Internierte sowjetische Frachtschiffe Juni 1941

Begonnen von kalli, 26 Oktober 2017, 19:39:05

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kalli

Eine Anfrage zu meinem Post im Thread ,,Frachter gesucht?" veranlasst mich, etwas zu den internierten Frachtschiffen zu Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion zu schreiben. Diese Internierungen erfolgten unmittelbar nach Kriegsbeginn in den deutschen und unter deutscher Besatzung stehenden Häfen. Die Besatzungen wurden verhaftet. Beispielsweise hörten die Besatzungsmitglieder der Dampfer Elton (Эльтон) und Chasanom (Хасаном), die nebeneinander im Hafen Stettin lagen, gemeinsam morgens um 9 Uhr gerade die Nachrichten über die Bombardierung sowjetischer Städte, als eine Viertelstunde danach bereits die Schiffe besetzt wurden.
Unter ähnlichen Umständen und zeitgleich verlief die Aktion bei fast allen anderen Frachtschiffen am 22.06.1941.
Die Gesamtzahl der Schiffe betrug nach der mir vorliegenden Liste 35. Beschlagnahmungen fanden in folgenden Häfen statt:
Stettin - 9
Lübeck - 8
Danzig - 2
Rotterdam - 2
Hamburg - 3
Lissabon - 1
Kopenhagen - 2
Gotenhafen - 2
Stockholm (!) - 1
Ystad (!) - 1
Schweden (Hafen?) - 1
Dänemark (Hafen?) - 1
Auf See zwischen Stockholm und Tallin - 1
Königsberg - 1

Die Besatzungsmitglieder kamen zuerst in verschiedene Lager. Nach 2 Wochen kamen alle in ein Lager unweit von Berlin nach Blankenfelde (russische Angabe). Es ist bisher für mich unklar, ob es sich bei dem besagten Lager um das in Blankenfelde–Mahlow, südlich von Berlin oder um das in Blankenfelde-Nord im Bezirk Berlin-Pankow handelte. Beides Lager, in denen unsägliche Zustände herrschten.
Insgesamt kamen in diesem Lager 250 Besatzungsmitglieder an. 58 sind über die Türkei heimgekehrt. Die verbliebenen befanden sich bis zum 01.10.1942 im Lager und kamen dann nach Weißenburg in Bayern. Am 21.04.1945 konnten sie aus der Festung gelangen und in Richtung Donau marschieren. In Meckenloe traf die Kolonne auf Amerikaner und waren nun frei. Am 09.07.1945 waren die 180 Überlebenden in Leningrad.
Das ist das, was ich darüber gelesen habe.
Interessieren würde mich, was aus den Schiffen geworden ist. Über deren Verbleib weiß ich nichts.

desertfox

Servus hätte da mal ne frage

Die Portugiesen und die Schweden waren ja nicht im Krieg gegen Russland warum sollten dann in Lissabon und Stockholm Russische Schiffe beschlagnahmt werden und von wem ?

Grüße vom Desertfox

igor

I know about next interned ships:
Stettin - KHASAN (ХАСАН), ELTON (ЭЛЬТОН), VOLGOLES (ВОЛГОЛЕС), DNESTR (ДНЕСТР), AUSMA (АУСМА), GAUYA (ГАУЯ), KANGARS (КАНГАРС), KONSUL P. DANNENBERG (КОНСУЛ П. ДАННЕНБЕРГ -> BRAUNAU), EVERTONS (ЭВЕРТОНС -> ROTERSAND), SIGRID (СИГРИД)
Lübeck - KAGANOVITCH (КАГАНОВИЧ), ANDRAIS KALNINS (АНДРАЙС КАЛНИНЬШ -> RIGA), ARIA (АРИА), GUNDEGA (ГУНДЕГА -> WEICHSELLAND), DOLE (ДОЛЕ -> ANKE), KAUPO (КАУПО -> WESTPREUSSEN), EVERONIKA (ЭВЕРОНИКА -> IRMA), KOIDULA (КОЙДУЛА)
Danzig - MAGNITOGORSK (МАГНИТОГОРСК), SPROTS (СПОРТС -> MAGDALENA)
Hamburg - HILDUR (ХИЛЬДУР), KRIVS (КРИВС -> ANTOINETTE), TCHAGA (ЧАГА, steamshute)
Kopenhagen - IRNE (ИРНЕ), GUN (ГУН, schooner)
Gotenhafen - KADRI (КАДРИ), TALLIN (ТАЛЛИН)
Stockholm (!) - MAI (МАЙ), ESTONIA (ЭСТОНИЯ)
Ystad (!) - PEET (ПЭЕТ)
Auf See zwischen Stockholm und Tallin - VALDONA (ВАЛЬДОНА -> BALTENLAND), EGON (ЭГОН)
Königsberg - JULIA (ЮЛИЯ), KILIA (КИЛИЯ)
In some latvian and estonian names can be errors (not mine).
I don't know about any ships in Lissabon. In Rotterdam was some ships built for USSR.
Sweden interned soviet ships with begin of war. Maybe some previous owner of PEET has his old ship get back and then she bekam german FRAUENBURG?

