Deutsche Schlachtschiffe als Raider gegen Geleitzüge

Begonnen von J.I.M, 15 März 2017, 18:17:11

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Urs Heßling

#120
moin, Benjamin,

Zitat von: Benjamin am 27 März 2017, 13:04:37
Aber auch hier muss man sich die Frage stellen, in wie weit die Schwestern ungeschoren durch die Bewacherlinien Richtung Norwegen gekommen wären.
Ein sachliches "Aber .. " im Bereich Operation oder Taktik wird sich immer und überall finden und muß auch berücksichtigt werden.

Aber hier ging es meiner Lesart nach um die Frage "Gab es eine "spielbare", sinnvolle und ggf. auch Erfolg versprechende Alternativ-Strategie zu der tatsächlich befolgten (Raeders) ?
Das habe ich mit meiner Hypothese zu beantworten versucht.

Das wirkmächtigste Gegenargument ist mE tatsächlich die von ede144 top aufgeworfene Frage nach dem Öl.

Denn ... etwas zynisch :roll: ... der Verlust der BS und die "Fesselung" der Brest-Gruppe dort haben das Ölversorgungsproblem der KM klar verringert.


Zitat von: Sarkas am 27 März 2017, 13:16:39
Das wurde doch schon angedeutet. Will man Konvois im Nordatlantik bekämpfen, so können das Scharnhorst und Gneisenau von Brest aus viel besser als die Bismarck von Norwegen aus. Der Unterschied zu "Rheinübung" wäre nur, dass SH+GN eingesetzt werden (die Operation also wohl etwas später stattfindet), und dass die Befehle für Lütjens lauten, er solle zwar einen Durchbruch versuchen, aber bei Entdeckung wieder nach Norwegen umkehren. Die Bismarck ist nur die Ablenkung, die Arbeit machen SH+GN.
Das ist keine andere Strategie (Raider im Atlantik), das ist nur eine geänderte Operationsführung, .. und die scheitert meines Wissens an den sukzessiven Beschädigungen auf GU (6. und 10./11.4.) und SH (24.7.), Reparaturen jeweils bis Januar 1942


Um die Begriffs-Unterschiede - aus meiner Sicht ! -  noch einmal zu verdeutlichen
Der Kanaldurchbruch im Februar 1942 war eine (richtige) strategische Entscheidung; die Strategie der Atlantikkriegführung mit schweren Überwasserschiffen war nicht mehr durchführbar.
Er war eine (richtige) operative Entscheidung, denn ein Durchbruch durch den Atlantik und eine der Engen war mit deutlich mehr Risiko behaftet und der Gegner wurde überrascht.
Er enthielt mit dem Tagmarsch eine richtige taktische Entscheidung; die Verteidigungsfähigkeit, u.a. gegen Torpedoflieger, war wesentlich besser, und auch hier wirkte das Element der Überraschung (zusammen mit Elektronischer Kampfführung).

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

ede144

Dann will ich doch mal noch ein "Gegenargument" anbringen:
Nehmen wir an der Torpedotreffer ins Ruder findet nicht statt. BS läuft in Brest ein. Lütjens wird als Held gefeiert und die Luftwaffe kratzt ein Jagdgeschwader zusammen, damit das/ die heldenhaften Schiffe nicht mehr durch Luftangriffe gefährdet sind.
Es folgen noch mehrere Operationen von Brest aus bis Ende 1941 mit allen 3 Schlachtschiffen und verschiedenen schweren Kreuzern.
Wie lange wären noch Operationen möglich?

