Dampfdruck und Temperatur bei der kaiserl. Marine

Begonnen von Sven L., 25 Juni 2016, 12:08:36

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Sven L.

Wer kann mir sagen, mit welchen Dampfdrücken und Temperaturen die kaiserliche Marine gearbeitet hat?

Zu den Dampfdrücken habe ich der Literatur Werte von 14-18 at.  absolut entnommen. Nur wie sah es mit den Dampftemperaturen aus? Aus Fachliteratur aus der Zeit (1908 bis) kann ich entnehmen das Überhitzung und deren Vorteile schon bekannt waren. Die meisten Berechnungsbeispiele beziehen sich auf Temperaturen um die 300 Grad bei 12 bis 16 ata.

Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

FAUN

Evtl. hilft ein Blick in die Dampftafeln. So ist für Sattdampf 15,5 bar =200 Grad C, und für 300 Grad C = 85,9 bar abzulesen. Überhitzter Dampf ist auch enthalten.

Sven L.

Die Dampftabellen liegen mir vor. Jedoch weis ich nicht ob bzw. hoch in der kaiserlichen Marine überhitzter Dampf verwendet worden ist. Es macht ja schließlich doch einen Unterschied, ob die Dampftemperatur 260 oder sogar 320 Grad beträgt.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Turbo-Georg

Hallo,
von welchen Dampf-Antrieben redet ihr.

Kolbenmaschinen oder Turbinen?
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Sven L.

Sowohl als auch. Also beiden.

Der Fachliteratur aus der Zeit kann ich entnehmen das überhitzter Dampf auch für Kolbenmaschinen in Frage kam.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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lafet944

Ja, das einzige, was die Nutzung von Heißdampf für Kolbenmaschinen einschränkt, ist das geeignete Schmiermittel. Gerade im 1. Weltkrieg sah es im Deutschen Reich und in der Doppelmonarchie damit nicht so rosig aus, so dass es zu Verkokungen und in Folge zu Schäden an den Schiebern kam. Teilweise hat man das durch Verringerung der Überhitzer-Heizflächen und damit niedrigeren Dampftemperaturen gelöst, auch wenn dadurch die Wirtschaftlichkeit gesunken ist.
Wenn man geeignetes Heißdampföl hat, sind auch Dampftemperaturen von über 400°C kein Problem.

Viele Grüße

Turbo-Georg

Hallo,
ganz so einfach lässt sich diese Frage nicht beantworten.
Es gab für diese Epoche keine ,,typischen" Dampfdrücke oder Dampftemperaturen; vielmehr unterlagen ihre Werte der jeweiligen technologischen Entwicklung.
Wenn man bedenkt wie rasant die Entwicklung der Dampf-Antriebstechnik, besonders bei Schiffsantrieben, in der Zeit von der Reichsgründung bis zum Ersten Weltkrieg verlief, wird klar das jede ,,Innovation" in diesem Zeitabschnitt auch mit Erhöhung von Dampfdruck und Dampftemperatur einher ging.
Den ständigen Forderungen nach höherer Antriebsleistung konnten letztendlich auch die größten Kolbenmaschinen nicht mehr gerecht werden, so dass ab etwa 1910 die Neubauten größerer Einheiten nur noch für den Antrieb mit Dampfturbinen geplant wurden.
Der Einsatz von überhitztem Dampf wurde bei Kolbenmaschinen erst in den zwanziger Jahren vorangetrieben, um gegen die immer stärker werdende Konkurrenz der Dieselantriebe wettbewerbsfähig zu bleiben.
Der Einsatz von Heißdampf bei Turbinenantrieben war hingegen eine physikalische Notwendigkeit.
Hier konnte die Erhöhung der Dampfdrücke, z.B. wegen der Forderung nach höherer Leistung oder Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, nur mit der Erhöhung der Überhitzungstemperatur einhergehen, um die Dampfnässe in den ND-Stufen unter 12 % zu halten, und somit nicht nur der damit verbundenen Leistungsminderung entgegen zu wirken, sondern in erster Linie die Turbinen vor den zerstörerischen Wasserschlägen bei Lastwechsel oder im Anfahrbetrieb zu bewahren.

