Holzrumpf - Wrack - Welcher Schiffstyp, Welches Schiff?

Begonnen von rocco, 06 Dezember 2017, 22:16:24

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rocco

Moin Leute,
ich benötige mal wieder Unterstützung bei der Identifizierung eines Wracks in der Kieler Bucht.
Das gesuchte Schiff liegt heute ca. 4sm nördlich des Leuchtturms Kiel (Kiel Lighthouse).
Es handelt sich um einen ca. 20m langen und 3m breiten Holzrumpf. Das Wrack steht auf ebenen Kiel in 20m Wassertiefe. Aufgrund vom Fund eines Kriegsmarinepeilkompass und eines K98 Karabiners am Wrack muss es ein Fahrzeug der Kriegsmarine evtl. auch der Wehrmacht? gewesen sein. Ich habe einige Fotos und ein Video angehängt. Vielleicht hat jemand eine Idee um was bzw. welchen Fahrzeugtyp es sich handelt. Könnte es "Schweres Sturmboot 42" (halbgedeckte Ausführung) sein?

Im vorderen Bereich des Wrack stehen nur noch Spanten, ein Deck ist nicht mehr zu sehen. Im hinteren Bereich ist das Fahrzeug intakt. Aufbauten sind nicht mehr vorhanden. Am Bug sieht es aus als wenn dort eine Schleppöse oder ähnliches montiert war (Video Minute 2:06). Am Heck sind durch offene Luken bzw. Löcher große Tanks zu sehen evtl. handelt es sich um Kraftstofftanks (siehe Foto). Ob das Wrack ein oder zwei oder überhaupt Propeller hat ist nicht zu sehen, da es zu tief im Schlamm eingesunken ist. Am Heck ist das Ruder zu sehen und eine Pinnensteuerung die für meinen Geschmack recht mickrig für ein Fahrzeug dieser Größe ist (Video Minute 2:17). Ansonsten macht das Wrack den Eindruck, dass es sich um ein schnelles Fahrzeug handelt. Ich denke auch das am Wrack geborgen wurde, da Aufbauten und Maschine (falls vorhanden) nicht mehr sichtbar sind.  Irgendwie bin ich bei dem Fahrzeug ratlos.  :?   

Hier der Link zum Video: https://youtu.be/_iDpaWQxpG4

Viele Grüsse Rocco


Aquarius

Hallo Rocco,

die Maße eines grossen Sturmbootes waren: LüA:13,5 m, Breite 3,5 m, Seitenhöhe 1,7 m. Eine genauere Längenbestimmung könnte also darüber entscheiden, ob dieser Bootstyp auszuschließen ist, oder nicht. Die Treibstoffbehälter waren in der vorderen Bootshälfte (Boden des vorderen Sitzraums) angeordnet. Es besaß 2 Schrauben und 2 Ruder, die über Seilzüge und Ruderquadranten vom mittigen Steuerstand aus bedient wurden. Falls nur ein Ruder in Bootsmitte vorhanden ist, ist also ein großes Sturmboot auszuschließen. Bei Bedarf könnte ich dir Skizzen des "Großen Sturmbootes" zusenden.

Aquarius

kalli

Zum Wrack kann ich nichts beisteuern. Ich muss aber mal loswerden, dass mich Taucherfilme und die Fotoaufnahmen immer wieder faszinieren. Das ist seit meiner Kindheit mit der Fernsehserie ,,Abenteuer unter Wasser" von Hans Hass so.
Dank also dafür, dass ich Dinge sehen kann, die mir sonst verschlossen blieben top.

rocco

Moin,
vielen Dank Kalli, das freut mich das die Unterwasseraufnahmen gut ankommen.

@Aquarius: Danke dir für das Angebot. Vom Typ "Großes schweres Sturmboot 42" habe ich nur die Skizzen aus dem Gröner. Wenn du da besseres Material hast, möchte ich mir das gerne anschauen. Du hast allerdings recht. Ohne eine genaue Längenangabe kommt man in dem Bereicht nicht weiter. Gem. Gröner sind diese Boote ab Nummer 1101 15,3m lang. Die Wracklänge habe ich mit dem Sidescan ermittelt, da sind Ungenauigkeiten schon möglich. Ich werde dort noch mal messen müssen. Leider ist im Moment der Wind um dort hin zu fahren nicht so richtig ostseetauglich. 
Ich versuche in den nächsten Tagen mal eine Skizze des Wracks hier einzustellen. Vielleicht kommen da ja noch einige Idee zusammen.

