V-Boot im 1:40 (mit 3D-Druck)

Begonnen von Dergl, 31 August 2015, 17:26:00

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Dergl

Hallo Forum,

schon lange spiele ich mit dem Gedanken, ein V-Boot in 1:40 zu bauen.
Wegen der doppelt gekrümmten Geometrie in der Kajüten-Oberseite wurde es immer wieder verschoben. Auch ist der Rumpf ja immer so eine Sache.
Bis ich darauf kam, die sowieso in meinen Projekten erstellten 3D-Geometrien für einen 3D-Druck zu verwenden. "Warum nicht eher" frage ich mich mittlerweile. Denn sooo einfach!

Also habe ich ein CAD-Modell des V-Bootes erstellt. Hier seht Ihr das Ergebnis und die Erkenntnisse von 8 Stunden Recherche und 25 Stunden Konstruktion am CAD.

Konstruktion
Hier muss man von der althergebrachten Vorgehensweise im Modellbau komplett abweichen.
Bisher war die Konstruktion so ausgelegt, daß man in einzelnen, einfachen Geometrieelementen dachte, die auch herzustellen sind. Nun muss in einem CAD-Modell alles drin sein, inklusive der Details. Das spätere Einfügen von Geometrie ist nicht einfach. Speziell wenn komplexe Bauteile erstellt werden, kommt man nicht mehr an alle Stellen heran. Beispielsweise wird der Rumpf nun komplett mit allen Spanten erstellt, inkl. der Durchbrüche für Kabel. Auch muss man den späteren Montageprozeß komplett durchdenken. Dies bedeutet, daß man die komplette Konstruktion der Bauteile im Detail vornehmen muss, inklusive der benachbarten Bauteile, welche "manuell" erstellt werden. Also am besten das CAD-Modell so detailliert wie möglich erstellen, mit allen Bauteilen und auch Kabeln.

Erstellung der 3D-Druck-Datei
Ich habe mich für den Standard der STL-Datei entschieden. Es gibt auch andere Formate, die von 3D-Druckern akzeptiert werden.
Bei der Ableitung eines 3D-Volumentmodells in das STL-Format werden viele kleine Dreiecke erstellt und über die Geometrie gelegt. Je mehr Dreiecke ein STL-Modell enthält, je genauer ist es. Andererseits sind maximal-Werte der Dateigrößen zu beachten, welche die 3D-Drucker annehmen, z.B. 30MB. Da die Druck-Genauigkeit bei ca. 0,2mm liegt, ist eine Kombination der Einstellungen zu ermitteln, wenn die STL geschrieben wird. Auch werden nicht alle 3D-Geometrien bei der ST_Ableitung akzeptiert. Kleine Kanten, unsaubere Radien oder eine unpassende 3D-Modellgenauigkeit führen zum Abbruch.

Vorteil von 3D-Druck
Es liegt auf der Hand, daß man nun Geometrien und Details erstellen kann, an die man vorher nicht dachte. Seien es viele kleine Details, die man aus "Faulheit" weggelassen hat. Oder auch Rumpfgeometrien, die nicht aus Gründen der Herstellbarkeit so aussehen, wie sie sollten.

Nachteil von 3D-Druck
Die Kosten sind erheblich: für mein V-Boot würden alleine die 3 wichtigsten Teile ca. 340€ kosten (Trinckle): der Rumpf bei ca. 270€, das Kajütdach 57€ und der Steuerstand 17€. Plus die restlichen Materialien und die Technik. Das bringt solch ein kleines Modell schnell auf 500€ Materialkosten!
Das komplette Modell muss durchdacht werden. Deutlich mehr als vorher.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Aufwand zur Erstellung der 3D-Geometrie. Nun ja - gilt nicht für mich, weil mir dies Spaß macht, ich alle meine Modelle sowieso in 3D konstruiere, ich recht schnell bin und Zugriff auf ein professionelles System habe. Andere werden hier eine gewisse Herausforderung haben.

