Gas beheizte Modelldampfturbine, Laufrad mit radialen Blechschaufeln.

Begonnen von Turbo-Georg, 17 Mai 2015, 18:00:47

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Turbo-Georg

Im Beitrag über eine direkt geheizte Modelldampfturbine
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,22596.0.html  #Antwort 25 habe ich bereits darauf hingewiesen, dass das Turbinenrad des Entwurfes noch Verbesserungspotenzial enthält und das ggf. auch eine höhere Turbinenleistung erforderlich werden könnte.
Wegen der einfacheren Herstellung des Turbinenrades wurden im Entwurf Stumpf-Schaufeln vorgesehen.
Aus strömungstechnischen Gründen sind die Schaufeln radial angeordnet. Wegen ihrer besonderen Form können aber lediglich 30 Schaufeln auf dem Schaufelkranz Platz finden. Durch die vergleichsweise großen Schaufelabstände verringert sich dabei der Wirkungsgrad merklich.
Ich halte es daher für angebracht, das Laufrad von Gas beheizten Modelldampfturbinen alternativ mit den vergleichsweise einfach herstellbaren Blechschaufeln auszustatten.
Über ihre Herstellung und eine hierfür erforderliche Bauvorrichtung werde ich am Ende des Beitrags berichten.

Wir gehen der besseren Vergleichbarkeit wegen, wiederum von einem mittleren Schaufelkranz-Durchmesser von etwa 80 mm* und einer Nenndrehzahl von 20.000 1/min aus. Das entspricht einer Umfangsgeschwindigkeit u ≈ 80 m/s
*) ...der genaue Rad-Durchmesser ergibt sich durch Schaufelteilung und Schaufellänge!

Die Dampfwerte übernehmen wir der Verdampfers-Berechnung (Link) und legen fest:

Einstufige radiale Gleichdruck-Modell-Dampfturbine mit vier (?) einfachen Düsen.
Betriebsdruck p1 = 1,4 ata  (tü = 110 oC).
Gegendruck p0 = 1 ata (Auspuffbetrieb).
Theoretisches Wärmegefälle ht  = 14 kcal/kg.
Gesamt-Dampfmenge Gsek = 1,2 g/s.
Düsenwinkel α1 = 15o.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

 Wir berechnen die Dampfgeschwindigkeit c1 bei einem Düsen-Verlustbeiwert φ = 0,93:

c1 = (91,5 • √ ht (kcal/kg)) • φ = (91,5 • √ 14) • 0,93 = (91,5 • 3,74) • 0,93 ≈ 320 m/s.

Wir ermitteln das Geschwindigkeitsverhältnis.

u/c1 = 80 : 320 = 0,25.

Hierbei sind u die mittlere Umfangsgeschwindigkeit am Schaufelkranz und c1 die Dampfgeschwindigkeit am Düsenausgang.

Bei einer einstufigen Turbine (Düsenwinkel 15°) ist somit ein Wirkungsgrad ηu ≈ 0,57 zu erwarten.

Wir zeichnen den Geschwindigkeitsplan und gehen dabei von symmetrischen Schaufeln aus. Das heißt, die Schaufelwinkel β1 und β2 sind gleich groß.
Wir messen den Schaufelwinkel β1 = 20°. Für symmetrische Schaufeln finden wir den Schaufel-Geschwindigkeitskoeffizienten ψs = 0,81.



Aus den beiden am Umfang wirksamen Geschwindigkeitskomponenten w1u = 228 m/s und w2u = 186 m/s errechnen wir das innere Wärmegefälle hi:

hi = 80 • (230 + 186) : 4189 = 80 • 416 : 4189 = 7,96 ≈ 8 kcal/kg.

Den inneren Wirkungsgrad ηi, setzen wir gleich mit dem Wirkungsgrad am Radumfang ηu und ermitteln:

ηi = hi : ht = 8 : 14 = 0,571 ≈ 0,57.

Wir finden damit die überschlägige Aussage der Wirkungsgrad-Kurve für eine einstufige Turbine bei u/c1 = 0,25 bestätigt.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

#2
Aus dem inneren Wärmegefälle hi errechnen wir den spezifischen Dampfverbrauch d dieser Turbine

d = 860 : hi (kcal/kg) = 860 : 8 ≈ 107,5 kg/kW.         

