Deutsche Schlachtschiffe als Raider gegen Geleitzüge

Begonnen von J.I.M, 15 März 2017, 18:17:11

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delcyros

Zitat von: Big A am 30 März 2017, 08:37:59
Einfach, weil man nicht wahrhaben wollte, dass man mit seiner Rüstung / Planung so daneben gelegen hat. Ozeanische Pläne waren spätestens ab 1941, definitiv aber mit dem Eintritt der USA nicht mehr umzusetzen.



Ich glaube du bist zu kritisch, aber ich verstehe deine Perspektive.

Raeder hat m.E. die Grundlagen von Raideroperation durch folgende Fokussierungen geschaffen:

A) konstruktiv, durch die Einplanung großer Versorgungsmehrlasten AUF den Kriegsschiffen. Später, durch Ausbau der Seeausdauer bei Übergang zu Dieselantrieb
B) strategisch durch den Aufbau von Verorgungsstützpunkten im Nordmeer unter Zustimmung Russlands bereits vor Kriegsausbruch
C) ausrüstungstechnisch, durch den Bau der schnellen Flottenversorger, deren Tankkapazität, Versorgungskapazität und Reichweite mit 12500nm@ 15 kts (ohne Anzapfen der Treibölladung für die Flotte) für einen atlantischen Einsatz ausreichend war, und durch die Bereitstellung vieler weiterer Versorger (1944 noch 64 Tanker verschiedener Größen, 5 Flottenversorger, 9 Hilfsversorger, etc.)
D) planerisch, durch Etablierung mehrerer logistischer Abteilungen, die für die Bereitsstellung, Auswahl, Transport und Verteilung der Güter auf die verschiedenen logistischen Ketten verantwortlich waren
E) durch Abhalten logistischer Übungen, einschließlich Verorgungsübungen auf hoher See bei denen Treiböl UND Versorgungskisten übernommen wurden.


Mit ist immernoch nicht klar, warum die Ansichten der Admiralität von dir als so irrelevant bezeichnet werden. Noch 1943 wurden mit diesen Resourcen Hilfsschiffe im Südatlantik und sogar im indischen Ozean erfolgreich versorgt. Mir ist bislang kein Fall bekannt -aber ich lass mich gerne korrigieren- in welchem ein KM Raider wegen Ersatzteilmangels vorzeitig in die Heimat zurückkehren mußte. Nur das regelhafte Auftreten solcher Fall würde deinen Standpunkt glaubhafter machen lassen.

Alternativ könnte man dass an der Tranportkapazität quantitativ festmachen, aber belastbare Zahlen, die darauf hindeuten sind bislang ebenfalls noch nicht vorgelegt worden.


Letzlich geht es auf die Fragen zurück: Ist es technisch möglich? Ist es logistisch machbar? Macht es strategisch Sinn?

Urs Heßling

#151
moin,

Zitat von: ede144 am 30 März 2017, 10:07:20
In meinen Augen hatte die KM ein Konzept und die Schiffe dazu, um Raider auf offener See zu versorgen.
Zitat von: delcyros am 30 März 2017, 16:33:45
Raeder hat m.E. die Grundlagen von Raideroperation durch folgende Fokussierungen geschaffen:
..
C) ausrüstungstechnisch, durch den Bau der schnellen Flottenversorger, deren Tankkapazität, Versorgungskapazität und Reichweite mit 12500nm@ 15 kts (ohne Anzapfen der Treibölladung für die Flotte) für einen atlantischen Einsatz ausreichend war, und durch die Bereitstellung vieler weiterer Versorger (1944 noch 64 Tanker verschiedener Größen, 5 Flottenversorger, 9 Hilfsversorger, etc.)
...
E) durch Abhalten logistischer Übungen, einschließlich Verorgungsübungen auf hoher See bei denen Treiböl UND Versorgungskisten übernommen wurden.
Ja ... allerdings sollte um der "ganzen Wahrheit" willen :-D hinzugefügt werden, daß dieses Konzept im Seekrieg gegen GB wohl auch nur deswegen über einen längeren Zeitraum so gut wie beschrieben "funktionierte", weil mit der nicht vorhergesehenen/vorhersehbaren Besetzung Norwegens und Frankreichs ganz andere seestrategische Bedingungen entstanden waren und auch mehr z.B. von NL und NOR übernommene Tanker zur Verfügung standen.
Das Raeder'sche Versorgungskonzept war mE auf einen Seekrieg gegen Frankreich zugeschnitten; in einem Seekrieg gegen England 1939/40 war es "nicht stabil", so glückte zum Beispiel - wie bekannt - der unbemerkte Rückmarsch der Altmark nach der AGS-Unternehmung nicht.

