Torpedoversager - strategische Auswirkung

Begonnen von Ferenc, 13 Januar 2007, 15:46:54

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Ferenc

Hallo,
An was lag es, dass 1940, bei der Operation Weserübung, die deuteschen Torpedos versagten.
Es gibt Meinungen, dass wenn alle Angriffe erfolgreich gewesen wären, Grossbritannien, nach dem Fall Frankreichs, möglicherweise den Krieg beendet hätte.
Hätten starke Erfolge tatsächlich so weit führen können?
Und warum versagten eigentlich, gerade am Anfrang des Krieges, als noch ohne Zeitdruck, Bombardierungen und Rohstoffmangel die Fertigung und vor allem die Erbrobung der Torpedos ordnungsgemäß durchgeführt hat werden  können, die Torpedos?
:?

Grüße
Ferenc 

Q

Die Torpedos hatten Magnetzünder, und sollten direkt unter dem Schiff zünden. Damit erreicht man ein schnelleres Sinken. Nur war diese technik eben noch nicht ausgereift.schaue auch hier

http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,393.msg3275.html#msg3275

Don´t Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

Mario

Hallo Ferenc
Wenn ich mich recht entsinne, dann lag die hohe Versagerquote der Torpedos vor allem an der fehlerhaften Tiefensteuerung. Diese regelt sich anhand des Unterwasserdrucks. Da die U-Boote vor Norwegen überwiegend und längere Zeit getaucht operierten, hatte sich der Innendruck in den U-Booten erhöht, was zu einer fehlerhaften Tiefensteuerung der in den Torpedoräumen gelagerten Torpedos führte.
Mit Sicherheit hätten einwandfrei funktionierende Torpedos zu einer höheren Versenkungsquote geführt, allerdings kann man nur darüber spekulieren, wieviel Anteil an der Versagerquote tatsächlich durch die fehlerhafte Tiefensteuerung verursacht wurde. Nicht jeder Torpedo hätte zwangsläufig zu einem Treffer geführt. Desweiteren darf man nicht eine mögliche taktische Reaktion seitens der Royal Navy unterschlagen, die nach ein/zwei Verlusten mit Sicherheit darauf reagiert hätten.
Der Verlust einiger wichtiger Kriegsschiffe vor Norwegen hätten rein gar nichts an der Unterlegenheit der Deutschen Kriegsmarine geändert. Interessanter wäre da schon ein Spekulieren über die Auswirkungen auf den Kriegsschauplatz Mittelmeer.
Zur Frage der Erprobung: Sicher wurden Fehler gemacht, die möglicherweise hätten erkannt und beseitigt werden konnten, aber es liegt nun mal in der Natur des Menschen, daß er irrt. Auch wenn man vor dem Krieg versucht mögliche Einsatzbedingungen möglichst genau darzustellen, gelingt dies nicht immer. Hinterher ist man immer schlauer.

Hades

Zitat von: Mario am 13 Januar 2007, 15:58:05
Der Verlust einiger wichtiger Kriegsschiffe vor Norwegen hätten rein gar nichts an der Unterlegenheit der Deutschen Kriegsmarine geändert. Interessanter wäre da schon ein Spekulieren über die Auswirkungen auf den Kriegsschauplatz Mittelmeer.

Kurzfristig hätte das auf jeden Fall eine Auswirkung gehabt. Man rechnete bie den Versagern mit Versenkung von mind. 1 Schlachtschiff (Warspite wurde 4 mal angegriffen), 2-3 Kreuzern, 8-11 Zerstörern, mehrere große Truppentransporter usw. Ist ja alles nur Theorie aber unter den U-Boot-Kommandanten gab es kaum Anfänger (im Gegenteil) und die Wahrscheinlichkeit dieser Erfolge wäre tatsächlich sehr hoch einzuschätzen. Die Folgen für die RN wären kurzfristig sehr unangenehm gewesen.

Zitat von: Mario am 13 Januar 2007, 15:58:05
Zur Frage der Erprobung: Sicher wurden Fehler gemacht, die möglicherweise hätten erkannt und beseitigt werden konnten, aber es liegt nun mal in der Natur des Menschen, daß er irrt.

Eklatante Fehler! Diese Geschichte wurde mehrmals untersucht aber ohne Ergebnis! Letztendlich wurde die Ursache erst 1942 gefunden, ein Torpedo wurde auf einem U-Boot (obwohl es verboten war) auseinander genommen (der Kommandant war einer der Bekannten, den Namen weiss ich leider nicht mehr). Danach gabe krieggerichtliche Verfahren gegen die Verantwortlichen bei der Erprobungsstelle (Todesurteile? glaube schon).

