Schlachtschiffe im 2. Weltkrieg

Begonnen von Urs Heßling, 10 April 2017, 22:22:21

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Urs Heßling

#75
moin,

eine interessanter und auch heftiger Gedankenaustausch in meiner Abwesenheit top :O/Y

Ich bedanke mich bei Sven für den Hinweis auf die RM-Denkschrift mit den interessanten Sätzen

    Die Beurteilung der dann bestehenden bzw. eintretenden politischen Lage, aus der sich vermutlich veränderte militärische Notwendigkeiten ergeben, ist schwierig. .. Auch der Einfluß der Luftwaffe auf die Kriegführung der Zukunft ist schwer abzuschätzen, weil diese Waffe und ihre Gegemittel sich noch in ständiger Entwicklung und Veränderung befinden.

.. wird das große kampffähige Schiff als pièce de résistance erhalten und entwickelt. Trotz mancher Gegenströmungen ist es bisher noch nirgends in Fortfall gekommen. ...Ausschlaggebend ist für seine Befürworter, daß kein Land solche Schiffe entbehren könne, solange andere Nationen daran festhalten. (»Similia similibus«). Den Anfang zur Abschaffung des großen Schiffes hat bisher niemand zu machen gewagt, der auf die Sicherheit seiner Seeverbindungen angewiesen ist. Man hat also auf absehbare Zeit hinaus mit dem Vorhandensein von schweren Seestreitkräften zu rechnen.

Soweit war man also auf deutscher Seite - und vermutlich nicht nur dort - schon 1929 !

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

See

Zitat von: Big A am 23 April 2017, 18:12:38
Ja, z.B. hier:  http://www.historyofwar.org/bookpage/zimm_attack_pearl_harbor.html

Danke für den Link. Wenn das dort vorgebrachte für dich den Schluss "umstritten" zulässt, dann haben wir wohl völlig unterschiedliche definitorische Vorstellungen von diesem Begriff. Gerade sein PH-Buch ist durch die Bank überaus wohlwollend rezensiert worden - insbesondere im angelsächsischen Raum. Da bildet dein Link keine Ausnahme.

Seine Argumentationsführung besticht meiner Meinung nach durch ihre Quellendichte und analytische Struktur (dies gilt auch für den von mir eingebrachten Beitrag) und steht damit in einem sichtbaren Gegensatz zur hier üblichen Vorgehensweise (ohne Wertung!). 

Urs Heßling

moin,

Zitat von: See am 23 April 2017, 20:42:56
Seine Argumentationsführung besticht meiner Meinung nach durch ihre Quellendichte und analytische Struktur (dies gilt auch für den von mir eingebrachten Beitrag)
Meinst Du da einen eigenen bestechenden Beitrag oder (nur) einen angeführten Link ?

Zitat von: See am 23 April 2017, 20:42:56
und steht damit in einem sichtbaren Gegensatz zur hier üblichen Vorgehensweise (ohne Wertung!).
Wenn das keine Wertung ist, weiß ich nicht, was sonst eine Wertung sein sollte.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Herr Nilsson

Zitat von: Urs Heßling am 23 April 2017, 20:10:19
moin,

eine interessanter und auch heftiger Gedankenaustausch in meiner Abwesenheit top :O/Y

Ich bedanke mich bei Sven für den Hinweis auf die RM-Denkschrift mit den interessanten Sätzen

    Die Beurteilung der dann bestehenden bzw. eintretenden politischen Lage, aus der sich vermutlich veränderte militärische Notwendigkeiten ergeben, ist schwierig. .. Auch der Einfluß der Luftwaffe auf die Kriegführung der Zukunft ist schwer abzuschätzen, weil diese Waffe und ihre Gegemittel sich noch in ständiger Entwicklung und Veränderung befinden.

.. wird das große kampffähige Schiff als pièce de résistance erhalten und entwickelt. Trotz mancher Gegenströmungen ist es bisher noch nirgends in Fortfall gekommen. ...Ausschlaggebend ist für seine Befürworter, daß kein Land solche Schiffe entbehren könne, solange andere Nationen daran festhalten. (»Similia similibus«). Den Anfang zur Abschaffung des großen Schiffes hat bisher niemand zu machen gewagt, der auf die Sicherheit seiner Seeverbindungen angewiesen ist. Man hat also auf absehbare Zeit hinaus mit dem Vorhandensein von schweren Seestreitkräften zu rechnen.

Soweit war man also auf deutscher Seite - und vermutlich nicht nur dort - schon 1929 !

Gruß, Urs

Da fallen mir noch ein paar Seiten ein, die ich vor Urzeiten mal aus einem Ordner für Taktikunterricht für Admiralsstabsoffiziere herausgescannt hatte:

Gruß Marc

Sarkas

Ich finde, dass man der "big gun"-Fraktion teilweise unrecht tut. Der Übergang vom Schlachtschiff zum Träger - bzw. der Ergänzung der Schlachtschiffe durch Träger - war in der Planung schon lange im Gange, bevor er in der Praxis des 2. WK dann sehr unvermittelt kam. Was 1930-35 so an Flugzeugen herumflog, war nicht sehr beeindruckend, und trotzdem hat man sich auf allen Seiten sehr intensiv mit dieser neuen Waffe beschäftigt, weil man den Fortschritt in der Luftfahrttechnik und die daraus entstehenden Möglichkeiten sah.