Huszar

Also meiner Meinung nach waren sowohl Berlin, als auch Rheinübung strategisch richtig. Ebenfalls würde ich die beiden Einsätze von Hipper - trotz geringem Erfolg - als strategisch richtig einstufen. Würde aber meinen, dass ein gemeinsamer Einsatz mit den Schwestern vielleicht erfolgreicher gewesen wäre.
Gesamtstrategisch war auch das Weiterfahren von BM nach Brest richtig. Falls die Verfolger abgeschüttelt werden können, kann auch Handelskrieg gemacht werden (treffen die beiden Schiffe auf ein Geleit, gibt es ein Massaker), werden die Verfolger nicht abgeschüttelt, kann Brest zur Reparatur und Erganzung angelaufen werden. Für die Einsatzbereitschaft von Scharnhorst fehlten zu diesem Zeitpunkt wenige Wochen. Ein erneutes Auslaufen mit allen drei Schiffen war also durchaus möglich. Zu diesem Zeitpunkt war auch ein erneutes Auslaufen von Lützow geplant, der Einsatz der Brest-Gruppe könnte also durchaus den Weg für Lützow öffnen.

Nach der Versenkung von BM war allerdings ein Auslaufen von Lützow falsch. Es war bekannt, dass die Dänemark-Strasse mit Radar-Schiffen bewacht war, ein Durchkommen wäre also nur noch schwer vorstellbar gewesen.

Nach den Schäden an SH/GN/PG war 1941 eigentlich kein Einsatz mehr möglich, der Fehler war, dass diese Schiffe nicht besser durch Flak, Sperrballone, T-Netze und Flieger geschütz wurden. Insofern die Schäden vermieden oder minimiert werden, würde ich einen erneuten Einsatz der verfügbaren Schiffen (mindestens eines der Schwestern+PG)  ebenfalls für richtig halten (Sommer 1941?), vielleicht sogar einen zweiten im Herbst/Winter. Spätestens mit Kriegseintritt der USA ist aber Sense, somit Rückverlegung nach Dtl.

Ebenfalls als richtig beurteile ich die Schaffung der Baltenflotte, einerseits, um Ausbildung zu betreiben, andererseits, um die Russen im Schach zu halten.
Nachdem aber erkannt wird, dass a, der Ostfeldzug nicht schnell beendet werden kann, b, die ru. Baltenflotte neutraliesiert ist, und c, England Material nach Murmansk liefert - allerfrühestens Ende August, aber wahrscheinlich nach dem dritten Geleitzug im Oktober/November! - wäre es richtig gewesen, die Baltenflotte aufzulösen, und die brauchbaren Einheiten (TP, Lützow ohne T-Treffer, Scheer und Nürnberg) geschlossen, im Verband nach Nord-Norwegen zu verlegen. Ein einsatz gegen den aufgeklärten Dezember-Geleitzug (Luftwaffe! U-Boote! B-Dienst!) wäre richtig gewesen, ebenfalls ein Einsatz gegen einen Januar- und Februar-Geleitzug. Ein Liegenbleiben in einem Fjord halte ich für falsch.

Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Urs Heßling

#123
moin,

Zitat von: ede144 am 27 März 2017, 19:57:20
Dann will ich doch mal noch ein "Gegenargument" anbringen:
Nehmen wir an der Torpedotreffer ins Ruder findet nicht statt. BS läuft in Brest ein.
Das ist kein Argument für oder gegen eine Strategie.
Antwort: BS muß erst einmal ins Dock und die von PoW und von der FAA 825 (Esmonde) erzielten Artillerie- und Torpedotreffer reparieren, und ist dort gefährdet (siehe Treffer GU).

Zitat von: ede144 am 27 März 2017, 19:57:20
Es folgen noch mehrere Operationen von Brest aus bis Ende 1941 mit allen 3 Schlachtschiffen und verschiedenen schweren Kreuzern. Wie lange wären noch Operationen möglich?
Schwer zu sagen, und : 2 Schlachtschiffen und 1 Schweren Kreuzer, bitte :wink:
Zur Zeit von "Rheinübung" war GU schon doppelt beschädigt, fällt also für 1941 aus.
Finden die Bombentreffer auf PG und SH auch nicht statt  ?  :roll:

Die höchste Gefährdung sehe ich durch Nachtangriffe der RAF auf Brest (wie auf PG 1./2.7.41), da die Lw bis zum August noch keine Nachtjäger mit Radar einsetzt, und duch britische Unterseeboote in der Biskaya.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

delcyros

Zitat von: Sarkas am 27 März 2017, 10:46:34
Hinsichtlich der Bedrohung der Schlachtschiffe durch Torpedos: Es macht schon einen Unterschied, ob ein einzelnes Schlachtschiff einen gesicherten Konvoi angreift oder ein kompletter Verband.

