Seegefechte vor Vietnam?

Begonnen von Big A, 28 April 2015, 07:34:35

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Big A

Eine Frage ans Forum:

Im Vietnam-Krieg wurde bekanntlich ja die US-Marine massiv eingesetzt.
Nicht nur, dass der bis heute fragwürdige "Maddox"-Zwischenfall als Auslöser herhalten musste, die Navy war auf "Dixie"- und "Yankee"-Station stets im Einsatz, darüber hinaus auch mit den Flusspatrouillen ("Riverine Force") in Landkämpfe verwickelt. (Dass die US-Marines dem Departement of the Navy unterstehen lasse ich jetzt mal außen vor).
Piloten und "Fluss-Soldaten hatten z.T. erhebliche Verluste, darüber hinaus starben auch ein Anzahl an Soldaten an Bord bei diversen Unfällen.

Meine Frage:
Gab es im Seegebiet um Vietnam auch Gefechte zwischen seegehenden Einheiten der US-Navy und der Marine Nordvietnams? Gab es dabei Versenkungen? (Nicht durch Flugzeuge!!) Gab es Personalverluste an Bord, die auf Gefechte zurückzuführen sind?

Und letztlich: Gibt es hierzu auch Quellen?
(zu den Kämpfen der Fluss-Flottillen gibt es "Brown Waters - Black Berets" von Cutler, recht lesenswert; zu den Luftkämpfen z.B. von Tillman: On Yankee Station)

Axel

Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

der erste

Ich stell hier mal meine Antwort auf eine ähnliche Frage in einem anderen Forum ein. Vielleicht findest Du ja auch was in dem eingefügten Link.

"Am 19.April 1972 gab es die sogenannte "Schlacht bei Dong Hoi". Die amerikanische Schiffsgruppierung im Bestand von 4 Schiffen, das Flaggschiff der 7-Flotte USS "OklahomaCity" (CLG 5,Raketenkreuzer), USS "Sterett" (Raketenfregatte, DLG 31), Zerstörer USS "lloyd Thomas "(DD-764) und USS "Higbee" (DD-806), hatte die Aufgabe nordvietnamesische Küstenanlagen zu beschießen. Sie wurden von nordvietnamesischen Flugzeugen des Typ`s Mig 17 angegriffen. Dabei wurde ein direkter Treffer auf der USS Higbee erzielt. Der achtere Artillerieturm wurde mit einer 250 kg Bombe zerstört. Es war der erste Angriff nordvietnamesischer Flugzeuge auf amerikanische Kriegsschiffe. Die amerikaner waren mit Terrier Luftabwehrraketen ausgerüstet. Bei diesem Angriff soll eine vietnamesiche Rakete (P-15) abgeschossen worden sein. Die Meinung der amerikanischen Spezialisten im Forum, die sich auf Flughöhen und Terrain ( Bucht mit vielen Bergen, sehr viele Zielechos möglich, keine direkte Sicht Träger-Ziel, Gefechtsflughöhe 100 m der P-15 - barometrischer Höhenmesser, Flug in den Berg?), teile ich. Zumal zu dem damaligen Zeitpunkt die nordvietnamesiche Marine nicht mit Raketenschnellbooten ausgerüstet war (auch nicht mit Küstenraketenkomplexen). Das begann erst 1974. Sehr wahrscheinlich ist, das die amerikanischen FuM Gasten an Bord der Sterett die Radarsignaturen der 183er Boote aufgefasst haben (ähnliche Signaturen hatten u.a. auch die Radaranlagen der 130 mm Küstenertillerieabteilungen). Die 2 Terrierrakete werden gestartet, die 183er Boote bekommen das mit (sie müssen ja nah ran an den Gegner), schalten ihre Radaranlagen ab, die LAW Raketen haben kein Ziel mehr ( die FuM Gasten an Bord auch nicht) und zerstören sich selbst.
Wie daraus zu entnehmen ist, fand auch ein Angriff vietnamesicher 183er Boote statt. Diese hatten die Vietnamesen. Die Prj. 206 M wurden erst ab 1972 gebaut, für den Export ab 1978.
Falls es jemals einen Angriff auf amerikanische Schiffe mit P-15 Raketen gegeben haben soll, wird der ganz sicher nicht von vietnamesischen Kräften ausgeführt worden sein.
Im Internet findet man, wenn man "Battle von Dong Hoi" eingibt oder http://www.navweaps.com/index_tech/tech-088.htm Informationen dazu. "

Ritchie


Trimmer

Hallo Axel - meiner Meinung nach hat es Seegefechte zwischen der Marine Vietnams und der USA nie gegeben. Selbst zu Fragen des Tonking-Zwischenfalls gibt es ja heute ganz andere Ansichten.