Material
Zur Verifikation habe ich ein Segment des Rumpfes erstellt und die gleiche Datei im STL-Format bei 2 Anbietern mit vergleichbarem Material drucken lassen.
  • Shapeways (USA): 9 Tage bis zur Lieferung. Gewicht 5,7g. Genauigkeit ca. 0,2mm. Toleranzen im unteren Abmaß. Preis inkl. Versand ca. 16€.
  • Trinckle (Deutschland): 9 Tage bis zur Lieferung. Gewicht 5.0g. Genauigkeit ca. 0,2mm. Toleranzen in der Mitte. Preis inkl. Versand ca. 19€
Zusammenfassed ist das Material beider Hersteller sehr ähnlich. Die Web-Seiten sind ebenfalls einfach anzuwenden.
Mir gefällt Trinckle etwas besser, auch wenn die Teile dort teurer sind. Speziell bei Einbauten ist die Lage der Toleranzen wichtig, weil ansonsten im CAD-Modell grundsätzlich z.B. bei Bohrungen mit dem unteren Abmaß konstruiert werden müsste. Also statt eines Bohrungsdurchmessers von 12mm die Bohrung im CAD mit 12,2mm zu erstellen wäre. Das ist Mehrarbeit und eine potentielle Fehlerquelle. Auch ist der Werkstoff von Trinckle ca. 20% leichter und etwas feinporiger in der Oberfläche.

Bestellung
Sowohl Trinckle als auch Shapeways haben sehr einfach verständliche Web-Seiten. Man lädt eine Datei hoch, wie bei einem Fotoalbum. Danach wird das Material ausgewählt und weitere Einstellungen festgelegt, wie die Einheit [mm] oder der Maßstab. Mir gefällt Trinckle etwas besser, weil es hier eine konstruktive Prüfung abhängig vom ausgewählten Material gibt. Beispielsweise werden zu dünne Wanddicken angezeigt oder zu kleine Bohrungen.

Fazit
Ich werde 3D-Drucken definitiv verwenden, allerdings nur für spezielle Bauteile. Der Rest wird aus Kostengründen manuell erstellt.
Für mein V-Boot werde ich aber zunächst noch ein paar Mal Konstruktionspausen einlegen. Nur so schaue ich das CAD-Modell immer wieder mit "neuen Augen" an, um an alles zu denken. Der Druckauftrag von 340€ ist schließlich nicht rückgängig zu machen.
Ich werde das Modell also irgendwann bauen. Mal sehen... zuerst noch das Kommandantenboot ... vielleicht dann ein Schwimmdock ... und dann das V-Boot.

Grüße
Detlef




Karsten

Beeindruckend, Deine Herangehensweise!
Viele Grüße,

Karsten

Dergl

Hallo Forum,

die Teile aus dem 3D Drucker sind da!  :-D

Meine kleine Sorge während der Konstruktion in CAD war unbegründet, das ich am Rumpf evtl. die Flächenübergänge nicht so genau beachtet hatte. Es sieht alles gut aus, und fühlt sich auch so an (fühlen deshalb, weil nicht-krümmungsstetige Übergänge sich eher erfühlen lassen als daß man sie sehen kann).

Die Maßhaltigkeit ist perfekt: ich habe den Motor zum Test eingesetzt. "klick" und sitzt.

Die Oberflächen sind wie erwartet. An den neuralgischen Stellen muss ich schleifen, um die Schrittstufen des 3D-Druckers auszugleichen.
Bei den Fotos mit sehr starker Vergrößerung kann man das gut erkennen.

Bisher bin ich sehr zufrieden, auch wenn das Gesamtpaket der drei Teile zusammen fast 360€ gekostet hat.