Wir ermitteln die innere Leistung Ni mit der Gleichung:

Ni = Gsek • 3600 : d = 1,2 ∙ 3600 : 107,5 = 40,18 ≈ 40 W.


Zur Verdampfer-Berechnung legten wir die Düsen-Querschnittsfläche fest mit:

Fmin = Gsek • v • 1000 : c1 = 1,2 • 1,7 • 1000 : 320 = 6,37 ≈ 6,4 mm².

Beim Laufrad mit gefrästen Stumpf-Schaufeln waren ursprünglich 4 Düsen vorgesehen.
Der Düsenquerschnitt jeder Düse wäre somit fmin = 1,6 mm².
Bei Schaufelhöhe l = 2mm entsprechend Düsenhöhe a = 1,8 mm und Düsenbreite b = 0,9 mm.

Für gelötete Blechschaufeln mit l = 2 mm wäre eine Schaufelkanal-Breite e ≈ 1mm aber nur schwer zu realisieren.
Wir müssen uns also wieder Etwas einfallen lasse.

Zum Vergleich mit den Stumpf-Schaufeln ziehen wir die gerundeten Verluste im h-s-Diagramm  wieder von unten vom theor. Wärmegefälle ht ab.

Wir ermitteln zuerst den Düsenverlust:
hd = (1 – φ2) ∙ ht  = (1 - 0,932) • 14 = (1 - 0,865) = 0,135 • 14 = 1,89 ≈ 1,9 kcal/kg

und finden Punkt A1.

Wir rechnen weiter.

Schaufelverlust:
hs = (w12 : 8378) • (1 - ψ2)  = (2442 : 8378) • (1 – 0,812) = 7,1 • 0,344 = 2,44 ≈ 2,4 kcal/kg.

Wir finden Punkt A2.

Austrittverlust:                             
ha = c22 : 8378 = 1242 : 8378 = 15876 : 8378 = 1,83 ≈ 1,8 kcal/kg.

Entsprechend Punkt A3.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

Wir stellen fest, dass die zu erwartenden geringen Abmessungen der Düsen- bzw. Schaufelkanäle die Herstellung eines Laufrades mit gelöteten Blechschaufeln zumindest  erschweren.
Wir erinnern uns, dass zur Vermeidung von Kantenstößen die Schaufellänge l etwa 0,5 mm größer sein sollte, als die Düsenhöhe a.
Bleiben wir bei der Düsenhöhe a = 1,8 mm und vergrößern die Schaufellänge l wegen des fehlenden Deckbandes zur Sicherheit um weitere 0,5 mm so ist die
Schaufellänge l = 1,8 + 0,5 + 0,5 = 2,8 mm.


Wir haben bei der Konstruktion von Profilschaufeln gelernt, dass der Dampfstrahl mindestens einen Schaufelkanal füllen sollte. Siehe Antwort #17
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,16639.15.html#lastPost

Die Schaufelkanalbreite e entspreche damit in etwa der Strahlbreite und die entspricht am Schaufeleintritt der Düsenbreite b. Nach unserer Berechnung demnach 0,9 mm.
Das liegt meines Erachtens unterhalb der Grenze der Herstellbarkeit.

Ein weiteres Problem bilden die höheren Wirbelverluste bei Blechschaufel.
Wirbelverluste entstehen u.a. in Strömungsschatten. Bei Blechschaufeln ist das der Bereich des Schaufelrückens, denn der durchströmte Kanal ist in der Mitte weiter als am Ein- bzw. Austritt (Bild 1a). Die Strahlführung durch den Schaufelrücken der Profilschaufeln fehlt.

