Entwicklung des Schiffsbaus im Fall eines Sieges der Mittelmächte

Begonnen von mudfladdy, 08 September 2016, 14:41:54

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Spee

Servus,

sollte es genau so aussehen, dann ganz klar: Keine "Ersatz Yorck", nur "Mackensen" und "Spee".
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

bodrog

Soweit ich das nachvollziehen kann, ist ja nur ausschließlich der Rumpf von Ersatz-Yorck auf Stapel gelegt worden - die anderen beiden nicht mehr

Götz von Berlichingen

@ bodrog:

Ja, Du hast recht; Ersatz Yorck - Vulcan Hamburg - Kiellegung Juli 1916

delcyros

#348
Zitat von: Hannes 1988 am 24 Mai 2017, 12:24:27
Unterscheiden sich die Ersatz York - und Mackensen - Klasse nicht hauptsächlich durch das Kaliber der SA? Da erschließt sich mir nicht wieso die Mackensens 1917 schon 2. Wahl gewesen sein sollen. Ausser die Qualität der verbauten Dinge war wirklich sooo schlecht, wie es hier im Verlauf des Threads von einigen aufgeworfen wurde.

LG Hannes

Qualität. Obwohl dass ja mehrfach angerissen wurde ("abgelieferter Schrott 1917/18"), ist von den entsprechenden Herren immer noch nichts konkretes zu Bauausführungsfehlern, schlechten verbauten Materialien, u.s.w. zu den MACKENSEN vorgelegt worden, die Aussage bewegt sich daher weiter auf der Ebene der Spekulation.
Ich halte persönlich Direktvergleiche von Großkampfschiffen mit deren langen Auftragszeiten und Kleinschiffen für vage. Ein nur pauschaler Hinweis auf die Existenz von relevanten Akten in Archiven genügt nicht, wenn man pauschale Aussagen in den Raum stellt, und gleichzeitig jede Möglichkeit einer Überprüfbarkeit ausschließt. Daher sollte man, wenn man die Behauptung in den Raum stellt, es auch an konkreten Aspekten belastbar vorlegen können.

Waren konkret die Geschütze schlecht? Eher nicht, denn die in Flandern eingestetzten 38cm SK L/45 und (ein) 35cm SK L/45 wurden mit deutlich mehr Schuß belegt als vorgesehen.

Waren konkret die Panzerplatten minderwertig wegen den Sparstoffen 1917/18: Für die Panzerplatten der MACKENSEN trifft das Argument einer schlechten Qualität bedingt durch die Jahre 1917/18  jedenfalls NICHT zu, da sie mit Ausnahme der letzten beiden MACKENSEN (später ERSATZ YORCK) bereits 1916 fertig abgewalzt und vergütet wurden (zu Teilen auch abgenommen).

Waren schiffbauliche Aspekte Schrott? Vielleicht. Meine Bitte dazu ist nicht zu pauschalisieren, wenn man Probleme alternativ auch direkt benennen kann.

Sven L.

Zitat von: DST am 23 Mai 2017, 21:20:54
Zitat von: Halvar66 am 23 Mai 2017, 09:16:03
Das mag durchaus sein, dann aber wohl eher ausgelöst durch die Ereignisse vor dem Skagerrak. Dann aber die Gegenfrage, weshalb Scheer bereits im Juli/August 16, also kurz nach obigen Ereignis, für den U-Bootkrieg plädiert hat.

Vielleicht war der Grund auch die Feindfahrt von U-35.
Denn dieses Boot hat zwischen dem 26.Juli und dem 20.August 1916 , 54 Schiffe mit zusammen 90.000 BRT versenkt.
Oder die ganzen Linienschiffe und geschützten Kreuzer die schon 1914/15 von U-Booten versenkt wurden.
Es ist schön das du gerade dieses U-Boot als Beispiel bringst. Dir ist wohl bewusst in welchem Seegebiet - nämlich im Mittelmeer - die Erfolge erzielt worden sind.
Bis Mitte 1917 gab es dort kaum Schutz für die Handelsschiffe. Die Engländer haben das Mittelmeer bis dahin ziemlich stiefmütterlich behandelt.

