Frachtschiffreise Valparaiso - Hamburg

Begonnen von FAUN, 21 März 2017, 17:44:51

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

FAUN

Meine Frau und ich machten vor 3 Jahren eine Frachtschiffreise, evtl. sind die Erinnerungen daran auch hier von Interesse? Das Folgende hatte ich für ein anderes Forum geschrieben, deshalb auch kleine Schlenker zu Randthemen.

Nach dem wir unsere 11-tägige "Schnuppertour" auf der Ostsee gut überstanden hatten, buchten wir über das Reisebüro von Hamburg-Süd die nächste Reise. Hierbei sollte das Hauptziel der Panamakanal sein. Nach verschiedenen Reiseideen sollte es die Fahrt HH-Westküste Südamerika werden. Reisezeitraum Januar bis März, des südamerikanischen Sommers wegen. Da aber alle Reisen in diese Richtung und zu dieser Zeit ausgebucht waren, nahmen wir die Gegenrichtung, und dann auch komplett von Endpunkt zu Endpunkt (28 Tage). Dazu kam, daß wir diese Richtung nach eingehender Überlegung, auch besser fanden.

Gebucht, 7 Monate im Voraus, mit Flugreservierung bei Lufthansa und LAN, Düsseldorf-Frankfurt-Buenos Aires-Santiago de Chile. Das Schiff sollte die "MS Bahia Laura" von Hamburg-Süd sein. Da der Einsteigetermin so um den 30.01.-02.02. lag, blieb der Flug offen. Dann kamen diversen Änderungen. Das Schiff wurde von Hamburg-Süd an Rickmers verkauft, aber sofort zurückgechartert. Das Schiff war da 7 Jahre alt und fiel damit aus § 10d EStG. Rickmers Singapur war jetzt die Reederei, die Flagge wechselte von deutsch zu Singapur, gleichzeitig änderte sich der Schiffsname in "MV Spirit of Hamburg" (für die IMO-Nr.-Sammler: IMO 9391660). Für uns blieb aber alles beim Alten, der Termin wurde jetzt auf den 31.01. fixiert, also Abflug am 30.01. in Düsseldorf.

Normalerweise wäre ich nicht Lufthansa geflogen, aber hier brauchten wir einen umbuchbaren Flug und bekamen den Seemannsrabatt. Auch konnten wir jeder 43 kg Gepäck (in 2 Gepäckstücken) + 10 kg Handgepäck mitnehmen. Allerdings haben wir das Gewicht nicht ausgenutzt, an Bord gibt es ja die Wäscherei.
Zum Düsseldorfer Flughafen fuhren wir mit dem Mitwagen, die Abgabestation ist gleich im Parkhaus neben dem Terminal, und die Shell-Tankstelle in der Nähe hat normale Preise. Als wir in der Holzklasse ab Frankfurt saßen (ich glaube, das Tierschutzgesetz billigt einem Schäferhund mehr Platz zu) las ich in der Reklamebroschüre, daß (zur damaligen Zeit) der Flug Frankfurt-Buenos Aires der längste Direktflug der Lufthansa sei. Wir haben auch diese 13 1/2 Std. erfolgreich abgesessen.

Wir kamen gegen 07.30 Ortszeit in Buenos Aires an, der LAN-Flug sollte gegen 17.00 gehen. Es gelang uns die Umbuchung auf 10.00, sogar das Gepäck wurde ohne unsere Hilfe transferiert. Bevor wir starteten hatte ich dem Agenten in Valparaíso per e-Mail unsere Ankunftsdaten geschickt, daraufhin schlug er uns eine Buslinie von Santiago aus vor. Hierzu mußten wir aber in Santiago einmal umsteigen. In alter Gewohnheit hatten wir US-$ getauscht und Kreditkarten dabei. Als wir nun um ca. 13.00 Ortszeit in Santiago ankamen fanden wir zwar den Bus, aber Onkel Busfahrer wollte weder $ noch Kreditkarten annehmen. Da wir also sowieso noch chilenische Pesos (CLP) tauschen mußten, entschlossen wir uns, erst einmal richtig Mittag zu essen. Das Steak war wirklich gut. Danach konnten wir auch mit dem Bus zum etwa 15min. entfernten Busbahnhof fahren. Es kostete übrigens ungefähr einen €.

Da der nächste Bus ausgebucht war, man bekommt Platzkarten, mußten wir etwa eine 3/4 Std. warten. Wir bekamen dann als einzige Gepäckabschnitte und auch nur unser Gepäck wurde markiert. An der Stadtgrenze von Santiago, es ging durch eine Mautstelle auf die Autobahn, stiegen 2 Frauen zu, die aus Körben was zu essen verkauften. Dank unseres Steaks haben wir gekniffen. Nach 1 1/4 Std. kamen wir in einem Busbahnhof in Valparaíso an. Ich rief mit dem Handy den Agenten an, der mir dann mitteilte, daß das Schiff noch gar nicht da sei. Es liefe erst am kommenden Vormittag ein. Da gegenüber dem Busbahnhof eine riesen Reklame eines Ibis-Hotels hing, fragte ich ihn danach. Er meinte, es sei ok und auch Richtung Hafen. Der Preis war übrigens ab 49.000 CLP, also etwa 70 €.
Per Taxi also zum Ibis-Hotel, es liegt wirklich direkt am Hafen. Die Taxen mögen für den Personen Transport i.O. sein, Gepäck sollte man aber nicht haben. Das Ibis-Hotel war angeblich ausgebucht, also nur mit Reservierung. Aber die Dame an der Rezeption hatte eine Empfehlung, rief dort auch an und erklärte dem Taxifahrer wo er hin fahren sollte. So kamen wir in das Hotel Diego de Almagro. Es ist sehr zu empfehlen, allerdings bestanden bis zum Bezahlen am nächsten Tag Unklarheiten, wie teuer es überhaupt sei.

Wir bekamen extra ein Zimmer mit Meer- bzw. Hafenblick, allerdings wurde dabei übersehen daß auf unserer Etage draußen die obligatorischen Stromkabel vorbei gingen, und davon gab es eine Menge. Es war uns auch egal, eigentlich wollten wir nur duschen und schlafen. Natürlich rief ich den Agenten an, er mußte uns ja nun am anderen Hotel abholen. Er wollte am nächsten Tag 12.00 kommen.