Detlef

Baunummer 509

Hi Detlef,

wow, das ist eine Stange Geld, auch wenn man bedenkt dass die Oberflächen noch einiges an Aufmerksamkeit bedürfen. Da lohnt es sich fast über einen eigenen 3D Drucker nachzudenken (oder zB. eine Stepcraft - Fräse mit einem 3D Druckkopf auszustatten)
Hast Du mal versucht ein direkt ausgedrucktes Teil zu lackieren? Das Ergebnis könnte interessant sein.

Wie immer finde ich Deine Herangehensweise ziemlich beeindrucken. Toll mit anzusehen was Du wieder so treibst  :-)

Wie lang ist der Rumpf eigentlich?

Gruß Sebastian

Dergl

Hallo Sebastian,

in meinen Tests hatte ich schon diverse Oberflächenbehandlungen ausprobiert.
Ich werde schleifen, dann grundieren in weiß, wieder schleifen, nochmal grundieren (diesmal grau) und dann anstreichen mit Pinsel. Müsste reichen.

Die Abmessungen der dre 3D Teile sind L/B/H [mm]:
- Rumpf 280 x 100 x 50
- Kabinendach 143 x 84 x 25
- Steuerstand Dach 63 x 42 x 19

Grüße

Detlef

Redfive

Interessant Detlef, von welchem Anbieter hast du dir die Teile jetzt drucken lassen,Shapeways oder Trinckle?

Ich selbst hab die besten Erfahrungen beim nachschleifen mit Naßschleifpapier und ein paar tropfen Wasser gemacht, damit lässt sich das Material recht gut nachbearbeiten.

Ansonsten Repeckt  top für die Idee und die genaue vorarbeit, hab selbst schon ein paar teile in Inventor erstellt und gedruckt und weiß das man da schnell mal eine Kleinigkeit übersehen kann.  :-P

Gruß
Sven  :MG:



Werft: Schwerer Kreuzer Prinz Eugen, Leichter Kreuzer Nürnberg

Dergl

Hallo Sven,

ich habe die Teile von Trinkle.
danke für den Tipp mit dem nass-schleifen.

Grüße
Detlef

Dergl

Hallo Forum,

heute habe ich mit der Oberflächenbearbeitung des Rumpfes angefangen.
Da das aber noch keine Bilder abwirft, hier die inzwischen erstellte Zeichnung des Rumpfes.
Wer Details sehen möchte, kann sich die 6 Seiten der pdf ansehen.

Detlef

Dergl

Hallo Forum,

die ersten Teile sind erstellt und im Rumpf eingebaut, z.B. die Flurplatten.
Vorher habe ich die Technik eingesetzt. Ich komme bei Bedarf immer noch durch die Aussparungen in der Bodenplatte, muss mich aber nicht schon beim Bau einschränken.

Als Batterie habe ich 6x 1,2V Micro Akkus verwendet und selbst verlötet. Diese Akkus sind nur 3/4 so lang wie normal. Das spart Platz und Gewicht.

Auch habe ich die Rumpfschale geschliffen, mit Grundierung gesprüht und noch einmal geschliffen. Aktuell sind bereits die Scheuerleisten dran. Später kommt noch die graue Grundierung, ein weiterer Schliff und die letzte Schicht grau drauf. Das müsste dann einigermaßen glatt werden.
Ich habe lange hin&her überlegt, wie ich hier vorgehen will: einerseits müssen die Scheuerleisten aufgeklebt werden, ohne daß zu viel Farbe drauf ist. Es soll ja halten. Andererseits sollen kleine Lücken zwischen Rumpf und Scheuerleisten durch die Farbe aufgefüllt werden. Dazu kommt aber auch noch, daß ich nach Anbringen der Scheuerleisten nicht mehr so gut schleifen kann.

Testweise habe ich das Kabinendach aufgesetzt. Das Deck ist ja selbst gemacht und hat einen Decksprung. Passt alles perfekt.

