"Bismarck"-Klasse ihrer Zeit 20 Jahre voraus???

Begonnen von Stahl, 26 Dezember 2006, 16:21:40

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Stahl

Ich habe mal von Bekannten gehört das die Bismarckklasse technisch ihrer Zeit 20 Jahre im Vorraus gewesen sein soll.
Bitte um Aufklärung, da ich das nicht wircklich glaube.

Gruß Stahl

Mario

Hallo stahl
um es kurz zu machen: Vollkommener Blödsinn  :-)
natürlich war die Bismarck zum Zeitpunkt ihrer Indienststellung ein modernes Kampfschiff. Aber ähnlich der heutigen Unterhaltungstechnik (CD, DVD, PC) war jedes Schlachtschiff, welches nach ihr gebaut wurde natürlich wieder etwas moderner und dementsprechend kampfstärker.
Selbst ein Vergleich mit den zeitgleichen Schlachtschiffe wird nie zu einem eindeutigem Ergebniss führen, weil es unterschiedliche Ansichten gibt. Vergleicht man z.B die 8 - 38cm-Rohre der B mit den 10 - 35.6cm-Geschützen der britischen King Georg V., dann argumentieren die einem mit dem schwereren Kaliber und der dementsprechenden höhreren Durchschlagskraft der 38 cm Granaten. Demgegenüber steht das Argument, das 10 Rohre mehr Schaden anrichten, als 8 Rohre, vor allem vor dem Hintergrund, daß Schlachtschiffe nach 1936 mit herkömmlicher Artillerie nicht mehr versenkt werden könnten.

Die Zeitangabe 20 Jahre setzt dem ganzen nur noch die Krone auf.

rosenow

Hallo!
20 Jahre voraus, dann hätte Deutschland den Krieg gewonnen.
20 Jahre sind Vorstellungen von Menschen, die sich noch nicht mit der Entwicklungsgeschichte dieser schönen Kampfplattformen beschäftigt haben.
Sicher ist die Bismarck, wie ihr Zwilling die Tirpitz mit kleinen Abweichungen gebaut, das neueste und modernste seiner Zeit gewesen.
Aber die Baupläne gehen auf das Jahr 1932 zurück und die Geschützentwicklung der 38er auf das Jahr 1934.
Der Bau der Bismarck wurde bald nach der Unterzeichnung des deutsch-britischen Flottenabkommens 1935 in Auftrag gegeben, 1Jahr später folgte die Tirpitz.
Die Bauweise wurde an den Schlachtschiffen der Richellieu-Klasse, des immer noch potentiellen Gegner Frankreich, angelehnt und wiesen dessen Charakteristika auf.
Hatten die Franzosen auf Hopp oder Topp gesetzt, waren die Deutschen mal wieder sehr Deutsch und hielten an Altbewährtem fest, z.B. die Panzerung
Deshalb sind Grundpläne auch sehr unterschiedlich, die Franzosen hatten nach neuesten Erkenntnissen des Schiffsschutzes mit zwei vorn gesetzten Vierlingstürmen gebaut, wurden in Deutschland die altbewährten zwei Bug und zwei Heck Zwillingstürme eingebaut.
Das Schiffsschutzsystem der Bismarck und Tirpitz hatte Grundzüge von der Bayernklasse aus dem Jahre 1916.
Deutschland hatte nicht die Möglichkeiten wie die Siegermächte aus dem 1.Weltkrieg mit Schlachtschiffen zu experimentieren und hielten sich deshalb an alte Erfahrungen aus der Skagerrakschlacht.
Ein großer Unterschied zu anderen Schlachtschiffen, ist da tieferliegende Hauptpanzerdeck.
Dadurch wurden die Abteilungen die sich im oberen leichteren Panzerdeck befanden bei Beschuss durchschlagen und leichter gefährdet.
Man legte viel wert auf den Schutz von flach einschlagenden Geschossen, hat dabei aber die steil einfallenden Geschosse nicht so stark berücksichtigt.
Zudem hatten die beiden deutschen Schlachtschiffe eine gute Unterteilung, ihre außergewöhnliche Breite wurde genutzt um einem gutdurchdachten Unterwasserschutz einzubauen.
Was den Sinkschutz angeht, waren sie jedem Gegner überlegen, aber vor Vernichtung nicht geveit.
Um eine hohe Geschwindigkeit zu erreichen, entschied man sich für Dampfturbinen.
Überlegungen zum turboelektrischen Antrieb ließ man wieder fallen, wegen der zu hohen Gefährdung dieser Anlage.
Anfänglichen glichen die Bismarck und die Tirpitz  dem Aussehen der Scharnhorst, die ursprünglich  35000 ts haben sollten, doch dann kamen die Veränderungen, wie z.B. der Atlantiksteven.
Bordflugzeuganlagen wurden dem britischen Anlagen angeglichen.
Am Ende wurden 42000 ts Standard.
Das weitere Schicksal dieser eleganten Dickschiffe ist ja bekannt.
mit freundlichen Gruß
Michael