Am nächsten Morgen, Frühstück und auschecken. Der ursprüngliche Preis lag so um die 160 €. Durch irgendwelche Rabatte, Bezahlung in bar und US-$, Entfall der Mehrwertsteuer für Ausländer u.ä. landeten wir dann bei 90 $ in bar. Im Endeffekt also der Ibis-Preis in einem besseren Hotel. Wir ließen die Koffer im Hotel und umrundeten es weitläufig. Dabei wies uns eine Polizistin, sie stand mit Maschinenpistole Wache vor einem Polizeirevier, darauf hin, daß es nicht opportun sei, die Kameras offen zu tragen. Ansonsten sei es aber sicher. Da es sonntagvormittags war, waren sowieso wenige Leute unterwegs.

12.00 holte uns der Agent ab, klärte die Durchfahrt am Hafentor und brachte uns zum Schiff.
Das Schiff ist 254 m lang und 32 m breit. Da es nicht voll abgeladen war, und auch schon einige Stunden Container gelöscht wurden, lag es relativ hoch aus dem Wasser. Die Gangway war entsprechend steil. Die Gangwaywache übernahm den Koffertransport, der Agent brachte uns zum Chief Mate (1. Offz.) ins Ladebüro. Er begrüßte uns und telefonierte nach dem Stewart, dieser sollte uns dann zur Kammer bringen. Da das Schiff einen Fahrstuhl besaß, konnten wir gut nach oben kommen. Mit dem Gepäck in den Niedergängen ist es sonst schon etwas eng. Wir hatten die Eignerkammer, direkt unter der Brücke, zwischen Kapitän und Chief. Aufgeteilt in Wohn-/Arbeitszimmer und Schlafraum. Fenster alle Vorkante Brücke, bei voller Beladung theoretisch durch Container verstellbar, aber so viel Container waren auf der ganzen Reise nicht an Bord.

Durch den Übergang zu Rickmers war natürlich eine komplett neue Mannschaft an Bord, es war auch deren erste Reise, von HH-Valparaíso. Ich will jetzt nicht von einer leichten Unsicherheit reden, aber die letzte Routine fehlte noch. Der Kapitän war Russe, der Chief Mate Pole, der Chief Lette, der 2. Ing., der Blitz (Bordelektriker) und der Storekeeper Ukrainer. Der Rest der Mannschaft waren Burmesen. Neben dem Schiffsbetrieb wurde noch ein neues Wartungs- und Ersatzteilsystem eingeführt, Rickmers hatte neben der ,,CoH" noch weitere 5 gleiche Schiffe übernommen, z.B. die ,,City of Shanghai", und diese sollten jetzt in dem System zusammengefaßt werden. Außerdem bereitete man sich auf eine ISO- Zertifizierung vor, als Probeauditor fuhr bis Lima ein Inder mit.

Als wir an Bord kamen war es wohl schon 13.00, das Mittagessen beendet, und der Koch von Bord. Er hatte seinen freien Nachmittag und Abend, deshalb gab es zum Abendessen "Kalte Platte". Dank des Frühstücks im Hotel hielten wir durch. In den gesamten Aufbauten lief man in Schlappen umher, nur beim Betreten der Offz.-Messe wurden sie ausgezogen und man saß in Socken am Tisch. So pflegt jedes Schiff seine Marotten.


Fortsetzung soll folgen.

bettika61

Hallo Faun,
:MG: gerne mehr davon ,auch mit Bildern  :-)
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

t-geronimo

Ja, Fortsetzung dringend erwünscht.  :TU:)
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

FAUN

Fortsetzung:

Es geht weiter, die Bilder würde ich gerne zum Schluß einstellen.


Wir lagen noch 3 Tage in Valparaíso. Zwischenzeitlich war das Schiff ganz leer, wann sieht man so etwas schon, außer während den Werftliegezeiten. Wir nutzten die Zeit um uns einzugewöhnen. Die Essenzeiten waren 08.00, 12.00 und 17.30. Für die Wachgänger +/- 30 min. Der Koch hatte einige Zeit in deutschen Hotels gearbeitet, sein Deutsch kam aber unserem Burmesisch gleich. Dafür kochte er aber deutsches Essen, und dies bei einer zwar europäischen, aber bis auf uns zwei nicht deutschen Offz.-Messe. Der indische Auditor aß eine Mischung aus unserem und dem burmesischen Essen der Mannschaftsmesse. Jeden Morgen hing der Essenplan des Tages in Deutsch, teilweise mit englischen Einsprengseln, aus, z.B. Beansuppe. Für uns natürlich verständlich, alle anderen mußten sich vom Steward beraten lassen. Meine Frau fotografierte als erstes beim Frühstück den Essenplan, als Erinnerung und zum Datieren der folgenden Bilder. Über die Zeit ritualisierten sich die Mahlzeiten und wir bekamen unsere Zutaten, z.B. Gewürze, schon direkt zugeteilt. Im übrigen hielt der Koch über 2 Wochen durch, dann startete die Wiederholung und wir wußten was es am nächsten Tag geben wird.

Auf dem Schiff galt absolutes Alkoholverbot und auch das Rauchen in den Aufbauten war nicht gestattet. Der Kapitän managte persönlich die Kantine. So warf man einen Zettel mit der Bestellung in einen Kasten und hatte es dann im Laufe des Tages vor der Kammertür stehen. Wir beschränkten uns auf Cola und Sprite, es gab sie in 0,33 ltr. Dosen, und mußten dafür am Ende der Reise 40 $ bezahlen. Alles andere stand in der Messe bzw. Pantry.

