Deutsche Schlachtschiffe als Raider gegen Geleitzüge

Begonnen von J.I.M, 15 März 2017, 18:17:11

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ede144

Zitat von: Urs Heßling am 18 März 2017, 21:34:33

Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, daß es in diesem Thread eine Parallele zu
Zitat von: Leipzig am 17 März 2017, 10:04:47
Cajus Bekker hat in "Verdammte See" in anderem Zusammenhang (nämlich mit der Operation "Juno") geschrieben, die Draufgänger der Kriegsmarine hätten am grünen Tisch gesessen.
gibt: die heftigsten Forderer eines Angriffs sind die, die noch nie auf der Brücke eines Kriegsschiffs standen oder jemals eines befehligt haben.

Gruß, Urs

Nun der Unterschied zwischen dir und den Sesseladmiralen hier, die alles als gegeben eindeutig ansehen, ist einfach: Dir ist klar, das man als Befehlshaber in einer solchen Situation sehr wenig als gegeben ansehen kann und immer mit dem Schlimmsten rechnen muß. Letztendlich muß man sich aufgrund begrenzter und vielleicht auch falscher Informationen für etwas entscheiden.
Das Schlimmste was man als Befehlshaber tun kann ist sich nicht zu entscheiden.

Urs Heßling

#46
moin,

Zitat von: J.I.M am 19 März 2017, 10:59:30
Welche Quelle nutzt Du?
http://www.naval-history.net/xDKWW2-4012-25DEC02.htm
http://www.naval-history.net/xAH-WSConvoys03-1940.htm
Im 2. Link tauchen auch die 6 Zerstörer auf, die die schnelle Konvoisektion vom 19. bis 22.12. eskortierten.


Zitat von: ede144 am 19 März 2017, 12:47:43
Das Schlimmste was man als Befehlshaber tun kann ist sich nicht zu entscheiden.
Ja.  :O/Y

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

DST

Zitat von: Sarkas am 18 März 2017, 17:55:43
@DST: Die Royal Navy hätte es sich leisten können, einen kompletten Convoi inkl. zwei alter Schlachtschiffe gegen die Bismarck einzutauschen. Und gegen zwei modernisierte QE oder gar Nelson+Rodney hätte es auch die Bismarck schwer gehabt. Im Nordatlantik war es möglich, große Convois zu bilden und diese entsprechend abzusichern, was die Briten ja dann auch gemacht haben.

Wenn es so einfach gewesen wäre alle Geleitzüge im Atlantik vor der BS zu sichern,
frage ich mich warum die Briten so ziemlich alles was schwimmt und zur Verfügung stand losgeschickt haben um sie zu stoppen.
Gleiches gilt ja auch für die TP , auch dort haben die Briten einen riesen Aufwand betrieben um sie zu versenken
um die Versorgung nach und von Russland zu sichern.
Und die TP lag da auch nur rum und hat nur durch ihre Anwesendheit ein großes Problem dargestellt
Eine BS im Atlantik wäre ein noch viel größeres Problem.
Außerdem wurden ganze Kampfgruppen gebildet um ein 16k Panzerschiff im Atlantik zu jagen , wieviel Schiffe brauche ich für ein 53k Brocken.
Beim Durchbruchversuch war es , im Grunde , alles was da war und der Atlantik ist viel größer als die Dänemarckstraße.

Von daher bin ich fest der Meinung eine einsatzbereite BS im Atlantik wäre für den Handelskrieg das mit Abstand Schlimmste was den Briten hätte passieren können.
Nicht weil sie diese oder jene Kanone hatte und damit dieses oder jenes Schiff hätte versenken können oder auch nicht.
Sondern einfach nur weil sie da war, sie könnte theoretisch überall auftauchen.

mfg Dirk

ede144

Nein, so einfach ist es nicht. Ein Konvoi der nicht unterwegs ist, ist kein Konvoi. Auch ein verzögertes Auslaufen, ist eine Katastrophe für die Versorgungslage. Die fuhren wie die Eisenbahn und jede Verzögerung hat massive Probleme in den Entladehäfen verursacht. Also konnte die RN es sich nicht leisten eine Bismarck im Atlantik rumschippern zu lassen