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Big A

Danke für die Antworten und die interessanten Links. Die "Gefecht  bei Dong Hoi" sieht irgendwie nicht nach einem "richtigen", sprich: belegbaren Seegefecht aus.
Achim hat wohl recht, Gefechte direkt zwischen den Marinen hat es offensichtlich nicht gegeben.

Axel
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Tostan

#5
Zitat von: der erste am 28 April 2015, 09:26:08
Zumal zu dem damaligen Zeitpunkt die nordvietnamesiche Marine nicht mit Raketenschnellbooten ausgerüstet war (auch nicht mit Küstenraketenkomplexen). Das begann erst 1974. Sehr wahrscheinlich ist, das die amerikanischen FuM Gasten an Bord der Sterett die Radarsignaturen der 183er Boote aufgefasst haben

Conway's "All The World's Fighting Ships 1947-1995" meint dazu:
Ex-Soviet 'Komar' class(Anm: Projekt 183R) fast attack craft (missile)
Three transfered 1972. One lost in action 19. December 1972. Remainder stricken by 1982.


Laut anderen Quellen(unter anderem selbes Buch, aber unter "Soviet Union") waren es vier 183R.

1) Es steht nicht dabei, wann 1972 die geliefert wurden, evtl. waren die ja am 19.April schon vor Ort - und die waren mit P-15 ausgerüstet.
2) Lost in action? Da muss doch auch was passiert sein am 19.12.?

Achja ... laut dem Buch hatte Nordvietnam nur sechs chinesische Lizenzbauten klassischer 183er(geliefert 1967).... und eben die drei bzw. vier "Mücken"(Komar).

... falls Conways nicht mal wieder irrt... aber ist ja eigentlich ein Standardwerk.

smutje505

Hallo habe ich im Marinekalender von 1970 gefunden

Trimmer

Hallo Hartmut - alles ja völlig richtig aber ich habe Axel so verstanden das er nach direkten Seegefechten der Nordvietnamesischen Marine gegen die US-Navy gefragt hat und die hat es wohl nie gegeben. Das die Marine Vietnams im Einsatz gewesen ist - keine Frage  siehe z.B. bei Angaben über den " maritimen Ho-Chi-Minh-Pfad " welche neben dem " Landpfad " auch existierte.
Aber Schiff gegen Schiff  - :/DK:

Gruß - Achim
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Urs Heßling

Zitat von: der erste am 28 April 2015, 09:26:08
"Am 19.April 1972 gab es die sogenannte "Schlacht bei Dong Hoi". Die amerikanische Schiffsgruppierung im Bestand von 4 Schiffen, das Flaggschiff der 7-Flotte USS "OklahomaCity" (CLG 5,Raketenkreuzer), USS "Sterett" (Raketenfregatte, DLG 31), Zerstörer USS "lloyd Thomas "(DD-764) und USS "Higbee" (DD-806), hatte die Aufgabe nordvietnamesische Küstenanlagen zu beschießen. Sie wurden von nordvietnamesischen Flugzeugen des Typ`s Mig 17 angegriffen. Dabei wurde ein direkter Treffer auf der USS Higbee erzielt. Der achtere Artillerieturm wurde mit einer 250 kg Bombe zerstört. Es war der erste Angriff nordvietnamesischer Flugzeuge auf amerikanische Kriegsschiffe. Die amerikaner waren mit Terrier Luftabwehrraketen ausgerüstet. Bei diesem Angriff soll eine vietnamesiche Rakete (P-15) abgeschossen worden sein.
Von einem kenntnisreichen Autor literarisch verarbeitet:
http://us.macmillan.com/theedgeofhonor/ptdeutermann

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Big A

Ja, dadurch bin ich auf die Frage gekommen. Habe von Deutermann (war KptzS und Kommandeur einer CruDesRon) so ziemlich alles gelesen. Guter und unprätentiöser Stil, der besonders im Original richtig "gut rüberkommt".

Aber danke für Eure Antworten.
!

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Kaschube_29

#10
Moin Moin,

bei dem Seegefecht am 19.April 1972 gab es noch keine "Komar"-Raketenschnellboote im Bestand der nordvietnamesischen Marine.



Hier etwas die Vorgeschichte vor dem Erhalt der "Komar"-Raketenschnellboote:

Nordvietnam wollte von der Sowjetunion schon sehr früh Raketenschnellboote der "Komar"-Klasse, aber die Sowjets hatten Vorbehalte und wollten sich nicht so eindeutig auf die Seite Nordvietnams stellen.