Auf unserem Deck befanden sich außen an beiden Seiten Niedergänge (Treppen), an Steuerbord war das Podest zu einem Deck erweitert, darüber gab es ein Blechdach als Sonnenschutz. In der Außenwand war eine Öffnung mit einem Raum dahinter (ca. halbe Garagengröße). Hier lagerten u.a. die Grillutensilien. Wir hatten 2 Plastikliegestühle mit Auflagen in der Kammer, nun war ihr Dauerplatz an Deck unter dem Sonnendach. Man hätte auch auf Peildeck gehen können, dem sprachen aber mehrere Sachen gegen. So der doch erhebliche Fahrtwind, die Schattenlosigkeit und der Lärm der Maschinenraumlüfter im Schornstein.
Die Ladekapazität des Schiffes beträgt 3.630 TEU oder anders gesagt, 3.630 20'-Container. Da aber fast durchgehend 40-Füßer geladen wurden, halbiert sich die Zahl. Mangels Masse, der Handel mit Südamerika kriselte damals, war das Schiff aber nur 2/3 voll, als Decksladung gab es vereinzelte Türmchen aus 4 Lagen Container, in der Hauptsache 45'-Container, die in den Batches unter Deck schlecht gestaut werden konnten. Die Sicht nach vorne war dadurch frei und unverstellt.

Vor dem Auslaufen kontrollierte der Chief Mate den Tiefgang an den 3 Tiefgangsmarkierungen, das Schiff lag fast auf ebenem Kiel mit leichter Gattlage (hinten tiefer als vorne) von etwa 40cm, dies soll die Wirkung des Wulstbugs verbessern. Nebenbei führt diese Kontrolle noch zu kleineren Umstauungen, da die Containergewichte nicht immer korrekt angegeben sind. Ein zu schwerer Container in den oberen Lagen und dann noch außen kann zu einiger Ballastwasserübernahme führen, und Ballast kostet Geld.

Wer den Hafen von Valparaíso kennt, weiß daß die Kreuzfahrer vorne am Tor anlegen, zwischen den Piers. Die Containerschiffe hinten, in einem durch eine Mole geschützten Bereich. Das Schiff mußte als rückwärts aus diesem Hafenbereich heraus, leicht drehen und konnte dann voraus auslaufen. Da das Schiff kein Bugstrahlruder hat, ist generell im Hafen Schlepperhilfe notwendig.

Wir hatten, wie schon gesagt, die Steuerbordseite für unsere Liegestühle, deshalb verloren wir die Küste vorerst auch nicht aus den Augen. Nördlich Valparaíso schließen sich längere Sandstrände an, diese waren auch besucht, nur die Anzahl der Leute im Wasser hielt sich in Grenzen. Der Grund liegt im Humboldtstrom, eine Kaltwasserströmung in nördlicher Richtung an der südamerikanischen Westküste. Der Blick in das Schiffstagebuch auf der Brücke zeigte teilweise Wassertemperaturen um die 10 Grad. Das Schwimmen war also eher was für Hardliner.

Die Brückenaufenthalte waren reglementiert, entweder wollte der Kapitän uns nicht seinen burmesischen Nautikern zumuten oder umgekehrt. Jedenfalls sollten wir die Brücke nur während der Wache des Chief Mates besuchen. Die Wachen waren 04.00-08.00 und 16.00-20.00. Die erste Wache war uns zu unpraktisch, also konzentrierten wir uns auf die zweite. Da sich während der Seetage nicht allzuviel tat, reichte dies zur Information durchaus aus. Außerdem hatten wir ihn morgens beim Frühstück.

So ging es also mit etwa 3 Seetagen nach Callao (Lima) in Peru.

Fortsetzung soll folgen.

FAUN

Fortsetzung:

Auf dem Weg nach Callao, und auch danach, sah man von der Tierwelt die üblichen Verdächtigen. Delphine und Fliegende Fische, einmal ein Buckelwal auf südlichen Kurs, er schnellte in Abständen regelrecht aus dem Wasser, was wir als fröhliches Tun interpretierten. Weil wir keine Ornithologen sind, hielten sich unsere erkennungsdienstlichen Beobachtungen im niedrigen Bereich. Pelikane und Möwen haben wir schon erkannt, bei den anderen Vögeln haperte es bereits. Das Schiff wurde auch von den dunkleren Möwen verfolgt, sie hängen mehr oder weniger bewegungslos in der Thermik hinter dem Heck. Angeblich stecken in ihnen die Seelen der auf See gebliebenen Heizer, wohl auch weil sie etwas schmutzig aussehen.

Das Einlaufen Callao war auf etwa 10.00 terminiert, 16.00 waren wir dann fest. Die gesamte Küste lag bis nachmittags in einer Nebelsuppe, die ihresgleichen suchte. Dieses verhinderte das Einlaufen, aber auch das Auslaufen des Liegeplatzbelegers. Ob dies der wahre Grund war, oder man einfach nicht fertig wurde, weiß ich nicht. Wir genossen die Nebelaussicht bei ca. 30 Grad, die Sonne war nur ein schemenhafter Punkt und lasen bzw. beobachteten die Quallen. Das Schiff trieb, der Kapitän hatte auf den Anker verzichtet, in einer Quallenbrühe. Von der Menge, Größe und Dichte her, hätte man gefühlt darüber laufen können. Ab und zu startete die Maschine, dann fuhren wir Kreise oder wohl wieder etwas hinaus. Ich denke, das Treibenlassen und nicht ankern hing mit der Charter zusammen. Hier gibt es verschiedene Arten, bei denen z.B. die Bennstoffkosten unterschiedlich abgerechnet werden.

Als wir hätten an Land gehen können, war es schon nahe der abendlichen Dämmerung, oder anders gesagt, es wurde bald stockeduster. Deshalb blieben wir an Bord. Ein weiterer Grund war die Einreisesteuer, so kostete diese 56 US-$/Person. 112 $ für einen Abendtrip in Callao bzw. Lima dämpften unseren Tatendrang erheblich, zumal ja noch die Taxifahrten hinzugekommen wären. So beobachteten wir das Laden bzw. Entladen auf unserem und dem Nachbarschiff.

Die Liegezeit war zeitlich schon ok, wir liefen am nächsten Morgen gegen 10.00 aus, also immerhin 18 Std., nur nicht richtig über den Tag verteilt. Dies war aber auch in den weiteren Häfen das Problem. Es gingen gefühlt mehr Container von Bord als neue kamen, nur die Anzahl der Kühlcontainer nahm zu. Und so machten wir uns auf Richtung Panamakanal.