Als kurzfristig gelungene ET-Versorgung ließe sich die Versorgung der Scheer mit Kristallen für das Radargerät durch U 124 und die Versorgung der Kormoran durch Pinguin und Kulmerland mit WM 80 anführen !


Zitat von: delcyros am 30 März 2017, 16:33:45
Raeder hat m.E. die Grundlagen von Raideroperation durch folgende Fokussierungen geschaffen:

A) konstruktiv, .. Später, durch Ausbau der Seeausdauer bei Übergang zu Dieselantrieb
B) strategisch durch den Aufbau von Versorgungsstützpunkten im Nordmeer unter Zustimmung Russlands bereits vor Kriegsausbruch
...
Noch 1943 wurden mit diesen Resourcen Hilfsschiffe im Südatlantik und sogar im indischen Ozean erfolgreich versorgt.
Dazu drei Fragen ..
zu A) : welchen "späteren Übergang zu Dieselantrieb" meinst Du ? Die Panzerschiff-Entwicklung stammt aus der Zeit vor Raeders Dienstantritt als OBdM.
zu B) : welche Versorgungsstützpunkte im Nordmeer ?
zu "Noch 1943") : welche Versorger wurden 1943 im Südatlantik und Indik "selbst versorgt" ?
Schliemann und Brake tankten mW im japanischen Machtbereich auf.


Zitat von: Thoddy am 30 März 2017, 12:45:55
Im Fall von Graf Spee ist z.B. das Funkmessgerät zum Ausfall gekommen. An Bord war keinerlei Dokumentation vorhanden. Ersatzgerät war auch nicht vorhanden. Wartung/Reparatur war eigentlich nur durch die GEMA vorgesehen.
Der Bordelektriker hat sich dann vorsichtig durch die Schaltung gemessen und als Ausfallursache einen zerstörten Kondensator ermittelt. Austausch gelang und Funkmessgerät konnte wieder in Betrieb genommen werden.
:TU:) :MG:  Das nenne ich ein "gefechtsentscheidendes Eingreifen".
Hat er dafür wenigstens das EK I bekommen ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

delcyros

Zitatweil mit der nicht vorhergesehenen/vorhersehbaren Besetzung Norwegens und Frankreichs ganz andere seestrategische Bedingungen entstanden waren und auch mehr z.B. von NL und NOR übernommene Tanker zur Verfügung standen.
Das Raeder'sche Versorgungskonzept war mE auf einen Seekrieg gegen Frankreich zugeschnitten; in einem Seekrieg gegen England 1939/40 war es "nicht stabil", so glückte zum Beispiel - wie bekannt - der unbemerkte Rückmarsch der Altmark nach der AGS-Unternehmung nicht.

So ganz unvernommen kam der Blick nach Norwegen wohl nicht. Raeder hat bereits in frühen Schriften die Besetzung von Norwegen als essentiell bechrieben, um eine bessere strategische Ausgangsbasis für atlanische Unternehmungen zu gewinnen, ob gegen Frankreich allein oder gegen FR + UK.