Das Dilemma der Raider-Strategie lässt sich doch mathematisch leicht zusammenfassen: Ein einzelner Raider wird vom Gegner versenkt, ohne etwas zu leisten (Eingesetzte Schiffe / Überlebende Schiffe / Erfolgreiche Schiffe = 1/0/0). Setze ich vier Schiffe gleichzeitig ein (Durchbruch zusammen, weiterer Einsatz getrennt), wird auch eines versenkt, die anderen drei können unbehelligt operieren (4/3/3). Beim nächsten Durchlauf habe ich nur noch drei Schiffe (3/2/2), beim nächsten nur noch zwei (2/1/1), beim nächsten nur noch eines (1/0/0). Dieses Spiel kann am Ende nicht gut ausgehen, es ist nur umso effektiver, je mehr Schiffe ich am Anfang habe. Was die KM hinbekommen hat, war 1/0/0 (Bismarck), möglich wäre zumindest 4/3/3 gewesen. Deshalb nochmal: Die Raider-Taktik lebt von der Diversion und damit auch davon, dass ich die eigenen, unvermeidlichen Verluste ausgleichen kann.

...oder bei 2von 2, 3 von 3 oder x von X werden versenkt. Mathematisch begründbar ist das Argument nicht, weil die Annahme jeweils nur EIN Schiff aus dem Verband zu verlieren überhaupt nicht abgesichert werden kann. Für die Engländer ist die Organisation von Konvoi und Abwehr einfacher, wenn sie nur mit einem Großverband konfrontiert sind. Dafür haben sie auch genügend Mittel. Für die Suche nach mehreren, in unterschiedlichen Seegebieten stehenden, und zu unterschiedlichen Zeiten abfahrenden und ndividuell agierenden Raidern brauchts dann exponentiell mehr Mittel als eigentlich zur Verfügung stehen. Daher tendiere ich eher zum Gegenteil und bin der Meinung, dass es strategisch sinnvoller ist nur einen Raider loszuschicken als 3 oder gar 4 im Verband.

DST


Zitat von: Sarkas am 27 März 2017, 10:46:34
Setze ich vier Schiffe gleichzeitig ein (Durchbruch zusammen, weiterer Einsatz getrennt)

Wie willst du deine 4 Schiffe im Atlantik versorgen ?
Die 4 Dickschiffe saufen viel viel mehr als Panzerschiffe oder schwere Kreuzer.

Zitat von: Sarkas am 27 März 2017, 10:46:34
Deshalb nochmal: Die Raider-Taktik lebt von der Diversion und damit auch davon, dass ich die eigenen, unvermeidlichen Verluste ausgleichen kann.

Genau Diversion und dafür reicht es ,eins dieser Dickschiffe nur mitten in den Atlantik zu stellen.
Aktiv jagen braucht man dafür nicht.
Beim Versuch Durchzubrechen wurden , wie schon geschrieben wurde, 8 Geleitzüge umgeleitet,
nur weil die BS evtl. in den Atlantik kommen könnte.
Wieviele Geleitzüge oder andere Schiffsbewegungen im Atlantik ,
werden wohl verschoben , umgeleitet , zusammengefügt oder abgesagt wenn die BS wirklich im Atlantik ist.

Strategie oder Taktik oder Krieg im allgemeinen bedeutet ja nicht das es immer und überall auch zum Gefecht kommen muß. Manchmal ist "Verstecken spielen" viel effektiver.


mfg dirk

Big A

ZitatWie willst du deine 4 Schiffe im Atlantik versorgen ?

Genau die richtige Frage!!  Das konnte Deutschland nie, zu keiner Phase des Krieges, denn auch der versorgende Verband muss sich ja erst mal bewegen und vor allem geschützt werden!

