Welches Vorpostenboot verließ als letztes Kurland (9./10.5.1945)?

Begonnen von Spökenkieker, 06 Oktober 2016, 17:13:14

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Spökenkieker

Liebe Forum-Kameraden,

gestern habe ich bei einem britischen Kollegen Unterlagen einsehen dürfen, die dessen Onkel verfasst hatte. Der Onkel war im ersten Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger an der Westfront, wo er sich 1918 an der Somme ergeben musste. Als Halbjude und mit einer jüdischen Frau liiert, geriet er bei der Waffen SS in einen Gewissenskonflikt. Er drängte seine Familie, in die USA zu emigrieren, während er selbst im (Presse-) Stab von Heinrich Himmler wirkte. Offensichtlich hatte 1937/38 niemand an diesen Tatsachen Anstoß genommen – aber das ist eine andere Geschichte. Als Journalist und Zeitungsredakteur in Südwestdeutschland war der Mann Mitglied der SS, wechselte später zur Propaganda Kompanie, und begleitete die deutschen Feldzüge zunächst im Westen, dann im Osten.

Seine Einheit gehört zu einem jener Verbände, die im Kessel von Kurland kämpften. Zu diesem Zeitpunkt war der Onkel 47 oder 48 Jahre alt.

In seinem Bericht, den er wahrscheinlich zur Mitte der 1950iger Jahre verfasst hatte, ging es um die Schilderung des Endes der beiden Armeen der HG Nord, die  Kurmark hielten. Nachdem etwa 200.000 Landser gefallen waren, ohne dass die erhoffte Entscheidung im Westen eine Zangenbewegung im Rücken der gegen Berlin vorstoßenden Roten Armee erlaubt hätte, beendete der Waffenstillstand vom 8. Mai 1945 formell die Kampfhandlungen. Weil sich Kurland allerdings in sechs Schlachten erbittert gehalten hatte, flogen die Sowjets – laut SS-Berichten – auch am 9. Mai 1945 Luftangriffe. Panzerspitzen rückten auf die Halbinsel vor, und versuchten den Abtransport von Windau und Libau zu unterbinden. In einer persönlichen Stellungnahme schrieb besagter Onkel, er habe für sich und einen Teil seiner Einheit (PK) von General Hilpert persönlich eine Entlassung einholen können. Da bei einem vorher stattgefundenen Bombenangriff der Gefechtsstand des Generals schwer beschädigt worden war, schrieb der PK-Mann den Entlassungsbefehl auf einem Notizblock, versah ihn nach eigenen Angaben mit einem Dienststempel und bat Hilpert um seine Signatur. Der unterschrieb, wünschte viel Glück und ,,... grüssen Sie mir die Heimat!". Laut Bericht hatten inzwischen PK-Männer zwei Holzvergaser-LKWs aufgetrieben, mit denen sie durch eine völlig niedergekämpfte Stadt Richtung Hafen fuhren. Begleitet wurden sie von einschlagenden Granaten. Dort lief gerade das letzte deutsche Vorpostenboot aus, welches den Hafen verlassen wollte. Auf den Landzungen an der Hafeneinfahrt waren bereits sowjetische Panzer zu sehen, die den bereits ausgelaufenen Schiffen hinterher schossen. Laut Bericht drehte der Vorpostendampfer im Hafenbecken, lief zurück Richtung Mole, und ermöglichte es den PK-Männern, an Bord zu springen. Datum: 9.5.1945, später Nachmittag. Unter Artilleriebeschuss zackte das Schiffchen raus auf die Ostsee, schlug sich mit Schnellbooten und U-Booten herum, wurde pausenlos von Flugzeugen angegriffen, und verteidigte sich mit allem was schoss.

Die Sowjets wollten möglichst niemanden über die Ostsee entkommen lassen. Sobald ein anderes Schiff zu sehen war, schloss man auf, und bildete während der Fahrt einen Feuerigel. Unter anderem sahen die Männer einen Schwarm von 35 Junkers Ju 52 Verwundeten-Transportern, von denen nur drei Deutschland erreichen sollten. Alle anderen fielen als ,,brennende Fackeln" ins Meer, abgeschossen von sowjetischen Jagdflugzeugen, einen Tag nach der Kapitulation. Die Bordflak des Bootes soll mehrere Maschinen abgeschossen haben (glaubhaft?). Am 10.5.1945 drang das Vorpostenboot tagsüber in schwedische Gewässer ein, und wurde von einem Zerstörer gestoppt. Das Angebot, in Schweden interniert zu werden, klang verlockend. Allerdings konnten (oder wollten) die schwedischen Offiziere keine Garantie aussprechen, dass Boot und Besatzung nicht doch an die Sowjetunion ausgeliefert würden. Der Kommandant des Vorpostenbootes soll daraufhin gedreht, und unbehelligt zurück nach Osten gefahren sein. Der Zerstörer setzte nicht nach (welches Schiff kann hier gemeint sein?).

Später, ausserhalb der schwedischen Gewässer, drehte man erneut, schloss sich einem Geleitzug an und fuhr an Fehmarn vorbei Richtung Kiel, um sich dann in Neustadt britischen Besatzungstruppen zu ergeben. Fakt ist, dass der Mann den Kurland-Kessel verlassen, und sich in Holstein internieren lassen konnte. Fakt ist auch, dass er nach nur ganz kurzer Kriegsgefangenschaft wieder zurück nach Freiburg kam.

Meine Frage: Welches Vorpostenboot verließ als letztes Kurland (ob Windau oder Libau gemeint sind, weiss ich nicht!), sprich mit welchem Boot hat der Mann entkommen können?

Danke und Gruss,

Christian

kalli


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