Für die Strecke Callao-Panamakanal brauchten wir auch etwa 3 Tage, hier war der Fixpunkt die Ankunftszeit zur Kanalpassage. Diese ist schon monatelang gebucht, da es auch etwas mit dem Preis zu tun hat. Drei "wichtige" Ereignisse prägten diesen Abschnitt. Zum einen gingen wir vor Ecuador von dem bisherigen leichten Nordwestkurs (~345 Grad) auf einen noch leichteren Nordostkurs (~10 Grad), zum anderen querten wir den Äquator etwas querab von Guayaquil (nicht genau, G. liegt ~2°S) .

Dieses ging allerdings ohne Taufe u.ä. vonstatten. In Erwartung des Ereignisses hatten wir am Abend auf der Brücke an Hand der Seekarte die wahrscheinliche Zeit ermittelt. Da keine Kursänderung vorgesehen war, und der Chief Mate versicherte, daß die Drehzahl der Maschine beibehalten würde, wir liefen etwa 17,5 kn, mußte die Querung kurz vor 20.00 stattfinden. Um 19.40 betraten wir die Brücke, man muß sich erst einmal an die Dunkelheit gewöhnen, die Flurbeleuchtung geht auf Rotlicht, wenn man die Tür zur Brücke öffnet, der Kartentisch ist durch die Vorhänge verborgen und die Anzeigen und Bildschirme werden erst mit der Gewöhnung richtig hell. Jedenfalls zeigte das Radarbild, wir hatten uns für den Bildschirm entschieden, noch eine südliche Position. Es ist wie ein Countdown, die südliche Breite zählt laufend herunter, die westliche Länge wurde minimal kleiner. Jedenfalls kurz vor 20.00, es ging abwärts, die Null ging durch und die Zahlen wurden wieder größer. Da es dunkel war, hatte alles nur symbolische Bedeutung, aber war spannend zu beobachten.

Das 3. Ereignis war das BBQ auf dem Brückendeck. Die achterliche Verlängerung an Backbord bot dazu genügend Platz. Vom Grill bis zur Lautsprecheranlage, es wurde alles aufgeboten, was das Schiff hergab. Der Kapitän gab den Grillmeister, der Chef (Koch) den DJ. Geschätzte 90% der Musik bestanden aus "Modern Talking". Die burmesische Besatzung fuhr voll darauf ab, die Karaoke-Übungen fanden aber erst statt, als wir schon gegangen waren. Und, die Cola floß in Strömen, wie schon gesagt, Alkoholverbot an Bord. Damit das BBQ auch richtig gelang, hatte der Kapitän das Schiff extra aus dem Wind drehen lassen. Ich möchte nur wissen, was die begleitenden Delphine gedacht haben, aber wahrscheinlich waren wir zu weit weg.


Fortsetzung soll folgen.

FAUN

Fortsetzung:

Der Panamakanal, der eigentliche Anlaß dieser Reise. Wir kamen gegen 23.00 auf der Reede von Balboa (Panama-City)an. Dieses Ereignis verschliefen wir allerdings, da es um 03.00 weiterging. Das Schiff läuft praktisch durch eine schnurgerade Fahrtrinne, mit Leuchtbojen markiert, in den Hafen von Balboa und somit dem Beginn des Kanals ein. Es sah zwar beeindruckend aus, ansonsten war es aber dunkel wie in einem Kohlensack. Hierbei unterquert man auch die "Puente de las Américas", die zweite Brücke, "Puente Centenario", folgt nach den Schleusen im Gaillard-Durchstich. Das Schiff lief etwa 10 kn. Bei den 2 Miraflores-Schleusen, es folgt noch die Pedro-Miguel-Schleuse, liefen wir in die linken Kammern ein. Bei allen Schleusen war dies übrigens der Fall. Die Schleusen auf der Pazifikseite sind geteilt, Es folgen direkt aufeinander die 2 Kammern der Miraflores-Schleuse, und, nach etwa 5 km am anderen Ende des Miraflores-Sees, die Kammer der Pedro-Miguel-Schleuse. Auf der Atlantik-/Karibikseite erfolgt der Abstieg direkt in den 3 Kammern der Gatún-Schleuse. Eigentlich sind es doppelt so viele Kammern, da es sich jeweils um zwei Parallelkammern handelt, aber für die Durchfahrt ist ja nur eine maßgeblich.

Zwischen den parallelen Schleusenkammern ist jeweils am Anfang und am Ende eine Mole angebracht. Hier legt das Schiff quasi an und über nimmt auf einer Seite (bei uns Steuerbord) die Leinen der "Mulis", der Lokomotiven. Meine Frau bevorzugte den Ausdruck "Emmas", Jim Knopf läßt grüßen. Dieses Manöver erfolgte unter Schlepperhilfe. Dann läuft das Schiff mit ganz langsamer Fahrt in die Schleuse ein. Dabei werden dann auf der anderen Seite, bei uns Backbord, ebenfalls die Leinen der dortigen "Emmas" übernommen. Das ganze sieht dann so aus, daß an jeder Seite je 1 Lok voraus ist, je 1 in Höhe des Backendes und je 1 auf halber Länge ist. Die Aufgabe dieser "Emmas" ist, das Schiff mittig in den Schleusenkammern zu halten. Deshalb kann der Lokführer auch die Zugkraft der Halteleine variieren. Die Halteleinen gehen als eine Art Schlaufe von der Lok zum Schiff (sog. Panamaklüse) und zurück.

Die Schleuseneinfahrt lief unter dem unglaublichen Spektakel von Vögeln ab, die auf der Backbordseite eine alte Eisenbahndrehbrücke als Schlafbaum nutzten. Da es noch dunkel war, wurden sie wohl durch uns in der Schlafruhe gestört. Für den Kanal besteht natürlich Lotsenpflicht. Der "Oberlotse" hat extra auf der Brücke eine Art Kinderhochsitz. Dieses Ding steht normalerweise auf der Brücke in der Ecke, wird aber für die Kanalfahrt mittig, direkt hinter den Fenstern, aufgestellt. Die Assistenzlotsen laufen herum und gucken z.B. in der Nock. Da die Nock offen ist, wird vor dem Kanal eine Persenning als Sonnen-/Regenschutz montiert, sonst wäre es dort auch nicht auszuhalten. Auf der Back tummeln sich noch zusätzlich etwa 10 Mann, sie sind für die Lokleinen zuständig. Zu amerikanischen Zeiten übernahm der Lotse das Kommando, jetzt soll er nur noch, wie auf allen anderen Lotsengebieten "Berater" sein. Da aber auch die Absprachen mit den Loks usw. dazu gehören, gibt eigentlich er die Anweisungen.