Welche Schiffe sollen versorgen, wer soll sie schützen, wo versorgen sich die versorger??

Daher nochmal: D konnte nie effektiv im Atlantik "raiden"

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Matrose71

Zitat von: Big A am 28 März 2017, 20:04:40
ZitatWie willst du deine 4 Schiffe im Atlantik versorgen ?

Genau die richtige Frage!!  Das konnte Deutschland nie, zu keiner Phase des Krieges, denn auch der versorgende Verband muss sich ja erst mal bewegen und vor allem geschützt werden!

Welche Schiffe sollen versorgen, wer soll sie schützen, wo versorgen sich die versorger??

Daher nochmal: D konnte nie effektiv im Atlantik "raiden"

Axel

Salve,

sorry aber das ist m.M. nach falsch!

Bei der Operation Berlin standen 2 Schlachtschiife im Nordatlantik, sowie Admiral Scheer im Südatlantik-Nordatlantik zur absolut gleichen Zeit, dazu waren noch einige Hilfskreuzer unterwegs.
Alle diese Schiffe wurden ohne Probleme versorgt .
Bis zur Operation Barbarossa und dem knacken des deutschen Marinecode, gab es keine Probleme, auch einen Verband mit 4 Schiffen zu versorgen, hier wird m.M. nach völlig übertrieben, da die Realität Anfang 1941, das Gegenteil bewies, es waren die Schiffe und Infrastruktur vorhanden und 3 große Kriegsschiffe, konnten 3 Monate gleichzeitig im ganzen Atlantik von Süd bis Nord operieren, ohne jemals wirkliche Probleme mit der Versorgung zu haben!

Das sollte man berücksichtigen und nicht schreiben "Das konnte Deutschland nie, zu keiner Phase des Krieges", das ist historisch falsch!

Keiner der großen Versorger der Westerwald Klasse, mußte sich selber Versorgen, außer aus Tankern und die gab es auch noch 1941, überall stationiert siehe Rheinübung, nach Berlin und dem Scheer Unternehmen.
Viele Grüße

Carsten

Urs Heßling

#128
moin,

Zitat von: Matrose71 am 28 März 2017, 21:31:04
Bei der Operation Berlin standen 2 Schlachtschiife im Nordatlantik, sowie Admiral Scheer im Südatlantik-Nordatlantik zur absolut gleichen Zeit, dazu waren noch einige Hilfskreuzer unterwegs.
Alle diese Schiffe wurden ohne Probleme versorgt .
Genau besehen könnte man auch noch die rückmarschierende und dabei versorgte Admiral Hipper hinzurechnen.
Am 18. und 19.3.1941 standen somit - aber ohne operativen Zusammenhang ! - vier große deutsche Schiffe mit Versorgungsmöglichkeit(en) im Nordatlantik.

Dann aber gab es Schlag auf Schlag für die deutsche Strategie :
- Im April die Treffer auf Gneisenau,
- im Mai der Verlust der Bismarck,
- im Juni das Aufrollen der Tankerorganisation und der Treffer auf Lützow,
- im Juli die Treffer auf Prinz Eugen und Scharnhorst.

Damit war der Einsatz der schweren Schiffe als Raider praktisch beendet.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

#129
Zitat von: Huszar am 26 März 2017, 19:29:53Wenn man die Norwegen-Kampfgruppe einsetzen will, wird man sie einsetzen - egal, ob da nur Tirpitz und 1-2 Kreuzer stehen, oder die gesammte 1wk-Hochseeflotte. Hat man aber nicht gewollt, somit wäre auch die Super-Kampfgruppe nicht eingesetzt worden. [...]
Das alles Ändert aber nicht an der Tatsache, dass deutscherseits mit keinen bedeutenden Lieferungen an Russland vor Feldzugsende gerechnet wurde. Und an der Tatsache, dass der erste Geleitzug erst Ende August auslief. Wenn man unbedingt gewollt hätte, hätte man bis Herbst - als die Geleitzüge anfingen zu laufen - Tirpitz, Scheer, Nürnberg, Köln und Emden nach Norwegen verlegen können (ohne T-treffer auch Lützow, und mit etwas gutem Willen auch Hipper). Eine solche Kampfgruppe reicht doch bei weitem - wenn man halt gewillt ist, sie einzusetzen. Falls der Wille nicht da ist, können weitere 3-4 grosse Einheiten dort stehen, eingesetzt würden sie aber nicht...

