Ottergeräte auf Schlachtschiffen

Begonnen von gildor8879, 21 November 2017, 13:12:18

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gildor8879

Moin moin!
Beim Modellbau bin ich darauf gestoßen, dass alle Großkampfschiffe der Kriegsmarine auch Ottergeräte zum Räumen von Ankertauminen an Bord hatten.

Hierzu nun zwei Fragen:

a) Wie genau muss ich mir den theoretischen Einsatz vorstellen? Für welche konkreten Situationen waren die gedacht? Ich habe Schwierigkeiten mir vorzustellen, dass man die Bismarck zum Räumen der Elbmündung abkommandiert hätte.  :-D

b) Gibt es Berichte zu einem tatsächlich stattgefundenen Einsatz? Evtl sogar Bildmaterial?

Vielen Dank erst mal so weit!

EuGu

Das diente "nur" zum Eigenschutz: Mine von der Bordwand fernhalten. Und wahrscheinlich nur bei ziemlich geringer Fahrt.

Beste Grüße
Eugen

Schorsch

Hallo zusammen,

Zitat von: EuGu am 21 November 2017, 18:25:10
(...)
Und wahrscheinlich nur bei ziemlich geringer Fahrt.
(...)
...die Räumgeschwindigkeit mit dem Otternräumgerät betrug mindestens 9 kn, als Maximalwert sind Angaben bis zu 20 kn zu finden.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Bergedorf

Zitat von: Schorsch am 21 November 2017, 19:01:09
Hallo zusammen,

Zitat von: EuGu am 21 November 2017, 18:25:10
(...)
Und wahrscheinlich nur bei ziemlich geringer Fahrt.
(...)
...die Räumgeschwindigkeit mit dem Otternräumgerät betrug mindestens 9 kn, als Maximalwert sind Angaben bis zu 20 kn zu finden.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch

Moin,

nach BAMA RM 7/172 (welches Dokument genau habe ich mir nicht nortiert) war für deutsches Bugschutzgerät Fahrtverminderung auf 9 - 13 kn gefordert. Bei hoher Fahrt bestand die Gefahr, dass die Mine aufgrund von K.E. nach dem Schnitt zu dicht am Schiff explodiert.

Gruß

Dirk

Schorsch

#4
Hallo zusammen!

Dirks Hinweis hat mir ein kleines Manko meiner vorherigen Antwort aufgezeigt, das ich noch ausbügeln möchte. Leider kam meine Antwort ohne Quellenangabe daher, die ich noch nachreichen möchte. So heißt es in der M.Dv.: 13 ,,Seekriegsanleitung", Teil III, Heft c: ,,Sperrwaffen" aus dem Mai 1942 im Teil II, Abschnitt D: ,,Bugschutzgeräte – Das Otterbugschutzgerät", S. 59:
ZitatDas Ankertau der Mine wird von dem an der Otter befindlichen Schneidapparat durchgeschnitten oder bei Fahrt über 14 sm bereits vorher durch die Sägewirkung der Räumleine durchgesägt.
Schlussfolgerung: Bugschutzgeräte konnten auch mit Geschwindigkeiten von 14 kn+ gefahren werden. Im Anhang 15 der M.Dv. 13, Heft 3c wird man dann noch konkreter und nennt sogar 25 kn/28 kn Dauer- bzw. Spitzengeschwindigkeit für 30 Minuten mit dem Gerätesatz, der von den Dickschiffen bis hinunter zu Zerstörern und Torpedobooten eingesetzt werden konnte.