Viele Grüsse Rocco
 

Seelöwe

Hallo,
der Rumpf sieht eher nach einem Fischkutter aus. Die Breite ist dafür allerdings zu schmal. Ein Fehler bei der Schätzung? Mit Stahlspanten wäre es ein KFK. Sieht man aber nicht. Die Breite eines KFK ist auch 6,5 m. Fischkutter wurden von der KM vielfach benutzt.
Beste Grüße
Peter

Teddy Suhren

Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

rocco

Moin,
einen Fischkutter oder KFK-Rumpf schliesse ich aufgrund der Bauform aus. Dafür ist der Rumpf zu schmal. Ein Flugbetriebsboot ist eine gute Idee. Damit werde mich jetzt mal beschäftigen.
Anbei eine Skizze des Wracks die vielleicht ein wenig Klarheit schafft.
Die Skizze stammt von Ingo Oppelt und wurde in seinem Buch "Wracktauchen - Die interessantesten Tauchgänge in der westlichen Ostsee" veröffentlicht. Die Genehmigung sie hier Forum zu zeigen liegt vor. 

Viele Grüsse Rocco

rocco

Moin,
ich habe mal die Menge an Flugbetriebsbooten durchgeschaut die es gab und die von der Schiffsgröße in Frage kommen könnten. Das sind ja wirklich Einige. Leider ist bei vielen der Verbleib unklar. Prinzipiell kommt der Schiffstyp Flugbetriebsboot in Frage. Da gibt es einige Boote mit unklaren Verbleib die z.B. bei der Evakuierung über See - Ostsee 45 eingesetzt wurden mit unklaren Verbleib und einige die in Häfen der Kieler Bucht ihren letzten belegten Standort hatten. Alle diese Boote könnten mit etwas Fantasie vor Damp zum Wrack geworden sein.  :?

Von den Details am Wrack macht mich allerdings das Ruder stutzig und die Bugöse nachdenklich. Für eine schnelles Fahrzeug eine Pinnensteuerung? Vielleicht handelt es sich doch um ein geschlepptes Boot. Für eine Seekuh ist das Fahrzeug zu klein. Und wie könnte man die Tanks erklären?  :? Rätsel über Rätsel, aber das macht es ja auch spannend.

Viele Grüsse Rocco   

rocco

Moin,
ein kleines Update:
Wir waren gestern noch mal an dem Wrack und haben und verschieden Details angeschaut.
U.a. haben wir auch die Größe des Schiffes ermittelt:
Länge: 18,6m (Toleranz +- 0,5m)   
Breite:  4,1m (Toleranz +- 0,2m)   
Es befinden sich 6 Treibstofftanks im Heck.
Als Antrieb muss mindestens ein Dieselmotor vorhanden sein. Man kann ihn, tief im Schlamm des Motorenraumes erfühlen. Der Abgasaustritt befindet sich auf Stb-Seite.
Von den Maßen, Bauform, Motorisierung kommt ein Flugbetriebsboot der Kl. B II ganz gut hin.
Viele von diesen Booten waren angeblich Ende des Krieges als Fangboote für die Seehundausbildung eingesetzt. Weiß jemand darüber vielleicht mehr?

Viele Grüsse Rocco 

Bild 1: Blick auf den zerstörten Bugbereich
Bild 2: Draufsicht auf die Treibstofftanks im Heck
Bild 3: Blick aus dem zugeschlammten Motorenraum auf die Treibstofftanks
Bild 4: Abgasaustritt an Bordwand
Bild 5: Heck
Bild 6: zerstörter Bugrest




redfort

#9
Moin Rocco,

haben deine Mail erhalten und uns mal mit dem Thema beschäftigt .
1. Die Motorisierung der Flugbetriebsboote des Typs B II Bestand aus 2 MAN Diesel-Motoren mit 2 Schrauben .
2. Die Treibstofftanks befanden sich vor den Motoren, etwa Mittschiffs
3. Diese Tanks im Heck könnten auf Vorratsbehälter zur Schaumerzeugung hindeuten.
4. Diese Oese am Bug könnten für Anker und Trossen sein, das Schleppgeschirr befand sich am Heck.
5. Pinnensteuerung auf keinen Fall

Wie gesagt es könnte sich um ein Fl.B-Boote der Typ B 2 handeln, aber mit Sicherheit können wir es nicht sagen, zu vakant die Angaben.
Schätzen das es sich um ein grosserer Beiboot-Kutter handeln könnte
Gruß, Axel

Luftwaffe zur See

rocco

Moin Axel,
danke für deine umfangreiche Einschätzung und schnelle Antwort.
Zu 1. Leider kann ich momentan noch nicht sicher sagen, ob das Wrack
         einen 1 oder 2 Wellenantrieb hat. Die Schraube oder Schrauben liegen,
         genauso wie evtl. vorhandene Motoren tief im Schlamm. Man müsste
         schon mit technischen Gerät spülen.
Zu 2. Kann auch bei dem Wrack der Fall sein. Das überprüfe ich noch mal genauer beim
         nächsten Tauchgang. Der Bereich ist allerdings auch stark verschlammt.
Zu 3. Gute Idee, das kann sehr gut sein.
Zu 4.  In diesem Fall würde eine Konstruktionszeichnung helfen. Weiß jemand wo
         man eine Zeichnung eines Flugbetriebsboot Typ BII bekommt oder einsehen kann?   
Zu 5. Die Rudergeschichte bereitet mit Kopf zerbrechen.

Viele Grüsse Rocco


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