Wir finden demnach in den Marinen dieser Zeit eine Vielzahl von Antrieben mit den unterschiedlichsten Entwicklungsstufen und entsprechend unterschiedliche Betriebs-Dampfwerte.

Weiteres hierzu unter:

http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,12823.0.html

http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,13029.0.html
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Matthias Strauß

Hallo Sven,

eine sehr umfassende Betrachtung Deiner Fragestellung ist in dem Beitrag von Prof. Walter Mentz; Deutscher Schiffsmaschinenbau - Dampfmaschinen, Turbinen, Oelmaschinen, S. 117-164 (spez. S. 128 ff) in der Publikation; Deutscher Schiffbau 1913 (auch als Reprint vom Salzwasserverlag 2012) nachzulesen. Vielleicht ein Literaturhinweis in dieser Sache.

Jack

Sven L.

Vielen Dank Forumsfreunde.

Ich denke ich habe nun wieder genug Stoff zum Lesen.  :-D

Dann werde ich mich da mal durchwühlen.

@TurboGeorg: Explizit interessieren tut mich der Zeitraum zwischen 1905 und 1912(14)
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Turbo-Georg

Hallo Sven,
bekanntermaßen bin ich kein Historiker sondern Ingenieur.
Meine Fachbibliothek ist daher eher an der technischen Entwicklung der Dampf-Antriebstechnik ausgerichtet. Ich verfüge zwar über eine Anzahl von beispielhaften Baubeschreibungen von Dampfantrieben für Kriegsschiffe, die in der fraglichen Zeit gebaut wurden oder sich in Dienst befanden, aber von Durchgängigkeit kann nicht die Rede sein.

Wie ich bereits andeutete, war die Heißdampftechnologie vor dem ersten Weltkrieg noch in den Anfängen. Ich konnte keinen Hinweis dafür finden, dass sie in der kaiserlichen Marine in breiterem Maße Einzug fand.
Selbst die Neubauten der 25 A1-Torpedoboote von 1915 waren wie die 10  Torpedoboote V 150 von 1908 mit Dreifach-Expansionsmaschinen für ,,Naß"-Dampf, 17,5 bzw. 18 at Kesseldruck ausgelegt. Das galt auch für geschützte Kreuzer (z.B. Victoria Luise), Panzerkreuzer (z.B. Friedrich Karl) und Linienschiffe (z.B. Rheinland).

Die Neubauten der größerer Einheiten nach 1910 (z.B. Linienschiff Großer Kurfürst, 1914) wurden mit Parson-Turbinen ausgerüstet, die ebenfalls mit ,,Naß"-Dampf 14,5 at, X = 0,96 betrieben wurden.

Hier noch ein Zitat zum Thema (Der Schiffsmaschinenbau, Zweiter Band, Dr. G. Bauer, 1927):

§ 48. Steigerung des Kesseldrucks und der Überhitzung über die normalen Verhältnisse
Diesbezügliche Bestrebungen haben im Bau stationärer Turbinen schon ziemlich umfangreiche Erfolge erzielt, insofern, als heutzutage neue Turbinen  großer Zentralen bereits recht häufig für 30 bis 35 at Überdruck im Kessel gebaut werden, wobei meist auch die Überhitzung bis auf 375° bis 400° C zugelassen wird. Im Schiffsmaschinenbau sind bis heute nur vereinzelte diesbezügliche Versuche von geringen Umfang zu verzeichnen.
 
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Matthias Strauß

Hallo Sven,

habe eben in der Hansa 1909 eine interessante Notiz zum Thema gefunden.

Jack

Sven L.

Vielen Dank. Das deckt sich mit meiner Fachliteratur aus dem Jahr 1908. Alle von H. Wilda angeführten Beispiele beziehen sich auf Heißdampf.

Nur die Frage bleibt, ob nicht zumindest ab der König-Klasse evtl. überhitzter Dampf verwendet worden ist.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Turbo-Georg

Hallo Sven,
du hast anfangs nach Heißdampf auf Schiffen der kaiserlichen Marine gefragt. Hier handelt es sich aber um Schiffe der Handelsmarine.

Versuche und Probeeinbauten oder gar Umrüstungen in diesem Bereich kann ich bestätigen und habe hierfür auch Beispiele.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

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