Man muss meiner Meinung nach auch nach Ländern unterscheiden: GB und die USA hatten dominante Schlachtflotten, deren Erhalt Sinn machte. Deutschland konnte bestenfalls mit Frankreich gleichziehen, und hat das versucht. Italien - wie Deutschland. Japan konnte eigentlich nicht mit den Amerikanern gleichziehen, weshalb es auf wenige überlegene Schiffe setzte (Yamato-Klasse), was ein durchaus diskussionswürdiger Ansatz ist. Die Japaner hätten wohl am ehesten den Schritt wagen sollen und vorrangig auf die neue Waffe, bei der sie den USA mindestens ebenbürtig waren, setzen können.

Was die tatsächlichen Versenkungen moderner Schlachtschiffe betrifft: Yamato und Musashi wurden durch eine drückende Übermacht versenkt. Bei der PoW fehlte die Luftsicherung durch eigene Flugzeuge, ein schwerer taktischer Fehler (was hätte man gedacht, wenn PoW ohne Zerstörereskorte unterwegs und durch ein U-Boot versenkt worden wäre?). Die Situation laut Lehrbuch, dass sich ein geschützter Schlachtverband mit Trägerunterstützung gegen einen Luftangriff wehren musste, hat es also nie gegeben. Was natürlich nichts an der Tatsache ändert, dass man die Effektivität der Flak deutlich überschätzt hat - was man aber erst in der Praxis lernen musste.

lafet944

Zitat von: Huszar am 22 April 2017, 08:35:47
Oh, mann...

...
btw: im ganzen Krieg wurden ganze 5 frei manövrierende, sich wehrende Schlachtschiffe ausschliesslich durch Flieger versenkt. Obwohl es nicht an Anstrengungen gefehlt hat. Mindestens eines dieser Schiffe (Roma) kassierte einen Glückstreffer...

Der Treffer auf ROMA war beileibe kein Glückstreffer, allenfalls in seiner Wirkung sehr überzeugend. Kurz vorher wurde das Schiff bereits von einer Fritz X getroffen, die nicht detonierte, trotzdem mittlere Schäden anrichtete. Gleichzeitig wurde die ITALIA leicht getroffen, keine Ahnung, ob die Waffe detonierte.
Weitere Beispiele für die Wirksamkeit der Fritz X waren die Treffer auf SAVANNAH, UGANDA und WARSPITE.
Die Lenkwaffe der mittleren Gewichtsklasse war damit mindestens genau so effektiv wie ein TallBoy. Bei einer Weiterentwicklung dieses Konzepts wären auch Trägerflugzeuge in der Größenordnung der AVENGER oder SPEARFISH gegenüber Schlachtschiffen im Vorteil gewesen. Die Massen an (sowieso wenig wirksamen) 20mm- oder 25mm-Maschinenwaffen waren spätestens dann Schrott.

Viele Grüße

Indy

ZitatDie Massen an (sowieso wenig wirksamen) 20mm- oder 25mm-Maschinenwaffen waren spätestens dann Schrott.

In dem Bismarck.dk-Forum gibt es einen Strang über die Wirkamkeit der Fla bei IIRC den deutschen CA und den BB.
Was die Abschusszahlen bei den einzelnen Luftangriffen betrifft, geht die Masse an die 105er, einige wenige an die 37er und so gut wie keine an die 20er.
Liegt das nun daran, dass die 20er tatsächlich weitgehend wirkungslos sind oder daran, dass aufgrund der Leuchtspurdichte gerade der 20er die Masse der Flieger das Interesse verliert, sich dem Schiff weiter zu nähern und diese dann bereits vor der effektiven Reichweite der 20er abdrehen?


See

Zitat von: Urs Heßling am 23 April 2017, 22:35:34
Meinst Du da einen eigenen bestechenden Beitrag oder (nur) einen angeführten Link ?

Ich meinte den von mir verlinkten Inhalt.  :wink:

Zitat
Wenn das keine Wertung ist, weiß ich nicht, was sonst eine Wertung sein sollte.

Eine Wertung setzt für mich die Beurteilung des beobachteten Sachverhalts voraus.

Peter K.

ZitatBei der PoW fehlte die Luftsicherung durch eigene Flugzeuge, ein schwerer taktischer Fehler.

... wobei durchaus vorgesehen war, der Force Z diese Luftsicherung in Form der INDOMITABLE auch zu geben. Dies wurde bekanntlich durch eine Grundberührung dieses neuen Trägers bei Jamaika und die anschließende Reparatur in Norfolk verhindert. Überlegungen, stattdessen HERMES in den Verband einzugliedern, verwarf man wegen der vergleichsweise geringen Geschwindigkeit dieses kleinen Trägers.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Richard Aigner

Buch zum Thema?
"American Sea Power and the Obsolescence of Capital Ship Theory", by Robert B. Watts. Jefferson, NC: McFarland, 2016; 232 pages.
Nein, ich hab's nicht gelesen.
Gruß aus Österreich
Richard

Big A

ZitatHERMES in den Verband einzugliedern, verwarf man wegen der vergleichsweise geringen Geschwindigkeit dieses kleinen Trägers.
die ja aber auch nicht mehr lange durchhielt...

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Sven L.

Zitat von: Urs Heßling am 23 April 2017, 20:10:19
...
Soweit war man also auf deutscher Seite - und vermutlich nicht nur dort - schon 1929 !
...

Hallo Urs,

auf englischer Seite gab es auch unterschiedliche Strömungen ob nun Schlachtschiffe oder Flugzeugträger den Kern der Flotte bilden sollten.
Selbst im Herbst 1942 gab es differenzierte Ansichten bzw. Entscheidungen hierzu. Siehe -> D.K. Brown, Nelson to Vanguard, Seite 37

Informationen zu den französischen bzw. italienischen Ansichten (von Seiten der jeweiligen Marineführung) wären interessant.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

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