FT- und UT-Anlagen

Begonnen von Sven L., 29 Februar 2016, 19:00:43

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Peter K.

Der Telefunken - Typ S 356 S von 1936 war ja nun kein typisches Marinegerät, sondern ein ganz normales Gerät aus dem Zivilprogramm, ebenso wie beispielsweise auch
S 355 F 2 36 und S 354 F 2 36 von 1936 mit 91 kg
S 309 S von 1933 mit 134 kg
S 354 A von 1939 mit 190 kg
S 355 B und S 354 B von 1937 mit 130 kg
AS 1064 von 1940 mit 190 kg
AS 1008 von 1939 mit 190 kg
S 526 X von 1939 mit 135 kg

Ein typisches Marinegerät in dieser Lestungsklasse wäre der Typ T 200 FK 39 mit 148 kg.

Zum Vergleich wog das komplette 70 W Marine-Kleinfunkgerät Lo 70 KL 40 ebenfalls beachtliche 151 kg.
Grüße aus Österreich
Peter K.

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Elektroheizer

#16
Zitat von: Urs Heßling am 01 März 2016, 16:02:57
moin, Sven,

Zitat von: Halvar66 am 01 März 2016, 15:48:05
Was zählte bei der FT-Anlage, außer den Gerätschaften in den Funkräumen, noch hinzu?
Antennen und Verbindungskabel, evt. auch Transformatoren sowie Kühlgeräte / Lüfter im Funkraum.
In Einzelfällen mag es auch externe Transformatoren gegeben haben, aber hier wären wohl eher die Umformer zu erwähnen. Die bringen ordentlich Gewicht auf die Waage und sind geschickterweise möglichst tief angebracht (auf dem Tender, auf dem ich bei der BM gefahren bin. in den E-Werken). Wobei Umformer auch mehrere Gerätegruppen versorgen können, dann wäre die Frage wie man das aufschlüsselt.
Ich habe das Grauen gesehn

Sven L.

Aus den Deckspläne der Bismarck sowie des Kreuzer Typ M geht hervor, das es extra Umformer-Räume gab.

Was genau wurde umgeformt? Spannung? Wie groß waren die hierfür notwendigen Geräte und was haben die ca. auf die Waage gebracht?

Soweit ich erlesen konnte gab es zwischen den Funkräumen untereinander als auch zur Brücke ein Rohrpostsystem neben der normalen BÜ-Anlage. Aber dies dürfte nicht allzu viel Gewicht beansprucht haben.
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

t-geronimo

Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Sven L.

Zitat von: Peter K. am 01 März 2016, 21:26:36
Ein einziger 800 W - Sender vom Telefunken - Typ T-800-FK-39, wie er auch auf BISMARCK und TIRPITZ verwendet wurde, wog beispielsweise 714 kg, ein Kurz- bzw. Langwellen-Empfänger vom Lorenz - Typ Lo-6-K-39 bzw Lo-6-L-39 brachte immerhin 65 kg auf die Waage. PRINZ EUGEN hatte alleine 19 dieser Empfänger an Bord!

Hallo Peter,

vielen Dank für die vielen informativen Links. Gibt es für den Sender Telefunken - Typ T-800-FK-39 ebenfalls ein Datenblatt?

Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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Elektroheizer

#20
Zitat von: Halvar66 am 02 März 2016, 23:32:46
Was genau wurde umgeformt? Spannung?
In erster Linie die Frequenz, im Gegensatz zu Transformatoren die prinzipbedingt nur die Spannung umwandeln können. Deshalb werden die auch als Frequenzumformer bezeichnet; im "Nebenjob" liefern die aber meist auch eine andere Spannung. Ein Umformer ist einfach ein Gleichstrom- (Batteriespeisung) oder ein Wechselstrom-Motor und ein Generator auf einer gemeinsamen Welle.

Zitat von: Halvar66 am 02 März 2016, 23:32:46
Wie groß waren die hierfür notwendigen Geräte und was haben die ca. auf die Waage gebracht?
Geh mal von Elektromotoren aus, wie die etwa für Hydraulikpumpen genutzt werden. Ein faßförmiges Stahlgehäuse mit dicken Kühlrippen (und mittig einer Ringöse für den Transport mit einem Kran bei größeren Teilen), an einer Seite ein Kästchen für die elektrischen Anschlüsse. Daneben der Generator sieht so ähnlich aus, dazwischen eine spritzwasserfeste Verkleidung für die Welle. Mit der Welle, Lagern, Fundament etc wird so ein Teil um einiges schwerer als ein Trafo vergleichbarer Größe. Werte kann ich nicht aus dem Ärmel schütteln, sollte aber raus zu kriegen sein.

PS: Oben beschrieben ist der grundsätzliche Aufbau. Daneben gibt es noch kompakte Einanker-Umformer in nur einem Bauteil ohne verbindende Welle.
Ich habe das Grauen gesehn

Sven L.

