Surigao-Strasse; unverständliches Vorgehen der Japaner

Begonnen von Big A, 08 April 2008, 16:33:45

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Big A

Zur Schlacht im Leyte-Gulf gibt es eine Vielzahl an Quellen. Allerdings konnt eich noch keine befriedigende Antwort auf folgende Fragen finden:
1. Kurita einerseits und Nishimura und Shima andererseits sollten in einer Zangenoperation die Landungszone bei Leyte angreifen, Kurita vom Norden her, die beiden anderen aus dem Süden. Abgesehen von dem - gelinde gesagt - nicht gerade klugen Vorgehen, in Formation 1 in die Surigao-Strasse einzulaufen, wo der Feind ja in der klassischen Position des "Crossing the T" warten musste, versäumte es die IJN, die südlichen Formationen zusammenzufassen. Grund dafür sei gewesen, dass Nishimura und Shima "nicht miteinander konnten". Hat jemand Informatione darüber, worin das begründet war?
2. Warum drehte Shima nicht um, als klar wurde, dass Nishimura vernichtet war, spätestens die entkommene "Shigure" hätte doch warnen können/müssen aber FKpt Nishino, Skipper der "Shigure" sagte später aus: "The raeason I did not communicate directly with Adm. Shima and inform him of the situation was that I had no connection with him and was not under his command. I assumed that Shima knew conditions of the battle ... by sighting the burning ships "Fuso" and "Mogami", and by seeing me on a retiring course"
Logischerweise hätte Nishino zumindest per Klappbuchse Shima warnen können
3. Wie war die Funkgeräteausstattung? Warum konnte Nishino Shima nicht erreichen

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Mario

Hallo Axel
Bitte werfe zunächst einmal Deine westlich geprägte Wertvorstellung über Bord. Mit der kommst Du nicht sehr weit, wenn Du japanisches Verhalten beurteilen möchtest.  :-)
Ende 1944 war es selbst den optimistischsten Japanern klar, daß ihr Kaiserreich vor dem Untergang stand. Ihr Streben galt von diesem Zeitpunkt an nicht dem Überleben und dem Sieg, sondern dem Ruhm und der Ehre im Untergang. Für uns Europäer des 21. Jh kaum vorstellbar, aber die jap. Seeleute wollten in der Surigao-Straße untergehen, um ihrem Land und ihrem Kaiser einen letzten, womöglich wertvollen Dienst zu erweisen.

Für mich ist es ein viel größeres Rätsel, warum die japanischen Admirale eine weiträumige Zangenoperation mit einem Ablenkungsangriff planten und dabei völlig das vorhandensein alliierter Aufklärung negierten. Nachts im Wald kann man sich an einen Gegner anschleichen, aber über tausende von Seemeilen durch ein von alliierten Luftaufklärern dominiertes Seegebiet anzumarschieren und dabei zu hoffen, daß man unerkannt bis nach Leyte laufen kann, das will mir nicht in den Kopf.

t-geronimo

Zu 1.) zitiere ich mal ein wenig aus Cutler "Entscheidung im Pazifik", da ich nicht weiß, ob Du es hast.

Demnach waren Shima und Nishimura sehr unterscheidliche Charaktere.
Nishimura war ein Admiral, der auf Schiffen groß geworden war und sich dort seine Sporen und seine Beförderungen verdient hatte. Von Politik hielt er sich weitestgehend fern.
Shima dagegen war über Stabsposten und Lehranstalten aufgestiegen und hatte eher administrative denn operative Fähigkeiten.

Die Antipathie zwischen den beiden war wohl bekannt. Im Falle einer Zusammenfassung der beiden Verbände hätte der ranghöhere, aber unerfahrenere Shima das Kommando gehabt, und das wollte Ugaki anscheinend nicht.