,,Macht`s gut und denkt daran!
Es gibt drei Sorten von Menschen:
Die Lebenden.
Die Toten.
Und die, die zur See fahren."
Hein Schonder

Lutscha

Stahl, einfach ein Paddel nehmen und dem Bekannten eine paddeln, wenn er das nochmal behauptet. :-D

Aber er kommt nicht aus dem Raum Fulda oder? :MLL:

Die außergewöhnliche Breite für guten Unterwasserschutz genutzt? 5m vs 8-9m bei R und JB?

Mehr Sinksicherheit als alle anderen?

Näää, soviel machte die größere metazentrische Höhe auch nicht aus und auch wenn mans nicht glaubt, eine wasserdichte Unterteilung gabs tatsächlich auch bei anderen Schiffen. :-D
Das ist ja barer Unsinn, wenn das stimmen würde, hätten SIE ja recht!

Typisch deutsche Argumentationsweise.

Huszar

@Lutscha:
Irgendwer, der nicht gerade ein B-Schiff verehrer ist, hat hier im Forum mal eine engl Untersuchung aus der Zeit nach dem Krieg zitiert, die Englander waren der Standpunkt, dass die 10.000 Tonnen Zusatzgewicht verglichen mit der KGV fast vollständig in die Unterteilung floss.

(btw: ich sehe schon die Zukunft dieses Threads: B-Schiff verehrer und Gegner werden sich die Köppe einschlagen...)

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Scheer

@alex

Diesen ?

Zitat von: ufo am 03 November 2005, 11:21:48
Um meine flapsig hingeschmissenen Ansichten ueber Deutsche versus Britische Entwuerfe nochmal etwas zu unterfuettern hier was aus einem ganz spannenden Artikel. Das bringt nicht wirklich neue Aspekte, die Du in Deinem Resumee nicht schon erfasst hast, aber es bekraeftigt die Behauptungen doch noch ein Wenig.

Ein Artikel, der die Ansichten der Briten zum Thema 'Unsinkbarkeit' gut verdeutlicht ist: "The Bismarck Operation – The German Aspect". Das ist ein Vortrag, den Commander R.F. Jessel, Royal Navy im November 1952 vor Britischen Militärangehörigen gehalten hat.
Abgedruckt ist der Vortrag und die anschliessende Diskussion im 'Jornal of the Royal United Service Institution', Ausgabe 93, 1953. 


Der Aufhänger für den Vortrag war, dass der Vortragende Einsicht in die Deutschen Unterlagen bekommen hatte und so neben dem Britischen 'Battle Summary' nun auch die Deutschen Aspekte begucken konnte.
Ich der anschliessenden Diskussion fragt ein Zuhörer:

Colonel H.F. Smith: "Die Deutschen Marinekonstrukteure haben betont, dass es 300 Treffer benötigte Bismarck auszuschalten und dass sie schlussendlich durch Torpedos versenkt werden musste. Inwieweit denken Sie sind unsere Einheiten unterkompatimentiert oder vielleicht deren Schiffe überkompartimentiert, wenn man die Sicherung der Rumpfes und die Gesammtkonstruktion betrachtet?"

Der Vortragende: "... Die Prince of Wales, ein Schiff der King George V Klasse, hatte mehr oder weniger die selbe Geschwindigkeit und das selbe Breitseitengewicht wie die Bismarck. Beide liefen um die 30 kn, eines hatte acht 15 Zöller, eines zehn 14 Zöller. Die King George V Klasse war in ihrer Verdrängung durch den Washingtoner Vertrag auf 35.ooo tons beschränkt, die Bismarck wie es scheint in keiner Weise beschränkt und eher bei 45.ooo tons Verdrängung.
Praktisch die gesammten 1o.ooo tons extra wurden investiert das Schiff praktisch unsinkbar zu machen. Ich denke das ist wirklich der fundamentale Unterschied zwischen den Beiden und da ist der Punkt, den ich ja schon angemerkt hatte [im Vortrag], dass wir eben auch Wert auf den Schutz der Aufbauten legen. Unsere Admiralität ist der Ansicht, dass ein schwimmfähiges Wrack nicht viel nütze ist. Ein Schiff muss kämpfen können und daher die Aufbauten genauso gesichert haben wie ihren Rumpf. Das ist halt Ansichtssache."