Man braucht nicht die U-Boote tausense von Meilen hinauszuschicken ohne Waffen. Ist genauso eine Geschichte wie Enigma.
Servus
Lothar

toppertino

ZitatKurzfristig hätte das auf jeden Fall eine Auswirkung gehabt. Man rechnete bie den Versagern mit Versenkung von mind. 1 Schlachtschiff (Warspite wurde 4 mal angegriffen), 2-3 Kreuzern, 8-11 Zerstörern, mehrere große Truppentransporter usw. Ist ja alles nur Theorie aber unter den U-Boot-Kommandanten gab es kaum Anfänger (im Gegenteil) und die Wahrscheinlichkeit dieser Erfolge wäre tatsächlich sehr hoch einzuschätzen. Die Folgen für die RN wären kurzfristig sehr unangenehm gewesen.


Ganz meine Meinung.Zumindest hätte die Kriegsmarine nicht gleich 10 Zerstörer in Narvik verloren.
Ich habe mal gelesen (keine Ahnung obs stimmt) das ein deutsches U-Boot ein brit. Schlachtschiff mit Churchill an Bord vor den Rohren hatten aber die Torpedos versagten.Weiß da jemand näheres??

mfg
Lebensende mit 3 Buchstaben: EHE!

t-geronimo

30.10.39:
U-56 schießt einen 3er-Fächer auf HMS Nelson (nur 800 m entfernt) mit Aufschlagzündung, mindestens zwei Aale treffen deutlich hörbar, aber keiner explodiert.
An Bord waren der Erste Lord der Admiralität (Churchill), der Erste Seelord (Pound) und der C-in-C Home Fleet (Forbes).

Quelle: Cajus Bekker "Verdammte See"
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

toppertino

Geeeeenauuuu das meine ich.
Daraus ließe sich auch ein schöner "Was-wäre-wenn-Thread" basteln: Wie hätte sich der Verlauf des Krieges geändert wenn die Torpedos getroffen hätten und Pound+Churchill mit untergegangen wären?

mfg
Lebensende mit 3 Buchstaben: EHE!

Peter K.

Die Urteile im Torpedoprozeß waren relativ milde:

Vizeadmiral Friedrich Götting: Freispruch
von 03.10.1934 bis 27.12.1939 als Konter- bzw. Vizeadmiral Inspekteur der Torpedoinspektion

Konteradmiral Oskar Wehr: 2 Jahre und 6 Monate Gefängnis
von 09.09.1935 bis 17.11.1939 als Kapitän zur See bzw. Konteradmiral Leiter der Torpedoversuchsanstalt

Oberregierungsbaurat Dr. Ing. Max Rothemund: 1 Jahr und 6 Monate Gefängnis
von 10.12.1934 bis 24.01.1940 bei der Torpedoversuchsanstalt, davon ab 01.04.1935 Leiter der Entwicklungsabteilung

Ministerialrat Dr. Ing. Paul Schreiber: 9 Monate Gefängnis
seit 1925 in der Entwicklungsabteilung der Torpedoversuchsanstalt tätig und von 01.04.1935 bis Ende 11.1938 Leiter des Technischen Amtes der Torpedoversuchsanstalt, außerdem Konstrukteur der Gefechtspistole Pi G7a

Anklageerhebung war am 27.05.1941 nach einer sehr gründlichen Beweisaufnahme des Reichskriegsgerichts ab 23.07.1940.
Die Verhandlung selbst fand von 29.09. bis 28.11.1941 statt, die Urteilsverkündung erfolgte am 11.12.1941.

Quellen:
Marine-Rundschau 1 uns 2/1989
Rössler, Uboot-Torpedos
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Ferenc


Hallo,
Danke für die ausführlichen Antworten. Ich bin sehr beeindruckt.

Der Ausfall, Chruchills, Pounds und Forbes, hätte Grossbritanien sicher in eine große Krise gestürzt.
Aber andrerseits der Verlust Lord Kitcheners im 1. WK (Ging 1916 mit dem Kreuzer Hampshire - und einer Ladung Gold für Russland - durch eine deutsche Mine bei den Orkneys unter) hatte auch keine weitreichenden Folgen.

Zurück zu den Torpedoversagern. Die Motivation der U-Bootsbesatzungen fiel in den Keller und wurde erst langsam wieder mit den sich einstellenden Erfolgen gehoben.