Das Schiff gehört zur sog. Panamax-Klasse, d.h. die Schiffsbreite und der Tiefgang war auf das maximale Kanal- bzw. Schleusenmaß ausgelegt. Bei der Breite standen auf jeder Seite etwas mehr als 1/2 m zur Verfügung, beim Tiefgang war das Spiel größer, von den erlaubten 12 m nutzten wir vorn 10,8 m und achter 11,2 m aus. Hierbei ist aber zu bedenken, daß die 12 m sich auf das tropische Süßwasser des Gatún-Sees beziehen und die Schiffstiefgänge im Salzwasser abgelesen wurden. Im Süßwasser liegt das Schiff tiefer.

Nach der ersten Schleusenkammer geht es ganz langsam in die zweite, die "Emmas" befahren dazu relativ steile Rampen. Um dieses überhaupt zu ermöglichen, wurden sie mit Zahnstangen bzw. Zahnräder versehen. Neben uns wurde ebenfalls ein Schiff geschleust. Es war wohl nagelneu und für die Besatzung noch sehr ungewohnt. Die Kanal- und die eigene Crew auf der Back waren weniger gelassen, eher im Zustand Hühnerhaufen. Zur Sicherung war auch noch ein Schlepper achtern dabei. Im Nachhinein hatte ich mir noch überlegt, ob die nicht evtl. die neue Durchfahrtprozedur geübt haben? In den neuen Schleusen gibt es ja keine "Emmas" mehr, hier machen es vorne und hinten Schlepper.
Wie schon geschrieben werden vom Pazifik kommend erst 2 Schleusenkammern bewältig und dann, um einige Kilometer versetzt, eine dritte. Hier wurden bereits Tribünen für die Einweihung der neuen Schleusen montiert, man war wohl etwas zu optimistisch. Nach dieser Schleuse befährt man den Gillard-Durchstich, etwa 15 km lang. Über diesem befindet sich auch die 2. Brücke. Diese Brücke passierten wir nach dem Frühstück, mit anderen Worten, wir haben fast 6 Std. von der Reede bis hier gebraucht. Die gesamte Passage dauerte fast 15 Std. Nach dem Durchstich öffnet sich der Kanal und man kommt in den Gatún-See. Das ist ein künstlich aufgestauter See, der durch Flüsse gespeist wird. Teilweise folgt man den alten Flußläufen, ansonsten einer ausgebaggerten Fahrtrinne. Diese ist durch Bojen deutlich gekennzeichnet. Auf den Inseln und am Ufer herrscht dichter Urwald. Streckenweise sieht man auch die Eisenbahn, welche mehr oder weniger parallel zum Kanal verläuft. Vor längerer Zeit, als Frachtschiffe noch mehr Passagiere an Bord hatten, manchmal war es ja die einzige Möglichkeit einen Hafen zu erreichen, mußten diese Passagiere per Bahn fahren. Der Grund lag in den erheblich höheren Transitgebühren für Schiffe mit Passagieren an Bord, heute werden die Tarife anders berechnet.

Vor den Gatún-Schleusen lagen relativ viele Schiffe auf Reede, wir konnten aber direkt durchfahren. Interessant ist, daß an den Molenköpfen jeweils ein großer Pfeil angebracht ist, der nach rechts oder links geschwenkt die einzufahrende Schleuse anzeigt. Nachts ist das Ding beleuchtet, und so etwas im Zeitalter der Elektronik. Der Gatún-Abstieg ist schon spektakulär, besonders wenn vor einem ein anderes Schiff geschleust wird. Unten angekommen ist man wieder in einem Kanal der dann über einen, durch Bojen gesicherten Auslauf bei der Reede endet. Hier verwischt sich allerdings das Bild etwas, diese Reede wird auch für den Hafen von Colón genutzt, oder geht zumindest nahtlos in die Hafenreede über.

Wir haben uns diese Passage fast über die ganze Strecke angeguckt, nur durch die Mahlzeiten unterbrochen. Obwohl wir bei leichten Briesen unter dem Sonnendach saßen, waren wir total fertig. Da bekommt man schon eine leichte Vorstellung davon, was beim Bau des Kanals los war. Es ist fast unglaublich, was die Arbeiter damals geleistet haben.

Von Kanal kommend sind wir mit einem kurzen Stop direkt in Colón eingelaufen.


Fortsetzung soll folgen.

FAUN

Fortsetzung:

Als wir in Colón einliefen, die Einfahrt ist etwas verwinkelt, sah es erst nach einem stadtnahen Liegeplatz aus, jedoch falsch gedacht, wir landeten in der hintersten Ecke. Zwar waren hier die Anlagen relativ neu, aber nach Auskunft der Ortskenner dauerte die Taxifahrt mindestens eine 3/4 - 1Std. Dies ließ uns dann vom Landgang Abstand nehmen. Mich hätte allerdings der Balboa interessiert. Panama hat zwar den US-$ als Landeswährung, aber daneben gibt es den besagten Balboa. Er existiert nur als Münzen, Devisenkurs 1:1 zum $, aber einige Münzen, z.B. 20 Silber-Balboa, gelten mit als die größten Münzen, Durchmesser über 60 mm.