In seinem Schlusskommentar betont der Vorsitzende Luft Marschal Sir James M. Robb dann nochmals: " ... Ein weitere Punkt, der mit viel Interewsse diskutiert worden ist, war die Schwimmfähigkeit der Bismarck. Welch tragischen Fehler sie gemacht haben einen Rumpf zu konstruieren, der nicht sinken will. I denke dabei an die zahllosen Besatzungsangehörigen, die [durch den notwendigen und andauernden Beschuss] ums Leben gekommen sind.  ..."


Ja – man war offenbar keineswegs beeindruckt. Ein kampfunfähiges Schiff, das einfach nicht untergeht! Und dafür 1o.ooo tons Verdrängung investiert zu haben. Das scheint in der Philosophie der Britischen Militärs Unverständnis ausgelöst zu haben.

Wie ich finde, fast schon einen Hauch Zynismus hat dann wirklich der Kommentar, dass es lebensgefährlich sei ein Schiff zu bauen, wo der Gegner noch so lange reinschiessen müsse, wenn der Kampf doch schon entschieden ist.
Aber vom Britischen Standpunkt kaum von der Hand zu weisen.


Wie der Vortragend sagte ... das ist halt Ansichtssache. Ich denke die Deutschen haben zumindest für die Aera der Reichs- und Kriegsmarine viel von ihrer Liebe zu standfesten Schiffen von den Erfahrungen mit SMS Seydlitz und anderen.
Ohne die exzessive Sinksicherheit der modernen Deutschen Einheiten der Hochseeflotte wäre die Schlacht am Skagerak sicher viel her ein Remis oder ein Britischer Sieg geworden. So hatten die Deutschen leicht die Nase vorne. Zumindest nach Tonnage und Prestige. Ich denke das hat nachgewirkt auf spätere Designs.   

Ufo

Lutscha

#6
Das alles ändert nichts am mittelmäßigen Torpedoschutz der BS. Nicht sonderlich viel Breite und Öl innen statt außen.

Und sehr aktuell ist die Sichtweise ja auch nicht...
Das ist ja barer Unsinn, wenn das stimmen würde, hätten SIE ja recht!

Typisch deutsche Argumentationsweise.

rosenow

Der Vortrag ist sehr gut und zeigt den Standpunkt einer erfahrenen Seemacht.
In dem der überlegene Sinkschutz der beiden deutschen Schlachtschiffe zum Ausdruck kommt.
Über Sinn und Unsinn ist man sich offenbar nicht ganz einig.
Aber wie ich daraus lese, wären die 10000 Tonnen Stahl wohl an anderer Stelle besser untergebracht.

Ich als Landratte sehe natürlich nur den Vorteil eines solchen Schutzes im gleichwertigen Kampf, aber unter den Umständen wie bei der Versenkung der Bismarck hat der Engländer völlig recht, dass es durch die Verlängerung des Sinkens mehr Leben gekostet hat als nötig, da das Ergebnis nur aufgeschoben aber nicht verhindert werden konnte.
mit freundlichen Gruß
Michael


,,Macht`s gut und denkt daran!
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Die Lebenden.
Die Toten.
Und die, die zur See fahren."
Hein Schonder

Herr Nilsson

Danke für das Zitat von UFOs Beitrag.

So hatte ich die Sache noch nie gesehen. Macht aber Sinn vom Standpunkt der Briten.
Wieder zeigt es, dass alles eine Frage des Standpunktes ist. Es bestätigt meine Meinung, dass alle "What if"-Threads sowie die anderen direkten Vergleiche daher nicht zielführend sind. Zu viele Variablen, zu viele Ausgangsüberlegungen auf Seiten der Konstrukteure, zu viele Abhängigkeiten.
Irgendwie ist es doch so ähnlich wie bei Autotests, die aufgrund irgendwelcher manchmal sehr schwierig nachzuvollzieheder Kriterien entschieden werden. Und am Ende gewinnt der Golf bzw. die Iowa-Klasse. Witzig zu sehen, dass sowohl hier im Forum wie auch in den Leserbriefen zu den Autotests immer wieder verschiedentlich ein gewisser Beißreflex der anderen Meinung gegenüber zu beobachten ist.

@Stahl:

Wenn die Bismarck ihrer Zeit 20 Jahre voraus gewesen wäre, wäre sie eher ein moderner Flugzeugtäger geworden.

