warum so schneller Standortswechsel im 2. Weltkrieg?

Begonnen von lisa, 07 März 2017, 19:02:45

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lisa

Hallo zusammen,
wie einige vielleicht schon wissen, möchte ich das Leben meines Urgroßvaters bei der Marine nachvollziehen.
Ich habe von der WASt folgende Informationen zugesandt bekommen, wozu ich einige Fragen habe:

01.04.1941 – 13.05.1941  Marineartillerieabteilung 117, Memel
14.05.1941 – 07.06.1941  Ausbildungsstammkompanie Cap Arcona
08.06.1941 – 28.08.1941  1. Signalausbildungsabteilung, Waren/Müritz; Signalgastenlehrgang
29.08.1941 – 07.12.1942  19. Vorpostenflottille (Boot nicht verzeichnet), Korsör
08.12.1942 – 24.08.1943  4. Ersatzmarineartillerieabteilung, Cuxhaven
25.08.1943 – 06.09.1943  Marinenachrichtenoffizier Vlissingen
07.09.1943 – 19.01.1944  4. Ersatzmarineartillerieabteilung, Altenwalde/Cuxhaven
20.01.1944 – 14.01.1945  Marinenachrichtenoffizier Ultrecht 
15.01.1945 – ?                   Hafenkommandant Rotterdam

1. Warum hat er seine Dienststelle so oft gewechselt? -z.B. war er nur ca. 10 Tage Marinenachrichtenoffizier in Vlissingen
2. Was hatte es für Auswirkungen, dass er vom Signalgefreiten zum Signalhauptgefreiten befördert wurde und was waren dann seine (neuen?) Aufgaben?
3. musste er als Marinenachrichtenoffizier geheime Nachrichten entschlüsseln und diese weitergeben oder hat er evtl. lediglich Lehrgänge gehalten?
4. Das Zeugnis der Signalausbildung liegt auch anbei und Ergebnis ist für das Winken 2,1 und für das Morsen 0,8. Was sagt dies aus und daneben stehen noch "Urteil" und "Wert". Was bedeutet dies?

Ich denke mal, dass noch mehr Fragen kommen werden, doch zunächst sollte dies reichen :)

Danke im Voraus
Lisa

kgvm

Er war weder Nachrichtenoffizier noch Hafenkommandant, sondern vielmehr in der jeweiligen Dienststelle tätig.
Die 10 Tage in Vlissingen waren vermutlich eine Vertretungstätigkeit, beispielsweise wegen Krankheit oder Urlaub.
Die Beförderung brachte nicht notwendig neue Aufgaben mit sich, sondern nur mehr Geld (und eine kleine Änderung an der Uniform).

lisa

Dankeschön @kgvm
Zitat von: kgvm am 07 März 2017, 19:44:08
Er war weder Nachrichtenoffizier noch Hafenkommandant, sondern vielmehr in der jeweiligen Dienststelle tätig.
Die 10 Tage in Vlissingen waren vermutlich eine Vertretungstätigkeit, beispielsweise wegen Krankheit oder Urlaub.
Die Beförderung brachte nicht notwendig neue Aufgaben mit sich, sondern nur mehr Geld (und eine kleine Änderung an der Uniform).

aber musste er dafür nicht etwas bestimmtes erlernen, um in dieser Dienststelle tätig sein zu können?
und lag ich mit meiner Vermutung richtig, dass seine "Hauptaufgabe" während der Zeit bei der Marine das entschlüsseln von Nachrichten war?

Big A

Das Ver- und Entschlüsseln war eigentlich nicht Aufgabe von "Gasten" (=Mannschaften); Dein verwandter war ja als Signäler ausgebildet worden, ich vermute daher, dass er "Zuarbeit" geleistet hat; also Verteilen von fernschreiben, ggf. auch Übermitteln der verschlüsselten Fernschreiben usw.

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

redfort

Zitat von: lisa am 07 März 2017, 19:02:45

4. Das Zeugnis der Signalausbildung liegt auch anbei und Ergebnis ist für das Winken 2,1 und für das Morsen 0,8. Was sagt dies aus und daneben stehen noch "Urteil" und "Wert". Was bedeutet dies?


Hallo,
Info:
Die Prüfgeschwindigkeit beim Morsefunker  beträgt 12 Wpm = Wörter pro Minute, jedes Wort a 5 Zeichen, ergibt 60 BpM = Zeichen/Buchstaben pro Minute, (Tempo 60 mit Pausen). Gute Funker schaffen bis zu 50 Wpm. Meine eigenen lagen zum Schluss bei 54 Wpm.