Wieso »hat man nicht gewollt«?

Man hat gewollt und zwar TP im März 1942 gegen PQ 12 (Einsatz wg. Trägerflugzeugangriffen abgebrochen), die ganze Kampfgruppe mit TP, HP, LW, SC im Juli 1942 gegen PQ 17 (Einsatz wg. Auflösung des Konvois abgebrochen - widerlegt übrigens das Pseudo-Argument »die Kampfgruppe hat die Briten nicht gehindert, Konvois zur Versorgungs Stalins durchs Nordmeer zu schicken«), HP & LW an Silvester 1942, TP & SH im September 1943 (Unternehmen Sizilien) und schließlich SH an den Weihnachtsfeiertagen 1943. Wie man da von angeblichem Unwillen zum Einsatz deutscherseits reden kann, ist mir schleierhaft.

Zitat von: Huszar am 26 März 2017, 15:16:02
Was nützt dir eine Kampfgruppe in La Spezia Tromsö, wenn du die Schiffe eh nicht einsetzt? Haben wir in Realität gesehen: die Existenz der deutschen Kampfgruppe hat die Engländer nicht davon abgehalten, Geleitzüge nach Murmansk zu schicken.

Zitat von: Huszar am 26 März 2017, 19:29:53Wenn man die Norwegen-Kampfgruppe einsetzen will, wird man sie einsetzen - egal, ob da nur Tirpitz und 1-2 Kreuzer stehen, oder die gesammte 1wk-Hochseeflotte. Hat man aber nicht gewollt, somit wäre auch die Super-Kampfgruppe nicht eingesetzt worden.

Zitat von: Huszar am 26 März 2017, 15:16:02Wenn man aber schon mit den vorhandenen Schiffen auskommen muss, dann bitte voller Einsatz. Besser?

Nein, nicht besser. Wenn dieser so leichtfertig und forsch geforderte »volle Einsatz« dann wieder mal mit über 2000 Toten endet, ohne daß dem Feind nennenswerter Schaden zugefügt werden kann, wie am 26./27. Mai 1941 und am 26. Dezember 1943. Und eines der unersetzlichen (Ufo schrieb zu Recht von kostbar) Schlachtschiffe mal wieder nach einer Hetzjagd von vielen gegen einen auf dem Grund des Meeres liegt. Was wäre passiert, hätte SH an Weihnachten 1943 ihr Schwesterschiff bei sich gehabt, wie beim Kampf gegen Renown am 09.04.1940 und womöglich gar noch BS & TP?

Wenn man schon von der "gesamten 1 wk-Hochseeflotte" spricht: Wieso konnte Moltke im April 1918 als sie beim Vorstoß bis auf Höhe von Bergen (nördlich Scapa Flow!) eine Schraube verlor und infolgedessen eine schwere Maschinenhavarie erlitt, (im Schlepp von Oldenburg und trotz folgendem Uboot-Torpedotreffer) an der Drachehöhle Scapa Flow vorbei eingebracht werden? Weil sie eben nicht alleine »voll eingesetzt« wurde, sondern Unterstützung durch einen Verband hatte. Alleine wäre sie verloren gewesen und nur Selbstversenkung à la GS oder "Kampf bis zur letzten Granate" à la BS & SH mit fürchterlichen Personalverlusten übrig geblieben.

Guderians berühmtes Motto »Klotzen, nicht kleckern« gilt eben auch für Schlachtschiffe und nicht nur für Panzer. Zumindest für die wenigen, die man hat. Gerade die sollte man zusammenhalten und nicht einzeln der zweitgrößten Seemacht der Welt zum Fraß vorwerfen.