Gruß Marc
Gruß Marc

Ralf

#9
Das liegt daran, dass das böse B-Schiff oft etwas sehr zu hoch gehoben wird... Es war eine gute robuste Konstruktion und wie schon erwähnt, eine Sichtweise...
Im Vorgängerforum wurden über diese Meinungen ware Schlachten ausgetragen.
Gruß
Ralf
___________________________________________
,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

Lutscha

Nochmal zur angeblich überlegenen Sinksicherheit:

1) Kein sonderlich toller T-Schutz (250kg TNT, mehr war auch nicht drin)

2) von sehr schwachen Lufttorpedos getroffen

3) kaum Treffer im Unterwasser- oder Gürtelpanzerbereich (hier 3 afair) -> kaum Treffer in vitalen Systemen sondern nur hin- und herschieben von Schrott oberhalb des Panzerdecks -> kaum Wassereinbruch

Welches moderne BB hätte das denn nicht verkraftet?

Wo ist hier die überlegene Sinksicherheit?

Dieser Artikel aus dem Jahre 52 stützt sich nicht auf die Wrackuntersuchungen, es sind also nur Mutmaßungen, eine wirkliche Schadensanalyse war nicht so einfach möglich.

Und gut, dass es Beissreflexe hier gibt, wenn eben falsches behauptet wird.

Ralf, bitte, es waren fast immer freche Lügen vs Fakten.
Das ist ja barer Unsinn, wenn das stimmen würde, hätten SIE ja recht!

Typisch deutsche Argumentationsweise.

rosenow

ZitatDieser Artikel aus dem Jahre 52 stützt sich nicht auf die Wrackuntersuchungen, es sind also nur Mutmaßungen, eine wirkliche Schadensanalyse war nicht so einfach möglich.
Hallo Lutscha, das ist ein gutes Argument, aber es überzeugt mich nicht wirklich.  :-)
Gibt es denn Beispiele von anderen vergleichbaren Schiffen?
mit freundlichen Gruß
Michael


,,Macht`s gut und denkt daran!
Es gibt drei Sorten von Menschen:
Die Lebenden.
Die Toten.
Und die, die zur See fahren."
Hein Schonder

Ralf

@Lutscha... Bin ja bei Dir und gebe Dir ja Recht...  :O/S
Gruß
Ralf
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,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

Leutnant Werner

Immer, wenns ums B-Schiff geht, kommt Leben in den Lutscha :-D


Sehr schön fand ich in dem Thread den zitierten Ufo-Beitrag. Er ergänzt die Ausführungen von Mario vorzüglich.

Aber letztendlich bringt es Lutscha (nicht nur in diesem Thread) auf den Punkt. Und das macht es mir als Pre-Dreadnought-Lover auch so einfach. Das schnelle Super-Dreadnought-Schlachtschiff mit Radar-Unterstützung in der Feuerleitung hat den Faktor Mensch praktisch ausgeschaltet aus der Win-Loose-Kalkulation. Das waren sehr hochgezüchtete Vernichtungs-Maschinen und nur wenige Monate Zeitunterschied konnten darüber bestimmen, ob ein Schiff schon wieder outdated war.

Im Vergleich: Um 1900 wurden Gefechte außerhalb einer Reichweite von 2000 m für unwahrscheinlich gehalten, obwohl die Geschütze der damaligen Schiffe 5-7 mal so weit schießen konnten. Die Zielfindung machte Probleme. Hier kommt dem Faktor Mensch wesentlich mehr Bedeutung zu, weshalb ich mich für solche Kriegsschiffe und deren Erbauer und Betreiber auch viel mehr interessiere.

Zwischenjährliche Grüße

Lt.

Mario

ZitatIrgendwie ist es doch so ähnlich wie bei Autotests, die aufgrund irgendwelcher manchmal sehr schwierig nachzuvollzieheder Kriterien entschieden werden.
Überhaupt nicht schwer nachzuvollziehen. Den Autotest gewinnt immer die Marke, die am meisten in die Werbung in der entsprechenden Zeitung investiert. Und falls jemand nicht werben möchte, zwingt ihn der Verlag dazu  :roll:
Bei den Kriegsschiffen ist es da noch einfacher, hier gewinnt der, der auch den Krieg gewonnen hat.

ZitatIm Vorgängerforum wurden über diese Meinungen ware Schlachten ausgetragen.
@Ralf
Vorgängerforum ? ??  Wie bitte? ??
Uns gab es schon lange vor dem Crash vom SSF  :-P  :-D

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