugtypen wzB. die Junkersmodelle 1 bis 6 und Campini,von U-Bootplänen der Typen Caproni und Satsuki, von einem Siemens-Radar, sowie von einigen Flugzeugingenieuren als Passagiere und 70t Quecksilber. Dies war ein Mangelrohstoff, den das Kaiserreich Japan seinerzeit nicht in seinem Machtbereich gewinnen konnte, der aber gleichwohl unabdingbar wichtig für die Kriegsführung war,da zB. Zünder in Bomben und Granaten auch aus Quecksilber hergestellt wurden. Doch das zuletzt zur 33. U-Flottille gehörige Boot kam nie in Japan an. Es wurde am 9. Februar 1945 von dem getaucht fahrenden U-Boot HM S/m Venturer von Lieutenant James S. Launders bemerkt und dann in einem Unterwasserangriff mit vier nach ASDIC-Schußunterlagen abgefeuerten Torpedos auf 150m Wassertiefe versenkt.



Vor allem das an Bord befindliche Quecksilber macht nun den Behörden vor Ort Kopfschmerzen, denn die Stahlflaschen nähern sich dem Ende ihrer Widerstandskraft und sind zT. übel zerfressen. Es wird befürchtet, daß das Quecksilber austreten und zB. über Fische in den Nahrungskreislauf der Menschen gelangen könnte.

Das in Auftrag gegebene Gutachten müßte bald vorliegen. Hiernach wird eine Entscheidung getroffen werden wie weiter verfahren wird. Hierbei dürfte von Interesse sein,inwieweit der Status des Wracks als Kriegsgrab für 73 tote deutsche Militärangehörige und zumindest zwei japanische Militärangehörige gewahrt werden wird.



Viele Grüße

Stefan
Zitat

t-geronimo

Nach der Diskussion, die nach der im ZDF gelaufenen Doku stattfand (siehe http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,3909.0.html), war heute wieder kurz was zu U 864 in der Bremer Tagespresse:
http://www.weser-kurier.de/btag/btag_1348.php?artid=2007041300905&

ZitatNorwegens Kampf um deutsches U-Boot

OSLO.
Mit "zivilem Ungehorsam" bis hin zum Anketten auf See wollen Norweger die Hebung des mit 65 Tonnen Quecksilber gesunkenen deutschen Kriegs-U-Bootes "U-864" erzwingen - geplant ist bisher eine Einbetonierung des verseuchten Schiffes.Mitte der Woche hat sogar der Bergener Chef des Schifffahrtsamtes, Magne Rødland, persönliche Protestaktionen gegen die von der Regierung beschlossene Einbetonierung des mit modernster Nazi-Kriegstechnologie untergegangenen U-Bootes angekündigt: "Irgendwann kommt das Quecksilber durch den Grund aus Lehm und Sand doch heraus. Ich werde mich an den Protesten beteiligen, auch wenn ziviler Ungehorsam eigentlich nicht so mein Ding ist."Das Osloer Fischereiministerium hatte sich im Februar für die komplette Einbetonierung des drei Monate vor Kriegsende durch britische Torpedos versenkten U-Bootes ausgesprochen. Eine Bergung des in drei Teile zerfallenen Wracks sei zu aufwändig und auch zu gefährlich, hieß es.Seit dieser Entscheidung aber laufen vor allem die Bewohner der Ferien-Insel Fejde, zunehmend aber auch Parlamentsparteien, der Fischereiverband und Meeresbiologen Sturm gegen diese Entscheidung. Sie berufen sich auch auf Aussagen heimischer und niederländischer Bergungsspezialisten, wonach die "U-864" ohne Probleme aus 150 Meter Tiefe an die Meeresoberfläche gebracht werden könne.Das Wrack wurde erst 2003 zwei Seemeilen vor Fedje ausfindig gemacht. Das 87 Meter lange und 1400 Tonnen schwere U-Boot vom Typ IX D2 hatte am 7. Februar 1945 Bergen mit Ziel Japan verlassen. Die Nazi-Kriegsstrategen wollten auf dem noch neuen U-Boot in letzter Stunde geheime Kriegstechnologie zum Bau neuer Flugzeuge ins verbündete Japan schaffen. Wegen der Verfolgung durch ein britisches U-Boot gab der Kapitän aber das Kommando zum Wenden und nahm wieder Kurs auf Bergen.Kurz vor der Einfahrt in die schützenden Fjorde wurde "U-864" vom britischen U-Boot "HMS Venturer" geortet und mit vier Torpedos versenkt. Alle 70 Besatzungsmitglieder und drei Mitreisende kamen ums Leben. Die "Venturer" war gezielt zur Jagd auf die "U-864" ausgelaufen, nachdem britische Spezialisten deutsche Funksprüche abgefangen und entschlüsselt hatten.Norwegische Umweltschützer und betroffene Anwohner interessieren sich aber weniger für legendäre Kriegsgeschichten als für akute Umweltgefahren. Die Katastrophe durch quecksilberhaltige Abwässer in der kleinen japanischen Stadt Minamata 1956 mit mindestens 3000 Opfern - unter anderem durch Nervenschäden und schwere Missbildungen auch bei Nachkommen - kennen auf Fejde in Norwegen inzwischen alle Mitglieder der "Volksbewegung zur Hebung der U-864" im Detail.Stärker ins Gewicht als Fackelzüge, Protestbesuche im Osloer Parlament "Storting" und die Ankündigung von aktivem Protest auch auf See dürfte die zunehmende Zahl der Expertenstimmen gegen die Einbetonierung und für die viel teurere Hebung fallen. "In den Fachkreisen, mit denen ich zu tun habe, schütteln doch alle mit dem Kopf über die Einbetonierung", sagte Røland, Bergens oberster Aufsichtsbeamter für die Schifffahrt, im Rundfunksender NRK.Sein Osloer Chef Rune Teisrud rügte diese Äußerung als "nicht ganz so vorsichtig, wie es angemessen wäre". Beifall gab es erwartungsgemäß aus der "Volksbewegung". "Wir müssen auch an Norwegens guten Ruf beim Fischfang denken", meinte Reidun Moldøen von "Hebt die U-864".

Nur mal so zur Info.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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