Wir sollten demnach aus den genannten Gründen zu breiteren Schaufelkanälen kommen.
Ich denke e ≈ 2mm wäre gerade noch machbar. Das wäre aber etwa eine Verdoppelung des Kanal-Querschnitts gemäß unserer Berechnung
Andererseits zeigen die Erfahrungen mit Stumpf-Schaufeln, mit ihren nach hinten offenen Schaufelkanälen, dass auch ohne den Abschluss durch eine Kanal-Rückenwand eine laminare Strömung erreicht wird.
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,18060.0.html
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,21086.0.html

Betrachten wir nochmals Bild 1, (... ich weiß, liebe Freunde, meine Zeichnungen waren auch schon besser, aber Augen und Hände wollen nicht mehr so recht.) so zeigt Fig. a bei stoßfreiem Eintritt etwa die Verhältnisse,
e = 2 x b,
r = 1,33  x e
und Fig. b
e= 3 x b,
r ≥ e.

Die Strömung in b zeigt eine geringere Wirbelbildung, am Schaufelrücken findet sich eine strömungsneutrale Zone.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

In Fig. b sind bei größerer Schaufelteilung TS jedoch die Strömungsverhältnisse beim Übergang zur nächsten Schaufel nicht eindeutig und es ist daher anzunehmen, dass sich die Verluste beider Varianten die Waage halten.
Fig. a zeigt das Maßverhältnis mit unserer Mindestforderung

e = 2 ∙ b = 2 ∙ 0,9 = 1,8 ≈ 2 mm.

Wir zeichnen den ersten Entwurf eines Schaufelschnittes gemäß Maß-Verhältnis von Fig. b mit etwas geändertem Verhältnis der Schaufeldicke zum Krümmungsradius r.

Hierzu zeichnen wir eine Senkrechte als Drehrichtung; wir versehen sie an geeigneter Stelle mit einer waagerechten Linie und erhalten den Mittelpunk m der Schaufelkrümmung r.
r = 3 ∙ b = 3 ∙ 1 = 3 mm.

Aus geteiltem, handelsüblichen Messingrundrohr MS 63, Ø 8 x 1 mm stellen wir die Schaufeln her.
Somit ist die Schaufeldicke 1mm.
An das Messingrohr Ø 8 mm fräsen wir vor dem Teilen gemäß Zeichnung vier Flächen unter dem Winkeln β1 = β2 = 20°.
Die Schaufelrohlinge erhalten etwas Übermaß und werden nach dem Löten durch Überdrehen  auf die Schaufelbreite BS geschärft.
http://www.wilmsmetall.de/?page=bin/productview&data=NDdkITRiZA==

Wir setzen die Konstruktion des Schaufelprofils fort (Bild 2).

Wir wählen einen Zeichenmaßstab 5 : 1 und schlagen mit dem Zirkel vom Mittelpunkt m einen Kreis r = (3) 15 mm und einen weiteren Kreis r' = (4) 20 mm. 
Von m zeichnen wir in Drehrichtung jeweils eine Linie unter dem Winkeln  β1 = β2 = 20° und finden auf dem Kreisbogen von r die Punkte k1 und k2 der Schaufelkanten.
Wir messen eine Schaufelbreite BS = 5,6 mm.
Man kann sie aber auch rechnerisch ermitteln.

BS = (2 ∙ cos 20°) ∙ r = 2 ∙ 0,934 ∙ 3 = 5,6.

Am Schaufeleintritt (... hier links.) zeichnen wir unter dem Winkel β1 =20° eine parallele Linie zur gefrästen Fläche bei k1 im Abstand der Strahldicke b + 10%  = (1) 5 mm und erhalten am Schnittpunkt zur Linie der Schaufelbreite BS  den Punkt k1' der nächsten  Schaufel.
Vom Punkt k1' schlagen wir einen Bogen mit r = (3) 15 mm zur Mittellinie und erhalten den Mittelpunkt m' der nächsten Schaufel.

Wir messen die vorläufige Schaufelteilung TS = 18,5 mm (3,7).
Der Schaufelkanal e = 14 mm (2,8) ist erwartungsgemäß etwas kleiner als der Radius r der Schaufelkrümmung.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

Ich glaube wir haben mit einem vertretbaren Kompromiss die Grundform für Blechschaufeln gefunden.