Auf Seite 26 im Buch Deutsche Grosskampfschiffe 1915 bis 1918, Friedrich Forstmeier steht in Fussnote 8 folgendes
ZitatEr (Scheer) hätte schon Ende November 1914 als Chef des II. Geschwader s in einer Denkschrift mit Nachdruck den U-Bootkrieg gefordert. Vergleiche Spindler, Arno, DerHandelskrieg mit U-Booten, Bd. 1, Berlin 1932, S. 31
Weil du aus Forstmeier's Buch bereits zitiert hast, sollte man annehmen das dir dass oben genannte Bekannt ist.

Zitat von: DST am 23 Mai 2017, 21:20:54
Zitat von: Halvar66 am 23 Mai 2017, 09:16:03
Die Frage weshalb Scheer dieses oder jenes so gefordert hat wird niemals gelöst werden können, weil derselbige dies nicht mehr beantworten kann.  Deshalb kann jeder für sich entscheiden welche Ansicht er dazu hat, da sich hier kaum ein Kompromiss finden lassen wird.

Natürlich kann/soll und muß sich jeder seine eigene Meinung bilden, blöd ist es nur wenn man dafür Fakten ignorieren muß
Was ist den bitte schön Fakt? Bitte nicht wieder diese Schiene: "Jeder kann seine Meinung haben, solange sie meiner Entspricht".
Fakt ist es nunmal, das niemand Scheer dazu mehr befragen kann. Es gibt nur noch Dokumente wie das oben von mir zitierte und einige mehr.

Zitat von: DST am 23 Mai 2017, 21:20:54
Und ich finde es war schon während des Krieges erkennbar das die Zukunft für Deutschland bei den U-Booten liegt.
Und nicht in schweren Überwassereinheiten.

mfg dirk
Ich habe niemals behauptet dass Dtl. in Dickschiffen machen soll. Eher das Gegenteil ist der Fall - nur so nebenbei erwähnt.

Ich bin auch davon überzeugt dass Kaiser Wilhelm auch in dem angedachten Szenario nach wie vor Kaiser wäre, allerdings wohl eher in der Form wie in England. Insofern hätte der Reichstag das politische Sagen und bei der damaligen Stimmung - auch hierzu gibt's Hinweise bei Forstmeier - wäre wohl kein auf Stapel liegendes Schiff fertiggestellt worden. Bestenfalls die, die schon im Wasser lagen.

Da in diesem Szenario die Entente keine Reparationen von Dtl. bekommt, ist auch fraglich ob England die Hood fertig gestellt hätte.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

Urs Heßling

Zitat von: Götz von Berlichingen link=topic=26817.msg319260#msg319260
Schreiben des Admiralstabschef von Holtzendorff an das Reichsmarineamt vom 10. Oktober 1916[/b]:
...
»Die andere Meinung geht dahin, daß wir militärisch England nicht niederringen können. Sie sieht in der wirtschaftlichen Erschöpfung, im Abschneiden von Handel und Verkehr das einzige MIttel, diesen Gegner niederzuzwingen. U-Boote und hinter und neben diesen Schlachtkreuzerverbände zum Offenhalten der Ausfalltore, zum Aufrollen der Blockadelinien, zum Kampf mit vereinzelten Flottenverbänden in der Heimat und zum Rückhalt für den Handelskrieg in den Ozeanen sind die hieraus sich ergebenden Forderungen.«
...
Im Grunde nimmt er damit das Baukonzept von SH & GU, bzw. BS & TP vorweg, die in obigem Sinne aufgrund Geschwindigkeit und Bewaffnung als »Schlachtkreuzerverbände« gelten können.

Oder eben damals eine ölgefeuerte Mackensen-Klasse.  Die bisherigen Schlachtkreuzer bis einschließlich Derfflinger-Klasse haben aufgrund ihrer (Dauer)-Höchstgeschwindigkeit und dem Kaliber ihrer Schweren Artillerie bei einem bei den oben skizzierten Einsätzen (gelegentliche Vorstöße bei günstigen Wetterlagen zum Aufrollen der Blockadelinien) spätestens auf dem Rückmarsch möglichen Zusammentreffen mit dem 5. britischen Schlachtgeschwader keine günstigen Überlebensaussichten.
1.) Irgendwie scheint das nicht zu Ende gedacht zu sein :  Das Offenhalten der Ausfalltore (für WEN ?) erfordert(e) eine permanente Präsenz in dem Seegebiet. Wie soll das - auch mit ölgefeuerten Schiffen - bewerkstelligt werden ?

