Kampf um Mudros

Begonnen von Zerstörerfahrer, 31 Mai 2007, 18:54:37

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Zerstörerfahrer

Bericht über die Räumung Mudros aus dem KTB des Admirals Ägäis.
Quelle: NARA-Mikrofilm



Kampf um Mudros




In den ersten Oktobertagen war aus der Gesamtlage zu ersehen, dass die planmässige Absetzbewegung  sich ihrem Ende nähern sollte. Fahrzeuge über Fahrzeuge hatten Soldaten und wertvolles Gut abtransportiert mit verhältnismässig geringen Verlusten.
AM 15.10.44 Funkspruch: " Die letzten Schiffe kommen, Schluss der Absetzbewegung. "
Es kam eine Siebelfähre, ein GN-Boot, ein I-Boot und als zweites Geleit ein Marinefährprahm mit einem GN-Boot, mit dem Befehl alles mitzunehmen und die Insel zu räumen.
Als Zielpunkt war Porto Kufo, Saloniki und Stavros befohlen. Wegen der grossen Sprengaufgaben wurde beantragt, in der ersten Nacht nur das Siebelgeleit in Marsch setzen zu dürfen und in der zweiten Nacht den Rest.
Die vollkommene Vernichtung des Hafens Mudros war bei der geringen Zeit nicht durchzuführen. Die Sprengung des Hafengebietes war bereits einige Tag vorher befohlen worden. Erschwerend kam hinzu, dass die Luftwaffe nahezu ausfiel und auch diese Arbeit von der Marine übernommen werden musste.

Am Nachmittag des 15.10.44, 14.30 Uhr rief der Dienststellenleiter der Hafenwache Kastron, die mit 2 Marinesoldaten und 2 W.U.- Soldaten besetzt war an. Der Wachhabende meldete, dass er durch Flugblätter aufgefordert worden sei, die Waffen zu übergeben und berichtete von merkwürdigen Erscheinungen im Ort. Es wurde ihm Befehl erteilt, sich ausserhalb des Ortes einzufinden, dort würde ein Pkw vorfahren und ihn abholen. Auf dem Wege zum Ortsausgang sind die 2 W.U.- Soldaten geflüchtet und sind, trotzdem ¾ Stunden auf sie gewartet wurde, nicht erschienen. Offensichtlich sind sie, wie schon vorher 15 der W.U.- Soldaten zu den Partisanen übergelaufen.

Der Marineortskommandant erhielt am 15.10. abends den Befehl, die griechische Bevölkerung von Mudros anzuweisen, den Ort am 16.10. 04.00 Uhr zu räumen. Der Befehl des Ortskommandanten ist von den Frauen befolgt worden, von den Männern jedoch zum Teil nicht, die umherstanden, um Beute zu machen. Dazu war wenig Aussicht, da die Marinegüter, abgesehen von 20 Tonnen altem Mehl, nach Saloniki abtransportiert waren.

Die Sprengungen wurden bei Nacht fortgesetzt, am Morgen arbeitete das Hako – Sprengkommando, dem sich ein Oberfeldwebel und 2 Mann des Heeres angeschlossen hatten, mit äusserster Kraft in drei Sprengtrupps. Besonders erfolgreich erwies sich später die Bitte der Marine, das riesige Munitionslager des Heeres, mit grossen Mengen an Dynamit und Sprengstoff, durch Marinezeitzünder zu sprengen.