Auf der Suche im Netzt nach Funkanlagen auf Schiffen der kaiserlichen Marine habe ich folgendes in Blitz & Anker gefunden:

Zitat
Anweisung zur Ausstattung des Admirals von Tirpitz (5. September 1909):

Eine große Station für Flaggschiffe und große Kreuzer:
1     4 kW-Poulsen-Lorenz-Sender
1     4 kW-Löschfunken-Sender von Telefunken
3     Antennen
3     Vibrationsschreib-Empfänger mit Hörempfang und Lautverstärker

Eine mittlere Station für Linienschiffe und kleine Kreuzer:
1     1,5 kW-Poulsen-Lorenz-Sender
1     1,5 kW-Löschfunken-Sender von Telefunken
3     Antennen
3+1 Vibrationsschreib-Empfänger mit Hörempfang und Lautverstärker

Eine kleine Station für Zerstörer und Torpedoboote:
1     0,5 kW-Löschfunken-Sender von Telefunken
1     Antenne
1     Vibrationsschreib-Empfänger mit Hörempfang und Lautverstärker

Wer weis was ein Vibrationsschreib-Empfänger ist bzw. wie der funktioniert?

Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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bodrog

"Zerstörer" und das im offiziellen Sprachgebrauch von Alfred? Glaube ich kaum, wo der "Äthernat" doch das A und O war...

Trimmer

Hallo Sven - Vibrationsschreib-Empfänger  :? Nie gehört. Könnte es sich dabei um den Hughes-Schreiber - Blitz und Anker  S. 195 - handeln   :?

Gruß - Achim
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Peter K.

Zitat"Zerstörer" und das im offiziellen Sprachgebrauch von Alfred?

... steht tatsächlih so in der genannten Quelle, Band I, Seite 282
Grüße aus Österreich
Peter K.

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Schorsch

#25
Hallo zusammen,

es hat etwas gebraucht, aber für die unten stehende Frage(n) hätte nun ich ein Angebot zu machen.

Zitat von: Halvar66 am 04 April 2016, 16:13:30
(...)
Wer weis was ein Vibrationsschreib-Empfänger ist bzw. wie der funktioniert?
Ein Vibrationsempfänger ist ein früher Funkempfänger, der dazu diente, Funkwellen, die insbesondere von Knall- oder Löschfunkensendern erzeugt wurden, zu detektieren. Zentrales Element war dabei der 1890 erfundene Kohärer oder Fritter. Der ist eigentlich nichts weiter als zylindrisches Röhrchen aus Glas, in dem sich zwischen zwei Elektroden ein loses Metallpulver, im einfachsten Falle feine Eisenfeilspäne, befand. Der Kohärer wurde zwischen den Dipolhälften einer Empfangsantenne eingebaut. Das Pulver im Inneren des Kohärers war im Regelfalle wegen der losen Packung der einzelnen Körchen des Pulvers wenig leitfähig. Das ändert sich, wenn Funkwellen den Empfangsdipol trafen. Wegen der entstehenden winzigen Funken zwischen den Körnchen des Metallpulvers backte das Pulver etwas zusammen und erhöhte so seine elektrische Leitfähigkeit drastisch, was man z.B. über ein in Serie geschaltetes Relais erfassen konnte. Dieses Verfahren war um einiges empfindlicher als das rein optische Erfassen der Funken, wie es z.B. bei den Versuchen zum Nachweis elektromagnetischer Wellen durch Heinrich Hertz 1888 praktiziert wurde und erhöhte so die Reichweite der Funkanlage. Da nach dem Abklingen der detektierten Welle der Kohärer jedoch seine Leitfähigkeit behielt, musste über ein leichtes Erschüttern des Glasröhrchens das Pulver wieder in seine Einzelkörnchen zerlegt werden. Diese Vibration erzeugte in der "Luxusvariante" ein Hämmerchen, das am Anker des schon erwähnten Relais' angebracht war und das beim Abfallen des Relais' zart an den Kohärer klopfte. Über das Relais war es dann  möglich, diverse weitere Geräte anzusteueren, u.a. auch solche für das Erfassen der detektierten Signale mittels eines Papierstreifens wie bei der drahtgebundenen Telegraphie (= Vibrationsschreibempfänger).

Empfänger mit Kohärer waren hauptsächlich im Zusammenspiel mit Knall- oder Löschfunkensendern eingesetzt, da diese gedämpfte HF-Wellen aussendeten (Sendeart B 0). Die später entwickelten Poulsen-Lichtbogensender waren dann schon in der Lage, ungedämpfte HF-Wellen erzeugen (Sendeart A 0), denen ein NF-Signal aufmoduliert werden konnte (Sendearten A 2 bis A 5). Für die dann höherfrequenten Signale war der Kohärer allerdings nicht mehr schnell genug, so dass ab etwa 1904 elektrolytische Zellen bzw. ab 1906 Kristalldetektoren begannen, dieses rein mechanische Verfahren abzulösen.

Zur Funktionssicherheit wage ich keine definitiven Aussagen, aber wenn das Funktionieren der Anlage von lose geschüttetem Metallpulver abhängt, kann ich mir gut vorstellen, dass der eine oder andere Funker der damaligen Zeit seine Anlage mit kräftigen Flüchen bedacht hat und so manche Erschütterung des Kohärers durch einen kräftigen Fußtritt gegen den Tisch, auf dem der Empfänger stand, ausgelöst wurde... :-D

Ein paar Prinzipskizzen zum Aufbau der Vibrationsempfänger und auch Fotos sind z.B. --/>/> hier zu finden.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Sven L.

Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung. Sehr lehrreich.  :-D
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


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