Handabgabe: sind mindestens 5 WPm gefordert, Dauer mindestens 3 Minuten lang, höchstens 4  Fehler.
Hörannahme: sind mindestens 5 WPm gefordert, Dauer längstens 3 Minuten lang, höchstens 4 nicht korrigeirte Fehler, hinzu kommt nach das Niederschreiben in klarer lesbarer Schrift.


Bei den Blinkis / Signalgasten beträgt die Prüfgeschwindigkeit 8 Wpm.
Morsen ist wahrscheinlich hiermit das Scheinwerfermorsen gemeint.
Die Wertangabe geben nur an wie er Prüfung, die wahrscheinlich aus mehreren Teilen besteht, abgelegt hat. Enthält u.a. Gerätetechnik, Verkehrs- und Betriebskunde, Geben, Aufnehmen, Betriebsarten usw. Ob diese Werte positiv oder negativ zu sehen sind, entzieht sich meiner Kenntnis.
Gruß, Axel

Luftwaffe zur See

kgvm

"Gerätetechnik" als Bestandteil der Prüfung beim Winken :?

Big A

Signäler waren "Winkis" oder "Blinkis", letztere hatten durchaus Technik zu bedienen; erster mussten ihr Flaggenstell in Ordnung halten, lernten Leinenkunde und das, was man heute "PME" (planmäßige Materialerhaltung) nennt. Insofern ist Gerätetechnik schon angebracht.

Axel
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(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

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lisa

Danke noch einmal an alle!
@redfort

Zitat von: redfort am 09 März 2017, 23:19:23
Zitat von: lisa am 07 März 2017, 19:02:45

4. Das Zeugnis der Signalausbildung liegt auch anbei und Ergebnis ist für das Winken 2,1 und für das Morsen 0,8. Was sagt dies aus und daneben stehen noch "Urteil" und "Wert". Was bedeutet dies?


Hallo,
Info:
Die Prüfgeschwindigkeit beim Morsefunker  beträgt 12 Wpm = Wörter pro Minute, jedes Wort a 5 Zeichen, ergibt 60 BpM = Zeichen/Buchstaben pro Minute, (Tempo 60 mit Pausen). Gute Funker schaffen bis zu 50 Wpm. Meine eigenen lagen zum Schluss bei 54 Wpm.

Handabgabe: sind mindestens 5 WPm gefordert, Dauer mindestens 3 Minuten lang, höchstens 4  Fehler.
Hörannahme: sind mindestens 5 WPm gefordert, Dauer längstens 3 Minuten lang, höchstens 4 nicht korrigeirte Fehler, hinzu kommt nach das Niederschreiben in klarer lesbarer Schrift.



Was ist der Unterschied zwischen Handabgabe und Hörannahme? und warum beträgt die Prüfgeschwindigkeit einmal 12, 5 und 8 WpM?
und würde dies nicht der Antwort von @BigA widersprechen, da er meinte, dass die Aufgaben von Signalgasten lediglich Verteilen und Übermitteln verschlüsselter Fernschreiben sein? und was ist der Unterschied zwischen "Winkis" und "Blinkis"?
Tut mir leid, dass ich auf diesem Gebiet sehr Ahnungslos bin.  :? :?

redfort

Hallo Lisa,

Handabgabe = Die Abgabe von Morsefunksprüchen erfolgt mittels einen Tastengerät das mit der Hand bedient wird. Die Kunst ist eben das sauber zwischen kurzen und langen Tastimpulsen unterschieden werden kann. Z.B. SOS = ... - - -  ...

Hörannahme = auffassen von Morsefunksprüchen nach Gehör (Kopfhörer) , niederschreiben in lesebarer Schrift. Auch hier muss der Funker zwischen langen und kurzen Tastimpulse unterscheiden können.

Es gibt verschieden Funk-Betreibsarten wie z.B.
Sprech- , Tast- , Fernschreib- (FT) und Richtfunk usw.

Unterscheide zwischen Prüfgeschwindigkeit und Mindestanforderungen !!
Warum bei den Morsefunker 12 Wpm Prüfgeschwindigkeit, ganz einfach weil es schneller übermittelt werden kann.
Bei den Signalgasten dauert dieses entsprechend langsamer.