Bild 2 zeigt uns eine symmetrische Schaufelform, das heißt die Winkel β1 und β2 sind gleich groß.
Sie eignet sich damit grundsätzlich nicht nur für alle axialen Modelldampfturbinen, sondern bei entsprechender Erhöhung des Wärmegefälles im besonderen Maße für Dampfturbinen mit Geschwindigkeitsstufung durch wiederholte Beaufschlagung des Laufrades.

Die grau gestrichelten Linien stellen Schaufeln mit einer Schaufeldicke von 1,5 mm dar. 
Die Schaufel werden dann aus Messingrundrohr MS 63, Ø 9 x 1,5 mm hergestellt.
Wir sehen, dass hierdurch der Wirbelbereich kleiner wird und vermutlich auch die auftretenden Verluste.
Allerdings wird der Austritts-Querschnitt auch kleiner.
Wegen der niedrigeren Dampfgeschwindigkeit c2 muss aber bekanntlich der Austritts-Querschnitt größer sein als der Eintritts-Querschnitt.
Der Schaufelkanal e wird dann auf einen entsprechenden Mittelwert vergrößert.
Darüber hinaus bietet sich hierzu bei einstufigen Dampfturbinen die Möglichkeit, die gefräste Schaufelfläche bei k2 auf den Dampf-Austrittswinkel α2 = 32° zu vergrößern.

Bei radialen Modell-Dampfturbinen, und um eine solche handelt es sich bei unserer ,,Gas Betriebenen", ergibt sich durch die Fächerung eine Vergrößerung des Kanal-Querschnittes am Außendurchmesser des Schaufelkranzes.
Wir legen demnach den Dampf-Austritt unter dem Austrittswinkel α2 = 32° auf die Außenseite und Beaufschlagen durch Düsen auf der Innenseite.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

#6
Bleiben wir beim Entwurf des Laufrades bei einem Außen-Durchmesser
D =  80 mm, so ist der mittlere Schaufelkranz-Durchmesser
Dm = D – BS = 80 – 5,6 = 74,4 mm.

Der mittlere Schaufelkranz-Umfang entsprechend
Um = 74,4 ∙ π = 233,73 mm.

Bei einer Schaufelteilung TS = 3,7 mm ist die Schaufelanzahl
zS = 233,73 : 3,7 = 63,17; gewählt
zS = 63 Schaufeln.

Die tatsächlichen Fertigungs-Maße sind:
   
Um = zS ∙ BS = 63 ∙ 3,7 = 233,1 mm,
   
Dm = Um : π = 233,1 : 3,14 = 74,198 = 74,2 mm,

D = Dm + 1 BS = 74,2 + 5,6 = 79,8 mm.

Bild 3 zeigt den Ausschnitt der Schaufel- und Düsenanordnung unseres radialen Laufrades mit einem der vier, innen liegenden Düsensegmente
(... jeweils um 90° versetzt).

Der Schaufelkranz hat außen einem Umfang von 250,69 mm und innen von 215,51 mm.
250,69 : 63 = 3,98 mm,
215,51 : 63 = 3,42 mm.

Durch die Fächerung ist demnach die Teilung außen um 0,56 mm größer.

Bei einer effektiven Schaufelhöhe le = 1,8 + 0,5  = 2,3 mm ist der Schaufelkanal-Querschnitt am Eintritt
FE = le ∙ b+ = 2,3 ∙ 1= 2,3 mm²
und am Austritt
FA = le ∙ (b+ + 0,56) = 2,3 ∙ 1,56 = 3,588 ≈ 3,6 mm².

Den erforderlichen Austritts-Querschnitt berechnen wir nach Bernoully:
FA = (Gsek ∙ v ∙1000) : c2 = (0,3 ∙ 1,7 ∙ 1000) : 124 = 4,11 mm².

Wenn wir die gefrästen Flächen bei k2 statt β2 = 20° (Bild 2) unter α2 = 32° an schrägen, sind keine weiteren Maßnahmen zur Vergrößerung des Austritts-Querschnittes erforderlich.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Turbo-Georg

Hier die vereinfachte Übersichtszeichnung der Gas beheizten Modell-Dampfturbine.
Sie zeigt die Lage des radialen Laufrades mit Blechschaufeln, die Düsensegmente und den Abdampfkanal zum Schornstein.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

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