Die Einschiffung des Heeres erfolgte auf dem MFP F 898 und GN 82. Beide Fahrzeuge legten um 09.00 Uhr ab, die Marine war auf sich selbst gestellt. Zunächst ging die Verladung auf dem Motorsegler planmässig weiter. Plötzlich liefen der MFP und das GN-Boot wieder ein. Der Geleitführer meldete, dass die Signalstelle Lemnos Süd 2 englische Fahrzeuge mittlerer Grösse dicht vor der Hafeneinfahrt Mudros gesichtet hätte. Der MNO begab sich sofort, auf Befehl des Hafenkommandanten, mit dem Funktrupp auf dem Lkw zum Paradiesberg, um von dort aus die Lage zu klären. Kurz nach seiner Abfahrt, war im Ort heftiges MG-Feuer zu vernehmen, welches auch bald am Hafen, besonders an die Pier, an der die Motorsegler des Hako's lagen, einsetzte. Auf Befehl des Hako legten sofort alle Schiffe ab. Ein M.S. mit Motorschaden musste in Schlepp genommen werden. GN 82 fuhr nach einigen Salven, in der Nähe von Kombi, unter die Küste. Da die Verminung des Hafens als eine der hauptsächlichsten Aufgaben angesehen wurde, wurde diese unter MG-Beschuss und Beschuss von einem Pakgeschütz durchgeführt. Der MFP fuhr im Hafen auf und ab und erwiderte zunächst mit den leichten Waffen das Feuer auf die MG-Nester.
Ebenso beteiligten sich die M.S. des Hako's lebhaft mit den behelfsmässig aufgestellten 2cm Flakgeschützen an der Bekämpfung der MG-Nester. Da das Einlaufen feindlicher Schiffe in den Hafen für möglich gehalten wurde, wurde vom Hako an die Schiffe der Befehl erteilt, im Hafen zu kreuzen. Hako nahm mit seinem Boot optische Verbindung mit Kombi auf. Kombi meldete, dass die englischen Fahrzeuge abgedreht und in die Kondia-Bucht eingelaufen seien.
Da mit der Rückkehr des noch fehlenden MNO in den Hafen nicht mehr gerechnet werden konnte, wurde einem V-Boot der Befehl erteilt, noch einmal die Küste abzusehen, zunächst ohne Erfolg. Der Hako fuhr nun durch den Binnenhafen und erteilte dem MFP Artilleriebefehle, die durch die 7,5 cm und die leichten Waffen musterhaft ausgeführt wurden.
Das Ziel waren die noch stehenden Marinegebäude, da den Zeitzündern nicht ganz getraut wurde. Ferner der Massuth-Tankleichter " Erta ", der vor einigen Tagen das Ziel von 14 englischen Flugzeugen war und von diesen nicht vernichtet wurde. Jetzt genügten zur Vernichtung 5 Salven des MFP. Stundenlanges Feuer zeigte den Erfolg der Beschiessung. Das Feuer des Gegners liess allmählich nach. Gegen 14.00 Uhr wurde das Feuer eingestellt. Der Hako bat den Geleitführer mit dem V-Boot nach Kombi zu fahren.
Hier ergab sich folgende Lage:
Am Morgen gegen 09.00 Uhr hatten sich 2 feindliche Kriegsfahrzeuge mittleren und leichteren Typs der Hafeneinfahrt genähert. Auf E.S.-Anruf wurde mit richtigen E.S. geantwortet. Erst als sich die Fahrzeuge näherten, wurde erkannt, dass es sich um feindliche Kriegsfahrzeuge handelte. Die englische Kriegsflagge war klar zu erkennen. Auf erneuten Anruf drehten die Fahrzeuge nach der Kondia-Bucht ab. Telefonische Meldung war am Morgen nicht möglich, da Telefonleitung unklar, wahrscheinlich Sabotage. 6 Alarmgeschosse wurden von Kombi abgefeuert. Ausserdem wurde das auslaufende Geleit optisch gewarnt und machte daraufhin kehrt. Das verhalten des Dienststellenleiters der Signalstelle war musterhaft. Wegen der Wichtigkeit der Aufgabe war er vom MNO als besonders zuverlässiger Mann für die Tage der Absetzbewegung dort eingesetzt. Er hatte sich in den Vortagen, bei der Meldung von Feindflugzeugen durch prompte und gewissenhafte Arbeit ausgezeichnet.
Hako-Flottille lag unter der Küste, in der Nähe der Sperre. Das gesamte Personal war in bester Stimmung, nachdem dem Gegner offensichtlich seine hochtragenden Erwartungen vollkommen zerschlagen waren und die Marine diesen Angriff so erfolgreich, in guter Zusammenarbeit, abgeschlagen hatte.