Sarkas

Ich behaupte nicht mehr, als dass das Convoi-System jegliche Raider-Taktik aushebelt. Wenn die Bedrohung die Bismarck ist, und man zur Sicherung zwei eigene Schlachtschiffe braucht, dann muss man die Convois eben so groß machen, dass man mit den vorhandenen Schlachtschiffen auskommt. Und es ist ja nicht so, dass die Briten wenig davon hatten. Zumal ein Krieg mit Handelsstörern auch ein Abnutzungskrieg auf der Raider-Seite ist, und Deutschland konnte nicht ausreichend Großkampfschiffe nachbauen. Die Briten konnten sich Fehler leisten und Schiffe verlieren, die Kriegsmarine konnte das nicht. Deshalb war die Tirpitz erfolgreicher als die Bismarck: weil sie eben lange Zeit da war und nicht sofort versenkt wurde.

Interessanterweise haben die Briten selbst relativ lange gebraucht, um die Wirksamkeit großer Convois zu erkennen.

Ralf

Sind Convois nicht eine Erfindung aus dem WW I?
Gruß
Ralf
___________________________________________
,,Du kannst Dein Leben nicht verlängern und Du kannst es auch nicht verbreitern. Aber Du kannst es vertiefen!"
Gorch Fock

ede144

Zitat von: Sarkas am 21 März 2017, 09:28:36
Ich behaupte nicht mehr, als dass das Convoi-System jegliche Raider-Taktik aushebelt. Wenn die Bedrohung die Bismarck ist, und man zur Sicherung zwei eigene Schlachtschiffe braucht, dann muss man die Convois eben so groß machen, dass man mit den vorhandenen Schlachtschiffen auskommt. Und es ist ja nicht so, dass die Briten wenig davon hatten. Zumal ein Krieg mit Handelsstörern auch ein Abnutzungskrieg auf der Raider-Seite ist, und Deutschland konnte nicht ausreichend Großkampfschiffe nachbauen. Die Briten konnten sich Fehler leisten und Schiffe verlieren, die Kriegsmarine konnte das nicht. Deshalb war die Tirpitz erfolgreicher als die Bismarck: weil sie eben lange Zeit da war und nicht sofort versenkt wurde.

Interessanterweise haben die Briten selbst relativ lange gebraucht, um die Wirksamkeit großer Convois zu erkennen.

Wie in meinem Beitrag vorher schon geschrieben, große Konvois haben den Nachteil das es dauert sie zu sammeln und wenn sie in GB ankommen, Häfen überschwemmen und es lange Verzögerungen beim Entladen gibt.
GB war auf einen kontinuierlichen Strom an Gütern angewiesen und jede Störung bedeutete eine Verknappung an Gütern. Auch die RN Navy hatte Probleme mit der Abnutzung und Verlusten. Sie hat nur auf einem höheren Niveau angefangen als die KM

Urs Heßling

#52
moin,

Exkurs 1  :wink:
Zitat von: Ralf am 21 März 2017, 10:10:47
Sind Convois nicht eine Erfindung aus dem WW I?
Nein :O/Y
Auch die Hanse führte schon eine Art "Konvoisystem"
und, spätestens, in der deutschen Seefahrtsgeschichte, die "Konvoischiffe" Hamburgs
https://de.wikipedia.org/wiki/Leopoldus_Primus
https://de.wikipedia.org/wiki/Wapen_von_Hamburg_(1669)


Es gab noch ein Mittel für die Verteidigung eines Konvois gegen ein angreifendes Großkampfschiff, dessen Einsatz im Winter 1939/40 praktiziert, aber wieder eingestellt wurde, weil es derzeit keine Bedrohung gab: die Begleitung durch ein U-Boot, daß den Angreifer hätte angreifen können.
Beispiel (aus der Chronik)
6.– 27.12.1939
Nordatlantik

Zur Sicherung der Nordatlantik-Konvois HXF.11, HX.11 und HX.12 gegen Angriffe dt. Panzerschiffe oder Schlachtkreuzer marschieren die brit. und franz. U-Boote Narwhal, Seal, Sfax, Casablanca, Pasteur und Achille mit.