2. "Schlachtkreuzerverbände" erfodern, allein nach deutscher Sprache, mindestens 2 x 2 Schiffe, nach Marinelog(ist)ik mindestens ein 5. Schiff als verfügbaren Ersatz bei Ausfällen.
Auch mit 5 Schiffen wären die von v. Holtzendorff aufgeführten Angaben nicht durchzuführen.
Der Bau von nur 2 Schiffen ist daher - in diesem Sinne - nicht begründbar.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Götz von Berlichingen

Zitat von: Urs Heßling am 24 Mai 2017, 22:28:42
1.) Irgendwie scheint das nicht zu Ende gedacht zu sein :  Das Offenhalten der Ausfalltore (für WEN ?) erfordert(e) eine permanente Präsenz in dem Seegebiet. Wie soll das - auch mit ölgefeuerten Schiffen - bewerkstelligt werden ?

Eine dauernde Präsenz in den genannten Seegebieten aufrechtzuerhalten ist natürlich aus vielerlei Gründen nicht möglich; nicht nur wegen der zu geringen Zahl der vorhandenen Schlachtkreuzer, sondern wegen der geographischen Lage der Blockadelinien, der Nähe der englischen Hauptflottenbasis, der Stärke der britischen Marine und der Entfernungen zu den deutschen Basen. Könnte man dort eine permanente Präsenz aufrechterhalten, so hätte man die - zumindest örtliche - Seeherrschaft und es gäbe somit keine Blockade und somit auch nicht die Notwendigkeit zu kurzen Ausfällen gegen die Blockadelinien.

Wohl jede Nation hätte doch zumindest den Versuch unternommen das Abschnüren der eigenen Versorgungswege mindestens zu stören, bzw. nach angelsächsischer Mentalität, die alle Bereiche des Lebens nach merkantilen Maßstäben zu messen pflegt und die man doch sonst hierzulande seit 1945 als so vorbildhaft preist, »to increase the costs for maintaining the blockade«, bzw. »to make the enemy pay a price for blockading« und dementsprechend darüber nachgedacht, welche Kampfmittel dazu erforderlich wären und diese dann zu entwickeln und zu bauen.

Zitat von: Urs Heßling am 24 Mai 2017, 22:28:42
2. "Schlachtkreuzerverbände" erfodern, allein nach deutscher Sprache, mindestens 2 x 2 Schiffe, nach Marinelog(ist)ik mindestens ein 5. Schiff als verfügbaren Ersatz bei Ausfällen.
Auch mit 5 Schiffen wären die von v. Holtzendorff aufgeführten Angaben nicht durchzuführen.
Der Bau von nur 2 Schiffen ist daher - in diesem Sinne - nicht begründbar.

Die zu geringe Zahl der möglichen Schiffe für die o.g. Zwecke ist eine Folge des diesem Threads zugrundeliegenden Szenarios einer Abrüstungskonferenz nach einem Remis im Frühjahr 1917 und der damit verbundenen Vorgabe, daß nur Schiffe, die bis Herbst 1917 vom Stapel laufen können, noch weitergebaut werden dürfen.

Da dies ohnehin hypothetisch ist, ist die Frage natürlich müßig, ob so ein Vertrag jemals von Deutschland angenommen hätte werden können - oder kann sich jemand vorstellen, England hätte jemals in einen Vertrag eingewilligt, der es ihm verböte, die Kampfmittel gegen eine tödliche Waffe des Feindes (die Fernblockade) bereitzustellen, die es diesem ermöglicht hatte, dem Mutterlande sämtliche seegehenden Nachschubwege zu strangulieren und die neben ca. 770.000 Hungertoten zu der Abschnürung von sämtlichen kriegswichtigen - und damit überlebenswichtigen - Rohstofflieferungen (siehe die mehrfachen Hinweise über den "Schrott", den deutsche Werften ab 1916 angeblich nur noch liefern konnten, Graugußleitungen statt Kupferleitungen, Sparstoffe, den Beinaheausfall der Munitionsfertigung aufgrund der Unterbindung der Einfuhr von Salpeter Ende 1914/Anfang 1915, die Abschnürung von der Erdölzufuhr, die ja auch ein Grund für das Nichtvorhandensein deutscher rein ölgefeuerter Großkampfschiffe war)?

Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, daß im umgekehrten Falle nach einem Friedenschluß nicht nur England keinen Bestimmungen zugestimmt hätte, die es ihm verböten, ihm erforderlich und nützlich scheinende Kampfmittel zur Bekämpfung einer solchen Blockade herzustellen und vorzuhalten, sondern der Feind sich auch nicht mehr im Besitze der Stützpunkte (Scapa Flow) und der betreffenden Territorien sähe, die die Aufrechterhaltung einer solchen für England eine Frage von Leben und Tod darstellenden und es erpreßbar machenden Blockade erleichterten (Shetland, Faröer).

Huszar

U-Boot vs Schlachtschiff:
soweit mir erinnerlich wurden in den beiden Weltkriegen insgesamt 3 moderne BB/BC (also Post-Dreadnought) durch U-Boot-Torpedo versenkt (Barham, Royal Oak, Kongo), dagegen 8-10 durch (BB)-Artillerie (Bismarck, Scharnhorst, Invincible, Indefatigable, Queen Mary, Hood, Kirishima, Yamashiro, Bretagne - Hiei und Lützow nicht ausschliesslich durch Ari). Was ist also wirksamer gegen ein Grosskampfschiff?  :-D Wenn ich wirklich pöse sein sollte, würde ich fragen: Was ist aus Sicht von 1917 wirksamer gegen ein Grosskampfschiff?

Frachterbauten:
ich gestehe, ich habe nicht die mindeste Ahnung, wie viele und welche Handelsschiffe mit welcher Tonnage im Frühjahr als Rohbau auf den Werften rumlagen. Um diese in die Diskussion mit einzubeziehen, wäre eine Übersichtliste doch hilfreich. DANN könnten wir sehen, wie sehr die Werften Marineaufträge bis ca. Mitte-Ende 1918 benötigt hätten.
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Sven L.

Zitat von: Huszar am 25 Mai 2017, 18:18:37
U-Boot vs Schlachtschiff:
soweit mir erinnerlich wurden in den beiden Weltkriegen insgesamt 3 moderne BB/BC (also Post-Dreadnought) durch U-Boot-Torpedo versenkt (Barham, Royal Oak, Kongo), dagegen 8-10 durch (BB)-Artillerie (Bismarck, Scharnhorst, Invincible, Indefatigable, Queen Mary, Hood, Kirishima, Yamashiro, Bretagne - Hiei und Lützow nicht ausschliesslich durch Ari). Was ist also wirksamer gegen ein Grosskampfschiff?  :-D Wenn ich wirklich pöse sein sollte, würde ich fragen: Was ist aus Sicht von 1917 wirksamer gegen ein Grosskampfschiff?
Liegt vielleicht auch daran, dass dt. U-Boote zum Handelskrieg in See standen und dort wo der Handelskrieg geführt wurden kaum Großkampfschiffe unterwegs waren.

Zitat von: Huszar am 25 Mai 2017, 18:18:37Frachterbauten:
ich gestehe, ich habe nicht die mindeste Ahnung, wie viele und welche Handelsschiffe mit welcher Tonnage im Frühjahr als Rohbau auf den Werften rumlagen. Um diese in die Diskussion mit einzubeziehen, wäre eine Übersichtliste doch hilfreich. DANN könnten wir sehen, wie sehr die Werften Marineaufträge bis ca. Mitte-Ende 1918 benötigt hätten.
Sobald der Krieg beendet ist, ist die Marine für die Reedereien/Werften nur ein ganz normaler Handelspartner. Da doch einiges an Handelsschiffe versenkt worden ist, wollen diese ersetzt werden. Dazu kommt noch, dass hier gerade der Eindruck gewonnen werden kann, dass Dtl. eine Diktatur ist und die regierenden bzw. das Militär einfach sagen kann - wir wollen und nun spurt mal schön.
Das ist leider falsch. Hierzu ein Zitat aus Forstmeier, Deutsche Grosskampfschiffe 1915 Bus 1918, Seite 32:
Zitat...
Er machte schließlich darauf aufmerksam, daß bei einem Baubeginn der bereits im Frühjahr 1915 vergebenen Ersatzkreuzer erst im Frühjahr 1917 - der ja dann nicht zu verheimlichen sei - es unter Umständen nicht gelingen werde, von der Legislative die Bewilligung der vorgesehenen beiden neuen Großkampfschiffe des Etats 1917 zu erreichen. Erfolge der Friedensschluss vor dem April 1917, so seien diese Ersatzbauten wohl überhaupt für die Marine verloren.
...
Dies wurde im RMA gesprochen und gibt nun sehr eindeutig wieder das hier immer noch der Reichstag über den Reichshaushalt zu bestimmen hat. Nicht der Kaiser und nicht die Marine bzw. die OHL!