Detlef

Dergl

Hallo Forum,

die graue Grundierung ist auf dem Rumpf aufgesprüht. Sieht schon ganz passabel aus. Ich lasse das nun 1 Tag trocknen und werde noch einmal schleifen. Auch habe ich die Sitzbänke gebaut und die Motorabdeckung.

Kleine Statistik: zusammen ca. 56 Stunden
-   8 Std. Recherche
- 27,5 Std. Konstruktion
-   4 Std. Anpassungen für 3D-Druck
-   2 Std. Zeichnungen
- 14,5 Std. Bauzeit

Detlef

Redfive

Feine Sache Detlef, mir gefällt´s jetzt schon.
Werd weiter schauen, bis es fertig ist. ;)


Gruß
Sven  :MG:
Werft: Schwerer Kreuzer Prinz Eugen, Leichter Kreuzer Nürnberg

Dergl

Hallo Forum,

hier ein paar Bilder der Stellprobe mit den Hauptkomponenten in grauer Grundierung:
- Rumpf
- Kajütdach
- Wände Steuerstand
- Rückwand Kajüte

Die Oberflächenbehandlung der Kajüte war gar nicht so aufwändig: nach kaum 1 Stunde war alles glatt und die raue Oberfläche kaum noch erkennbar. Nur bei den dünnen Geometrien rund um die Fenster konnte ich nicht gut schleifen.

Detlef

Dergl

#12
Hallo Forum,

das Kabinendach ist fertig, auch mit den Fensterscheiben drin. In den (teilweise stark vergrößerten) Fotos kann man sehen, daß ich die Oberfläche noch ganz gut hinbekommen habe, auch wenn ich nicht zuviel schliefen wollte.

Die Kabinenrückwand hat Türen, die man öffnen kann. Zwar musste ich deshalb die Scharniere etwas groß machen, aber kleiner als 2x2mm mit einer 1mm Bohrung für den Stift geht es kaum. Auch die Schiebetüren des Fahrstandes kann man öffnen. Ich musste mich mal wieder etwas bremsen,um nicht zu viele Details darzustellen, die man später eh nicht mehr sieht. Es ist ja nach wie vor ein Fahrmodell.

Die Innenwände sind in ocker gestrichen, so wie im Original. Auch habe ich die Sitzkissen in dunkelblau dargestellt. Um den Kunstleder-Charakter zu bekommen habe ich einen Glanzlack verwendet.

Aktuelle Bauzeit ca. 29 Stunden, plus ca. 41 Stunden für Recherche, Konstruktion, Zeichnungen.
Das wird wohl mein erstes Modell, das mehr Vorbereitung und Planung braucht, als für den Bau.

Detlef

Dergl

Hallo Forum,

der Rumpf ist nun gestrichen und lackiert. Es fehlen nur die Halteleinen am Heck und die Poller.
Auf den Bildern kann man sehen, daß die Oberfläche gut ist, obwohl ich nicht perfekt geschliffen hatte. Die Farb- und Lackschichten haben die letzten Riefen verdeckt.

Auch habe ich die Welle und das Ruder eingebaut: Grund genug für einen ersten Trimmtest im Waschbecken.

Das Boot liegt perfekt balanciert in der Wasserlinie (alles ohne ein Gramm Ballast), und hat noch einen halben Millimeter für das zusätzliche Gewicht der Figuren. Ich konnte nur mal kurz Antrieb und Ruderwirkung prüfen: die Geschwindigkeit scheint etwas zu schnell und das Heck saugt sich dabei herunter.

Vielleicht baue ich auch noch eine Persenning. Aber da diese nicht in meiner Konstruktion und Kalkulation enthalten war, muss ich erst sehen, wie sich das zusätzliche Gewicht der Messingstäbe auswirkt. Vielleicht lasse ich die Persenning dann auf dem See einfach weg, weil ich ja eh an die Motorabdeckung heran muss, um ein- und auszuschalten.

Detlef

Urs Heßling

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

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