U 995 - Fritz Arand verstorben (ID=893)

Begonnen von Rheinmetall, 22 September 2017, 12:30:35

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Rheinmetall

Hallo liebe Forumsgemeinde,

melde mich aus meinem Kroatien-Urlaub zurück und musste gestern etwas in der hiesigen Zeitung lesen, was mich sehr traurig stimmte.
Und zwar verstarb bereits am 14. September Fritz Arand, zu welchem ich seit gut drei Jahren Kontakt hatte.



Dieser stieg im April 1944 auf dem weltbekannten Boot U 995 ein und gehörte bis zum Kriegsende zu dessen Besatzung.
Beigefügt habe ich hier unter anderem ein Gedächtnisprotokoll, welches ich ursprünglich als Word-Datei nach einem Besuch bei ihm erstellt habe.

Zitat
Fritz's Erinnerungen

Vor dem Krieg machte Fritz eine Ausbildung zum Kaufmann und wurde beim Kreiswehrersatzamt Rottweil gemustert.
Da er in der Marine-Hitlerjugend (Neckar) war und zur Marine wollte, wurde er zum 05.01.1942 zur 7 Schiffstammabteilung nach Strahlsund / Danholm versetzt.
Ab dem 02.05.1942 war er bei der Schiffsartillerie-Schule Sassnitz und wurde aufgrund seiner guten Augen zum Entfernungsmesser-Personal ausgebildet.
Vorgesehen war eine Verwendung als dieser auf einer schweren Überwassereinheit.
Ab dem 15.07.1942 kam er zur U-Boot Waffe um nach einem Lehrgang in Libau mit Wirkung vom 24.08.1942 durch 2. UAA Neustadt zu gehören.
Nach dem 27.09.1042 kam er zur 3. U-Flottille in die Personalreserve.
Dort diente er als Schreiber in der Postzustellung und Verwaltung.
Ab dem 10.09.1943 ging es zur 1. ULD nach Pillau auf die ,,Robert Ley" und Flak-Schule Swinnemünde.
Nach einem zweimonatigen Zwischenstopp bei der 1. UAA Plön ging es am 16.04.1944 weiter zur Personalreserve bei der 5. U-Flottille nach Kiel.
Dort begann am 24.04.1944 das erste Bordkommando auf U 995.
Mit U 995 absolvierte Fritz alle neun Feindfahrten.
Zunächst unter Kommandant Köntopp, welcher wegen ,,Feigheit vor dem Feind" von seinen Offizieren beim FdU Norwegen ,,Teddy" Suhren zur Meldung gebracht wurde.
Dieser verlor daraufhin sein Kommando, da er den Angriff auf einen Geleitzug im Nordmeer abbrach, auf welchen vier Boote (darunter U 995) angesetzt waren und die drei anderen Boote aufgrund der starken Geleitzugsicherung verloren gingen.
Auf dem Aviso ,,Grille" in Drontheim wurde dann Oblt. z.S. Hess als neuer Kommandant vorgestellt.
Dieser verdiente sich das Ritterkreuz, da er in einen russisch besetzten Hafen vorgeflutet eindrang, dort ein Schiff vernichtete und daraufhin beim Ablaufen zwei Tage lange von zwei russischen U-Jägern mit Wasserbomben verfolgt wurde.
Hierbei wurde auch die maximal erreichte Tauchtiefe von 240 Metern erreicht.
Dank einer Ladung Öl, welches nach einem erneuten WaBo-Angriffes durch ein Torpedorohr ausgestoßen wurde, gaukelte man die eigenen Vernichtung vor und konnte entkommen.