Die Zeit bis zum Abend nutzten wir mit der Beobachtung der Fregattvögel und den Löscharbeiten. Die Fregattvögel zeichnen sich ja dadurch aus, daß sie den Fischfang anderen Vögeln überlassen, um dann denen die Beute abzujagen. Die Auslaufzeit wurde auf 10.00 am nächsten Tag festgesetzt, es gab aber die üblichen Verzögerungen, Container mußten gerückt werden und einige verspäteten sich. Dadurch erreichten wir Cartagena in Kolumbien am frühen Nachmittag. Gerade als wir die kleine Festung am Eingang zur Bucht gerundet hatten, kam uns das Schwesterschiff, die "MV Spirit of Shanghai", entgegen. Sie war sozusagen auf dem Gegenkurs. Der Liegeplatz ist so, daß neben uns, außerhalb der Containerbrücken, die Kreuzfahrer lagen. Einer machte sich gerade auf den Weg und lief aus, ein zweiter wartete wohl auf die Landgänger, es tröpfelten die Busse ein. Wir besorgten uns beim Chief Mate im Ladebüro unsere Reisepässe, die Immigration war gerade vorbei und das Schiff einklariert. Schrieben unsere Namen und die Handynummer auf die Landgangstafel und marschierten los.

Direkt gegenüber der Gangway, außerhalb des Containerbrückenbereichs war die Haltestelle des Hafenbusses. Die Hafenbusse fuhren im Abstand von ca. 5 min. und hatten feste Haltestellen mit Haltestellenhäuschen. Die Busse selber sahen aus wie amerikanische Schulbusse, nach der Sitzgröße zu urteilen, waren es auch welche. Der Bus war relativ voll, ein Teil der Arbeiter hatte wohl Feierabend, der andere ging zu irgendeiner Kantine. Wir wurden am Tor abgesetzt, mußten uns dort in eine Art Kontobuch eintragen. Jedenfalls entsprachen die Abmessungen einem solchen Buch, alte Buchhalter wären vor Neid erblaßt. Name, Anschrift in Deutschland, Schiffsname und Paßnummer, also keine Chance zur illegalen Einwanderung. Vor dem Ausgang parkte ein Taxi. Trotzdem ließ der Fahrer mit sich handeln. 30 US-$ hin und zurück. Für kolumbianische Verhältnisse wohl überrissen, für uns schnell und günstig. Die Fahrt bis zur Mauer der Altstadt ging etwa 20 min, der Verkehr war auch nicht besonders. Jedenfalls verstanden wir, daß die Altstadt für Autos gesperrt würde und er deshalb uns an der Mauer absetzen müßte. Wir machten einen Termin für die Rückfahrt aus und zogen los, bezahlt würde dann am Hafen.

Die Altstadt war tatsächlich für Autos gesperrt, es wurde für eine Feier dekoriert, auf dem Zentralplatz standen bereit zig Reihen von Stühlen und gefühlt kam auf jeden 3. Passant ein Polizist. Nach dem wir festgestellt hatten, daß auch Birkenstock dort eine Vertretung hat, aßen wir in einem Restaurant eine Art überbackenes Kotelett, angeblich ein Traditionsgericht dort. Zufällig hatten wir in einem Laden eine Verkäuferin getroffen, die gerade Deutsch lernte, weil es immer mehr deutsche Touristen dort geben würde. Sie empfahl uns das Restaurant, es war gut und nach meinem Dafürhalten auch günstig. Allerdings fehlen mir die richtigen Vergleichsmöglichkeiten. Mit einigen Souvenirs, es gibt einen kolumbianischen Maler mit einer Vorliebe für kurvige Damen, ging es dann wieder zum Taxitreffpunkt. Der Fahrer hatte eine preußische Pünktlichkeit. Am Hafentor wurde bezahlt, incl. Trinkgeld, wir suchten unsere Namen im Kontobuch und gingen zur Bushaltestelle. Da wir die einzigen Fahrgäste waren und dem Fahrer den Schiffsnamen sagten, nahm er eine Abkürzung quer durch den Terminal. An Bord meldeten wie uns wieder an, gaben den Paß ab und unser Landgang war beendet.

Am nächsten Morgen stellten wir dann fest, daß in der Nacht der Kreuzfahrer gewechselt hatte, die Busflotte war wieder da, aber nun gingen die Leute an Land. Wir sollten mittags auslaufen, wurde aber früher Nachmittag. Mit der Schlepperhilfe parkten wir gut aus, am Übergang zum offenen Meer dümpelten die Fischerboote in der Fahrtrinne, es sind eigentlich 1-Mann-Ruderboote, sie hatten es auch nicht eilig zu verschwinden. Jedenfalls nahmen wir jetzt Kurs auf Caucedo (Dom. Republik).

Fortsetzung soll folgen.

FAUN

Fortsetzung:


Wir waren etwa 2 Tage unterwegs, dafür liefen wir aber auch schon am frühen Nachmittag ein. Caucedo ist ein neuer und künstlicher Containerhafen. Er liegt etwa 40 km bzw. 1Std. Autofahrt westlich von Santo Domingo. Ich kannte bisher nur Rio Haina östlich von Santo Domingo und eigentlich direkt am Stadtrand gelegen. Bei dieser Entfernung und weil wir uns nicht eines der vielen Gräber Kolumbus' angucken wollten, blieben wir an Bord. Die Gegend ist auch relativ anspruchslos, in einiger Entfernung gab es aber einen großen Yachtclub. Caucedo war der letzte Hafen in der Karibik, am nächsten Tag ging es dann Richtung Rotterdam.

Das Schiff war etwa 3/4 voll, wobei allerdings eine Anzahl Leercontainer dabei waren. Die Auslaufzeit am Nachmittag war wohl so großzügig gesetzt, daß wir nahezu pünktlich ausliefen. Es ging an der Küste entlang bis zur Mona-Passage, der Durchfahrt zwischen Hispaniola und Puerto Rico. Obwohl die Passage über 100 km breit ist, hat sie mit Untiefen, Sandbänken usw. ihre Tücken. Nach der Durchfahrt setzte gleich der atlantische Schwell, die Dünung, ein. Auch wurde der Himmel bedeckt und Regenschauer zogen auf. Glücklicherweise hielt die Temperatur, so konnten wir unsere Liegestühle beibehalten.

Die Reise bis Rotterdam sollte 11 Tage dauern oder fast 5.000 sm. Im Prinzip fuhren wir die klassische Route Europa-Panamakanal bzw. umgekehrt. Hierbei ist die Mona-Passage die Ein- bzw. Ausfahrt zur Karibik. Bis zu den Azoren verlief die Reise ruhig, um nicht zu sagen ereignislos. Allerdings gab der Kapitän schon einen halben Tag vor den Azoren eine Unwetterwarnung heraus. Man fährt praktisch durch die Inselgruppe durch, danach wird der Kurs auf den Englischen Kanal geändert. Bis hierhin waren wir ca. 7 1/2 Tage unterwegs.