Es ist also nicht wirklich von Interesse wie viele Handelsschiffe zur Zeit auf Kiel liegen, sondern wie sich Bestellung nach Friedensschluss gestaltet. Der schnöde    Mammon regiert die Welt, nicht das Militär.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Clausewitz - Vom Kriege

Tostan

Zitat von: Götz von Berlichingen am 24 Mai 2017, 09:09:40
Nachdem Tirpitz schon im März 1916 sein Rücktrittsgesuch eingereicht und der Kaiser dem nicht, wie bislang mehrfach, widersprochen, sondern den Rücktritt umgehend angenommen hatte, verstehe ich nicht, wie Tirpitz bei einem Friedensschluß im Frühjahr/Sommer 1917, wie im threadgegenständlichen Szenario unterstellt, im Amt »bleiben« könnte.

Ich habe nicht geschrieben "im Amt bleiben" sondern "noch eine entscheidende Rolle spielt" ... Der Grund für Tirpitz Rücktritt war ja Kompetenzgerangel in der Kommandostruktur. In dem Szenario dankt der Kaiser ab, der Oberkommando-Posten wird also vakant.  Hier ist alles möglich. Rückkehr von Tirpitz, "graue Eminenz" ähm "Berater" im Hintergrund ... Habe mich ja vorher schon mal beklagt, dass hier mit Material gerechnet wird ohne dass vorher klargestellt wird, wer eigentlich auf welchem Posten ist. Denn erst wenn das klar ist, kann man versuchen die Entscheidungen der verantwortlichen Personen nachzuvollziehen.

Zitat von: Götz von Berlichingen am 24 Mai 2017, 14:17:22
Lt. dem hier zugrundegelegten hypothetischen Szenario sollte der Krieg ja im Frühjahr 1917 ohne Eingreifen der USA zu Ende gehen und eine Flottenkonferenz einberufen werden. Es war deshalb davon die Rede, daß nur noch diejenigen Schiffe, die bis spätestens Herbst 1917 vom Stapel laufen können, eine Chance hätten, in den auszuhandelnden Flottenvertrag "hinübergerettet" zu werden. Deshalb hatte ich mich auf Mackensen und Graf Spee beschränkt, da die Ersatz-Yorck-Rümpfe wohl auf den Hellingen abgewrackt werden müßten.

Meiner Ansicht nach ist eine sofortige Konferenz unrealistisch. Warum? Die Flottenkonferenz von 1922 war jak eine Folge des Weltkrieges, sondern eine folge der neuen Rüstens. Gibt es kein neues Wettrüsten - weil Deutschland eh nicht rüstet, GB nicht darauf reagieren muss und eh alle pleite sind, gibt es auch in diesem Szenario keine Konferenz. Wie sieht es in den anderen Ländern aus? Würde die USA ihre South-Dakotas und Colorados in dem Umfang bauen? Würde Japan seine Rüstung in dem Umfang ankurbeln? USA vermutlich ja, Japan mit Sicherheit. GB müsste darauf reagieren, und D auf GB - und damit wäre die Grundlage für eine Konferenz da - also vermutlich wie in der Realität und 1921/22. Vorher eher nicht, denn ohne Rüstung kein bedarf an Verträgen zur Rüstungsbeschränkung.

DST

Zitat von: Tostan am 26 Mai 2017, 10:17:23
Meiner Ansicht nach ist eine sofortige Konferenz unrealistisch. Warum? Die Flottenkonferenz von 1922 war jak eine Folge des Weltkrieges, sondern eine folge der neuen Rüstens.

Aber ein Friedensvertrag zwischen GB und Deutschland ohne das dabei über die Kolonien , die HSF und das streben Deutschlands eine weltweite Kolonialmacht zu werden gesprochen wird ist realistisch ?

mfg dirk

Tostan

Zitat von: DST am 26 Mai 2017, 18:00:59
Aber ein Friedensvertrag zwischen GB und Deutschland ohne das dabei über die Kolonien , die HSF und das streben Deutschlands eine weltweite Kolonialmacht zu werden gesprochen wird ist realistisch ?