Eine weitere ernste Angelegenheit schien zunächst der Verblieb des MNO, der nicht zurückgekehrt war. Plötzlich wurde unterhalb des Paradiesberges an Land Feuer gesichtet. UM MNO zu verständigen, wurde sofort ein weisses Signalgeschoss abgeschossen. MNO wurde abgeholt und von allen Männern auf das herzlichste begrüsst. Er meldete, dass er mit Kombi vom Rapellenberg aus optische Verbindung aufgenommen hatte. Bei der Rückkehr sichtete er am Stadtrand Lkw's ( ca. 10 ) und konnte deutlich Soldaten in engl. Uniform ausmachen. Damit änderte sich das Bild der Gesamtlage. Offensichtlich handelte es sich bei der Beschiessung des Hafens um ein engl. Kommandounternehmen, verstärkt durch Partisanen. MNO trat daher mit seinen drei Mann Rückmarsch an. Ebenso die rückgeführten Funkgeräte.



Fortsetzung folgt...

Zerstörerfahrer

Überfahrt:
Auf Grund der Lage und Meldung war anzunehmen, dass sich die engl. Streitkräfte in der Kondia-Bucht auf die Lauer legen, um die auslaufenden Schiffe abzufangen. Der Hako beschloss daher, den östl. Kurs, trotzdem ein erheblicher Umweg in Kauf genommen werden musste. Der Geleitführer mit seinen zwei schnelleren Fahrzeugen beschloss denselben Weg zu laufen. Hako-Flottille lichtete um 16.30 Uhr Anker. Flottille bestand aus einem V-Boot, 1 griech. Schlepper und 2 griech. M.S., Kommandanten werden eingehend instruiert über Verhalten bei Tag und bei Nacht. Hako übernahm mit den langsameren, aber sehr seetüchtigen M.S. " Dimitria " die Führung. Am Schluss MNO mit dem schnellen V-Boot, zur Nachrichtenübermittlung und Überwachung nach achtern. Bei völliger Finsternis wurde der Marsch angetreten. Plötzlich eine riesige Detonation. Das grosse Munitionslager flog in die Luft, ein grosser Brand entstand.
Nach dem Luftdruck muss ganz Mudros in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Eine schwere Strafe für die griech. Mittäter in Mudros. Die Nacht verging ohne Zwischenfälle. Der Seegang und der nördliche Wind machten allerhand zu schaffen. Um 00.00 Uhr liess der Wind nach.
Am Morgen eine unerwünschte gute Sicht, dass der Hako dem MNO, auf V-Boot und dem Schlepper Befehl gab, zur Aufklärung voraus zu laufen. Es wurde weit nach Norden ausgeholt, Richtung Thassos. Gegen 09.00 Uhr FT von Admiral Ägäis aufgenommen, dass mit schwerer Luftgefahr ab sofort zu rechnen ist. Luftwarnung an die anderen Boote.
An Bord wurden alle erforderlichen Massnahmen getroffen. Darauf Kurs Athos genommen, um dichter unter die Küste und damit möglichst gegen Fliegerangriffe gesichert zu sein.
Am Fusse des Athos plötzlich anlaufendes schnelles Motorboot mit dippender Flagge. Absicht unklar. Motorboot eröffnet Feuer mit Infanteriewaffen auf grössere Entfernung. Feuer von
" Dimitria " mit 2 cm Geschütz erwidert. Nach 5 Schuss Volltreffer, Boot in Brand geschossen und setzt auf Strand.
Daraufhin weiter von Land abgesetzt, nachdem entsprechender Spruch an " Triada " gegeben wurde. Bis 16.30 Uhr keine besonderen Vorkommnisse.
16.30 Uhr vier Fahrzeuge in Sicht, " Triada " wurde gewarnt und Waffen besetzt. Angelegenheit erschien jedoch harmlos, da drei Boote Abstand hielten und das kleinste Fahrzeug anscheinend vorbeilief.
Plötzlich MG-Feuer von dem kleinen M.S. auf " Triada ". " Triada " erwiderte das Feuer mit 2 cm, ein Treffer erzielt. Ein Mann der Flak erheblich verwundet. Mit " Dimitria " zur Hilfeleistung beigedreht. Boot drehte in Richtung Bucht ab und verschwand. Marsch wurde fortgesetzt.
19.30 Uhr Stavros – Küste angesteuert. Bei Annähern der Boote verschiedentlich Blinksignale, ohne Sinn und Bedeutung, wie sich später herausstellte, durch Heereseinheit. Bei der Unsicherheit der Lage, Küste nicht angelaufen.
Gegen 21.00 Uhr von " Dimitria " nochmals Blinksignal " Hier Hako ", darauf sofort Antwort, hier MNO, Boote durch MNO in Stavros eingelotst. 21.45 Uhr fest, längseits MFP Verwundete ausgeschifft. Lage erkundet.