Zitat von: Urs Heßling am 30 März 2017, 17:02:31

zu A) : welchen "späteren Übergang zu Dieselantrieb" meinst Du ? Die Panzerschiff-Entwicklung stammt aus der Zeit vor Raeders Dienstantritt als OBdM.
zu B) : welche Versorgungsstützpunkte im Nordmeer ?
zu "Noch 1943") : welche Versorger wurden 1943 im Südatlantik und Indik "selbst versorgt" ?
Schliemann und Brake tankten mW im japanischen Machtbereich auf.



Zu A) Die Schiffe des Z-Planes (H-O-P, Spähkreuzer, Z52 Klasse, etc.) mit Reichweiten zwischen 12000nm@19 kts und 16000nm @ 19kts. Die Planung dafür reicht bis in die Vorkriegszeit hinein.

Zu B) Raeder hat über den Marineattachee in Moskau vorgefühlt, ob die KM eine Basis im Nordmeer am Motovsky Golf bauen dürfe. Am 17.10.1939 bot die UDSSR die Zapadnaya Bucht, die sich in den Motovsky Golf öffnet dafür an. Es wurde klar gestellt, dass die Basis für alle Fahrzeuge und alle Operationen genutzt werden könne. Daraus wurde BASIS NORD, die aber nach der Besetzung Norwegens aufgegeben wurde.

zu C) ausweislich
Special Report on Operation and Organization of the German Naval Supply System during World War 2, NAVSANDA puplication 267, Bureau of Supplies and Accounts, U.S.Navy (Washington 1953), S.180f.:

I] THOR, vom 17.1.1942-20.4.1942 im Südatlantik, versorgt durch die Versorger REGENSBURG und DOGGERBANK
im Anschluß bis 30.11. 1942 im ind. Ozean, versorgt durch den Versorger REGENSBURG, und die Blockadebrecher DRESDEN & TANNENFELS

II] ebenfalls 1942 Südatlantik: STIER, versorgt durch den Tanker SCHLIEMANN, den Versorger DOGGERBANK und den Blockadebrecher TANNENFELS

III] MICHEL, vom 3.10. 1942-15.2.1943 im Südatlantik und Indischen Ozean. Dort versorgt durch den Tanker SCHLIEMANN, die Versorger DOGGERBANK, REGENSBURG und UCKERMARK sowie den Blockadebrecher RHAKOTIS.

Auch als MICHEL im Anschluß vom ind. Ozean in den Pazifik wechselte (bis 17.10.1943) und in den japanischen Bereich überging wurden vier Blockadebrecher zu Verorgung entsandt: OSORNO, BERGENLAND, DRESDEN und RIO GRANDE.

mhorgran

Das Versorgungskonzept stammte doch nicht von Raeder. Er nutzte es nur.
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

Urs Heßling

moin,
@delcyros : Danke  :TU:) :MG:

zu III) Ich hatte Dich so verstanden, auch die Versorger seien in See noch "nachversorgt" worden.

Beim letzten Satz betr. Michel melde ich einen leisen Zweifel an : die Dresden war in diesem Zeitraum meines Wissens schon in Bordeaux (Einlaufen 3.11.42).

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

DST

Zitat von: delcyros am 30 März 2017, 16:33:45
Mit ist immernoch nicht klar, warum die Ansichten der Admiralität von dir als so irrelevant bezeichnet werden. Noch 1943 wurden mit diesen Resourcen Hilfsschiffe im Südatlantik und sogar im indischen Ozean erfolgreich versorgt.

Ja , aber ich glaube es macht schon einen sehr großen Unterschied ob ich Hilfsschiffe/-kreuzer versorge.
Oder 2 Schlachtschiffe/-kreuzer deren Tankvolumen schon größer ist als die Verdrängung der meisten
Hilfsschiffe/kreuzer.

mfg dirk

Big A

Genau so ist es. Ein einzelnes Schiff zu versorgen ist (relativ) einfach, einen Verband aber..

Axel
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(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

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