Ich denke ja, Deutschland als quasi-Gewinner würde wohl nichts zustimmen, was in einem zukünftigen Konflikt Nachteile bringen würde. Und wie gesagt, D und GB sind nur zwei Parteien. Mal aus den Rahmenbedingungen zitieren:

ZitatUND die USA erhöhen ihren Druck auf die Briten, die (illegale) Blockade neutraler Staaten aufzuheben. Ab August 17 senden die USA Konvois, geschützt durch US Kriegsschiffe, um neutralen Staaten Waren zu verkaufen. Die Briten knicken ein, da ein Krieg gegen die USA nicht durchführbar ist.

Das dürfte Spannungen zwischen GB und USA verursachen, weiterhin ist das massive Flottenbauprogramm der Amerikaner ja ein Grund für die Flottenkonferenz in der Realität. Also eine art Flottenkonferenz als Folge des Kriegsendes sehe ich nicht als realistisch(immerhin waren die USA ja nicht mal Kriegsteilnehmer), eher eine art Deutsch-britisches Flottenabkommen. Aber da ja GB auch auf die USA reagieren muss und D wiederum auf GB, sehge ich da eher wenig chancen auf eine wirklich strikte Rüstungsbeschränkung. nicht solange die South Dakotas und Colorados gebaut werden, und Japan auch rüsten will. - Und D wird sich als "Gewinner" keine Abrüstung vorschreiben lassen, solange der Kriegsgegner aufrüstet.

Sven L.

Die USA haben durchaus Handel mit den neutralen Staaten geführt. Wie man der von mir eingestellten Minenkarte entnehmen kann, gab es eine Minenfreie Passage zwischen den deutschen und englischen Minenfeldern, so dass z.B. der Handelsverkehr gen Holland schippern konnte.
Die im Eröffnungspost gestellten Rahmenbedingungen sind leider teilweise sehr fern jeder Realität.
Als der Kongress der USA 1916 dem Flottenbauprogramm zugestimmt hat, wurde der Präsident dazu ermächtigt nach Kriegsende eine Flottenkonferenz einzuberufen, was dann idR 1921 auch geschehen ist.
Im Hinblick auf die ausstehenden Bauprogramme der USA und Japans wird auch in diesem Szenario meiner Ansicht nach eine Konferenz kommen. Für die USA der schnellste und einfachste Weg um mit der englischen Flotte Parität zu erreichen.

Was man bei diesem ganzen Szenario völlig außen vor läßt ist das deutsche Heer. Was alleine hier an Material erneuert werden muss ist schon ungeheuerlich. Vorne weg die Artillerie, wozu sich noch die neue Waffengattung Panzer gesellt. Dies wären enorme Kosten die auch gestemmt werden müssten. Wem würde der Reichstag wohl am ehesten Geld bewilligen? Dem Heer, oder der Marine, wo doch hauptsächlich die kleineren Einheiten - Zerstörer/Torpedoboote, Minensuchverbände, U-Boote usw. - die Hauptlast des Krieges zur See getragen haben. Der Skagerrak-Hype war schon verblasst.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Clausewitz - Vom Kriege

Matrose71

Salve,

ZitatWas man bei diesem ganzen Szenario völlig außen vor läßt ist das deutsche Heer. Was alleine hier an Material erneuert werden muss ist schon ungeheuerlich.

Woraus schließt du das?
Ich halte ein stehendes Heer nach Waffenstillstand und Friedensvetrag von 500000-600000 (eher 500000) Mann, für realistisch und du glaubst allen ernstes dafür sind 1917 nicht genügend Waffen (Artillerie, MGs,, Gwehre, Granaten etc) vorhanden?
Darf ich fragen aus welchen Quellen du das schließt? Wohin sind die Waffen des stehenden Kriegsheeres von 1917?