Im Frühjahr 1972 waren noch keine Raketenschnellboote des Projekts 183R im Bestand der nordvietnamesischen Marine, aber als Antwort Moskaus an die USA bezüglich der Verminung nordvietnamesischer Häfen und des Blockierens von sowjetischen Handelsschiffen in Häfen Nordvietnams entschied sich Moskau anders.

Die Vorbereitung zur Übergabe von vier Raketenschnellbooten des Projekts 183R ("Komar") aus dem Bestand der sowjetischen Pazifikflotte wurde im Sommer-Herbst 1972 begonnen. Mindestens zwei Raketenschnellboote wurden aus dem Bestand eines Raketenschnellbootverbands der Marinebasis Sowgawan übergeben.

Die Boote wurden seinerzeit im chinesischen Hafen Zhànjiāng (Provinz Guandun), wohin sie durch sowjetische Schiffe auf dem Seeweg geliefert wurden, an die vietnamesische Marine übergeben. Dort wurden sie im Dezember 1972 an die Vietnamesen übergeben; die Boote erhielten die Nummern "T-902", "T-904", "T-906" und "T-908".

Am 20.Dezember 1972 liefen die vier Raketenschnellboote aus dem Bestand des 172.Regiments aus dem chinesischen Hafen Zhànjiāng aus und während der Verlegung wurde in der Halong-Bucht das Raketenschnellboot "T-906" durch ein amerikanisches Flugzeug versenkt.

Im Januar 1973 trafen sowjetische Spezialisten ein, um den Nordvietnamesen bei der Nutzung der Raketenschnellboote zu helfen.
Gleichzeitig gab die nordvietnamesische Marineführung die Aufgabe zur Nutzung der Seezielflugkörper "P-15" für einen Küstenkomplex, um einen Hinterhalt gegen amerikanische Kriegsschiffe zu organisieren, die einen Küstenbeschuß durchführen.
Nach einem Jahr der Einrichtung der landgestützten P-15-Stellungen wurde im Oktober 1974 ein Schießen auf ein vor Anker liegendes Schiff auf eine Entfernung von 13,5 sm durchgeführt, wobei der Flugkörper das Ziel traf.

In Gefechten mit Amerikanern waren die Raketenschnellboote nicht beteiligt, aber bei Operationen auf See gegen Südvietnam wurden sie in den Aktionen vom 1. - 3.April 1975 bei Angriffen eingesetzt; dabei wurden die Städte Kuinen, Nachang und Cam-Ranh eingenommen. Von See her haben die Raketenschnellboote gesichert, aber es kam zu keinen Kampfhandlungen mehr gegen die südvietnamesische Marine, da man dort mehr an die Flucht, denn an das Gefecht dachte.

So, das ist eine übersetzte Zusammenfassung einer hier veröffentlichten Darstellung über die nordvietnamesischen Raketenschnellboote: http://alerozin.narod.ru/Vietnam183P/VietnamBoat183P.htm

Bis dann,

Kaschube_29 (Axel)

P. S.: Im Oktober 1979 erhielten die vietnamesischen Seestreitkräfte die ersten beiden Raketenschnellboote des Projekts 205U ("Osa-II") "HQ-354" und "HQ-355". Danach wurden die Raketenschnellboote des Projekts 183R aus dem Bestand der vietnamesischen Marine gestrichen. Im September 1980 wurden die beiden Boote "HQ-356" und "HQ-357", im November 1980 die beiden Boote "HQ-358" und "HQ-359" und schließlich im Februar 1981 die beiden Boote "HQ-360" und "HQ-361" übergeben; insgesamt wurden acht Raketenschnellboote übergeben, wobei vier dem Projekt 205U ("Osa-II") und vier dem Projekt 205ER (Exportversion der "Osa-II"-Klasse) angehörten.
Immer eine Handbreit Wasser unter den Kiel (Bcегда семь футов под кильем)!

Tostan

Danke für die Info.

Zitat von: Kaschube_29 am 29 April 2015, 22:35:11
Am 20.Dezember 1972 liefen die vier Raketenschnellboote aus dem Bestand des 172.Regiments aus dem chinesischen Hafen Zhànjiāng aus und während der Verlegung wurde in der Halong-Bucht das Raketenschnellboot "T-906" durch ein amerikanisches Flugzeug versenkt.

Das erklärt ja die verwirrenden Angaben (vier/drei Boote).

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