Das mal als kleinen Erklärungsansatz. Zusammen mit Marios Hinweis auf eine uns heute völlig fremde und kaum nachzuvollziehende Mentalität könnte das schon viel Sinn machen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Big A

@t-geronimo
Danke für die Antwort
Cuttler habe ich, dennoch will es mir nicht in Kopf, dass bei einer solchen Operation, dem letzten "Alles-oder-Nichts" Angriff mit der bewussten Opferung der Träger, die als Ablenkung von Norden kamen und ja auch fast erfolgreich gelang, denn Halsey fiel ja darauf herein und lies- auch wg. mißverständlichem Lagebild- die Landungszone quasi ungedeckt zurück als auf sie losging, dass bei einer solchen Operation nicht zumindest versucht wurde, den größtmöglichen Schaden beim Gegner anzurichten.
Unklar bleibt dennoch das taktisch fragwürdige Vorgehen, in Kiellinie mit zersplitterten Kräften vorzugehen. Es will mir einfach nicht in den Schädel, dass man seine persönlichen Vorbehalte nicht hinten an stellen konnte.

@Mario
Der Aufopferungswille der Japaner ist mir schon klar. Eigentlich hätte die Operation von Anfang an abgebrochen werden müssen als das Auslaufen Kuritas aus Borneo (Tawi Tawi) durch US - U- Boote gemeldet wurde und das Flaggschiff torpediert wurde.
ZitatFür mich ist es ein viel größeres Rätsel, warum die japanischen Admirale eine weiträumige Zangenoperation mit einem Ablenkungsangriff planten und dabei völlig das vorhandensein alliierter Aufklärung negierten. Nachts im Wald kann man sich an einen Gegner anschleichen, aber über tausende von Seemeilen durch ein von alliierten Luftaufklärern dominiertes Seegebiet anzumarschieren und dabei zu hoffen, daß man unerkannt bis nach Leyte laufen kann, das will mir nicht in den Kopf.
Es ist immerhin erstaunlich, wie weit die drei Flottillen gekommen sind, dass Kurita tatsächlich durch die San Bernardino Strasse einlaufen konnte, obwohl er doch schon frühzeitig erkannt worden war. Sicher ist das auch im Fehler Halseys mit begründet.
Ich vermute, dass die Admiralität sich durch die falschen Meldungen über die angeblich vorhandenen und erfolgreichen Fliegerkräfte auf den Philippienen hat täuschen lassen und ein unklares Lagebild hatte (ich will nicht sagen dass sie in Luftschlössern lebten).
Für mich bleibt es einfach rätselhaft, dass Shima beim Anblick der zerstörten Flottille Nishimuras nicht versucht hat, dem Gefecht auszuweichen und seine Einheiten sehenden Auges in den aussichtslosen Kampf schickte. Denn er hatte ja keinerlei Chance, auch nur annähernd in die Nähe der US Einheiten zu gelangen. Hört sich fast wie einer der berüchtigten "Banzai-Angriffe" an.
Über Kurita haben wir ja schon in einem anderen Thread diskutiert, es ist erstaunlich, wie viel Inkompetenz auf beiden Seiten hier zusammentraf.
Auch dass der Kdt. der Shigure(eins der "glücklichen" Schiffe der IJN) nicht mit Shima in Verbindung trat ist für fast schon ein Fall, der vor's Kriegsgericht gehört.

P.S. Als Literatur empfehle ich auch: Milan Vego, Battle for Leyte 1944

Axel
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Huszar

Hallo, Axel,

Sowohl Ozawa, als auch die Suriago-Gruppe hatten einfach die Aufgabe, den Gegner zu fesseln - um die Hauptstreitmacht (Kurita) den Weg zu öffnen. Dabei war die Vernichtung von vornherein einkalkuliert.
Durch den Vorstoss der beiden südlichen Gruppen wurde genau das erreicht, was bezweckt wurde: namlich die US-Dickschiffe von Kurita fernzuhalten. Das dabei die beiden Gruppen vernichtet wurden, ist (aus japanischer Sicht) nebensächlich und uninteressant.
Btw: schau dir mal die Schiffe der Südgruppe(n) an:
- Yamashiro und Fuso: Ausbildungsschiffe, die kaum mehr einen Kampfwert besassen - ausser, sich in der Surigao-Strasse versenken zu lassen
- Mogami: nicht mal für Ozawa's "Trägerflotte" zu gebrauchen

Die beiden recht guten schweren Kreuzer, und (ansatzweise) guten Zerstörer von Shima drehten spätestens nach der Kollision mit Mogami ab.