Nun ist Dirks Anmerkung natürlich nicht von der Hand zu weisen, da auf Seite 60 der soeben erwähnten Quelle noch folgendes zu finden ist:
ZitatDa nie bekannt sein wird, ob Minen mit K.E. ausliegen, ist es erforderlich, beim Auftreffen auf Minen mit der Fahrt herunterzugehen, also möglichst auf die noch für das betreffende Gerät zulässige Mindestfahrt, um durch die Räumleinen, die eine [unleserlich]wirkung besitzen, eine möglichst große Abweisung zu erzielen.
Führt man diesen Gedanken allerdings konsequent zu Ende und bezieht in die Betrachtungen z.B. auch noch Minen mit Antennenzündung oder als Gegenmittel gegen das Bugschutzgerät mit K.A. ausgerüstete Minen mit ein, ließen sich solche Minen nur noch mit einer Fahrtverminderung auf 0 kn austricksen. Insoweit könnte es also durch die aktuell herrschenden taktischen Gegebenheiten auch durchaus einmal notwendig werden, nach dem Motto: ,,Augen zu und durch!", eine Sperre zu überwinden und dafür sollte man wissen, bis zu welcher Geschwindigkeit das Bugschutzgerät wenigstens eingeschränkt wirksam sein kann. Das ist jetzt keine nassforsche Betrachtungsweise eines armchair admiral der Nachkriegszeit, sondern lässt sich -zumindest inhaltlich- auch aus den entsprechenden offiziellen Druckwerken der deutschen Kriegsmarine herauslesen (Siehe z.B. M.Dv. 13: ,,Seekriegsanleitung", Teil II, Heft f: ,,Minenabwehrtaktik", S. 12, Ziffer 50!).

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

kgvm

Für den Nichtexperten:
K.E. = ??
K.A. = ??

Schorsch

Hallo kgvm!

K.E. = Kontakt-Einrichtung; der Zerknall der Mine wird ausgelöst, wenn der Zug des Ankertaus auf das Minengefäß durch das Schneiden oder Brechen des Ankertaus aufhört, die K.E. wurde in der Kriegsmarine nur auf besondere Anordnung scharf geschaltet; Ziel der Einrichtung ist es, das Aufnehmen der Mine durch räumende Kräfte zu verhindern.

K.A. = Kontakt-Auslösevorrichtung; trifft eine Räumleine das Ankertau einer solcherart ausgerüsteten Mine, wird der Zerknall der Mine sofort ausgelöst; dieses Feature dient nachhaltigen Behinderung der Räumens eines Minenfeldes durch die Zerstörung von Räumgerät bzw., wie schon erwähnt, als Gegenmaßnahme gegen das Bugschutzgerät, da die Mine nicht wie bei der K.E. durch das Räumgerät von ihrem ursprünglichen Ort entfernt werden kann.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Rheinmetall

Moin !

Schon wieder was über die "Otter" gelernt. :)
Vielen Dank für Eure Beiträge.  top

Matze
Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

kgvm


gildor8879

Super, Danke für die bereits sehr erschöpfende Antwort. Aber noch einmal zu meiner eigentlichen Frage: Wie häufig und in welchen konkreten Situationen muss ich mir, gerade bei einem Schlachtschiff wie der Bismarck den Einsatz vorstellen?

Urs Heßling

moin,

Zitat von: gildor8879 am 27 November 2017, 20:52:18
Wie häufig und in welchen konkreten Situationen muss ich mir, gerade bei einem Schlachtschiff wie der Bismarck den Einsatz vorstellen?
Beispiel einer konkreten Situation :
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,29072.msg328861.html#msg328861
Eintrag auf Textseite 2
"Nachdem die M-Boote ihr Gerät wieder ausgebracht haben, setzen sie sich vor den Verband, der mit 7 kn die Sperrlücke passiert"

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

t-geronimo

Aber hat Bismarck ihre Otter auch draußen gehabt?
Darauf bezog sich die Frage doch?
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Urs Heßling

moin,

Zitat von: t-geronimo am 27 November 2017, 22:24:17
Aber hat Bismarck ihre Otter auch draußen gehabt?
Darauf bezog sich die Frage doch?
Ich habe nur ein Beispiel gegeben.
Die Frage lautete "... bei einem Schlachtschiff wie der Bismarck ..."

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

t-geronimo

Zitat von: gildor8879 am 21 November 2017, 13:12:18
Moin moin!
Beim Modellbau bin ich darauf gestoßen, dass alle Großkampfschiffe der Kriegsmarine auch Ottergeräte zum Räumen von Ankertauminen an Bord hatten.

Ok, ich gebe zu das ich ohne es zu erwähnen die Eingangsfrage mit impliziert habe... :wink:
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Ulrich Rudofsky

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