Als Wachtmeister-Gast (Matrosengefreiter) diente Fritz als Schreiber (u.a. für KTB-Einträge), als Rudergänger und verrichtete mit der ersten und dritten Wache seinen Dienst.
Ebenso war er Flakschütze auf dem 2 cm Zwilling und Ladeschütze an der 3,7 cm.
Die zweite Wache (vor allem durch den II. W.O.) war aufgrund seiner Hitlertreuen Gesinnung unbeliebt.
Seine Position war hierbei backbord vorn und er hierbei der erste Seemann der zum Tauchen die Brücke verließ, um nach dem herunter rutschen in der Zentrale die Entlüftung Nr. 5 zu betätigen.
Die schnellste Alarmtauchzeit wurde mit 24 Sekunden erreicht.
Seine Koje, welche er mit einem Kameraden teilte, war hierbei von der Zentrale kommend das dritte Bett links oben.
Während des Luftangriffes der brit. Short Sunderland am 21.05.1944 konnte diese (durch die 3,7 cm) in Brand geschossen werden, während Fritz die 2 cm bediente.
Hierbei wurde er durch einen Splitter am linken Unterarm verwundet.
Aufgrund seiner guten Augen konnte er die ein oder andere Rauchfahne eines Geleitzuges sichten, was ihm unter dem Kommando von Hess am 08.05.1944 das Eiserne Kreuz 1. Klasse einbrachte.
Das Verhältnis zu Kaleu Hess wurde als freundschaftlich bezeichnet, am 10.05. sprach ihn Hess mit Vornamen an und schenkte ihm eine Flasche Likör, welche sodann gelenzt wurde.
Alkohol war an Bord des Bootes verboten gewesen.
Neben diesem wurde das Eiserne Kreuz II. Klasse, die U-Boot-Frontspange in Bronze, Silber, sowie das U-Boot Kriegsabzeichen (2x) sowie das Lapplandschild verliehen.
Bis auf das EK I, welches zwar im Soldbuch vermerkt aber nicht verliehen wurde, konnte er alle Auszeichnungen bis in die Gegenwart bewahren.
Die Auszeichnungen konnte er dem Zugriff der plündernden Engländer  und Amerikaner entziehen, indem er sie im Stoffbezug seiner Feldflasche versteckte.
Nachdem die Engländer in Norwegen das Kommando übernommen hatten, wurde er mit einem Kohleschiff nach Deutschland gebracht.
Dort wurde durch die Engländer versichert dass die Männer innerhalb von 3 Tagen zuhause in ihren jeweiligen Besatzungszonen wären.
Aus diesen drei Tagen wurden jedoch 3 Jahre, da die Soldaten direkt nach Südfrankreich zur Kriegsgefangenschaft in ein Lager bei Lyon gebracht wurden.
Dort mussten sie dann in einem landwirtschaftlichen Betrieb (u.a. zu Holzfällerarbeiten) arbeiten.
Da angeblich höhere Dienstgrade schneller aus der Gefangenschaft entlassen wurden, erhielt er von Kaleu Hess ein Schreiben, indem er als Unteroffizier geführt wurde.
Dies interessierte den Franzosen jedoch nicht, sodaß er erst Anfang 1948 wegen besonders fleißiger Leistung vom Lagerkommandanten von heute auf morgen aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurden.
Über das ,,Lager Mühlau" (in Tuttlingen gelegen) wurde er dann schließlich entlassen, wo sein Vater jeden Tag wenn ein neuer Zug von Heimkehrern ankam, auf die Ankunft seines Sohnes wartete.

Nach dem Krieg arbeitete Fritz bei der Firma Grüner in Wehingen als Prokurist, später betreute er Kunden der Firma in ganz Europa.

An seinem alten Boot war er in der Vergangenheit mehrfach, zuletzt im Jahre 2011.


Ebenfalls beigefügt ist eine eidesstattliche Erklärung von seinem Alten, Hans-Georg-Hess, welcher auch nach dem Krieg für seine Männer da war und nach dem Lesen des Gedächtnisprotokolls Aufschluß hierzu bringt.




(Detailansicht zum besseren Lesen.)


In dem Link ist ein Bild des Marinemalers Lukas Wirp beigefügt, welches U 995 bei der Begegnung mit einem Kameradenboot in stürmischer See zeigt, welches mir Fritz seiner Zeit signierte.

http://i63.tinypic.com/b5fbba.jpg

Dies ist in keiner Weise eine Heldenverehrung, wie es mir in einem anderen Fall in einem anderen Forum bereits vorgeworfen wurde, sondern lediglich die Erinnerung an jemanden, zu welchem ich einen persönlichen Bezug hatte und einer leider fast ausgestorbener Generation.

Ich werde die gemeinsamen Stunden nie vergessen, Fritz.  :MG:

In Dankbarkeit,

Matze

Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

M-54842


kawa1705


t-geronimo

Hubertus, Orden für Fritz Arand:

14.09.1944 U-Bootskriegsabzeichen
12.12.1944 U-Bootfrontspange
11.01.1945 E.K.II
20.04.1945 U-Bootfrontspange in silber
15.04.1945 Lapplandschild
08.05.1945 E.K.I
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Hubertus

There are no roses on a sailor's grave
No lilies on an ocean wave
The only tribute is the seagull's sweeps
And the teardrops that a sweetheart weeps


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