Und wenn auch noch BS & GU neben TP & SH im Nordmeer zur Verfügung stünden, hätte man sicher nicht jedem Zusammentreffen mit der schweren brit. Deckungsgruppe (Weihnachten/Silvester 1942 & 1943) so ängstlich ausweichen müssen, zumindest im Polarwinter (kein Einsatz feindlicher Flugzeugträger möglich). So viele Schlachtschiffe hatten die Engländer auch nicht (King George V, Duke of York & Anson).

Für den Einsatz im Sommer wäre, um wieder auf den unverzeihlichen Fehler des OKM zurückzukommen, die Fertigstellung mindestens von Graf Zeppelin dringend erforderlich gewesen. Ein Schiff, das am Anfang des Krieges zu 90 % fertiggestellt ist, wird einfach fertiggebaut, da gibt es gar keine Diskussion. Man muß nur mal den ganzen Aufwand an Arbeitsstunden, Material und Kapital ansehen, der durch einen Verzicht auf Fertigstellung verloren ist und verschenkt wird. In der Kaiserlichen Marine ist ja schließlich auch keiner auf die Schnapsidee gekommen, Derfflinger & Lützow nicht fertigzubauen; von Bayern, Baden & Hindenburg will ich gar nicht erst reden.
Und das gilt erst recht, wenn es eine neue Schiffsgattung ist, mit der man bisher noch keine Erfahrungen gemacht hatte; gerade dann muß das bei Kriegsbeginn fast fertige Schiff fertiggestellt werden, um diese Erfahrungen schnellstmöglich zu sammeln, zumal noch nicht absehbar ist, welchen Wert diese Schiffsgattung im gerade begonnenen Kriege hat (vgl. 1. Weltkrieg & U-Boote).
Man muß sich das mal vorstellen: Die Trägerflugzeuggruppe war bereits aufgestellt und flog mit ihren Maschinen, das Schiff stand im April 1940 kurz vor der Fertigstellung und da verschiebt man die Indienststellung auf den St.-Nimmerleinstag, bloß weil man, wie H.U. Israel in seinem Standardwerk mutmaßt, marineseitig beleidigt war, weil der "dicke Hermann" die Unterstellung der Trägerkampfgruppe unter die Seeflieger verweigerte und sie für die Luftwaffe forderte. Da habe man lt. Israel wohl beim OKM das Interesse an dem neuen Spielzeug verloren. Ob das nicht wurscht wäre, mit welcher Uniform die Trägerflieger rumlaufen, auf die gute Zusammenarbeit mit der Marine kommt es an, Israel schreibt ja, daß auch bei den Engländern nicht zu allen Zeiten die Trägerflugzeugbesatzungen zur Marine gehört hatten. Entscheidend ist das Können und der Kampfgeist der Besatzungen, nicht die formale Zugehörigkeit zu einer Teilstreitkraft.
Ebenso beim Flugzeugträger B: Wieso konnte man den Rumpf nicht wenigstens bis zur Stapellauffähigkeit (lt. einem Dokument von Anfang 1939 für Anfang Juli 1940 geplant) fertigstellen (mit → Fahrgastschiffen, für die man auf absehbare Zeit nun absolut keine Verwendung hatte wurde das ja auch gemacht, am Materialmangel konnte es also nicht gelegen haben und ebensowenig am dringenden Bedarf an Hellingen, denn H blockierte bis Ende 1941 eine, da wäre der zweite Flugzeugträger längst abgelaufen gewesen) und danach meinetwegen anstelle GZ in Stettin an der Hakenterrasse vertäuen? Sobald sich der Wert der Flugzeugträger gezeigt hat (Ende 1940 Einsatz der Engländer gegen Tarent, Warnung von Hitler beim Besuch TP & BS Anfang Mai 1941 in Gotenhafen & bei der Meldung Raeders vom Auslaufen BS/PG am 22.05.1941), hätte ein Weiterbau wieder aufgenommen werden können, alle Ausrüstungsteile (Maschinen, Turbinen, Flugzeugaufzüge, Schleudern, Bremsseilanlage mit Winden und Fangseilen - deren Verkauf an die Italiener wurde später sogar untersucht) waren bereits bestellt und in großen Teilen produziert und in der Fertigung. Stattdessen mußte man dann 1942 mit Planungen zum Umbau Seydlitz (zu der Zeit zu weit über 80 % fertiggestellt - siehe oben zu verlorenen Investitionen in höchst knappen Facharbeiterstunden & Material) und von Fahrgastschiffen mit zudem untauglichen Notlösungen wieder bei Null anfangen...