Exkurs 2  :wink:
Zitat von: Sarkas am 21 März 2017, 09:28:36
Interessanterweise haben die Briten selbst relativ lange gebraucht, um die Wirksamkeit großer Convois zu erkennen.
Mit mathematischen Forschungen (Operations Research) wurde ermittelt, daß der Einsatz großer Konvois gegenüber einer Bedrohung durch Unterseeboote effizienter war.


Gruß, Urs
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Sarkas

Natürlich bringt das Konvoi-System logistische Probleme mit sich. Ich sehe nur nicht den qualitativen Unterschied zwischen der Bismarck als Raider und Scharnhorst/Gneisenau, da auch eine Bismarck keinen Konvoi angegriffen hätte, der durch ein Schlachtschiff und mehrere kleine Einheiten gedeckt wird. Und die beiden Schwestern haben ja auch nicht mehr viel gerissen, nachdem sie in Brest angekommen waren.

@Urs: Als "armchair admiral" behaupte ich mal, dass man auch durch Überlegen darauf hätte kommen können, dass größere Konvois wirkungsvoller sind. :wink:   Die überlegene Seite sollte immer ihre Kräfte konzentrieren.

t-geronimo

Zitat von: Urs Heßling am 21 März 2017, 10:31:18
...Mit mathematischen Forschungen (Operations Research) wurde ermittelt, daß der Einsatz großer Konvois gegenüber einer Bedrohung durch Unterseeboote effizienter war...

Die Tierwelt macht das ja eigentlich schon seit hunderttausenden von Jahren vor: Masse (große Herden) als Schutz gegen Räuber.  :wink:

Im alten Schlachtschiff.com-Forum hatten wir meine ich mal einen ziemlich genialen Beitrag, was die Logistik, die hinter Konvois steckt, angeht. Da wurde u.a. geschildert, wie selbst ein einziger Tag Verzögerung eines Geleitzuges z.B. durch Ausweichen vor einem Raider oder einem U-Boot-Rudel schon erhebliche Auswirkungen auf das teilweise doch recht fragile System "Konvoi" haben konnte (Logistik in den Aus- und Einlaufhäfen, Transport der Güter zu und aus den Häfen etc. etc.).
Leider funktioniert dort die Suchfunktion nicht mehr.  :-P
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Urs Heßling

moin,

Zitat von: t-geronimo am 21 März 2017, 13:05:54
.. wie selbst ein einziger Tag Verzögerung eines Geleitzuges z.B. durch Ausweichen vor einem Raider oder einem U-Boot-Rudel schon erhebliche Auswirkungen auf das teilweise doch recht fragile System "Konvoi" haben konnte
Es konnte auch noch "schlimmer" kommen, siehe diesen Auszug aus der Chronik des Seekriegs betr. "2. Schlacht an der Sirte" im März 1942 :
23.3.: Die Ausweichbewegungen beim Gefecht führen dazu, daß MW.10 erst nach Tagesanbruch vor Malta eintrifft, wo die Schiffe von Bombern des II. Flieger-Korps angegriffen werden. Clan Campbell sinkt 20 sm vor Malta. Die schon schwer beschädigte Kingston erhält einen weiteren Bombentreffer, erreicht aber tags darauf Malta. Die Breconshire setzt sich schwerbeschädigt auf Strand und kentert am 27.3. bei Bergungsversuchen nach weiteren Treffern in der Bucht von Marsaxlokk. [Ende]

Gruß, Urs
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Ralf

Gruß
Ralf
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Gorch Fock

Sarkas

Ist ein zynisches Zahlenspiel: Wenn von 40 Handelsschiffen 36 ihr Ziel erreichen, war der Konvoi erfolgreich.