Dass dann Kurita die Sache - trotz allem - in den Sand gesetzt hat....

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Big A

@alex
ZitatDurch den Vorstoss der beiden südlichen Gruppen wurde genau das erreicht, was bezweckt wurde: namlich die US-Dickschiffe von Kurita fernzuhalten. Das dabei die beiden Gruppen vernichtet wurden, ist (aus japanischer Sicht) nebensächlich und uninteressant.
Das gelang aber nur, weil Halsey tatsächlich auf die Ablenkung durch die Träger und getrieben vom Ehrgeiz, endlich auch mal eine große Schlacht zu gewinnen (und Träger zu vernichten) sich tatsächlich hat weglocken lassen in der Annahme, dass die San Bernardino Strasse gedeckt sein. Schlechte Kommunikation und mißverständliche Fernschreiben trugen zu Halseys Entschluß mit bei. Die Reaktion aus Pearl Harbor war ja entsprechend (Where rpt where is Halsey, schlimmer als ein "rpt" im Fernschreiben kann ein "Anschiß" kaum sein).
Mario hat sicher recht wenn er schreibt dass man die japanischen Überlegungen als westlich geprägter Militär nicht nachvollziehen kann

Axel
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Q

Sorry meiner unwissenheit Alex aber wat bedeutet "rpt".

Don´t Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

t-geronimo

repeat = wiederholen

"Wo, ich wiederhole WO ist Halsey?"

Und dann kamen ja noch die Füllwörter "fragt sich die Welt" hinzu, die eigentlich nur eine Entschlüsselung erschweren sollten, aber so dem ganzen Funkspruch eine besondere Dramatik gaben:
"Wo, ich wiederhole WO ist Halsey, fragt sich die Welt?"
Gruß, Thorsten

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Big A

@t-geromino
Tja, das war schon ein schöner "heititei-up", irgendwo muss das Schicksal grinsend dahinter gestanden haben :roll:

Axel
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t-geronimo

Zitat von: Big A am 08 April 2008, 16:33:45
Logischerweise hätte Nishino zumindest per Klappbuchse Shima warnen können
3. Wie war die Funkgeräteausstattung? Warum konnte Nishino Shima nicht erreichen

Aber Shima hat ja auch nicht nachgefragt!!
Das unterstützte ja noch Nishinos Annahme, Shima wüßte über die Vorgänge bescheid.

Genau wie ja Mitscher, Burke und andere Amerikaner Halseys Fehler bzw. die drohende Falle der ablaufenden Träger (Lockvogel) bemerkten, aber auch nichts unternahmen in der Annahme, Halsey hätte wohl mehr und bessere Informationen als sie selber.
Und die, die sich bemerkbar zu machen versuchten, wurden mit eben letzterem Argument "abgebügelt".

Manchmal hat Autokratie eben auch Nachteile...
Gruß, Thorsten

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Big A

ZitatAber Shima hat ja auch nicht nachgefragt!!
Das unterstützte ja noch Nishinos Annahme, Shima wüßte über die Vorgänge bescheid.
Dennoch wäre es doch gesunder Menschenverstand gewesen, wenn ich denn schon nicht funken will/kann, zumindest einen Lagebericht abzugeben.
ZitatGenau wie ja Mitscher, Burke und andere Amerikaner Halseys Fehler bzw. die drohende Falle der ablaufenden Träger (Lockvogel) bemerkten, aber auch nichts unternahmen in der Annahme, Halsey hätte wohl mehr und bessere Informationen als sie selber.
Und die, die sich bemerkbar zu machen versuchten, wurden mit eben letzterem Argument "abgebügelt".
Zumindest wurde hier aber versucht, auf den Fehler / die Falle hinzuweisen, diese Versuche wurden durch höher bezahlte Einsicht abgeschmettert.
Im Nachhinein wurde ja alles auf mißverständliche Fernschreiben geschoben, Halsey behauptete später, er ging davon aus, dass  TF 34 die San Bernardino Strasse bewacht. Erst Kinkaids dringender Hilferuf nach den BBs brachte Halsey zur Vernunft.
Axel
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Huszar