Nach dieser Kursänderung und den Azoren im Rücken setzte das Unwetter mit Windstärken um die 10 Bft, in Böen bis 12 Bft, ein. Der Seegang war entsprechend. Am "Schwarzen Brett" notierte der Kapitän, daß es der Mannschaft verboten sei, die Aufbauten zu verlassen, explizit wurden auch die Passagiere und der Blitz (Elektriker) erwähnt. Letztere kontrollierte mehrmals am Tag die Kühlcontainer. Bei denen an Deck gestauten war es nun nicht mehr möglich, deshalb gingen auch 3 verlustig, ihre Kühlung hatte ausgesetzt.

Dieses Unwetter sollte 3 1/2 Tage andauern. Wir verzogen uns in den Offz.-Salon, er war praktisch eine Verlängerung der Messe mit Polsterbänken an den Wänden und jetzt gelaschten Sesseln. Die Rollbewegungen waren hier um einiges geringer als auf der Kammer. Auf die Brücke zu gehen war witzlos, man war nur damit beschäftigt sich festzuhalten. Das Essen wurde auf genäßten Tischdecken serviert, bei Suppen war weniger als die Hälfte auf dem Teller, alles andere wäre übergeschwappt. Am Anfang des Unwetters war meine Frau unter verschärfter Beobachtung, man wartete förmlich auf die ersten Anzeichen der Seekrankheit. Als sie aber beim Essen den Nachschlag orderte, erlosch schlagartig das Interesse, und wir machten normal weiter.

Insbesondere Containerschiffe leiden unter einer Erscheinung, die man parametrisches Rollen nennt. Grob gesagt tritt es dadurch auf, daß der Wellenabstand und die Schiffslänge korrelieren. Man muß sich das so vorstellen, Bug und Heck sind jeweils auf einem Wellenberg, mittschiffs ist das Wellental. Jetzt laufen die Wellenberge nach achtern aus, dann ist das Schiff mit der Mitte auf dem ehemaligen Bugwellenberg, aber vorn und achter in einen Wellental. Wenn man es jetzt vom Auftrieb betrachtet, sind zuerst die Auftriebskräfte an den Enden und dann nur in der Mitte. Dies bewirkt aber eine instabile Lage, dazu kommt noch die Verteilung der Ladung an Bord. Die Folge ist ein Aufschaukeln der Rollbewegung bis zu einem gewissen Grad. Danach beruhigt sich das Schiff und beginnt den Vorgang von neuem. Es gibt Bilder im Internet, da haben Containerschiffe ganze Ladungsblöcke verloren oder diese sind verrutscht. Wenn so etwas eintritt ist nach dem Ladungsverlust übrigens Ruhe, als wenn das Schiff unliebsame Teile abgeschüttelt hätte.

So schlimm war es bei uns nicht, aber ich mußte mich nächtens schon an der Matratze festhalten. Meine Frau beklagte den Schlafmangel. Nach den bereits erwähnten 3 1/2 Tagen erreichten wir Ouessant, auch englisch Ushant genannt, die Insel am Eingang des Ärmelkanals. Man könnte es für Seemannsgarn halten, aber das Schiff holte noch einmal kräftig über, richtete sich auf und lief weiter als sei nie ein Orkan gewesen. Die Fahrt durch den Ärmelkanal war störungsfrei, obschon die Querfahrer von und nach England bzw. Frankreich für einige Unruhe sorgten. Im Kanal gibt es 2 Verkehrswege, getrennt durch eine neutrale Zone. An der französischen Küste geht es Richtung Nordsee, an der englischen Richtung Atlantik. Diese Fahrstraßen werden streng überwacht, ein Versteuern, also in die neutrale Zone oder in die Gegenbahn, gibt zwar keine Punkte, aber der Kapitän ist mit >500 US-$ Geldbuße dabei. Er kann sich ja einen Teil vom wachhabenden Offz. zurück holen.

In Rotterdam lagen wir in Waalhaven, also schon ein ganzes Stück ins Hafengebiet hinein. Trotzdem faßten wir einen Besuch der Stadt nicht ernsthaft ins Auge, der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Außerdem waren die Beobachtungen auf und am Schiff genauso interessant. Wir lagen mit der Backbordseite an der Pier, auf der Wasserseite machte ein Rheinkahn fest, danach kam noch ein Schwimmkran. In Caucedo hatten wir einen Yachtmast übernommen, der an Deck über 2 40'-Flats gelagert wurde. Dieser sollte jetzt in das Flußschiff umgeladen werden. Der Mast war angeschlagen, der Schwimmkran wollte loslegen, da ging erst einmal alles auf Null. Es kamen die Taucher der Wasserschutzpolizei. Sie suchten den gesamten Schiffsrumpf nach angeschweißten Transportbehältern ab. Es ist wohl ein Schmuggeltrick, torpedoähnliche Körper am Rumpf in Südamerika anzuschweißen, um sie in Europa durch Taucher bergen zu lassen. Jedenfalls fand man nichts, und der Kran konnte weitermachen. Im Gegensatz zu Valparaíso gibt es in Europa keinen Endhafen. Von Rotterdam geht es nach HH, dann Felixstowe, Le Havre und wieder Richtung Südamerika. Deshalb wurden hier wesentlich mehr Container umgeschlagen, als in den Häfen zuvor.

Aus früheren Zeiten kannte ich noch die Botlek Stores, so eine Art Großhandelsmarkt für Seeleute. Früher waren sie deshalb interessant, da man dort zollfrei einkaufen konnte. Die gekauften Sachen wurden verpackt kurz vor dem Auslaufen an Bord gebracht und somit vom Zoll abgesegnet. Heute, da alles EU ist, gibt es die Zollfreiheit nicht mehr, siehe auch die früheren "Butterfahrten". Wir überlegten, ob wir dorthin sollten, sie holen einen vom Schiff ab, aber konnten vorher einen Blick in die Kataloge werfen. In der Mannschaftsmesse kursierten sie, es gibt je einen für technische Geräte und für Lebensmittel und Bekleidung. Kurzgesagt, es lohnte sich nicht, preislich uninteressant und doch schon auf den asiatischen Geschmack ausgerichtet.