Klar wäre, das auch Deutschland Geld und Energie in den Aufbau einer Panzerwaffe und gepanzerten Fahrzeugen stecken müßte, allerdings gab es den ersten voll motorisierten Verband in der ganzen Welt nicht vor 1928/29. Insoweit kann man das erstmal auf kleiner Flamme kochen und sich eher mit Entwicklung und Prototypen beschäftigen, da Deutschland gar keinen wirklich entwickelten Panzer hatte und auch erst geeignete Motoren entwickeln müste. Die ganze Technik war weltweit alles andere als ausgereift in den 20er Jahren und die Entwicklungssprünge enorm, das war auch allen Beteiligten ziemlich klar. Das ist eher eine Aufgabe für die nächsten 10 Jahre, wobei man wohl über diesen Zeitraum mehrere Hundert anschaffen würde, was allerdings sehr leicht zu finanzieren ist.
Analog gilt das gleiche für die Luftwaffe, die und die motorisierten Verbände steckten in den Kinderschuhen und es war noch sehr viel Grundlagenarbeit ab 1917 zu leisten. Das sind erstmal keine riesigen Rüstungsprogramme materialtechnisch gesehen.
Dazu käme, das ein intaktes Kaiserreich eine wesentlich andere Entwicklung im zivilen motoresierten Bereich genommen hätte, da die Kaufkraft der Bevölkerung wesentlich größer gewesen wäre und somit der Grad der Motoresierung wesentlich rasanter verlaufen wäre, inklusive technische Weiterentwicklung. Das gleiche kann man im Bereich ziviler Luftfahrt annehmen, insoweit wäre ein Großteil der Entwicklungskosten im zivilen Sektor geleistet worden und nicht wie in der Realität durch Reichswehr und später Wehrmacht.
Viele Grüße

Carsten

Huszar

ZitatLiegt vielleicht auch daran, dass dt. U-Boote zum Handelskrieg in See standen und dort wo der Handelskrieg geführt wurden kaum Großkampfschiffe unterwegs waren.
Wäre mir neu, dass die japanischen U-Boote zum Handelskrieg in See standen. Oder die englischen im Mittelmeer. Oder das englische BBs keine Geleitzüge eskortiert haben. Du glaubst wohl, dass ausser den genannten drei BBs kein einziger angegriffen oder beschädigt wurde. Naja...

ZitatDies wurde im RMA gesprochen und gibt nun sehr eindeutig wieder das hier immer noch der Reichstag über den Reichshaushalt zu bestimmen hat. Nicht der Kaiser und nicht die Marine bzw. die OHL!

Es ist also nicht wirklich von Interesse wie viele Handelsschiffe zur Zeit auf Kiel liegen, sondern wie sich Bestellung nach Friedensschluss gestaltet. Der schnöde    Mammon regiert die Welt, nicht das Militär.

Ich habe mehrmals dargestellt, wieso mindestens die bereits vom Stapel gelassenen Schiffe fertigt gestellt werden müssten. Auch stellst du dir die Sache mit Stornierungen zu einfach vor. Einiges wird trotz Kriegsende benötigt (die kleinen Kreuzer zB), anderes ist bereits zu weit fortgeschritten, um es auf den Helgen zu verschrotten, wieder anderes ein zu grosses Prestigeobjekt. Über einzelne Schiffe kann man diskutieren, aber global gesehen müsste jede Menge Zeugs, dass schon bestellt, bezahlt und an die Werften geliefert wurde, auch fertig gestellt werden.

Dass gleich nach dem 01.06.1917 die Werften mit Handelsaufträgen überhäuft würden, und die Werften  sofort und ohne Übergang gleich diese Aufträge in Angriff nehmen könnten, halte ich doch für übertrieben. Da müssten die Reeder zuerst wissen, was sie wollen ("bauen Sie mir a Schiffle" funktioniert halt eher weniger), die Aufträge müssen vergeben werden, Material bestellt werden, und erst danach kann gebaut werden. Wenn jetzt keine Marineaufträge mehr gibt - weil man ja alles verschrotttet und nix fertigbaut - und es noch keine Arbeit an den Handelsaufträgen gibt, was glaubst du, werden die Werftarbeiter machen? Skat spielen?

ZitatWas man bei diesem ganzen Szenario völlig außen vor läßt ist das deutsche Heer. Was alleine hier an Material erneuert werden muss ist schon ungeheuerlich.
Siehe Carsten. Auch wenn nur ein Drittel der Feldarmee als aktive Formation behalten wird, wird noch so viel Material über sein, dass eine Brücke von WHafen nach Rosyth daraus gebaut werden könnte. Wieso sollte dieses Material kurzfristig erneuert werden müssen? Dir ist wahrscheinlich nicht bekannt, dass die italienische und französische (und polnische, und Jugo, und ungarische und rumänische und russische) Artillerie selbst im 2wk zu einem bedeutendem Teil aus 1wk-Zeugs bestand. Teilweise sogar aus vor-1wk-Zeugs.
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