Hallo,

shima drehte ja nach dem Sichten der Wracks (bzw der Kollision mit Mogami) ab, und erreichte ohne grössere Probleme Manila. Seine Gruppe mit dem Gross (den BBs) hätte auch keinen grossen Unterschied gemacht, und diese jene Gruppe hat ihre Aufgabe erfüllt: die alten BBs und mehrere Kreuzer und Zerstörer in der Surigao-Strasse binden (die Amerikaner waren sogar so nett, nachzustossen), und somit aus der Entscheidung im Leyte-Golf entziehen.
Die Südgruppe hatte nie eine Chance, dort zu gewinnen, weder mit, noch ohne Shima.
Genau wie die Trägergruppe.
Beide Köder-Gruppen haben ihre Aufgabe voll erfüllt.

Das Kurita dann die ganze Sache in den Sand setzt, war nicht zu erwarten - und ist eher unverständlich.

mfg

alex
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Big A

Wobei Halsey ja zu verstehen ist, er wusste, dass die Träger aus dem Norden kommen und hatte laut Cuttler, Battle for Leyte Gulf Sorgen, dass es zu einem Pendelverkehr von denTrägern zu den Philippinen und zurück kommen könnte, daher der wüste Angriff auf die Träger. Der Fehler war, dass San Bernardino undeckt blieb und Kinkaid in die Planungen nicht einbezogen wurde. Meines Wissens hat sich Kinkaid nur ein Lagebild verschafft bzw. über Halseys Intentionen informiert, in dem er auch die nicht für ihn bestimmten Sprüche Halseys mitlas.

Axel
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Mario

Halsey und seine Stabsoffiziere gingen damals davon aus, daß Kuritas Verband schwer angeschlagen sei, zumal er sich ja nachweislich auf dem Rückmarsch befand. Nur ein paar wenige mißtrauische Offiziere in der 3. US-Flotte hatte da so ein Gefühl  bzw. eine Vorahnung, daß Kurita vieleicht doch noch die San-Bernadino-Straße durchqueren würde.
Um die Entscheidungen von damals zu verstehen, sollten wir uns auch vergegenwärtigen, daß die Leute damals schon tagelang auf den Beinen waren und dabei unter enormen Streß standen. Pausenlos trafen Meldungen und Funksprüche ein, die Lage änderte sich stündlich Innerhalb von Sekunden oder Minuten Entscheidungen zu treffen und dabei das Schicksal von zigtausenden in den Händen zu halten, das wiegt schwer.
In so einer Situation kann man nicht dieselben Entscheidungen treffen, wie wir , die wir heute gemütlich vor dem Computer sitzen.

Big A

@Mario

Ich stimme Dir zu was den Stress betrifft, aber dennoch hatte Halsey auch weitsichtige Berater und genügend Hinweise erhalten, dass Kurita nochnicht geschlagenist bzw. dass die San Bernardino Starsse undeckt geblieben war.

Ausschlaggebend war letztendlich, dass die USN genügend Einheiten hatte, um sowohl die Surigao als auch die SBS "dicht" zu machen.

Dass sie es nicht taten ist m.E. der unklugen, will sagen beratungsresistenten Führung Halseys zuzuschreiben.

Dass die Japaner im Süden chancenlos waren steht ausser Diskussion, der sinnlose Opfergang Nishimuras beweist dies eindeutig. Oldendorfs Battlewaggons waren nie für andere Aufgaben vorgesehen worden (ausser dem Küstenbeschuss was die Knappheit an HE - Munition erklärt)
Dass und warum Kurita im Norden nicht erfolgreich war haben wir ja schon mal hier in einem anderen Thread geklärt, er hätte sicher die Chance gehabt, die Landung zu stören und eventuell zu verlangsamen, das Endeds Krieges hätte er im Erfolgsfall sicher nur verlängert, aber auf keinen Fall verändert.

AXel
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