Insgesamt lagen wir fast 1 1/2 Tage in Rotterdam. Geplant war eine direkte und schnelle Reise nach HH, geschätzte Dauer 12 Std. Es kam anders, mit Abgabe des letzten Lotsen kam die Order es langsam angehen zu lassen, da wir erst am nächsten Tag gegen Abend in HH festmachen sollten. So trödelten wir also mit ca. 10 kn an der Nordseeküste entlang. Nach Übernahme des Elbelotsen mußten wir uns natürlich den üblichen Geschwindigkeiten anpassen. Als es wieder ein deutsches Handynetz gab, bestellte ich einen Mietwagen, wir wollten noch am späten Abend bzw. in der Nacht nach Hause fahren. Bei der Vorbeifahrt am Willkomms Höft hörten wir uns die Nationalhymne von Singapur an und waren dann gegen 18.00 am Burchardkai fest. Da der Steward uns schon mittags gefragt hatte, ob wir die Kammer räumen würden, er wollte sie für unsere Nachfolger vorbereiten, hatten wir das Gepäck schon im Salon. Steward und Chef hatten auch ihr Trinkgeld erhalten. Im Ladebüro holten wir unsere Pässe und wurden dann von 3 Zollbeamten kontrolliert. Sie waren extra unseretwegen an Bord gekommen. Passagiere aus Südamerika sind wohl besonders verdächtig. Der Kleinbus zum Hafentor wurde gerufen, die Gangwaywache brachte das Gepäck auf die Pier und so waren wir von Bord.

29 Tage waren um, eigentlich 2 mehr als geplant, eine Reise der Entspannung, wir haben fast kofferweise Bücher gelesen, zum Schluß griffen wir schon auf die Bordbibliothek zurück.. Es ist eine spezielle Form des Urlaubs, uns hat es gefallen. Jetzt blieb nur noch die Heimfahrt, der Busfahrer rief schon das Taxi, wir mußten wohl 10 min. warten. Die Fahrt zur Mietstation ging flott, die Autoübernahme ebenso. Allerdings war es schon einiges nach Mitternacht, als wir zu Hause ankamen.

Ende.

smutje505

Hallo Faun Super dein Reisebericht vor allem deine Erläuterungen dazu  :TU:) :TU:) :TU:)

didi1

Da kann ich  mich smutje505 nur anschließen. top
Bin schon gespannt auf die Fotos.

Gruß
Ditmar
Gruß Ditmar

Rolfo

Hallo Faun, auch ich moechte mich fuer deine Reise Erlebnisse bedanken. Was mich aber dazu bringt, hier zu antworden wurde ausgleosst durch deine letzten Worte:"29 Tage waren um, eine Reise der Entspannung, wir haben fast kofferweise Bücher gelesen, zum Schluß griffen wir schon auf die Bordbibliothek zurück.. Es ist eine spezielle Form des Urlaubs, uns hat es gefallen.".

Hier ist der Grund dafuer:
Auch ich habe eine 29 Tage Schiffsreise gemacht und darueber ein Logbuch gefuehrt. Allerdings war es bei mir eine Cruiseship Reise, mit der MS Statendam der Holland America Line mit der ich 29 Tage eine Rundfahrt durch den Golf von Mexico, die Karibik, den Panama Kanal (in beiden Richtungen, zuerst Ost-West und dann etwas speater West-Ost durchlaufen habe) und die West Kueste von Central America bis San Diego, California und zurueck mit vielen Stop's along the way.

So ist mein Logbuch fuer 29 Tage mit vielen Bildern sehr umfangreich geworden. Als ein Minimum waehren also mindestens 29 Beitraege erforderlich um mein Logbuch hier im Marine Archiv einzubringen.

Sollte ein Interesse daran sein koennte ich auf ein anderes Marine Forum verweisen wo ich bereits 23 Logbuch Eintraege (Tag 1- Tag 23) eingebracht habe.

Apropos Panama Kanala: Ich habe von dem Kapitaen der MS Statendam eine Urkunde erhalten die beurkunded, dass mich zum  "Honorary Crocodile" erklaert  "for swimming the Panama  canal," nachdem ich fuer die Dauer des Panamaa Kanals transit im Swimming Pool verbracht habe.

Apropos See Voegel: hier einege die uns begleitet haben:













.



 
It's nice to be important, but it's more important to be nice.

Manfred Heinken

Moin Faun, moin Rolfo
Bericht und Fotos einfach Klasse.

Beste Grüße
Manfred Heinken

FAUN

Nachdem Rolfo dankenswerterweise einige Vogelbilder eingestellt hat, möchte ich nun ein paar Bilder der Reise zeigen.

Bild 1: Das baugleiche Schwester Schiff, die "City of Shanghai" als Vergleichsobjekt. Wir sahen es in Cartagena/Kolumbien.

Bild 2: Fahrt vom Flughafen zum Busbahnhof

Bild 3 - 5: Eindrücke von den Straßen Santiagos

Fortsetzung soll folgen.

FAUN

Fortsetzung:

Bild 6: Der "Fernbahnsteig" des Omnibusbahnhofs

Bild 7: Der Fahrscheinkauf

Bild 8: Unser Gepäck, der Feuerlöscher gehört zum Busbahnhof. Soweit ging unser Sicherheitsbedürfnis nun doch nicht.

Bild 9: Der doch etwa aufgeräumtere Busbahnhof in Valparaiso

Bild 10: Der Hafenblick aus dem Hotelfenster.

Fortsetzung soll folgen.

FAUN

Fortsetzung:

Bild 11: Blick aus dem Hotelfenster zum Hafen

Bild 12: Die Hanglage der Stadt deutet sich an.

Bild 13: Nachts kann es zur Falle werden.

Bild 14: Balboa mit einem Heiligenschein.

Bild 15: Valparaiso hat schöne Gebäude im spanischen Kolonialstil.

Fortsetzung soll folgen.

Impressum & Datenschutzerklärung