Ich denke vor allem, in der Zeit als Grossbritannien der einzige verbliebene Gegener Deutschlands war, also ca Mitte 1940 bis etwa Mitte 1941, hätten starke Verluste der Flotte durch U-Boote, eventueller Ausfalls der drei Führungskräfte, noch keine wirklich wirksame U-Bootabwehr und die drohende Invasion (Seelöwe) sicher einiges bewirkt. Ich glaube diese Torpedoversager werden  im Vergleich zu anderen Schlüsselereignissen (Dünkirchen etc) in ihrer Bedeutung für die Kriegsgeschichte vernachlässigt.

Grüße
Ferenc
:-)

Q

Zu dem Zeitpunkt war Chamberlain ja noch Premier. Hätte er es bleiben können ohne Churchill als Nachfolger?

Don´t Panic
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St.Ex

Peter K.

... nochmals zu deiner ursprünglichen Frage nach den Gründen für die Torpedoversager:

- Konstruktionsfehler in der Gefechtspistole selbst, wodurch die Zündung der Torpedogefechtskopfladung nicht ausgelöst wurde
.) Abstandszündung sollte auf die Verstärkung des magnetischen Erdfeldes durch die Eisenmassen eines angegriffenen Schiffes ansprechen, Versager traten als Selbst- und/oder Frühzünder auf
.)Aufschlagzündung sprach durch die Unwirksamkeit der Greifernasen, die die Zündung beim Auftreffen auf die Bordwand durch Auslösen des Schlagbolzens auf die Initialladung auslösen sollten, bei ungünstigen Auftreffwinkeln auf den Schiffsrumpf nicht an, Zündversager waren  die Folge
- Tiefen(steuer)apparat des Torpedos arbeitete ungenau, wodurch Ziele oftmals unterlaufen wurden, Folge waren Enddetonierer
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Mario

Nun, ich denke, Chamberlain wäre auf jeden Fall zurückgetreten. Der deutsche Angriff im Westen hatte endgültig gezeigt, daß seine Beschwichtigungspolitik vollkommen verfehlt war und er damit sein Land in eine tiefe Krise gestürzt hatte.
Gesucht wurde ein Nachfolger, der rücksichtslos und mit eiserner Hand die Fäden in den Händen halten konnte. Ohne Winston Churchill hätte sich ein anderer gefunden, de diesen Posten ausfüllen konnte.
Man sollte den einzelnen Personen nicht eine so große Bedeutung zumessen.

Teddy Suhren

Hai

Zitat.)Aufschlagzündung sprach durch die Unwirksamkeit der Greifernasen, die die Zündung beim Auftreffen auf die Bordwand durch Auslösen des Schlagbolzens auf die Initialladung auslösen sollten, bei ungünstigen Auftreffwinkeln auf den Schiffsrumpf nicht an, Zündversager waren  die Folge

Im Buch Brennpunkt Erzhafen Narvik von Peter Dickens gibt es Fotos, die den Unterschied, zwischen den (nachteiligen) deutschen und den britischen Greifarmen an der Zündpistole, sehr eindrucksvoll belegen.
Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

Thor

Also
ZitatLetztendlich wurde die Ursache erst 1942 gefunden, ein Torpedo wurde auf einem U-Boot (obwohl es verboten war) auseinander genommen (der Kommandant war einer der Bekannten, den Namen weiss ich leider nicht mehr).

Am 30.Jänner 1942 meldete der Kommandant von U-94, Otto Ites, dass er bei der Belüftung seiner elektrischen Torpedos entdeckt hat, dass sich in der Trimmkammer, die die Tiefensteuerung enthielt, wegen eines Lecks ein Überdruck gebildet habe. Dies habe zur Folge, dass die Aale tiefer liefen als eingestellt.


Zu den "womöglichen Erfolgen" bei Weserübung:

Insgesamt wurden 38 Angriffe durchgeführt:
4 gegen Schlachtschiffe
14 gegen Kreuzer
10 gegen Zerstörer
10 gegen Transporter

davon rechnete Dönitz mit folgender Anzahl an "sicheren Treffern ohne Torpedoversager":
1 gegen Schlachtschiff
7 gegen Kreuzer
7 gegen Zerstörer
5 gegen Transporter

Quelle: Der U-Boot-Krieg, Die Jäger 1939 - 1942 von Clay Blair


Was mich noch interessieren würde, wäre was die auf der "Seal" gefundenen Torpedos der deutschen Forschung gebracht haben und inwiefern sie in die deutschen Systeme eingearbeitet wurden?

Gruß
David
"Wooden ships with iron men beat iron ships with wooden men" - Zusammenfassung der Seeschlacht von Lissa (1866)

mhorgran

"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

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