Urs Heßling

#58
moin,

noch'n Exkurs ...  :| ... da Schlachtschiffe nicht bzw. nur indirekt beteiligt
Zitat von: Sarkas am 21 März 2017, 13:57:46
Zahlenspiel:
Chronik des Seekriegs :
Bilanz Dezember 1942
Konvois und Geleitzugschlachten im Vergleich
Auf der Nordatlantik-Route laufen von Januar bis Juni ostwärts 29 HX- and 27 SC-Konvois und westwärts 56 ON-Konvois mit insgesamt 3661 Schiffen, von denen 22 versenkt und 3 beschädigt werden. Auf der Nordatlantik-Route laufen von Juli bis Dezember ostwärts 25 HX-Konvois und 26 SC-Konvois und westwärts 49 ON-Konvois mit insgesamt 3728 Schiffen, von denen 85 versenkt und 13 beschädigt werden. Auf der Freetown-Route marschieren vom Januar bis Juni norwärts 18 SL-Konvois und südwärts 17 OS-Konvois mit insgesamt 1413 Schiffen, von denen 3 versenkt werden. Von Juli bis Dezember marschieren nordwärts 11 SL-Konvois und südwärts 19 OS-Konvois mit insgesamt 658 Schiffen, von denen 19 versenkt werden. Auf der Gibraltar-Route laufen von Januar bis Juni nordwärts 8 HG-Konvois und südwärts 8 OG-Konvois mit insgesamt 337 Schiffen, von denen 5 versenkt werden. Von Juli bis Dezember laufen nordwärts 4 HG-Konvois und südwärts 4 OG-Konvois mit insgesamt 159 Schiffen ohne Verluste. Im Zusammenhang mit Operation »Torch« sind 21 Konvois von und nach Großbritannien unterwegs mit insgesamt 713 Schiffen, von denen 9 verloren gehen und 2 beschädigt werden, und 6 Konvois von und nach den USA mit insgesamt 246 Schiffen, von denen nur 2 versenkt werden. Auf der Murmansk-Route marschieren von Januar bis Juni 10 PQ-Konvois nach Russland und 9 QP-Konvois zurück mit insgesamt 313 Schiffen, von denen 52 versenkt werden. Von Juli bis Dezember marschieren je 2 Konvois in östlicher und westlicher Richtung mit insgesamt 149 Schiffen, von denen 16 versenkt werden. Darüber hinaus sind von Januar bis Dezember auf der Route um Afrika 11 Truppentransport-Konvois mit insgesamt 352 Schiffen unterwegs, allesamt ohne Verluste.

Nordatlantik 1. Halbjahr 1942    22/3661 = 0,6 % Verluste ..  "Paukenschlag"-Zeit !
Nordatlantik 2. Halbjahr 1942    85/3728 = 2,2 %
Mittelatlantik 1. Halbjahr 1942     3/1413 = 0,2 %
Mittelatlantik 2. Halbjahr 1942    19/658  = 2,8 %  *)
Murmansk 1. Halbjahr 1942        52/313  = 16,6 % (einschließlich PQ.17 !)
Murmansk 2. Halbjahr 1942        16/149  = 10,7 % (einschließlich PQ.18)


*) einschließlich von 12 Schiffen aus einem einzigen Konvoi, SL.125. Durch die Angriffe auf diesen Konvoi wurden die U-Boote aus den Routen der "Torch"-Konvois herausgezogen, die unbehelligt ihre Ziele erreichten. Der Konvoi-Kommodore soll nachher etwas zynisch gesagt haben, dies sei das einzige Mal gewesen, bei dem er für hohe Verluste gelobt wurde.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Archer

Zitat von: Urs Heßling am 21 März 2017, 10:31:18
moin,

Exkurs 1  :wink:
Zitat von: Ralf am 21 März 2017, 10:10:47
Sind Convois nicht eine Erfindung aus dem WW I?
Nein :O/Y
Auch die Hanse führte schon eine Art "Konvoisystem"
und, spätestens, in der deutschen Seefahrtsgeschichte, die "Konvoischiffe" Hamburgs
https://de.wikipedia.org/wiki/Leopoldus_Primus
https://de.wikipedia.org/wiki/Wapen_von_Hamburg_(1669)


Die Spanier sind für mich die "Erfinder" der Geleitzüge...
Flota de Indias  - spanische Silberflotte

https://de.wikipedia.org/wiki/Silberflotte

:MG:

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