kalli

Hallo Igor,
vielen Dank für deine Antwort.
Für die Auflistung ist meine Quelle: http://militera.lib.ru/h/mmf/06.html
--/>/>Приложение 2. ,,Список судов Минморфлота, захваченных и интернированных в иностранных портах и в море в первые дни Великой Отечественной войны":

Baltische: Klints «Клинтс», п/х, 1250 т. А.Тетерис –> Lissabon (Лиссабон)
Lettische: Tautmila «Таутмила», п/х, 3724 брт, 6 чел. А.Лайвиньш –> Rotterdam (Роттердам)
Lettische: Waldona «Валдона», п/х, 3042 брт, 9 чел. А.Бренцсонс -> Rotterdam (Роттердам)

Es scheint, dass in dieser Liste Fehler sind.

igor

Marty Bollinger write:
PEET was interned in Sweden for short time. Then she was released to "rejoin" with her old estonian owner, but soon captured in sea by M-23 and became german.
MAI and TOOMAS (not ESTONIA, as it say official soviet loss list from 1959) interned in Sweden til end of WWII.
KLINTS was held in Lisbon since 1940 and never given to USSR officially from latvian owners.
Also MB write that VALDONA and TAUTMILA was taken in Rotterdam, as you say. They became MEMELLAND and BALTENLAND respectively.
TALLIN was captured in Danzig and became Ditmar Koel.
MAGNITOGORSK was renamed Trostburg, KADRI - Nordlicht, KAGANOVITCH - Libau, ARIA - Wartheland, KOIDULA - Uhlenhorst
VOLGOLES became Colmar, GAUYA - Friedrich, AUSMA - Käthe O, KANGARS - Michael, SIGRID - Detlef, KHASAN - Palatia, DNESTR - Pernau.
But MB also has errors, as he named VALDONA and JULIA in german hands same name (MEMELLAND)

kalli

Hallo Igor,

vielen Dank für die Ergänzungen und Präzisierungen. Ist auch bekannt, welche Ladungen die Frachtschiffe zum Zeitpunkt der Internierung an Bord hatten?
Noch etwas zu den Besatzungsmitgliedern:
Das betreffende Lager nahe Berlin (bzw. in Pankow) konnte ich noch nicht bestimmen.
Aber die Internierungszeit auf der Wülzburg / Weißenburg ist dokumentiert.
,,Während des Zweiten Weltkrieges war die Wülzburg ein Internierungslager, deshalb befindet sich am Fallgarten der sogenannte Russische Friedhof, in dem neben den Gräbern von 40 russischen Handelsmatrosen auch das Grab des Prager Komponisten Erwin Schulhoff zu finden ist."
http://wugwiki.de/index.php/Russischer_Friedhof

kalli

Nun dürfte auch die Identität des Lageraufenthaltes der internierten Besatzungsmitglieder nahe Berlin klar sein. Da das Lager Blankenfelde-Mahlow erst seit 1942 existierte, kommt höchstwahrscheinlich das Lager Blankenfelde-Nord (im Stadtbezirk Berlin-Pankow) in Frage. Dieses Lager bestand von 1941-1945 und diente hauptsächlich als Krankensammellager für arbeitsunfähige Ostarbeiter - Frauen und Männer aus der Sowjetunion, die zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich verschleppt worden waren. Bis heute konnten mindestens 700 Todesfälle nachgewiesen werden.

Zitat aus einem Bericht eines Mitarbeiters des Auswärtigen Amtes über die Situation im Lager Blankenfelde 1943:
»Bad fehlt. Entlausungsanstalt fehlt. Keine Desinfektionsmöglichkeit. Keine Medikamente. Ernährung besteht aus 300g Brot und 1 Portion Kohlrübenwassersuppe. Es gibt weder Betten noch Matratzen ... Als dort der Typhus ausbrach, wurden die Baracken geschlossen und wenn es jemand wagte sich zu zeigen, so wurde ohne Warnung geschossen.Frauen in anderen Umständen mussten ihre Kinder im besten Fall auf dem Fußboden, sonst aber auf der Erde zur Welt bringen. Die neu geborenen Kinder erhalten als einzige Ernährung ein viertel Liter Milch auf fünf Tage.«

igor

Alas, i don't know anything about ship's cargo.

kalli

Danke Igor für die Angaben. Jetzt fällt mir die Zuordnung nach Dinklage / Witthöft ,,Die Deutsche Handelsflotte 1939-145" leichter. Das war vorher für mich eine umständliche Sucherei.

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