Meldung von MNO über seinen Marsch ergab:
Gefecht mit Bandensegler auf grosse Entfernung. Segler drehte nach Beschuss ab. Der griech. Maschinist war sofort nach beginn des Gefechtes ausgestiegen und versuchte mit dem Beiboot zu entkommen. Er wurde zwangsweise zurückgeholt.

Meldung Oblt. Thom " Triada " ergab:
Sondermarsch bei Nacht wegen Schwierigkeiten mit dem Motor. Der griech. Maschinist war bei der Beschiessung Lemnos geflüchtet und musste durch Masch.Gefr. ersetzt werden.
Auf " Triada " 06.00 Uhr 4 Flugzeuge über Lemnos, Kurs West nach Ost, Höhe 2000 m gesichtet. Unter Athos hatte " Triada " gleichfalls Partisanenbeschuss.

Kampf um Lemnos und Weitermarsch waren eine bis zum letzten durchgeführte Absetzbewegung. Begünstigt durch mangelnde Energie beim Gegner, etwas Glück, dank richtiger Vorbereitung. Haltung des Personals musterhaft. Jeder Einzelne war mit Eifer bei der Sache und bestrebt sein Bestes zu geben. Einzelleistungen kaum hervorzuheben und anzuerkennen ist die tagelange nervenbeanspruchende Tätigkeit des Sprengkommandos mit 241 Sprengungen. Persönlicher Einsatz des MNO zur Klärung der Lage.
Der Nachtmarsch stellt an alle Beteiligten, bei den unsicheren langsamen Fahrzeugen, hohe Anforderungen. Gesamtes Hako – Personal blickt mit Stolz auf den Kampf um Lemnos und den Nachtmarsch. Wir gedenken in Ehrfurcht der gefallenen und vermissten Kameraden zurück.

Abtransport ca.: 5200 Soldaten
                       2000 to Munition
                         100 Geschütze
                            3 Funkmessgeräte
                         120 to Brennstoff
                         240 to Kohlen
                           75 Lkw
                           30 Pkw
                            35 Pferde
                           700 to Verpflegung

Verlust ca.: 250 Mann bei Salomea, Silva.
                     1 Siebelfähre, 1 U-Boot




gez. v. Richthofen




byron

Beim Sprengen der Hafenanlagen und des Munitionslagers, waren sehr viele Häuser von Mudros zerstört und etliche unschuldige Einwohner fanden den Tod.


www.wehrmacht-in-griechenland.de.vu

Zerstörerfahrer

Zitat von: byron am 01 Juni 2007, 20:26:50
Beim Sprengen der Hafenanlagen und des Munitionslagers, waren sehr viele Häuser von Mudros zerstört und etliche unschuldige Einwohner fanden den Tod. 
Von diesem Aspekt liest man natürlich nichts in den Kriegstagebüchern.

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