Winkis = Kurzform Sprachgebrauch für Signalgasten die Übermittelungssprüche mittels Signalflaggen durchführen.
Blinkis = Kurzform Sprachgebrauch für Signalgasten die Übermittelungssprüche per Signallampe durchführen. Man sprich auch vom Scheinwerfermorsen.

Der Signalgast ist ein Matrose, der der Übermittlung von Nachrichten und Signalen, u. a. mittels Signalflaggen und Signallampe, dient. Zu den Aufgaben des Signalgastes gehört auch die Flaggenführung.


Gruß, Axel

Luftwaffe zur See

lisa

jetzt wird mir schon vieles klarer! :-)
@redfort
Zitat von: redfort am 13 März 2017, 18:58:46

Winkis = Kurzform Sprachgebrauch für Signalgasten die Übermittelungssprüche mittels Signalflaggen durchführen.
Blinkis = Kurzform Sprachgebrauch für Signalgasten die Übermittelungssprüche per Signallampe durchführen. Man sprich auch vom Scheinwerfermorsen.

Der Signalgast ist ein Matrose, der der Übermittlung von Nachrichten und Signalen, u. a. mittels Signalflaggen und Signallampe, dient. Zu den Aufgaben des Signalgastes gehört auch die Flaggenführung.




lässt sich anhand meiner Angaben herausfinden, ob mein Großvater zu den Blinkis oder Winkis gehörte?
musste man damals beides können? Und an wen wurden diese Nachrichten und Signale übermittelt?

Big A

Von den Dienststellen her würde ich eher auf einen (Tast-)Funker tippen.

Die Signäler wurden je nach Eignung entweder Winkis oder Blinkis oder Funker; nicht jeder kann alles. Das wurde meist bei der Musterung anhand bestimmter Tests festgestellt. An Landdienststellen war Winken oder Blinken eigentlich nur bei den Hafenkommandanten üblich, wenn diese mit Einheiten im Hafen oder auf Reede kommunizieren wollten ohne Funkgeräte nutzen zu wollen (abhörsicher!)

Die Mannschaften schickten die Fernschreiben oder sonstigen Sprüche auf Anweisung / Befehl der zur Abfassung berechtigten Vorgesetzten.

Hilft das?

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

lisa

Hallo Axel!
ja es hilft mir sehr weiter!  :-)
Aber Hafenkommandant war er ja für ein par Monate auch. Dann müsste er doch eher ein Winki oder Blinki gewesen sein?

joern

Zitat von: joern am 16 März 2017, 13:02:04
Zitat von: Big A am 14 März 2017, 00:15:59
Die Signäler wurden je nach Eignung entweder Winkis oder Blinkis oder Funker; nicht jeder kann alles.
Bei der VM waren die Signalgasten immer Winkis und Blinkis. Ich denke, dass das bei der KM zumindest teilweise auch so war. Lediglich die Funker hatten eine andere Ausbildung.

Zitat von: lisa am 16 März 2017, 12:03:17
Aber Hafenkommandant war er ja für ein par Monate auch. Dann müsste er doch eher ein Winki oder Blinki gewesen sein

Wie kgvm schon schrieb war er nicht Hafenkommandant, sondern nur in der Diensstelle tätig.
Hafenkommandant in Rotterdam war K.z.S. Masberg, Günter
ab 18.03.1945 dann K.z.S. Bonatz,Heinz.
Grüße Joern

Big A

@joern
ZitatIch denke, dass das bei der KM zumindest teilweise auch so war. Lediglich die Funker hatten eine andere Ausbildung.
Möglich, die BM hatte die Winkis Mitte der 70er abgeschafft. Mein Signalmeister in meiner Zeit als FMO konnte auch noch beides. Und die Rivalität zwischen Funkern und dem Rest der "Kommunikatoren" war immer Anlass zum Schmunzeln... (wer ist wichtiger, besser, schneller,... :-D )

Axel
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(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

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joern

Hallo Lisa,
hier noch einige Vorgesetzte Deines Urgroßvaters:
M.A.A.117 Abteilungskommandeur , KKapt. Hufschmidt,Kurt
1. Signalausbildungsabt.,                  K.Kapt. Kretschmann,Hans
19. VP Flottille    Chef                         K.Kapt. Remmers,Hermann
4. E.M.A.A.                                        K.Kapt. Tillessen,Heinz   01.41-03.43
                                                          K.Kapt. Thuns,Fritz         03.43-12.43
   ab 1.1.44 12.Marine-Ersatzabt.      K.Kapt. Fingau
Grüße Joern

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