Zitat von: Benjamin am 27 März 2017, 13:04:37
Zitat
Ein Teil meiner hypothetischen Strategie war ja gewesen, daß SG/GU mit Abschluß  "Berlin" nach Norwegen zurückkehren, im Zeittakt mit Scheer und Hipper.

Stimmt - das hatte ich vorhin vergessen.  :MG: Aber auch hier muss man sich die Frage stellen, in wie weit die Schwestern ungeschoren durch die Bewacherlinien Richtung Norwegen gekommen wären. In der Chronik wird ja geschrieben:

Zitat
17.– 28.3.1941
Nordatlantik
Operation »Berlin«: Britischer Vorstoß gegen dt. Schlachtschiffe Scharnhorst und Gneisenau. Zur Sicherung der Island-Faroer-Passage sollen die Schlachtschiffe Rodney (am Konvoi HX.114) und King George V (am Konvoi HX.115) die Home Fleet mit Schlachtschiff Nelson, Kreuzer Nigeria und 2 Zerstörern, die dort vom 17.3. bis 20.3. patroulliert, verstärken.

Sowohl HP als auch SC kehrten ja Anfang 1941 nicht durch die Island-Faröer-Enge, sondern durch die Dänemarkstraße unentdeckt heim. Das wäre vermutlich Ende März auch noch für SH & GU möglich gewesen. Meiner Erinnerung wurde Suffolk erst kurz vor Rheinübung mit dem verhängnisvoll leistungsfähigen Radar ausgerüstet.

Matrose71

Zitat von: Urs Heßling am 28 März 2017, 21:51:55
moin,

Zitat von: Matrose71 am 28 März 2017, 21:31:04
Bei der Operation Berlin standen 2 Schlachtschiife im Nordatlantik, sowie Admiral Scheer im Südatlantik-Nordatlantik zur absolut gleichen Zeit, dazu waren noch einige Hilfskreuzer unterwegs.
Alle diese Schiffe wurden ohne Probleme versorgt .
Genau besehen könnte man auch noch die rückmarschierende und dabei versorgte Admiral Hipper hinzurechnen.
Am 18. und 19.3.1941 standen somit - aber ohne operativen Zusammenhang ! - vier große deutsche Schiffe mit Versorgungsmöglichkeit(en) im Nordatlantik.

Dann aber gab es Schlag auf Schlag für die deutsche Strategie :
- Im April die Treffer auf Gneisenau,
- im Mai der Verlust der Bismarck,
- im Juni das Aufrollen der Tankerorganisation und der Treffer auf Lützow,
- im Juli die Treffer auf Prinz Eugen und Scharnhorst.

Damit war der Einsatz der schweren Schiffe als Raider praktisch beendet.

Gruß, Urs

Moin Urs,

das hatte aber alles bis auf den geknackten Code und der auch nur entfernt, nichts mit der Versorgung und deren vorhandenen Infrastruktur zu tun und auf die habe ich geantwortet und da zeichnet m.M. nach Axel ein falsches Bild!
Es gab diese Infrastruktur und auch die Schiffe für die Versorgung!
Viele Grüße

Carsten

Big A

#131
@Matrose71

Widerspruch:

Die Schiffe waren einmalig in dieser Menge auf See, Hilfskreuzer und Blockadebrecher  zählen mMn nicht, denn diese umgebauten Handelsschiffe waren für längere Reichweiten ausgelegt.
Es geht nicht darum, ob sich die Versorger selbst versorgen müssen im Sinne von selber tanken usw. sondern wo sie sich mit Gütern wie Ersatzteilen, Treibstoff und Munition sowie Verpflegung zur Abgabe an die Kampfeinheiten nachversorgen sollen? Wie viele Schiffe willst Du denn einsetzen?
Noch einmal: zu nachhaltigen und dauerhaften Operationen waren D nie in der Lage, selbst die aufgeführten Beispiele beweisen doch, dass es zwar spektakuläre aber letztendlich sinnlose Nadelstiche waren. 4/5 Schiffe gleichzeitig in See? Wow, und was hat die andere Feldpostnummer unterwegs gehabt, abgestützt auf ein Versorgungs- und Stützpunktnetzwerk, weltweit?

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

ede144

Zitat von: Big A am 29 März 2017, 06:42:23
@Matrose71

Widerspruch:

Die Schiffe waren einmalig in dieser Menge auf See, Hilfskreuzer und Blockadebrecher  zählen mMn nicht, denn diese umgebauten Handelsschiffe für längere Reichweiten ausgelegt waren.
Es geht nicht darum, ob sich die Versorger selbst versorgen müssen im Sinne von selber tanken usw. sondern wo sie sich mit Gütern wie Ersatzteilen, Treibstoff und Munition sowie Verpflegung zur Abgabe an die Kampfeinheiten nachversorgen sollen? Wie viele Schiffe willst Du denn einsetzen?
Noch einmal: zu nachhaltigen und dauerhaften Operationen waren D nie in der Lage, selbst die aufgeführten Beispiele beweisen doch, dass es zwar spektakuläre aber letztendlich sinnlose Nadelstiche waren. 4/5 Schiffe gleichzeitig in See? Wow, und was hat die andere Feldpostnummer unterwegs gehabt, abgestützt auf ein Versorgungs- und Stützpunktnetzwerk, weltweit?

Axel

Deine Argumentation besticht nur in der Rückschau. Die Versorgungsmöglichkeiten der KM waren auf der Höhe der Zeit, wenn nicht sogar das Beste was es damals gab. Zu der Zeit hatte die USN Mühe ihre BB im Pazifik einzusetzen, einfach deshalb weil es nichts vergleichbares zu den deutschen Versorgern gab. Und die RN konnte einfach nur auf ihre Stützpunkte zurück greifen, und hatte trotzdem Mühe z. B. BS im Atlantik zu stellen.

Eine deutsche Schalchtflotte dauerhaft im Atlantik zu unterhalten, wäre frühestens ab 1946 mit der Z-Plan Flotte möglich gewesen.

Bergedorf

ZitatEine deutsche Schalchtflotte dauerhaft im Atlantik zu unterhalten, wäre frühestens ab 1946 mit der Z-Plan Flotte möglich gewesen.

Und wo soll der Treibstoff herkommen? Mit 4-5 Großschiffen auf See sind die Vorräte der Kriegsmarine ganz schnell aufgebraucht.

Gruß

Dirk

Big A

@ede144

Nein! Die deutsche Tanker- und Versorgerflottille mag modern gewesen sein, sie reichte aber nicht für raumgreifende atlantische Operationen. Und - ich wiederhole mich - auch Tanker und Versorger müssen aufgefüllt werden - wo, wie, womit, wie werden An- und Abmarschwege geschützt? Wie kann eine weitreichend eLuftaufklärung zur Sicherung garantiert werden?

Die USN hatte im Pazifik das Problem, dass insbesondere die Tanker Mangelware waren, es dauerte, bis die ServRons unter VAdm Calhoun aufgestellt, bemannt und ausgebildet waren.
Die britischen Stützpunkte waren nun mal existent, daraus kann man keinen Vorwurf konstruieren. Die RN war ausgelegt, mit dem Netz an Stützpunkten Einsätze zu planen. Waren diese ausgefallen (siehe Singapur, Burma und Hongkong) spielte sie keine Rolle mehr.

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

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